Rüde - kommt man um eine Kastration nicht herum?

  • Wir sind sehr zwiegespalten, ob wir in dieser für den Hund eigentlich unnatürlichen Umwelt, unserem Rüden mehr schaden als helfen, wenn wir ihn nicht kastrieren lassen. Er lebt ja nicht in einem natürlichen Rudel, wo er entweder sexuell aktiv werden darf oder es ihm aufgrund seiner geringen Stellung im Rudel nicht gestattet wird ein Weibchen zu begatten.


    Wieso lebt der Hund in einer für ihn unnatürlichen Umwelt?


    Unsere Hunde sind seit über 10.000 Jahren domestiziert, sie sind Haushunde und keine Wölfe.


    Ein Rudel ist ein Familienverband. Junge Rüden dürfen nicht wegen ihrer geringen Stellung, sondern wegen der engen Verwandtschaft, Schwester - Mutter, decken.


    Ich würde die nächste Welle der Läufigkeit abwarten, ihm zwischenzeitlich viel Kontakt zu Hündinnen bieten und wenn er dann wieder so sehr leidet, nochmals über Kastration nachdenken.


    Gaby, ihre schweren Jungs und Finn

  • Damit kommen männliche Wölfe und Wildhunde schließlich auch zurecht .... oder?


    So wirklich kann man das gar nicht vergleichen. Der Hund ist ein Kunstprodukt menschlicher Selektion.
    Und die "natürliche" Umwelt des Hundes ist der Mensch. Schon allein da gibt es riesige Unterschiede. In einem kleinen Dörfchen kann es vorkommen, dass der jeweilige Rüde gar nicht erst mit läufigen Hündinnen und deren Duftspuren konfrontiert wird. Dann gibt es Rüden, die mit mehreren Hündinnen in einem Haus leben oder in größeren Ballungsgebieten.


    Einige kommen damit zurecht, andere nicht, das ist total individuell. Aus Sicht der "Hundezucht" soll der Rüde ja immer wollen und das möglichst schnell, da die Hündin ja extra zum Rüden gekarrt wird etc. Das hat gerade in der Showzucht und da unter anderem beim Labrador sehr unschöne Blüten getrieben.


    Die sind teilweise bei Hündinnen gar nicht mehr ansprechbar, egal wie viel Training.. In Schweden wird bei einigen Rassen ein Wesenstest verlangt, bei der Rüden dann auch mit läufigen Hündinnen konfrontiert werden. Arbeiten sie da nicht konsquent mit dem Menschen weiter und lassen sich ablenken, gibts keine Zuchtzulassung.


    Was ich auch nicht verstehe, ist, wenn solche hypersexed Rüden dann mit massivsten Erziehungsmethoden gehorsam gestutzt werden. Ja, da kann man sich mit seinem "intakten" Rüden rühmen, der aller paar Tage mit der Wurfkette eins übergebraten bekommen muss, damit er sich nicht in die Damenwelt verabschiedet..


    Und dann gibts wieder Hunde (der Rüde von meinem Freund ist so einer..), die sind intakt, kommen aber auch in einem Umfeld mit vielen Hündinnen zurecht und lassen sich mittels einfacher Mittel wie einem mit Keksen aufgebautem Rückruf oder einem kleinen Heben der Stimme im Hündinnennahkontakt abrufbar.

  • Kontakt zu intakten Hündinnen hat Charly ... zwangsläufig. Lässt sich eben nicht verhindern. Er läuft die meiste Zeit frei und hat eine Menge sozialen Hundekontakt.


    Die läufigen Hündinnen verweisen ihn in seine Schranken, was er erstaunlicherweise gut akzeptiert und nicht wirklich lästig wird.


    Mit "unnatürlicher" Umwelt meinte ich vor allem, dass er dennoch solchen Situationen nicht frei nachgehen kann - irgendwann gehen wir eben in die andere Richtung und müssen ihn dann meistens kurz anleinen, damits weiter gehen kann.


    Auch wenn ein Lebewesen schon tausende von Jahren domestiziert ist, heißt das noch lange nicht, dass Verhaltensweisen und Instinkte, die über hunderttausende von Jahren entwickelt wurden, verschwunden sind ... Sonst hätten wir, bzw. unser Hund, ja keine Probleme - oder?

  • Auch wenn ein Lebewesen schon tausende von Jahren domestiziert ist, heißt das noch lange nicht, dass Verhaltensweisen und Instinkte, die über hunderttausende von Jahren entwickelt wurden, verschwunden sind ... Sonst hätten wir, bzw. unser Hund, ja keine Probleme - oder?


    Natürlich nicht, sonst gäbe es ja auch keine Zucht.


    Aber es ist auch in der "Natur" nicht unnatürlich, daß Tiere ihrem Fortpflanzungstrieb nicht nachkommen können.
    Darum sehe ich das auch nicht als Problem an, es sei denn, ein Hund wird tatsächlich körperlich krank. Dann muß man helfen.


    Aber wie schon geschrieben, ich würde abwarten wie er sich entwickelt. Noch wäre er mir für eine Kastration zu jung.


    Gaby, ihre schweren Jungs und Finn

  • Abwarten werden wir in jedem Fall ... wenns nächstes Frühjahr wieder so schlimm wird, bekommt er erstmal wieder einen Kastrations-Chip.


    Immerhin frisst Charly mittlerweile wieder einigermaßen - der Chip, jetzt 14 Tage drin, scheint diesbezüglich eine Wirkung zu haben. Auch winselt er nicht mehr ganz so langanhaltend und ständig - von daher ist erstmal eine Erleichterung der Situation zu verspüren.


    Mir ging es auch um Erfahrungswerte von Rüdenhaltern im "normalen" Lebensumfeld (also keine Zuchtrüden oder Rüden, die ständig mit intakten Weibchen zusammenleben und gelernt haben sich zurückzuhalten bzw. die Situation locker zu verkraften).


    Ich finde so gut wie keine Informationen darüber, ob das Verhalten unseres Charly zum ganz normalen Verhalten eines intakten Rüden gehört, der eben erwachsen wird und lernen wird, dass es keinen Sinn macht vor lauter Aufregung Fressen und Erziehung zu vergessen ...

  • Meine sind keine Zuchtrüden und sie kommen auch nur bei Spaziergängen, Ausstellungen usw. mit Hündinnen, auch läufigen zusammen.


    Wenn die Zeit der Läufigkeit da ist, lassen meine auch mal gern die Ohren zu Hause. Da muß ich dann halt energischer werden, d. h. mal mit Nachdruck rufen oder auch mal hin und abholen. Das finde ich nun nicht so schlimm. Passiert ja auch, daß sie sie einfach mal festschnüffeln und nicht vom Grasbüschel lassen wollen.


    Das eine oder andere Mal wird auch gefiebt, einer meiner Rüden heulte wie ein Wolf. Dann mußte er halt rein, durfte nicht im Garten bleiben. Und auch beim Fressen wurde gemäkelt.


    Aber das ließ alles mit dem älter werden und der wachsenden Erfahrung nach.


    Gaby, ihre schweren Jungs und Finn

  • Ich halte auch seit vielen Jahren intakte Rüden.


    Dass ein Rüde eine läufige Hündin interessant findet, finde ich völlig in Ordnung und normal. ABER mir ist es wichtig, starkes Bedrängen oder Aufreiten abbrechen zu können. Der Hund muss also gelernt haben, sich auch mal hemmen zu können und es auszuhalten, etwas nicht zu dürfen. Dies verlange ich meinen Hunden von Anfang an ab. Von leicht bis schwer. Uniabschluss summa cum laude wäre dann, ihn an einer läufigen Hündin abbrechen zu können. Wenn ich das an einem Stück Futter nicht schaffe, brauche ich es an einer gut riechenden Pipistelle einer läufigen Hündin natürlich gar nicht versuchen.
    Ich denke, eine gute Frustrationstoleranz des Hundes und Einfluss nehmen können auch unter starker Ablenkung seitens des Hundehalters - damit kann man auch einen Rüden ganz gut führen.


    Meine Rüden haben nie das Fressen verweigert oder waren draußen ständig abgelenkt, wenn es irgendwo gut roch.
    Aus meiner Sicht ist das meiste eine reine Erziehungssache. Einen erwachsenen Rüden muss man führen können bzw. sich das einfach auch zutrauen.


    Ich persönlich glaube schon, dass ein Rüde es leisten kann, auch einem guten Geruch mal zu widerstehen bzw. sich auf Ansage des Hundehalters auch mal selbst zu hemmen. In Wolfsrudeln oder Hundegruppen darf sich auch nicht hemmungslos jedes Individuum reproduzieren, Frust derer, die nicht dran kommen, ist also nichts unnormales.


    Ich denke, das muss jeder für sich und seinen Hund individuell handhaben. Jeder Rüde wird sich anders verhalten und wenn in der näheren Umgebung oft irgendwelche Hündinnen läufig sind..... da muss man dann so handeln, dass eine größtmögliche Lebensqualität wieder hergestellt werden kann.

  • wirklich, es gibt Rüden die das schwerer haben, in Gegenwart einer läufigen Hündin auf einen zu hören u andere, die das im Lauf der Zeit u der Übung lernen.
    das liegt nicht NUR an der Erziehung - auch an der Veranlagung.


    jedenfalls kann es ne Weile dauern, bis er lernt, mit seine Gefühlen umzugehen...


    unser lieber Labi ist jetzt 5 Jahre alt u der Frühling wird ein wenig einfacher für ihn... er hat jetzt Appetit, auch wenn er ne läufige Hündin riechen durfte - das was letztes Jahr noch nicht so.
    ehrlich, wo du es hier schreibst: als er 2 war, dachte ich auch ne Zeit lang, dass es doch NICHT geht, ihn unkastriert zu lassen.
    nun bin ich froh, dass ich die Geduld mit ihm hab ( u auch mit meinem Freund, gegen den ich "uns" behaupten musste...); finde unkastriert insgesamt VIEL besser.


    gerade heute ist er, als wir einer Hündin begegnet sind, die "gerade läufig gewesen ist", zurückgekommen u mit mir weitergegangen - toll. geht doch.

  • Hallo,


    ich habe die Diskussion bisher interessiert verfolgt. Hat jemand Erfahrung wie das ganze bei Deckrüden ausschaut? Ich spiele mit dem Gedanken, mit Newton eventuell die Zuchtzulassung zu machen. Wie wirkt sich das auf das Verhalten des Rüden aus, wenn er tatsächlich gelegentlich mal ran darf? Stressen ihn dann läufige Hündinnen noch mehr als sonst, oder ist er dadurch eher relaxter, weil er ja als "ran" darf?


    Lg,
    Rafaela

  • Hi,
    das Paarungverhalten geht an Hunden nicht vorbei.
    JEDES Tier kommt saisonal in Stimmung, nur der Mensch kann immer. Und ja: im Alter lässts nach :) (nicht immer)
    Und ja, auch Tiere können lernen mit ihren Gefühlen umzugehen. Und nein, ein unkastrierter Rüde muss nicht täglich XXX.
    Und ja, auch unkastrierte Rüden kann und muss man erziehen.


    Du musst entscheiden (am besten vor dem Kauf eines Rüden) , ob du damit leben möchtest oder nicht. Hormonchips einzusetzen weil ein Tier ein Geschlechtsleben hat?


    Mir ist es wurscht, wer seinen Rüden kastriert, manchmal ist auch besser so. Aber meine Hunde werden nicht kastriert.

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