ADHS bei Hunden - Parallelen zwischen Kind und Hund?

  • Ich muss einfach einmal meine Beobachtungen zur Diskussion stellen, vielleicht habt ihr ja auch eine Meinung / Erfahrung dazu. Ich bin Sonderschullehrer an einer Schule für Geistigbehinderte und habe häufig Kinder/Jugendliche mit ADHS. Gestern waren wir wieder einmal mit der Freundin unserer Hündin (beides Labbi) spazieren und mir ist aufgefallen das die Freundin unglaublich aktiv war, sie ist eigentlich die ganze Zeit so aufgeregt gewesen wie unsere während der ersten 5min Spiel. Also 30 vor gerannt, wieder zurück, 20 zur Seite, usw. das ganze immer wieder begleitet von einem "hier" und "auf den Weg" usw. der Besitzerin. Ich konnte kaum glauben wie ein Hund die Energie haben kann 2h das ganze durchzuhalten. Dann hat mir die Besitzerin noch erzählt zu Hause folge sie ihr auf auf Schritt und Tritt und sei noch genauso aufgeregt.


    Nun einfach mal meine persönlichen Gedanken dazu: In meiner Klasse erlebe ich das auch Kinder mit ADHS super gut und ruhig arbeiten können und dazu gehört meiner Meinung nach folgendes: Eine eigene ruhige Ausstrahlung und klare, nachvollziehbare Regeln mit verständlichen Konsequenzen. Das verwandelt einen Jugendlichen der während er mir die Hand gibt nur noch am spingen ist in einen der 30min ruhig an seinem Platz schafft, auch wenn andere Kinder herumlaufen etc.


    Ich vermute das unsere Gesellschaft, bzw. ein nicht unerheblicher Teil, in den letzten Jahrzehnten einfach zu sehr dem "Laissez Faire-Stil" ihre Kinder UND Hunde erzogen hat. Sprich weder Kind noch Hund spürt eigentlich was von ihm erwartet wird. Zum Hundebeispiel: Die Rufe der Besitzerin hätten mich auch verwirrt, er kennt wohl kaum den Befehl bei uns oder auf den Weg und rennt eigentlich nur immer mal wieder vorbei um sich ein Leckerlie zu holen, die er dann im Flaschen Augenblick bekommt, Zuhause könnte man ihm doch auch ZEIGEN was erwartet wird, bleib in deinem Zimmer/Platz oder so.
    Und nicht das jetzt ein falscher Eindruck entsteht, ich bin überhaupt kein böser oder strenger Hundehalter oder Lehrer. Strenge und Konsequenz sind Welten voneinander entfernt. Konsequenz lieben meine Kinder und sagen mir das sogar wörtlich, sie werden auch für richtiges Verhalten belohnt. Und bei Hunden halte ich es genauso. Lustigerweise ist der Hund unserer Bekannten bei jeden zweiten Pfiff oder Ruf der Halterin zu mir gerannt, das wurde mir schon echt peinlich. Natürlich habe ich ihn nicht beachtet oder mit Leckerlies belohnt. War vielleicht nur Zufall, vielleicht seht sich der Hund aber auch einfach nur nach Ruhe und Gelassenheit...

  • Guten Morgen nextdog,


    Ich kann da nur aus eigener Erfahrung berichten, da ich selbst ADHS-"Kind" bin. Deine Beobachtung ist natürlich richtig: je ruhiger und souveräner die Umgebung bzw Bezugsperson ist, desto mehr "strahlt" das aus und wirkt auch beruhigend auf die Kinder.


    Bei Hunden ist die Frage, ob es sich wirklich um das "Krankheitsbild ADHS" inkl, der Auslöser für diese Störung handelt. Ich glaube eher nicht, genauso wie auch ein grundlegend "gesundes" Kind überdreht werden kann, wenn es falsch erzogen wird - dadurch ist es dann hibbelig aber noch lange nicht ADHS-Patient ;)


    Ich habe selbst einen grundlegend eher aktiven/reaktiven und zur Hysterie und Hibbeligkeit neigenden Hund. Im Laufe der über 3 Jahre mit ihr musste ich mich selbst stark verändern und viel innere Ruhe und Gelassenheit lernen, da sie sonst auf meine eigene Hibbeligkeit nurnoch stärker reagiert hat. Mein Freund beispielsweise ist vom Grundcharakter sowieso sehr entspannt und strahlt viel Ruhe und Souveränität aus, sowohl für Menschen (typische Führungsperson) als auch für Tiere. Er kann sehr gut mit der Hündin umgehen und musste das nicht erst lernen, so dass sie toll auf ihn reagiert obwohl er wenig Ahnung von Hunden hat. Was ich lernen musste macht er durch Ausstrahlung und Bauchgefühl.


    Also kurzum: die Parallele, die ich sehe bezieht sich weniger auf das wirkliche Krankheitsbild sondern eher generell auf die positive Wirkung einer eigenen inneren Ruhe und Souveränität im Umgang sowohl mit Kindern als auch mit Hunden, die diesen Einfluss positiv aufnehmen. Und bei beiden Parteien, Hund und Kind, denke ich, dass sich solche Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit mit dem richtigen Einfluss und mit dem Alter auch legt. Ich bin auch irgendwann ruhiger geworden und studiere mittlerweile, meine Hündin war früher kaum zu bändigen und ist heute, mit gut 3 1/2, merklich entspannter und konzentrierter geworden.



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  • Nachtrag: feste konsequente Regeln sind natürlich auch Bestandteil des Gesamtthemas! Wenn der Hund eine Anweisung bekommt, er ignoriert diese oder interpretiert die für sich selbst um (weil er nicht 100%ig weis, was gefordert ist) und es folgen KEINE Korrekturen/Konsequenzen, ist das natürlich eine gute Grundlage für einen schlechten Gehorsam und einen "ich mach was ich will"-Hund. Konsequent sein ist manchmal nicht einfach, aber völlig Antiautoritär lässt sich meiner Meinung nach kein Hund erziehen und wahrscheinlich auch kein Kind (wobei ich selbst keins habe, also keine praktische Erfahrung mit Kindern). Autorität sollte nicht mit Gewalt und Unterdrückung gleichgesetzt werden, aber eben mit Konsequenz und Regelfestigkeit.



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  • Interessant ist es allemal :) Allerdings gibt es seit Jahren soooo viele verschiedene Meinungen dazu, von genetischer Vererbbarkeit über hormonelle Störung bis hin zu Umweltbedingt oder eine Kombination aus allem, dass es wohl schwer ist, da die "absolute Wahrheit" heraus zu filtern.
    Ich selbst sehe es als Ergebniss einer Kombination einer gewissen erblichen Disposition, einer Veranlagung zu gewissen Verhaltensweisen und Empfindlichkeiten + Einflüsse durch die soziale Umwelt.
    Wobei aus dieser Definition heraus der Vergleich zum Hund nicht schwerfällt: man nehme einen Hund der grundlegend eher zur Hibbeligkeit und Unaufmerksamkeit tendiert und setze diesen gewissen nicht idealen Umwelt- und Erziehungsreizen aus...!


    Zu der Aussage "wenn durch Ritalin alles geregelt wird, lernen die Kinder das nicht selbst"...da kann und muss ich aus persönlicher Erfahrung widersprechen! Möchte da thematisch und persönlich aber nicht allzu sehr in die Tiefe gehen im öffentlichen Forum ;)



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  • Es war auch nicht mein Anliegen, über den Link zu diskutieren. :D


    Aus meinem Anton könnte man sicher auch solch einen " ADHS" Hund machen :D
    Ich schätze, dass er auch in seinem alten zu Hause solch ein Hund war :muede:

  • ist man besitzer eines "hibbel hundes" muss man lernen an sich zu arbeiten um ruhe ausstrahlen zu können. agiert man selbst überzogen, planlos und unklar wird dies die situation weiter anheizen und so ein hund wirkt wirklich wie ein adhs patient..mit denselben symptomen.
    so ein hund braucht eine klare führung, regeln und konsequenz, sowie einen absolut ruhigen umgang um zu lernen mit stress umzugehen.
    mir tut der hund wie von dir beschrieben sehr leid.

  • Ich habe ein ADS Kind und eines mit ADHS. (Bei beiden ist es genetisch und durch mich vererbt). Dadurch läuft alles bei uns in sehr geregelten Strukturen und nach festen Zeitplänen und Regeln. Wir haben ein relativ Reizarmes Umfeld geschaffen, da Hektik und Streß fatale Auswirkungen auf die Kinder haben. Unser Hund ist sehr ruhig und ausgeglichen und auch auf Hunde die auf “ Durchreise“ bei uns sind färbt das nach relativ kurzer Zeit ab. Ich könnte mir schon vorstellen, das es da Zusammenhänge gibt. Ich habe mir allerdings noch nie großartig Gedanken darüber gemacht, ob unsere Lebenssituation einen positiven Einfluß auf das Gemüt der Hunde haben könnte. Aber das ist ein sehr interessanter Gedanke, den ich mal weiterverfolgen werde.

  • muecke: Ist interessant das Video. Ich bin der Meinung das es ADHS heute viel häufiger ist, da in etlichen Familien die unterstützenden und schützenden Strukturen eben fehlen, das wirkt sich auf Hunde wie Kinder aus. Ich glaube auch nicht an eine Hirnorganische oder genetische Störung. Ich denke einfach es gibt, zum Glück, verschiedene Menschen. Nicht alle haben die gleiche Energie, es gibt und gab immer schon Menschen die viel Energie und Temperament haben und welche mit wenig. Wie eben bei Hunden auch. (Stichwort: Normalverteilung) Wenn man heute ein Kind hat, welches extrem hibbelig und nervös ist, dann ist es extrem hibbelig und nervös. Mediziner und Pharmaunternehmen haben eine Diagnose dafür erfunden und nun kann man es mit Ritalin "heilen". Ich finde es in Ordnung wenn Extremfälle Ritalin verantwortungsbewusst erhalten, aber erstmal sollte man an den Strukturen, Regeln und der eigenen Einstellung arbeiten.

  • Lustig in diesem Zusammenhang finde ich auch die diversen Bachblütentherapien oder Rescue Tropfen welchen Kindern verabreicht werden und die dann offenbar eine tolle beruhigende Wirkung auf die Kinder haben.


    In meinen Augen wirken diese nur bei der Verabreichenden Person, die dann beruhigt durch die Gabe der Medizin ist, und diese Ruhe dann auch ausstrahlt. Was wiederum Hund oder Kind natürlich auch beruhigt.

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