Gene oder Erziehung?

  • SO...so langsam werde ich wacher, Gassigehen und 2 Kaffee wirken Wunder!


    Naja bei mir und Shira ist es ja quasi "Inkognito" da niemand genau weis, was drinn steckt an Rassen, Eigenschaften etc. Theorie zur Rasse habe ich also nicht. Das kommt alles so nach und nach in der Praxis.
    Ich wusste also von Anfang an nicht, ob wie gern mit mir Arbeitet, ob sie Beutetrieb hat, ob sie Jagd (das weis ich immernoch nicht), ob es eher ein sensibler Hund ist, ob sie mit Futter oder mit guten Worten zu motivieren ist...eigentlich garnichts über den Charakter. Ein Ü-Ei eben. Das hat man bei einem Rassehund oder einem Mix, bei dem man die Elternrassen kennt, nicht so stark. Klar ist jeder Hund anders, aber gewisse Eigenschaften kann man ja trotzdem ein Stück weit "vorhersehen" wenn man weis, was drinn steckt.


    Ich finde es besonders bei den "Listenhunden" sehr sehr schade und auch einfach FALSCH, Aggression als Wesenszug schon voraus zu setzen und sie quasi von Geburt an als Gefahr einzustufen.
    Jeder Hund kann ja gefährlich werden -für sich oder für die Umwelt-, wenn er völlig falsch Erzogen oder behandelt wird!
    Die wirkliche "Gefahr" sehe ich da eher beim Halter, da der ja dafür verantwortlich ist, wie sich der Hund verhält und ungewollte Verhaltensweisen umzulenken und/oder einzudämmen.

    • Neu

    Hi


    hast du hier Gene oder Erziehung?* schon mal geschaut? Dort wird jeder fündig!


    • Die Mischung macht's - und ich denke, die Gene machen da mehr, als uns manchmal lieb ist, und schon ein Welpe ist alles andere als ein "unbeschriebenes Blatt", das sich in jede beliebige Richtung erziehen läßt.


      Ich hätte da ein schönes praktische Beispiel an den Eltern meiner kleinen Hündin. Beide gleichrassig, auf demselben Hof, im selben Rudel, mit denselben Menschen und sogar noch unter fast identischen Umständen großgeworden. Also fast wie eine Versuchsanordnung.


      Die Hündin LIEBT Menschen generell, kommt spontan auf jeden Fremden begeistert wedelnd und selbstsicher zu und sitzt sofort auf dem Schoß, wenn sie auch nur andeutungsweise eingeladen wird. Die hat da einfach keinerlei Reserve.


      Der Rüde (aus einer ganz anderen Linie, im Mutterleib importiert und eben im selben Umfeld aufgewachsen!) ist da total anders: er ist grundsätzlich reserviert und vorsichtig, nimmt bei Fremden erstmal Sicherheitsabstand, kommt aber schnell freundlich an, wenn er nicht bedrängt wird und ist dann auch völlig zutraulich. Wird er aber vorher irgendwie bedrängt, geht er sofort auf Abstand und fängt an, sehr unfreundlich zu verbellen.


      Meine Hündin, die Tochter der beiden hat die ersten acht Wochen ebenfalls in diesem Umfeld, mit beiden Eltern und im selben Rudel verbracht. Dann kam sie zu mir, und ich habe sie von Anfang an in Fußgängerzone etc mitgenommen. Wirklich schlechte Erfahrungen hat sie dabei nicht gemacht. Dennoch reagiert sie heute auf Fremde haargenau wie ihr Vater: Vorsichtig, aber schnell freundlich, wenn sie erstmal in Ruhe gelassen wird, andernfalls überaus mißtrauisch. Sie sieht also nicht nur aus wie sein Klon, sie zeigt wirklich verblüffend ähnliches Verhalten - wenn sie diesen blitzschnellen Bogen schlägt und verbellt, meint man jedes Mal, ihn zu sehen.


      Hätte ich, als ich den Welpen abgeholt habe, nur diese superfreundliche, zu jedem zutrauliche, total angstfreie Mutter erlebt, würde ich jetzt ständig rätseln, was ich bei ihrer eher mißtrauischen Tochter bloß falsch gemacht habe. So bin ich mir sicher, daß hier die Gene beim Verhalten, also bei der Reaktion auf gewisse Reize, ebenso deutlich mitspielen wie im äußeren Erscheinungsbild.


      Darauf, daß auch gewissen Wesensgrundzüge vererblich sind, beruht schließlich die gesamte Zuchtauslese, nur so war es überhaupt möglich, Hunde-Spezialbegabungen züchterisch zu fördern und gewisse Eigenschaften in gewissen Linien genetisch zu festigen. Was ein Halter aus diesen Grundanlagen macht, ist dann wieder eine ganz andere Sache - aber da sie nun mal da sind, läßt sich nicht leugnen.

    • Die Erziehung wird immer an die genetische Begrenzung stoßen.
      Umgekehrt macht es aber die Erziehung auch möglich mit den "Genen" zu leben.


      Letztendlich macht es eine gute Erziehung möglich, das sich ein Hund angepasster an eine unpassende Umgebung verhält.
      Oder eben im Falle einer schlechten oder gar keiner Erziehung unangepasster und gefährlicher verhält (muss nicht sein, kann aber !).
      Es ist immer ein Zusammenspiel aus der genetischen Veranlagung, also der Basis, und dem was du draus machst.
      Je größer die genetische Veranlagung zu jagen, bellen, hüten, hibbelig sein etc.... ist desto schneller wirst du mit der Erziehung an eine Grenze stoßen die nicht zu überwinden ist.
      Denn weg-erziehen von Veranlagungen geht nicht, man kann nur Alternativen schaffen um so gut damit leben zu können.
      Das "gut damit Leben können" kommt eben immer auf den Hund, den Besitzer und die Umgebung an. Sind die Umstände zum Hund passend (also ein Herdenschutzhund darf ein Gelände bewachen) dann ist alles super, wenn nicht muss man erzieherisch dran arbeiten.
      Am besten sieht man das doch am jagen: Mit Anstrengung bekommt man es vielleicht hin, das der Hund sich bei Wildsichtung abrufen lässt, dennoch wird er immer jagen gehen wenn man nicht aufpasst.
      Und am Schönsten für den Hund ist mit Sicherheit auch wenn er zum Jagen eine passende Alternativbeschäftigung bekommt (Fährtensuch und was es sonst noch alles gibt)


      Das eigentliche Problem ist ja, das Menschen sich Hunde/Rassen aussuchen die nicht zu ihren Lebensumständen/ ihrer Lebensumgebung passen und sich dann wundern. Dann wird versucht das Verhalten wegzuerziehen, was eben oft nicht funktioniert.
      Ein "Spezialist" in der passenden Umgebung wird sicher ein guter Partner sein. Das soll nicht heißen das man für einen Husky einen Schlitten und 5 andere Huskys braucht, sondern mann muss eben das Bewegungsbedürfniss befriedigen können.


      Ich würde das Gen-Thema nicht so sehr an Rassen fest machen. Den auch wenn sich Hunde einer Rasse vom Verhalten oft ähnlich sind, so gibt es immer Jagdhunde die nicht jagen, etc.
      Jeder Hund ist individuell, mit seinem ganz eigenen Charakter und Veranlagungen



      Noch so am Rande, das Ganze soll nicht heißen das sog. Kampfhunde von sich aus schon aggressiver sind als andere Hunde. Sie bringen nur das körperliche Potential, die Geschwindigkeit, etc. schon mit. "Scharf" machen kann man ja fast jeden Hund, nur ein Dackel ist eben nicht annähernd so gefährlich.

    • Meiner Meinung nach ist es wichtig, WANN und WIE man rassetypische Anlagen fordert, fördert und formt. Rassen gibt es nunmal für bestimmte Zwecke, komplett wegerziehen lässt sich da nix (bei einem typischen Rassehund). Die Frage ist nur, "wieviel" Anlage der Hund hat und was ich damit machen will. Die Erziehung bzw. das Hervorholen dieser Anlagen beginnt beim Züchter, der zukünftige Halter sollte Verhalten nur noch lenken und fördern - je nachdem ob man sich da schlau gemacht hat und mit dem "der ist halt rasseytpisch so" umzugehen weiß.


      LG

    • Manchmal halte ich die Suche nach dem Grund warum es etwas nicht klappt für fatal, insbesondere dann, wenn es sich um Gründe wie "rassetypisch, genetisch" handelt. Das sind so "Totschlaggründe" mit denen mancher Halter sich versucht davon zu distanzieren, dass er einfach Mist gebaut hat!
      Wer sich einen Hütehund anschafft geht davon aus, dass er nen Arbeitsjunkie holt und schiebt es glattzüngig auf die Gene wenn der Border ein lebensgefährliches Hobby wie z.B. Autos "hüten" (oder eher: hyterisch kläffend um fahrende Autos springen und selbige auch jagen).
      Und ebenso glattzüngig erfährt man von einem Huskyhalter, "dass man Hunde dieser Rasse fast nie frei laufen lassen kann und das gelegentliche durchbrennen von Mr. oder Miss Husky rassetypisch ist".
      Ich könnte hier lange fortfahren... wenn irgendwas nicht klappt, dann hat das ganz bestimmt auch was mit Rasse/Anlage vom Hund zu tun und ist...jetzt kommt das Fatale: deshalb auch nicht zu ändern, es ist ja angeboren!
      Und genau da platzt mir der Kragen:
      Als Hundehalter hat man die Verantwortung für das Tier übernommen und zwar insgesamt, samt der genetischen Anlage, den Vorerfahrungen und ggf. auch den Würmern und Flöhen!
      Und dass sich zu diesen tatsächlich genetisch veranlagten Eigenschaften auch noch andere Schwierigkeiten dazuaddieren können, nicht selten als Folgeerscheinung (auch von falscher Heransgehensweise, Fehleinschätzungen und hilflosen Erziehungsversuchen), kann man sich eigentlich denken wenn man vernünftig agiert, sich vorher informiert usw.


      Die Frage ist nicht: Gene oder Erziehung? sondern umgekehrt wird ein Schuh draus: Erziehung unter Berücksichtigung der rassetypischen und individuellen Veranlagung!

    • Zitat

      Die Erfahrungen mit der Umwelt beginnen dann, wenn der Welpe äußeren Umständen ausgesetzt ist. Einen solchen Versuch könnte man nur unter Laborbedingungen machen, denn der äußere Einfluss beginnt schon im Mutterleib...


      Viele Grüße
      Corinna


      Jup, hab gerade einen Vortrag gehört, in welchem der große Einfluss des Stressniveaus der Mutter auf die Kinderhirne wirkt. Oft korreliert sowas mit einem verkleinerten Cortex beim Nachwuchs (der fürs planende Denken und Handeln sowie für Frustrationstoleranz und Impluskontrolle verantwortlich ist).

    • Zitat

      beginnt beim Züchter, der zukünftige Halter sollte Verhalten nur noch lenken und fördern - je nachdem ob man sich da schlau gemacht hat und mit dem "der ist halt rasseytpisch so" umzugehen weiß.


      ...und wenn es keinen Züchter gibt, sondern einen undefinierbaren Mix ohne "absolut gut gelegte Grundlagen"?
      Klar, beim Züchter sind die Grundlagen bestenfalls super belenkt und man weis, was man hat und wie man das, was man möchte, fördert.
      Aber wenn man garnicht weis, was an Anlagen vorhanden ist...?


      Meine Meinung nach hilft da nur Learning by Doing bzw Try and Error.

    • Zitat

      ...und wenn es keinen Züchter gibt, sondern einen undefinierbaren Mix ohne "absolut gut gelegte Grundlagen"?
      Klar, beim Züchter sind die Grundlagen bestenfalls super belenkt und man weis, was man hat und wie man das, was man möchte, fördert.
      Aber wenn man garnicht weis, was an Anlagen vorhanden ist...?


      Meine Meinung nach hilft da nur Learning by Doing bzw Try and Error.


      Dann übernimmt man die Arbeit selbst und macht sich halt doppelt schlau. Es gibt ja ausreichend Infos in welcher Zeit der Welpe was und wie lernt.
      Wenn ich ein erwachsenes Ü-Ei hab, so wars jedenfalls bei mir, probiert man halt aus, was der Hund kann und woran er Spaß hat und fördert ihn dementsprechend :D


      LG

    • Zitat

      ...und wenn es keinen Züchter gibt, sondern einen undefinierbaren Mix ohne "absolut gut gelegte Grundlagen"?
      Klar, beim Züchter sind die Grundlagen bestenfalls super belenkt und man weis, was man hat und wie man das, was man möchte, fördert.
      Aber wenn man garnicht weis, was an Anlagen vorhanden ist...?


      Meine Meinung nach hilft da nur Learning by Doing bzw Try and Error.


      Um festzustellen welche Anlagen der Hund hat, musst du nicht zwangsläufig die Rasse kennen. Wenn du den Hund vor der Nase hast, kannst du es ja direkt beobachten und gucken wie sich der Hund zeigt. Wenn du mit dem Hund grundsätzlich "standardmässig" umgehst, also Welpenprägung, Erziehung usw. dann kristallisieren sich die Anlagen auch heraus. Und dann kann man drauf eingehen.
      Dann gibt es auch bestimmte Typen von Hunden die bspw. ein guter Trainer auch erkennen kann und die in gewissem Maße Schlußfolgerungen zulassen.

    • Also ein meinem Fall konnte ich als Hundeanfänger GARNICHTS erkennen :ops:
      Ich hab gesehen, dass sie freiwillig zu mir kommt, Balli spielt und welpentypische Flausen im Kopf hat, alles andere musste ich ausprobieren :D Finde ich aber auch nicht schlimm - so lernt man jedenfalls, herumzuprobieren, sich auf sowas einzulassen und zu beobachten. Was ich am schnellsten gelernt habe: DIe ganze Standard-Theorie in Erziehungsratgebern taugt nur bis zu nem bestimmten Grad. Danach kann man die Bücher getrost wegwerfen...


      Naja genug von mir... Zurück zum Thema :)

    Jetzt mitmachen!

    Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!