Wenn der liebste Hund der Welt austickt
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Hallo liebe Community, jetzt kommt leider ein Mammut-Artikel.
ich bin ganz neu im Forum und habe schon viele vermeintlich passende Beiträge gelesen, aber es ist sicher trotzdem sinnvoll, einen eigenen Beitrag zu schreiben (da ja Hunde auch recht individuelle Geschöpfe sind).
Die Vorgeschichte
Wesir ist ein 4jähriger Karpatiner-Mischling (seine Mutter ist eine Karpatinerin, sein Vater ein Streuner). Wir haben ihn als Welpen vom Hof meiner Oma mitgenommen, weil es den Leuten dort suspekt war, dass sein Fell komplett weiß war. Seine beiden Geschwister konnten wir gut an einen Rinderhirten vermitteln, wo die beiden munter ihrer Aufgabe als Hirtenhunde nachgehen. Ich habe schon Kommandos mit ihm geübt, als er noch ganz klein und kugelbäuchig war, was auch super geklappt hat. Aber zurück in Berlin fing mein Vater an, ganz andere Begriffe zu verwenden und zu erwarten, dass Wesir das auch von jetzt auf gleich kapiert. Der wiederum hat natürlich nur geguckt wie ein Kalb (dessen Größe er inzwischen auch fast hat). Ich glaube, das war der erste Fehler von vielen.
Meine Schwester und ich sind damals oft mit Wesir spazieren gegangen, haben von Passanten Lobgesänge auf diesen Knut-Doppelgänger gehört und ihn auf dem Hundespielplatz im Mauerpark mit anderen Hunden herumtoben lassen. Er hatte auch nie ein Problem damit, sich *mal* von Fremden streicheln zu lassen, er hat sich sogar darüber gefreut. Durch meinen Vater wurde er aber charakterlich immer schwieriger, zumindest wenn wir Gassi gingen. Wenn Wesir nicht wie ein Roboter alles exakt nach den Erwartungen des obersten Befehlshabenden ausführte, wurde an der Leine gerissen, herumgeschrien, gedrückt und geschoben, bis es in seinen Augen passte. Ob Wesir daraus was gelernt hat... ?
In der Familie kam es dann auch immer mehr zu Spannungen, weshalb ich ziemlich früh auszog und Wesir nur noch selten sah.Des Karpatiners Kern
Mittlerweile heißt es von meinem Vater nur noch, Wesir wäre eine "tickende Zeitbombe". Er ist nicht mehr in der Lage, ihn zu beherrschen. Wesir knurrt und bellt beim rausgehen andere Hunde und Menschen an (aber nicht alle, ich weiß noch nicht, welche Faktoren ihn Reizen) und springt auch in deren Richtung. Wir (mein Freund und ich) haben Wesir, weil mein Vater gedroht hat ihn zu erschlagen, seit Samstag Abend bei uns. Die Fahrt mit den Öffis verlief problemlos, am ersten Abend schien er Heimweh zu haben, Sonntag früh hat er einen Mann und mehrere Hunde aggressiv angebellt, gestern bellte er mehrere Hunde an und sprang sogar unvermittelt (aus einer "Platz"stellung heraus) einen freundlichen Herren an und heute Früh hätte er fast eine Frau mit Regenschirm angesprungen.
Ich weiß wirklich nicht, was sein Verhalten beeinflusst. Manche Passanten gehen 2cm dicht an seinem Kopf vorbei und es juckt ihn kein bisschen, manche sind mehrere Meter von uns entfernt und er beginnt, sich aufzubauen und sie zu fixieren. Einige Hunde lässt er unbeachtet und dann wiederum flippt er bei anderen ungeachtet von Wuchs oder Geschlecht regelrecht aus. In der Wohnung benimmt er sich tadellos, aber draußen ist er immer wie ausgewechselt. Wir würden ihn sehr gerne freier herumlaufen und mit anderen Hunden spielen lassen, aber das geht so zurzeit nicht.
Seit gestern probieren wir es mit einem kleinen Trick: Käsewürfel scheinen ihn gut abzulenken. Wenn er beginnt sich auf jemanden zu Fokussieren, sagen wir seinen Namen, und sobald wir seine Aufmerksamkeit haben, bekommt er das Leckerli gezeigt. Er darf es sehen und schnuppern, bekommt es aber erst, wenn die anderen an uns vorbeigegangen sind. Scheint zu klappen, heute hat er (fast) nur Augen für seinen heißgeliebten Käse gehabt.
Haltet ihr das für einen richtigen Ansatz?
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Hi
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Mit positiver Bestätigung kannst du nicht so viel falsch machen wie mit Korrekturen. Ob das reicht kommt auf den Hund an. Ich würde erstmal so weiter machen wenn es hilft.
Wichtiger als wen er anbellt ist warum er bellt. Kann Unsicherheit, Frust, Langeweile, Gewohnheit oder Aggression sein. Je nach Ursache sind unterschiedliche Trainigsansätze hilfreich.
Um das herauszufinden würde ich einen Hundetrainer kommen lassen, der mit euch in gewohnter Umgebung Gassi geht und das Verhalten beurteilen kann. -
Ich denke auch, daß ihr mit positiver Vertärkung könnt ihr nichts verkehrt machen; würde aber auch durch einen Trainer die Ursachen abklären und an denen mit dem Training ansetzen.
Ein kleiner Tip zum Timing: Ideal wäre es, in meinen Augen, ihm den Käsewürfel in dem Moment zu geben in dem die Menschen, Hunde am nächsten sind. Ansonsten finde ich den Ansatz, die Aufmerksamkeit auf euch zu lenken sobald ihr merkt, daß euer Hund fixiert oder lauert sehr gut.LG
Franziska mit Till
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Puh, ich gebe zu, dass ich mich damit nur wenig auskenne, aber für mich klingt es nach einem arbeitslosen HSH. Wenn man sich anschaut, wie diese Hunde in ihrer Heimat leben und für welche Arbeit sie gezüchtet wurden, dann wird einem schnell klar, dass es hier in einer deutschen Großstadt arg schwer für sie ist.
Vielleicht geht Wesir einfach seiner Bestimmung nach und versucht Menschen die ihm suspekt sind zu vertreiben. Seine Vorfahren (zumindest ein Teil) wurden dafür gezüchtet zu Bewachen und Eindringlinge (u.a Bären, Wölfe) zu vertreiben bzw. zu stellen. Seine Herde muss unter allen Umständen verteidigt werden.
Ich hoffe hier meldet sich noch jemand der sich mit dem Thema besser auskennt, aber es wäre sicherlich nicht verkehrt sich einen Trainer zu suchen, der sich mit den Bedürfnissen dieser Rasse auskennt.
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Hallo,
da es sich nicht gerade um einen einfachen Rassemix handelt und er erst seit Samstag bei euch ist, kann man davon ausgehen, dass da ggf. noch mehr Verhaltensweisen auf euch zukommen, die euch an die Grenzen bringen könnten.
Ich würde da auf jeden Fall nichts in Eigenregie unternehmen, sondern einen Hundetrainer hinzuziehen, der sich mit Herdenschutz - Hirtehunden auskennt.Hier schon mal eine Buchempfehlung für euch:
Die Autorin ist auch Hundetrainerin und ist über Google zu finden, sie wird euch vielleicht kompetente Hilfe in eurer Nähe empfehlen können.
Viele Grüße!
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Huhu
Also wenn man mal die Psychologie betrachtet: Der Hund kam an einen anderen Ort zu einem anderen Menschen den er nicht verstand, da der Mensch nicht verstand auf den Hund einzugehen. Ich wäre da verwirrt und lerne von Anfang an: ich kann mich auf den Menschen nicht verlassen.
Danach gabs viel Streit im Haushalt wohl auch schlechte Laune ect. was der Hund auch mitbekommt. Danach hat er dich auch verloren.
Das macht einen fertig auf Dauer. Ausleben wird er es im aggressiven Schutzverhalten. Dadurch kommt er noch weniger raus, kann sich nicht auslasten und die Spirale geht immer weiter runter....Ich will damit nicht bewerten. Ich denke nur so könnte es in dem Hund aussehen.
Schwierige Lebenslagen hat und kennt leider jeder.Die Käsenummer ist super
Alles was ihn ablenkt ist gut.
Liebe Grüße
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Ablenken ist aber nicht Sinn der Sache. Du musst dem Hund klare Aufgaben und Vorstellungen geben, wie er mit der Situation umgehen soll. Wenn du ihn nur ablenkst, kannst du zwar in der einen Situation dazu bringen, dass er die ungewollte Verhaltensweise nicht zeigt, löst aber langfristig nicht dein Problem.
Im Prinzip müsst ihr bei Null anfangen - der Hund muss lernen, ein Alternativverhalten in solchen Situationen aufzubauen. Zunächst einmal muss er aber lernen, dass er Fremde in Ruhe zu lassen hat und das werdet ihr nicht durch Ablenkung erreichen, sondern indem ihr ihm den Umgang mit Fremden schmackhaft macht. Unter Umgang meine ich übrigens zunächst das Dulden von Fremden in seinem gewählten Radius. Das können 3 oder auch 10m sein. Für jede ruhige Verhaltensweise wird er von dir belohnt, zB durch Käse. Diese Akzeptanz festigst du über lange Zeiträume und gibst ihm in der Situation Anweisungen, was er stattdessen tun soll, sich zB neben sich setzen, ins Platz gehen, Pfötchen, was auch immer.
Was allerdings in erster Linie das Wichtigste ist - hol dir einen guten Trainer, der sich mit HSH auskennt. Desweitern informiere dich mal im Forum, wie man den Hund geistig auslastet, gib ihm Aufgaben, sodass er sich seine Langeweile nicht in unkontrolliertem Schutzverhalten vertreibt. -
in einer Großstadt wird es wohl kaum möglich sein jeden fremden Menschen und Hund auf 3 oder gar 10 m Abstand zu halten.
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Zitat
in einer Großstadt wird es wohl kaum möglich sein jeden fremden Menschen und Hund auf 3 oder gar 10 m Abstand zu halten.
Wohlmöglich nicht. Wobei ich eine Großstadt für einen HSH mit solchen Problemen als die ungünstigste Umgebung überhaupt halte.
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Nein finde ich nicht. Man kann die Stadt sogar nutzen oder auch ruhige Orte finden.
Ich finde die Käsenummer im Ansatz gut. Natürlich muss sich das ganze Umfeld umstellen und dem Hund gerecht werden. Sonst kannste ewig käse füttern.
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