plötzlich Angstaggression bei Auslandshund

  • Zitat


    Wer ernsthaft etwas von mir wissen will, der bekommt auch ne Antwort.


    Ich würde es sehr gerne und wirklich und absolut ernsthaft wissen.

  • Ich hab ja auch eine (ehemalige) Angsthündin.
    ich möchte noch mal betonen, wie individuell sich Angstverhalten zeigt und wie individuell es behandelt werden muss! Es geht zudem nicht ohne die Beziehung zwischen Hund und HH zu analysieren und entsprechend "einzunorden" - von daher rate ich auch zu einem/einer Hundetrainer/in. Denn man selbst ist da naturgemäß auch schnell betriebsblind.
    Mir und meinem Hund hat Iris Lockermann sehr gut geholfen - die sitzt allerdings im Hamburger Süden: http://www.hundeschule-harburg.de/index2.php


    Zu deinem Vater: ich finde es auch vollkommen okay, wenn er deine Hündin ignoriert. Wieso sollte sie mit der Ignoranz potentiell bedrohliches Verhalten verbinden? Siehst du hierzu Ansätze bei deiner Hündin?
    Grundsätzlich ist ignorierendes Verhalten ja neutral und damit - außer bei einer Fehlverknüpfung - nicht angstfördernd bzw. -auslösend.
    Siehst du hier eine Fehlverknüpfung? Dann könnte man an der arbeiten - allerdings hat diese dann nichts mit dem grundsätzlichem ignoranten Verhalten deines Vaters zu tun, sondern eben nur mit dem fehlverknüpften Reizelement.
    - Äh, verstehst du, was ich meine?
    (Es könnte sein, dass du dir hier selbst einen Streich spielst, weil es deinem Seelenfrieden besser täte, wenn dein Vater sich zB auf Schönfüttern einließe. Aber für den Seelenfrieden deines Hundes kann ich aus deinen Post bisher keine Notwendigkeit dafür herauslesen.)


    Dass die Hündin deinen Vater stellen will, weil er in dein Zimmer kommt bzw hereinzukommen droht, seh ich als Territorialverhalten an. Mag sein, dass sie aufgrund ihrer Unsicherheit überschießt, nach dem Motto: Wehret den Anfängen ;) Dass sie den Eindringling also auf Abstand halten will, um sich nicht näher mit ihm auseinandersetzen zu müssen.
    - Ängstlichen Hunden fehlt in der Regel das Zutrauen bzw das Verhaltensrepertoire, sich auseinandersetzen zu können mit Situationen/Lebewesen. Von daher zeigen sie verstärktes Meideverhalten, um sich der überfordernden Situation zu entziehen - nach vorne oder nach hinten, je nach gemachten Erfahrungen.


    Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem ignorierenden Verhalten deines Vaters und ihrem Ihn-Stellen-wollen in deinem Zimmer.


    Mein Ansatz wäre, der Hündin zu zeigen: Danke - aber ich kümmere mich selbst darum.
    Das "Danke" würde ich dabei zügig abbauen und schnell relativieren. Die Hündin soll merken, dass sie sich nicht kümmern muss.


    Wir hatten die Tage auch ein Erlebnis mit einer Freundin, die auf Krücken in die Wohnung eines Freundes kam und mein Hund, beim Freund zu Besuch, diese Freundin auf Krücken heftigst anbellte und anknurrte - auf eine Art und Weise, wie ich das von hier so noch nicht gehört hatte.
    Meine Hündin schoss dabei vom Platz zu meinen Füßen auf und stellte sich vor die Freundin auf Krücken, stellte sie und sperrte den Weg in die Wohnung hinein ab.
    Da sich die Hündin zwischen uns und die herein kommende "Krückenfrau" stellte, sah ich darin eine UNS-Verteidigen, nicht nur ihre eigene Haut retten wollen.
    Ich bin aufgestanden, auf die Freundin zugegangen, hab sie in den Arm genommen - daraufhin trollte sich mein Hund sofort zurück auf den Platz, auf dem sie vorher war. Von dort aus beäugte sie die Krücken und die Freundin. Es schien etwas zu dauern, bis sie die Freundin "hinter" den Krücken erkannte. Danach waren ihr zwar noch die Krücken unheimlich, aber das haben wir ignorieren können, weil die Hündin weit unterhalb einer Panikreaktion blieb.


    In deiner Situation würde ich es genauso machen: Mich zwischen den Hund und den "Eindringling" stellen. Ruhig bleiben und dem Hund damit zeigen: Du kümmerst dich und hast die Situation bestens im Griff.
    Wenn du dazwischen stehst, wird dein Hund kaum an dir vorbei nach vorne gehen (Achtung: Ferndiagnose ;) )


    Bei einem Angsthund ist in meinen Augen die Bindung zum HH ein ganz enorm wichtiges Moment. Ich bin für meinen (ehemaligen) Angsthund eine Art Hilfs-Ich. Sie musste lernen bzw hat gelernt, dass es sich lohnt, auf mich zu vertrauen. Dass ihr das mehr bringt als die angstauslösenden Sachen selbst "zu lösen". DAS war der Durchbruch.
    Den Boden für solches Vertrauenserfahrungen zu bereiten, dafür kann ein angsthundgeübter Trainer Gold wert sein.

  • Da ja auch der Parallel-Thread recht gut gedeiht, wollte ich hier nochmal ein Update geben.


    Bis jetzt hat Lotta das Verhalten nicht mehr wiederholt. Ich manage die Situation momentan so, dass sie schlichtweg nicht mehr in gruselige Situationen geraten kann. Glücklicherweise konnte ich meinen Vater davon überzeugen, ein wenig zu kooperieren.


    Wenn mein Vater abends von der Arbeit kommt, haben wir vereinbart, dass er im Flur bleibt, bis ich ihn begrüßt habe. Dazu gehe ich ganz normal zu ihm und sage dann besonders fröhlich "Hallo" und quassel ein bisschen mit ihm. Lotta darf dabei zugucken, sie ist bis jetzt jedes Mal auf unterwürfigste und püseligste Art zu ihm hingekrochen und er bietet ihr mit abgewandtem Rücken kommentarlos ein Leckerli an. Sie nimmt es und seit vorgestern frisst sie es auch direkt in seiner Gegenwart. Gestern saß mein Vater im Sessel und Lotta hat sich mit einem Streifen Rinderkopfhaut direkt vor seine Füße gelegt und in aller Seelenruhe gefressen. Ich habe sie allerdings von diesem Platz abgerufen, bevor er aufgestanden ist. Sie scheint gar keine generelle Angst vor ihm zu haben, sondern sich nur bedroht zu fühlen, wenn sie sich zur Ruhe gelegt hat und er direkt auf ihren Korb zuläuft.


    Deswegen bringe ich sie momentan abends in mein Zimmer, weil sie ja bei jedem Vorfall im abgedunkelten Wohnzimmer ausgeflippt ist. Bevor ich sie hochbringe lassen wir mehr Licht an als sonst und sie bekommt ihr Super-Spielzeug, mit dem sie dann rumturnt. Sobald sie Ermüdungserscheinungen zeigt, bringe ich sie hoch. Da bleibt sie dann eine bis zwei Stunden alleine und pennt, bevor ich auch ins Bett gehe. Ich vesuche, diese Zeit langsam zu verkürzen und sie jeden Abend ein paar Minuten länger auf ihrem Wohnzimmer-Kissen pennen zu lassen. Sie wirkt insgesamt schon jetzt entspannter.


    Zum Thema Angst vor Ignoranz: Vielleicht klingt es weit hergeholt, aber ich denke nicht, dass Lotta Ignoranz zuverlässig als neutrales Verhalten einordnen kann. Die Leute, die in ihrem bisherigen Leben freundlich zu ihr waren, haben sie vermutlich immer liebevoll angesprochen und ihr Futter zugesteckt. Die Leute wiederum, die ihr Gewalt angetan haben, haben das vermutlich ohne große Vorwarnungen und möglicherweise auch "im Vorbeigehen" gemacht, ich denke da an sowas wie Tritte oder möglicherweise auch Steinwürfe, keine Ahnung. Ich glaube nicht, dass ein neutraler Mensch für sie automatisch harmlos ist.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!