Konditionierung bedeutet, ein Hund darf nicht Hund sein
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An sbylle:
Ok, also Du sagst, der Schenkeldruck darf nicht unangenehm sein.
Warum sollte es dann belohnend sein, wenn der Druck weggenommen wird? Denn das schreibst Du auch. - Vor einem Moment
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Hi,
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Der Druck ist Druck und als solcher unangenehm, ja. Weil er ungewohnt ist, weil er "komisch" ist, weil er "drückt". Erste Stufe z.B. wenn man die Hinterhand des Pferdes wegschicken will ist ein "Schwiegermutterblick".
Aber auf keinen Fall schmerzhaft, Angst auslösend, drohend, strafend.
WENN er letzteres war, weil man es falsch gemacht hat und der Druck als Strafe gewirkt hat, erkennt man das am Resultat: Strafe bewirkt dass das Verhalten seltener gezeigt wird, dass der Strafe voranging. Und damit funktioniert die neg Verstärkung eben NICHT mehr, oder nicht so wie gewünscht. Wer neg. Verstärkung als Trainer einsetzen will, wird Strafe an der Stelle tunlichst vermeiden! Wer das nicht kann, ist ein schlechter Trainer.Aber nochmal: Es geht mir hier nicht um gut und böse. Ich will auch nicht sagen: neg Verstärkung ist besser, oder gut, schön, nett, oder was weiß ich. Ich sage auch nicht, dass der bewusste Druckaufbau unbedingt ne ganz tolle Sache ist. Es ist super schwierig, es kann schief gehen, zuviel sein - aber es ist eben NICHT dasselbe wie Strafe. Nicht in dem Sinne, dass es deswegen "gut" ist und Strafe "böse" - sondern es sind eben zwei verschiedene Dinge.
Ich finde nämlich theoretische Diskussionen schon recht spannend, und dazu muss man sich einig sein über die verwendeten Begriffe, damit man sich versteht.
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Zitat
Lies bitte nochmal, was ich schrieb, statt meine Aussagen nur anders wiederzugeben.
Natürlich können sich Hunde an schmerzhafte Strafen gewöhnen. Sie stumpfen ab. Zwicken reicht nicht mehr aus, um eine Reaktion zu erhalten. Du sprichst damit die erlernte Hilflosigkeit an; der Hund weiß nicht, wie er die Zwickerei abstellen kann, also hält er aus. Das heißt nicht, dass er das Zwicken selbst nicht mehr wahrnimmt. Habe ich auch nirgendwo behauptet.
Erstens, ich frage, wer zwickt Hunde?
Zweitens, ichstelle in Frage, dass überhaupt jeder Hund das Zwicken wahrnimmt!
Du antwortest mir nicht darauf und ich habe dich nicht wiedergegeben, das Beispiel ist für mich realitätsfremd. Kein Hund gewöhnt sich an Schmerzen.
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ZitatAlles anzeigen
Nein. Es kann so sein, aber es muss nicht, und es sollte nicht.
Ich bring noch mal das Beispiel vom Pferd. Man muss das Pferd an Berührungen vorher gründlich und geduldig gewöhnen - und nur dann kann man das Druck aufbauen überhaupt nutzen. Ein Schenkeldruck darf nicht unangenehm sein. (Auch wenns Leute gibt, die Sporen in die Seiten bohren - aber das ist schlechtes Reiten!) Bei einem guten Reiter siehst du den Schenkeldruck ja nicht mal. Es ist ein Anspannen der Wadenmuskulatur. Wenn man Schenkel, Gerte oder sonstwas so einsetzt, das das Pferd am anfang der Ausbildung Angst davor hat oder meidet, hast du dir ganz viel kaputt gemacht.
Und entgegen allem was Hans-Georg schreibt, KANN das Pferd den Schenkeldruck nicht selbst abstellen, sondern nur dadurch, dass es das tut, wodurch es gelernt hat, dass der Duck weggeht - so wie es lernen kann, wie man sich ein Leckerlie verdient.
Natürlich KANN der aufgebaute Druck extrem unangenehm sein. Es KANN auch sein, dass der Druck soweit gesteigert wird, dass er unangenehm wird. Da kann man natürlich über Sinn und Unsinn, Gut und Böse streiten. Aber einen Reiz oder Druck direkt mit Strafe gleichzusetzen, finde ich einfach falsch.
Im Zusammenhang mit der bewussten Anwendung ist es unsinnig, da Strafe ja auf ein Verhalten folgt (wenn man als Ausbilder straft). Der Aufbau des Drucks geht dem Verhalten, das man verstärken will, voraus. Würdest du ein stehendes Pferd strafen, hättest du bald ein Pferd, dass nicht mehr stehenbleibt. Das wäre richtig schlecht. Aber da man IMMER ganz ganz gering anfängt und JEDE auch noch so kleine Reaktion in die ansatzweise richtige Richtung sofort durch Wegnahme des Drucks belohnt, kommt man, wenn man auch nur ansatzweise weiss was man tut, nie in den Bereich, in dem das Pferd gestraft wird - sprich, versucht zu vermeiden, was es VORHER getan hat.Ich sehe schon was du meinst, und würde man (und das ist der Kardinalfehler!) direkt mit zu hohem Druck anfangen, würde dieser wie eine Strafe wirken (eine Strafe sein). Der Unterschied ist durchaus graduell, aber es gibt ihn! Wenn es doch passiert, dass der Druck gesteigert werden muss, BIS das Pferd tatsächlich als Strafe empfindet, MUSS beim nächsten Mal wieder ganz sanft angefangen werden, damit der Ausweg ganz klar ist.
Ich geh ja mit dir, dass die positive Verstärkung viele Vorteile hat. Und ja, ich clickere auch. Und ich finde, neg. Verstärkung ist schwieriger einzusetzen und man kann viel mehr falsch machen. Aber ich finde es wichtig, dass man andere Vorgehensweisen richtig versteht und nicht einfach ablehnt.
Im Hundebereich lese ich immer wieder moralisch aufgeladene Missverständnisse über negative Verstärkung, was mich - da ich mich bei Pferden besser auskenne - echt überrascht hat. Und ich glaube nicht dass es an den unterschiedlichen Tierarten liegt, sondern einfach am Stand des populären Diskurses.
Ich lehne die negative Verstärkung als funktionalen Verstärker ÜBERHAUPT nicht ab. Ich habe nichts gegen negative Verstärkung, solange ich den Hund nicht absichtlich einer positiven Strafe vorher aussetze.
Das Prinzip nutzt man beim konditionierten Geschirrgriff, man füttert aber die Freiheitseinschränkung schön, ähnlich wie wenn man einem Hund an die ungeliebte Bürste gewöhnt. Da geht es darum, dem Hund beizubringen, die Freiheitsbeschränkung zuzulassen.
Wenn der vorangegangene Reiz allerdings nicht wirklich spürbar für den Hund ist, wird die negative Verstärkung auch nicht wirklich wirkungsvoll sein.
Wie auch immer du dir erklärst, warum die negative Verstärkung mit Wegnahme des Drucks dann überhaupt funktioniert, wenn das Pferd das Ganze nicht zumindest als nervig empfindet.
Aversivreize sind doch Strafe. Das ist doch nur eine beschönigende Formulierung. Wenn man das zugibt, ist es doch viel ehrlicher.
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Hey
Diese Definition möchte ich gerne mal sehen.
ZitatEin unangehmer (aversiver) Reiz ist per definitionem eine positive Strafe. Da gibt es nichts, das man anders auslegen kann.
Das mag nach deiner eigenen Definition so sein, aber nicht nach den allgemein anerkannten Lerntheorien.
Warum ist das so?
Nun ein „aversiver Reiz“ ist ein „aversiver Reiz“, sonst wäre er eine „positive Strafe“ und kein „aversiver Reiz“.
Nur erklären solche Zirkulären Erklärungen nichts, sondern sie Behaupten nur.
Bisher ist auch meines Wissens noch niemand darauf gekommen zu behaupten seine Zahnschmerzen seien eine „positive Strafe“, aber das seine Zahnschmerzen unangenehme (averisiver Reiz) seien, schon.
Oder wenn ich trotz Schuhe in einen Nagel trete, käme ich nicht auf die Idee zu behaupten, das das eine Positive Strafe sei. Außer ich glaubte an übernatürliche Kräfte, dann vielleicht schon.
Zitat
Die negative Verstärkung funktioniert wie die positive. Sie ist eine Konsequenz, aus der der Hund lernt, völlig egal, ob sie von Hundehalter oder von Hund selbst ausgeht. Der Hund muss zunächst mal gar nichts zeigen. Er muss erstmal lernen. Ob das Verhalten dann sitzt, liegt daran wie gut es trainiert/konditioniert wurde. Wieder völlig gleich, ob mit Leckerli als positive Verstärkung oder Nachlassen eines aversiven Stimulus (negative Verstärkung). Richtig ist, dass vieles unbewusst, fernab des Hundehalters passiert.Nehmen wir die „positive/negative Verstärkung“, sie, ist keine Konsequenz, denn sie benennt nur den Prozess, der dieser Form des Lernens zugrunde liegt.
Das heißt vereinfacht, dem Verhalten folgt eine Konsequenz, unabhängig davon, ob mit oder ohne Erfolg.
Da wir hier speziell über Hundeerziehung/Hundeausbildung, und somit über die Konditionierung allgemein und im Besonderen über „negative Verstärkung“ diskutieren, ist der Hundehalter der Lehrer/Trainer und der Hund der Schüler.
Also geht es um ein gesteuertes Lernen für den Hund.
Vergleichbar mit dem Lernen unter Hunden.
Wer Welpe nähert sich der Mutter, und attackiert deren Schwanz dabei beißt er wohl etwas zu heftig hinein und zieht auch noch sehr stark daran.
Die Mutter dreht sich um und knurrt, worauf der Kleine sofort ablässt, worauf die Mutter mit dem Knurren aufhört.
Was hat der Welpe gelernt, wenn Mutter knurrt und ich mit dem Beißen und Zerren aufhöre, stellt sie das Knurren ein.Wo ist hier die Strafe? Es gibt keine Strafe.
Sondern nur eine Drohung, das Knurren (aversiver Reiz), wenn das Knurren aufhört (negative Verstärkung).
Zitat
Du hast sicherlich Recht, wenn du sagst, dass Strafe per definionem Verhalten vermindert auftreten lassen soll, deshalb spricht man in unzähligen Threads auch von "zu schwachen Strafen". Deshalb ist ein aversiver Reiz aber nicht gleich keine positive Strafe...Wir sollten hier nicht den Fehler begehen und das, was wir allgemein Strafe nennen, oder als solche verstehen, mit den Lerntheorien vermischen.
Eine Strafe kann wirksam sein oder eben nicht, sie kann niedrig oder hoch sein, sie kann zu hoch oder zu niedrig ausfallen usw.
Was entscheidend ist, dass der „aversive Reiz“ mit maximale und optimale stärke ausgeführt werden sollte, damit er wirksam sein kann.
Damit sind wir auch sofort bei einer der größten Schwächen, die mit dem Strafen verbunden ist, das diese Reiz-Stärke individuell sehr unterschiedlich ist.
Strafen, wenn wir einfach mal davon ausgehen die wir anwenden, auch ihre Wirkung hätten, haben wir immer das Problem, die dazu notwendige maximale und optimale Reiz-Stärke zu finden.
Die wir in aller Regel nicht kennen, nicht kennen können.Darum verpuffen viel Strafen, oder sind nicht nachhaltig genug und müssen daher immer wieder erneuert werden.
Denn nach den Erkenntnissen der Lernforschung/Neurobiologie usw., kann eine Strafe nur dann nachhaltig sein, wenn sie mit maximaler und optimaler Stärke, auf das Individuum abgestimmt, angewendet wird.
Deshalb stellt sich eine weitere Frage:
Wenn wir Hunde erziehen/ausbilden über Strafen, warum sind sie oftmals so wenig nachhaltig?
Gerade bei Strafen haben wir, das sagt uns auch die Lernforschung schon sehr lange, sehr viele negative Nebenwirkungen, die es sehr schwer machen effektiv damit umgehen zu können.
Hunde, die über Starkzwang ausgebildet werden, müssen meist immer wieder nachgearbeitet werden, da die averiven Reize durch Gewöhnung, wiederum verursacht durch andere Lernprozesse, an Wirksamkeit abnehmen.
Kurz und Knapp, ich bin kein Freund von Strafen.
Zitat
Dein Skinner-Beispiel zeigt deutlich die Wechselwirkung. Hätte man aber als Versuchleiter der Ratte gezeigt, wie sie dem Strom entkommen könnte, hätte sie es sicherlich genauso verstanden. Man hat es einfach über eine Art Free-Shaping in perfider Form getan.Wenn du negative Verstärkung erforschen willst, nützt es nichts etwas anderes zu untersuchen, dann würde ein Experiment überhaupt keinen Sinn mehr machen.
Natürlich muss man mit der entsprechenden Einstellung solche Versuche wie die beschriebenen ablehnen, da die Tiere sich nicht dagegen wehren können.
Aber solche Versuche wurden auch mit Menschen gemacht, die sich dafür freiwillig zu Verfügung gestellt haben.
Der Lernprozess läuft dabei ob Mensch ob Tier ähnlich ab und macht keinen nennenswerten Unterschied.
Mit anderen Worten, die Lerntheorien sind universell.
Noch eine Anmerkung, ohne ein Diskussion, über Sinn und Unsinn, oder notwendig nicht notwendig, von solchen Forschungen entfachen zu wollen:
Eines muss man aber auch erkennen, ohne diese Forschungen von Pavlov, Thorndike, Skinner usw., wären wir in der Lernforschung noch auf dem Stand, als der Mensch noch auf Bäumen lebte.
Die Humanisierung der Tiererziehung/Tierausbildung hätte bis heute noch nicht stattgefunden, das gängige Modell der Dressur über Gewalt, Starkzwang, Zwang hätte sicherlich bis heute noch bestand, bei der Hundeausbildung sei der Kadavergehorsam, als Beispiel zu nennen.
Nur den Erkenntnissen der Behavioristen ist es zu verdanken, das sich mit dem Wissen wie Lebewesen lernen, konnte hier eine Veränderung ein Umdenken eingeleitet und umgesetzt werden.
Wie lange die Erkenntnisse gebraucht haben bis sie in die Öffentlichkeit vorgedrungen sind hatte ich schon geschrieben, von 1900-1980 das sind fasst ein Jahrhundert, sagt eigentlich schon alles.Hätte Skinner nicht den Klicker erfunden und erforscht an Hunden, hättest du heute nichts womit und was du beklickern könntest.
In diesem Sinne.
Hilf mir, es selbst zu tun! (Maria Montessori).
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Kareki, ich weiß nicht, wie ich es noch erklären soll.
Einmal noch: eine Strafe würde ich dann als Strafe bezeichnen, wenn sie die Wirkung hat, durch die man Strafe definiert. Nämlich das Verhalten, das der Strafe vorangegangen ist, seltener auftritt.
Ich definiere Strafe also über die Wirkungsweise, über die Rolle beim Lernen. Ich finde die Argumentation "Alles, was unangenehm ist, ist Strafe" nicht zielführend, weil es ungenau ist und eine normative Argumentation, keine empirische und keine analytische.
Aber wenn das deine Ansicht ist, dann gut, lassen wir das doch stehen. Man muss "Druck" oder aversive Reize ja weder rechtfertigen noch gut finden - nur ist das eben nicht genau dasselbe wie eine Strafe. Sonst bräuchten wir ja auch nicht verschiedene Begriffe dafür.
Aber wir drehen uns im Kreis und es wird langweilig. Was hatten wir noch nicht?
Aljon, Wortmeldung bitte, wir brauchen ein anderes Thema

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Nun ja, da wir ja nicht immer mit Ausschlüssen arbeiten können, müssen wir davon ausgehen, dass ein unangenehmer Reiz Bestrafung ist. Nehmen wir mal die Wasserflasche. Es gibt Hunde, die ihr Verhalten unterbrechen, danach mit Meideverhalten reagieren und irgendwann ihren Schrecken davor verlieren. Was ist das dann? Eine ehemalige Strafe?
Dasselbe ist es so oder so nicht

hansgeorg
Ah, jetzt weiß ich wieder, warum ich dir nicht mehr antworten wollte.Nur soviel - die Bedrohung/Einschüchterung der Mutterhündin ist keine positive Strafe? Warum wirkt dann die negative Verstärkung? Das Knurren, das den Welpen BEDROHT (!), hört auf. Wenn der Welpe natürlich gelernt hat, dass dem Knurren etwas noch Schlimmeres folgt, kann das Knurren das Ankündigen einer Strafe sein, die konditioniert wurde. Auch hier wirkt die negative Verstärkung wieder durch vorangegangene (angekündigte) positive Strafe. Egal wie du es drehst und wendest. Ist dem Welpen das Knurren egal, woher kommt die erleichternde Wirkung der negativen Strafe? Wo kein unangenehmer Reiz, durch den sich der Hund geängstigt oder bedroht fühlt, da keine erleichternde Wirkung.
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Hey16
ZitatNun ja, da wir ja nicht immer mit Ausschlüssen arbeiten können, müssen wir davon ausgehen, dass ein unangenehmer Reiz Bestrafung ist. Nehmen wir mal die Wasserflasche. Es gibt Hunde, die ihr Verhalten unterbrechen, danach mit Meideverhalten reagieren und irgendwann ihren Schrecken davor verlieren. Was ist das dann? Eine ehemalige Strafe?
Dasselbe ist es so oder so nicht

Ein Hund der auf einen solche aversiven Reiz, wie du ja selbst schreibst, mit unterbrechen reagiert, versteht erst einmal nicht, was du von ihm willst.
Oder anders, er denkt nach, das ist eine kognitive Fähigkeit.
Das Denken, hat also mit einer Strafe überhaupt nichts zu tun, bezieht sich nur auf einen unangenehmen Reiz.Auf diesen ersten Schritte der Verhaltensunterbrechung, kann der nächste folgen.
Nämlich, dass von dir angesprochene Meide-Verhalten, das nun als zweiter Schritt folgt.
Und der zweite Schritt, das Meide-Verhalten, ist nichts anderes, als „negative Verstärkung“.
Folgt dann als nächster Schritt, die Gewöhnung, das soviel heißt, wie, der Reiz ist eigentlich unbedeutend und die ganze Sache damit in letzter Konsequenz unwirksam.
Was sagt uns das?
Die gewählte Methode war wohl nicht die richtige, oder es wurde vom Hundehalter schlecht vermittelt, z. B. das rechte Timing hat gefehlt usw. usw.
Mit anderen Worten, es bleibt immer die Frage, die man sich stellen muss.
Welche Fehler wurden vom Lehrer (Hundehalter/Hundetrainer) womöglich gemacht?
Passt die gewählte Methode zu dem Hund als Individuum?
Passt diese Methode zum gesamt Erziehungs-Konzept (Verlässlichkeit), das der Hundehalter/Hundetrainer im alltäglichen Umgang anwendet?
Usw., usw.
Zitat
hansgeorg
Ah, jetzt weiß ich wieder, warum ich dir nicht mehr antworten wollte.Nur soviel - die Bedrohung/Einschüchterung der Mutterhündin ist keine positive Strafe? Warum wirkt dann die negative Verstärkung? Das Knurren, das den Welpen BEDROHT (!), hört auf. Wenn der Welpe natürlich gelernt hat, dass dem Knurren etwas noch Schlimmeres folgt, kann das Knurren das Ankündigen einer Strafe sein, die konditioniert wurde. Auch hier wirkt die negative Verstärkung wieder durch vorangegangene (angekündigte) positive Strafe. Egal wie du es drehst und wendest. Ist dem Welpen das Knurren egal, woher kommt die erleichternde Wirkung der negativen Strafe? Wo kein unangenehmer Reiz, durch den sich der Hund geängstigt oder bedroht fühlt, da keine erleichternde Wirkung.
Ganz einfach, der Welpe macht ja selbst seine Erfahrungen, wenn er etwas zu heftig gebissen wird, wird er auch knurren und drohen. So lernt er in der Interaktion mit den Geschwistern der Mutter usw., salopp ausgedrückt „was du nicht willst was man dir tu, das füg auch keinem andren zu“.
D. h., auch hier ist es möglich, das der Hund seine kognitiven Fähigkeiten zeigt, da er denken kann.
Vielleicht hat er in solche einer Situation auch mal ein Geschwisterchen, das zu heftig war, angeknurrt und gedroht.Dadurch kann der Hund z. b. in der Interaktion, deeskalierendes Verhalten lernen.
Man kommt dann sehr wohl ohne „positive Strafe“ aus und muss keinen Umweg machen, um über „negative Verstärkung“ angemessenes Verhalten auf ein knurren und bedrohen hin zu zeigen.
Meide Verhalten kann man nicht beobachten, wenn der Welpe nun nicht mehr unangemessen heftig zu beißt, er vermeidet es dem anderen wehzutun, ist das Verhalten die negative Verstärkung.
Wir müssen uns mal etwas frei machen von dem Starren nur behavioristischen Denken.
Letztlich hat dieses starre Denken, auch der Behavioristen dazu geführt, dass er folgerichtig von der Kognition abgelöst wurde.Nehmen wir mal Ratten, die müssen manche überlebenswichtige Verhaltensweisen nicht erst selbst ausprobieren, um etwas Wichtiges zu lernen, Stichwort: Spiegelneurone, Beobachtungslernen usw.
Wenn die Gruppe womöglich Fressbares findet, gibt es einen Vorkoster, wenn der das unbeschadet übersteht, werden die anderen in Zukunft auch diese Nahrungs-Quelle nutzen.
D. h., es gibt evolutive Hervorbringungen biologisch genetische Grundlagen, die das Soziale-Lernen erleichtern.
Die unterschiedlichen Verhaltensweisen Art bezogen, wie z. B. das Knurren, kann jeder Welpe reifeabhängig, das muss er nicht erst lernen.
Was er aber in der Interaktion erst lernen muss, ist, in welchem Zusammenhang er dieses Verhalten anwenden kann/muss, so lernt er angemessenes Hundeverhalten, Knurren = Drohen z. B.Knurren ist im Gehirn mit den entsprechenden Bewegungen sensomotorisch vernetzt, genauso mit den Emotionen/Gefühlen usw.
Diese Komplexität ist es, ein Stichwort: Spiegelneurone, die durch Empathie das Verhalten anderer nachfühlen lässt, ohne das wir es selbst erleben, das Beobachten ist hinreichend.Wenn ein kleines Kind ein anderes Kind weinen sieht/hört, fängt es an mitzuweinen, da seine sensomotorische Vernetzungen mitfühlt, das nennt man Empathie.
Noch mal zurück zu den aversiven/unangenehmen Reizen, die man von der Strafe und Verstärkung abkoppeln muss, damit sie einen Sinn ergeben.
Wenn ich z. B. unbedacht Brenneseln anfasse, werde ich unmittelbar einen „aversiven Reiz“ wahrnehmen, der individuell sehr unterschiedlich erlebt wird, das kann vom Weinen bis zum einfach Wegstecken gehen.
Das Empfinden ist da sehr uneinheitlich, der eine zeigt Schmerz der andere eben nicht.D. h., bedeutet aber nicht, das der das einfach so weggesteckt hat in Zukunft munter Brennesel anfassen wird, er wird sie auch eher meiden (negative Verstärkung).
Oder anders, was ein aversiver Reiz ist, wird individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen, trotzdem reagieren wir darauf.
Es würde nun niemand darauf kommen und sagen, das Anfassen der Brennesel wäre eine Strafe gewesen, außer vielleicht die Bibelfesten, die denken das war ein Strafe Gottes.
In der Erziehung bedeutet daher definitionsgemäß der „aversive Reiz“ bei Strafe etwas anderes als der negative Verstärker.
Somit kennzeichnet und definiert nicht der aversive Reiz die Art des Lernens, sondern das bestimmen die folgenden Verhaltensweisen.Bei Strafen nimmt das Verhalten ab, bei Verstärkung zu, mal sehr verkürzt ausgedrückt.
Hilf mir, es selbst zu tun! (Maria Montessori).
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Zitat
Ich empfinde einen generellen Kadavergehorsam (alleine der Begriff!), egal bei welchem Hund, nicht als etwas Positives. Auch wenn er der Neigung des Hundes vielleicht entgegenkommen will.
Und ich möchte den Hund kennenlernen, der von sich aus "Kadavergehorsam" zeigt. Kadavergehorsam wird vom Mensch erzwungen. Kein Hund bietet das an.
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Zitat
Ps: Immer wieder erstaunlich - und sehr positiv im Grundzug! - wie gut und intensiv sich manche hier mit Lerntheorie und Konditionierung beschäftigt haben und ganze Bücher darüber schreiben könnten. Doch wie selbst mein Psychologie-Professor zu dem Thema schon sagte: "Theorie ist schön, Praxis überm Tellerrand ist schöner!"
Dazu fällt mir ganz spontan ein:
Theorie
Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldner Baum.
Goethe
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Die Theorie sollte nie vergessen, daß sie nichts weiter ist als angewandte Praxis.
Gabriel Laub
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Unsere Theorien sind unsere Erfindungen. Sie sind nie mehr als kühne Vermutungen, Hypothesen;
von uns gemachte Netze, mit denen wir die wirkliche Welt einzufangen versuchen.
Karl R. Popper
Gaby, ihre schweren Jungs und Finn - Vor einem Moment
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