Haben eure Hunde Schutztrieb?

  • Ich finde diese Diskussionen immer als Haarspalterei.
    Natürlich ist ein Hund keine triebgesteuerte Maschine, sondern durchaus ein lernfähriges, differzeniertes Wesen, aber die veralteten Begriffe umschreiben sehr gut aufgrund von genetisch fixierten Reaktionsbereitschft und Mustern, die zu erwartende Reaktion.
    Ja es gibt Rassen die eine höhere Reaktionsbereitschaft in (vermeindlichen) Bedrohungssituationen.
    Nur hab ich hier rassebedingt Hunde mit ausgesprochen hoher Reaktionsbereitschaft und ansich auch der Neigung zu sehr massivem Aggressionsverhalten, aber da scanned keiner im Dunkeln und steht auch keiner kreischend in der Leine. Mich macht es auch wahnsinnig, wenn ein Hund völlig gestresst und ungeführt durchs Leben geht mit der Ausrede: Ist halt ein XY, die sind so.
    Genetisch fixierte Dinge kann man nicht löschen, man kann sie nur Bahnen und durch Habituation mildern.
    Ich werde egal wie viel Training ich betreibe nie aus einem Mali einen Border und aus einem Border keinen Goldi machen können.

  • noch einmal zum triebmodell im hundesport:


    kampftrieb: ein trieb zur erfüllung der motivation "kampf". was kann "kampf" für eine motivation darstellen? biologisch gesehen macht es keinen sinn, zu känmpfen, um zu kämpfen.
    nach der bezeichnung müsste es aber so sein.
    solche triebbezeichnungen stellen hunde als dumme kampfroboter dar.
    und das sind sie nicht.


    es macht durchaus sinn, zu kämpfen, um seine gruppe zu verteidigen (arterhaltungstrieb) oder sich zu verteidigen (selbsterhaltungstrieb). der kampf (aggression) ist hierbei ein werkzeug, eine mischung aus verschiedenen verhaltensweisen aus dem funktionskreis der agonistik (kampfverhalten, angriffs- und abwehrverhalten, flucht).


    wehrtrieb: ein trieb zur erfüllung der motivation "wehren". genau die gleiche frage: liegt die motivation im wehren, weil der hund sich so gerne wehrt und die erfüllung dieses bedürfnisses so wichtig ist? oder geht es hier um eine gezeigte agonistische verhaltensweise, dessen ziel die erfüllung des selbsterhaltungstrieb ist.


    ein erfüllter trieb bedeutet= zufriedener hund. welcher hund ist zufrieden, weil er sich wehren muss?


    auch hübsch, meidetrieb: dem hund macht es also solch einen spaß zu meiden, dass es einen trieb gibt, der so heißt?


    den aggressionstrieb hatten wir ja schon ;)


    und ich denke mal, darum ging es engelbert.


    dieses triebmodell ist längst überholt. die erfüllung eines triebes bedeutet die die erfüllung das lebewesen. schaut einfach mal genauer hin, wenn es um triebbezeichnungen geht.


    der schutztrieb übrigens ist nichts anderes als ein genetisch fixiertes erhöhtes misstrauen, in die umwelt, gekoppelt mit einer geringeren reizschwelle und einem höheren reaktionsvermögen, die bei vielen rassen auch erwünscht ist. diese rassen bewerten ihre umwelt komplett anders, als rassen, denen eher fröhliche gelassenheit in die wiege gelegt wird. das sind keine triebe, sondern anlagen/talente, die gelenkt/gefördert/gehemmt werden können.
    ein treib, wie der selbsterhaltungstrieb, ist einfach da.


    in den meisten fällen steckt hinter der bezeichnung "der hund hat schutztrieb" ein hund, der sich selbst schützt (selbsterhaltungstrieb) und einen scheiß auf den schutz des bindungspartners gibt.


    hinter fast jeder aggression steckt auch ein fünkchen angst: angst um sich selbst, angst um seine bindungspartner, angst vor kontrollverlust, angst vor statusverlust, angst vor dem verlust der kinder (elterliche schutzaggression).


    der hund schützt nicht um zu schützen, sondern weil er wichtige menschen/dinge/sozialpartner/sich selbst in gefahr sieht.


    und erst, wenn man das verstanden hat, kann man diese verhaltensweisen lenken. wenn man immernoch davon ausgeht, dass die es einen schutztrieb mit der erfüllung "schützen" gibt, ist das nicht möglich.

  • Milow hat Schutztrieb, er schützt nur sich selbst :headbash: . Wenn uns jemand ans Leder wollte würde er wahrscheinlich das Weite suchen, als sich vor mich zu stellen.

  • Nur zur Ausgangsfrage:


    Meine Hündin hat auf jedenfall Schutztrieb, ich glaube eher Rasseuntypisch.
    Wenn mir jemand plötzlich von hinten auf die Schulter fasst muss ich ein wenig aufpassen, sonst lässt sie mich alles Regeln, im dunkeln wird sie aber auch wachsamer.
    Einmal hat sie jemanden ordentlich gebissen und ich war sehr sehr froh drum:


    Ich hatte meinen Freund auf der Nachtschicht besucht und bin gegen 3 Uhr zurück nach Hause. An einer Straße kam mir ein Mann entgegen, der auf mich zu ging und mich am Arm packte, er sagte im gebrochenen Englisch: Nice Girl, you come with me, you come with me und zerrte an mir.
    Meine Hündin hat nicht lange gefackelt und hat ihn sehr feste in den Arm gepackt (blutete auch) und ging direkt wieder in Angriffsstellung.
    Der Mann verzog sich dann.
    Danach hatte ich ein wenig Sorge, dass sie sich im Verhalten ändern würde, ist aber nicht der Fall.


    Ich finde es gut, dass mein Hund mich im Notfall unterstützt, würde das aber nicht weiter Trainieren.


    Aber ich hätte da nochmal eine Frage an die erfahrenen Schutzdienstler:
    Ich habe mal von einem der auch schon lange Schutzdienst macht gehört, dass BC und auch Pudel, die sich für den Dienst eignen, besonders gefährlich sind(und sich deshalb dann doch nicht mehr eignen) da beide Rassen das verlangen haben trotz Training eher immer wieder in die Halsregion beißen zu wollen.
    Stimmt das? oder hat der Herr vielleicht einfach andere Erfahrungen gemacht?
    Kennt jemand Pudel oder BC im Schutzdienst und kann das bestätigen?
    (rein aus Interesse)


    Liebe Grüße

  • Zitat

    Genetisch fixierte Dinge kann man nicht löschen, man kann sie nur Bahnen und durch Habituation mildern.
    Ich werde egal wie viel Training ich betreibe nie aus einem Mali einen Border und aus einem Border keinen Goldi machen können.


    das stimmt definitiv. aber es nützt nix, hierbei nur die erfüllung vermeintlicher triebe im kopf zu haben und ich denke mal, dass du da auch nicht so denkst, oder?


    z.b. wenn mein hund im dunkeln personen anknurrt, kann ich das mit dem wort "schutztrieb" einfach abklären. "na, der hat eben schutztrieb."


    ergo müsste ich diesen trieb befriedigen und fertig ist. theoretisch müsste ich ihm zig verschiedene möglichkeiten zum schützen bieten und dann wäre es super.


    so läuft das nicht und als malihalterin weißt du das ja, kram.


    wichtig wäre es hier, herauszufinden, was hinter dem verhalten steckt. hat mein hund angst um sich selbst? hat mein hund angst um mich? geht es um das territorium?


    der nächste schritt wäre es hier, den hund sicher zu führen und kontrollierbarer zu machen. ihm also beizubringen, dass ich die instanz bin, der er vertrauen kann. ich geh der sache auf den grund und helfe meinem hund. und ich bin auch die instanz, die die reizschwelle meines hundes auf ein kontrollierbares maß setzen kann.


    hierfür eignet sich, meiner meinung nach, je nach hund, auch hundesport, wie schutzdienst (vorausgesetzt es wird sauber gearbeitet, was in den wenigsten vereinen passiert, aber es soll auch die geben, die die hunde nicht verheizen). nicht, weil hier ein trieb, den es so nicht gibt, gestopft wird, sondern weil mein hund lernt, in erregung und stress ansprechbar zu sein.


    und das hat nichts mit der füllung eines triebes zu tun.


    trieberfüllung ist lebenswichtig.

  • Habe ich auch schon mal drüber nachgedacht, ich dachte allerdings eher an einen Catteldog oder AH.
    Bin mir aber nicht ganz sicher, der Vater ist in jedem Fall rein BC und hat auch Papiere, die Hündin, ist ein BC Stockhaar und optisch auch reiner BC.
    Weiß nicht genau, falls auf jedenfall nur Bruchstückweise, Gipsy arbeitet ja durchaus auch rein Border Typisch, gerade beim sortieren oder Behandeln und zutreiben...viel über Auge auspendeln...
    Ein Indiz wäre zumindest ihr doch breiter Brustkorb und ihre Größe + Gewicht ( 58cm 20kg)


    Sorry für OT

  • Ups, bist Du schnell... hatte es grad wieder rausgeschmissen, weil mir dann aufgefallen war, dass es off topic ist... :pfeif:


    Ja, ich hätte auch AH vermutet.

  • Trieberfüllung führt auch bei klassischen Trieben nicht automatisch zu einer Schwächung des Bedürfnisses.
    Für mich spricht nichts dagegen diese Begriffe zur Vereinfachung zubenutzen wenn man differenziert damit umgeht. Aber das führt jetzt weit OT.
    Generell wird oft heroisches Verhalten in die Hunde hineininterpretiert, ich halt es mit einem namhaften Ausbilder: "Bei den meisten Hunden ( und er meinte ausgebildete Gebrauchshunde) würde ich in der Badehose einsteigen."

  • Sara hat am Anfang in der Dämmerung einen Mann angebellt, der ganz schwarz gekleidet war und aufs Wasser gestarrt hat. Ich hab das unterbunden, war aber ehrlich gesagt auch ein bisschen froh, da ich im Winter abends schon bissl ängstlich bin. Seitdem ist aber sowas nicht mehr vorgekommen und im Notfall wüsste Sara schon zu handeln.

  • Zitat

    Trieberfüllung führt auch bei klassischen Trieben nicht automatisch zu einer Schwächung des Bedürfnisses.
    Für mich spricht nichts dagegen diese Begriffe zur Vereinfachung zubenutzen wenn man differenziert damit umgeht. Aber das führt jetzt weit OT.
    Generell wird oft heroisches Verhalten in die Hunde hineininterpretiert, ich halt es mit einem namhaften Ausbilder: "Bei den meisten Hunden ( und er meinte ausgebildete Gebrauchshunde) würde ich in der Badehose einsteigen."


    es stimmt, eine trieberfüllung führt nicht unbedingt nachhaltig zur schwächung. jedoch ist, jetzt mal ganz ohne blümchen, ein lebewesen nach dem sex z.b. erst einmal in seinem trieb erfüllt. die batterie muss sich erst einmal wieder aufladen, dann kann es weiter gehen. es sei denn, es liegt eine störung (nymphomanie z.b.) vor.
    ich weiß, dass du die begriffe anders verstehst und ich meine auch nicht dich persönlich. denn ich glaube, dass du ganz genau weißt, was du mit deinen hunden machst.


    es geht also nicht um all die, die solche wörter für sich als vereinfachung benutzen, sondern um diejenigen, die wirklich der meinung sind, es handelt sich um triebe.


    mir geht es darum, dass worte wie "trieb" mit bedacht und hintergrundwissen klar definiert gewählt werden. und das man eben erkennt, was wirklich hinter agonistischen verhaltensweisen steht.


    und das die wenigsten hunde wirklich schützen, kann man in vielen beispielen sehen. es gab ein video, in dem das herrchen von einem "bären" (mann im kostum) angegriffen wurde. die meisten hunde haben sich einfach in die hose gemacht, was ich voll und ganz verstehen kann. lediglich zwei haben ihren menschen verteidigt. der eine hat dem "bären" allerdings den kopf abgerissen :hust:

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