Mehr Probleme durch zuviel Vermenschlichung?


  • Danke -


    genauso meine ich das!

  • Quebec - das dachte ich auch. Dem Thema gehört ein eigener Fred gewidmet.


    Veni - Was du beschreibst kann bei einem intuitiv handelnden Lebewesen immer passieren. Wenn z.B. Instinkte zum Tragen kommen (auf der anderen Straßenseite hoppelt ein Hase übers Feld oder der beste Hundefreund von allen tobt dort drüben rum).


    Deshalb gehören Hunde an Straßen m.E. so oder so gesichert - allein schon, um niemand anderen zu gefährden. Das geht 1000 Mal gut und dann einmal nicht.


    Und dabei ist es völlig wurscht, ob die Bordsteinkante als Haltepunkt mit Meideverhalten oder über positive Bestärkung aufgebaut wurde.


    Schon allein weil es so oder so passieren KANN, dass Hund "sich vergisst", kann ich mir den Aufbau über Meideverhalten ebensogut schenken.


    Die Frage ist doch eine ganz andere: Will ich, dass der Hund gerne gehorcht und sogar Spaß hat, gewisse Rituale (hier Borsteinkante = Halt) auszuführen oder ist es mir lieber, dass Hund sich nur deshalb dort absetzt, weil er gelernt hat, wenn er es nicht tut, jibbet Ärger?


    Was für das Vertrauensverhältnis besser und angenehmer ist, für alle Beteiligten, dürfte klar sein.


    Das hat den schönen Nebeneffekt, dass Hund in irgendeiner kritischen Situation, wenn es hektisch wird, eher händelbar ist.


    Schönes Beispiel von gestern:
    Ich war mit Gizmo und Shima auf einem steilen Sträßchen das eh nur selten befahren wird zu Fuß unterwegs, weil man da derzeit mit dem Auto nicht hoch kommt - viel zu glatt. Weil das so offensichtlich war hatte ich auch nicht damit gerechnet, dass es irgendein Autofahrer versuchen würde. Die Hunde liefen frei, Shima schnüffelte links vor mir, Gizmo rechts hinter mir am Wegesrand.


    Plötzlich hör ich wie ein Auto mit Schmackes versucht, die Steigung zu meistern.


    Gizmo kennt mich bis in die letzte Zelle. Mein zugegebenermaßen leicht panischer Ruf "Auf die Seite" führt dazu, dass er trotzdem genau das tat, nämlich ganz von der Straße runter auf die Seite zu gehen.


    Shimchen, die in ihrem Vorleben eine ziemlich herbe Erziehung genossen hat, konnte bei meinem Tonfall nicht mehr gehorchen, sie bekam Angst vor mir. Das steckt so tief in ihr drin, dass ich in gewissen Situationen immer noch nicht an sie rankomme.


    Letztlich blieb mir nichts anderes übrig, als dem armen Autofahrer vor die Motorhaube zu springen. Damit war sein "Aufstieg" zwar gescheitert und ich musste ihn aus dem Graben schieben, in den er beim Versuch, auf der schmalen Straße auf Glatteis umzudrehen, geraten war. Aber er war glücklicherweise verständnisvoll und gab zu, dass das ein blöder Versuch von ihm war (er wär eh nicht bis oben hin gekommen)


    Langer Rede kurzer Sinn: Gizmo kann sich auf mich verlassen, egal wie hektisch oder panisch mal ein Kommando kommt oder wie knackig eine Ansage. Die Konsequenzen bei Fehlverhalten seinerseits waren für ihn nie angsteinflößend oder schmerzhaft, sondern eindeutig und klar. Abbrüche von Fehlverhalten habe ich versucht, so selten wie möglich zuzulassen. Deshalb das "Agieren statt reagieren".


    Mit Shima wird es wohl noch eine Zeit dauern, wenn sie es überhaupt je vollständig aus ihrem System bekommt, was sie die ersten 4 Jahre ihres Lebens verinnerlicht hat.


    LG
    cazcarra

  • Was ich nicht so ganz verstehe:


    Warum sollte Meideverhalten (was im übrigen total normal ist auch unter Hunden - genauso bei uns Menschen und selbstverständlich zum Leben dazu gehört) immer nur durch Angst erzeugt werden?


    Warum kommt keiner auf die Idee, dass das auch durch Respekt erzeugt werden kann.


    Und Respekt wird ganz sicher nicht durch Gewalt oder Schmerz erzeugt! Den muss man sich verdienen - und den meisten Respekt bekommen ruhige, souveräne Menschen, die handeln und nicht schwafeln. Deren oberstes Ziel es ist, die ihnen folgenden in Sicherheit, Ruhe und Harmonie zu halten. (Darum finde ich den Begriff "Chef" für Mensch Hund Beziehungen auch ungeeignet - ein Chef denkt wirtschaftlich)


    Warum muss vom Sofa immer "geflogen" werden und nicht einfach wortlos runtergeführt? Das Ergebnis ist das selbe.


    Irgendwie scheinen Dinge immer so extrem konnotiert zu sein. Strafe = Gewalt, Durchsetzen = Gewalt, Respekt = Gewalt.


    Ich kann keinem vertrauen, wenn ich ihn nicht respektiere. Es hängt alles zusammen.


    Ach - auf die Ausgangsfrage: Vermenschlichung bedeutet für mich, wenn ich in den Hund und sein Verhalten die selben Werte interpretiere, wie Menschen sie haben. Wenn ich glaube, mit ihm kommunizieren zu können, wie ich es mit Menschen kann, wenn ich ausblende, was einen Hund treibt und was ihm wichtig ist und daraus ebenfalls Fehlinterpretationen von Verhalten entstehen.

  • Zitat

    Will ich, dass der Hund gerne gehorcht und sogar Spaß hat, gewisse Rituale (hier Borsteinkante = Halt) auszuführen oder ist es mir lieber, dass Hund sich nur deshalb dort absetzt, weil er gelernt hat, wenn er es nicht tut, jibbet Ärger?


    Und wer sagt, dass das "gibbet Ärger" gleich auf die Laune des Hundes schlägt?
    Wenn ich meinen Hunden sagte: "Nein, hör auf, lass es" dann brechen die nicht vor Angst zusammen, obwohl es durchaus Konsequenzen gäbe, würden sie trotzdem weitermachen.
    Im Gegenteil, es ist eher ein "Gut, dann nicht, was machen wir stattdessen?" und es wird sich ohne weiteres einer anderen Aktitvität gewidmet.


    Meine Hunde kennen die Konsequenz, wenn sie nach dem "Lass es" nicht aufhören. Und trotzdem schlägt ihnen dieses "Lass es" nicht auf die Laune - faszinierend, he? ;)


    Ich möchte mal behaupten, dass unser Vertrauensverhältnis trotzdem sehr gut ist. Meine Hunde können sich auf meine Reaktion verlassen - auch wenn meine Reaktion ihnen im Fall des Falles nicht schmeckt.
    Sie haben immer die Möglichkeit, sich für den guten, netten Weg zu entscheiden bei dem nichts passiert.
    Es gibt nicht aus dem heiteren Himmel eine Strafe, sondern es gibt vorher eben eine Verwarnung.

  • Zitat


    .....Ich möchte mal behaupten, dass unser Vertrauensverhältnis trotzdem sehr gut ist. Meine Hunde können sich auf meine Reaktion verlassen - auch wenn meine Reaktion ihnen im Fall des Falles nicht schmeckt.
    Sie haben immer die Möglichkeit, sich für den guten, netten Weg zu entscheiden bei dem nichts passiert.
    ......


    Um mal wieder zum Thema zurück zu kehren: woher weiß ich, als ich unwissender Mensch, dass meine Hunde dies wirklich rational unterscheiden können und in der Lage sind, solche Gedankengänge bis zum Ende durch zu denken?


    Ich will dich damit nicht angreifen, ich frage halt wirklich nur aus Neugier, ob mir das hier jemand beantworten kann...

  • Sabrina - es ist echt müßig... Lies einfach genau.


    Nirgendwo schreib ich, dass es keinen Abbruch geben darf. Die Frage ist lediglich, wie ich ihn aufbaue.


    Was du treibst oder nicht treibst, lässt sich eh nicht beurteilen von hier aus und ob deine Hunde Respekt vor dir haben oder in gewissen Situationen auch Angst, ob es ihnen "die Laune verhagelt" oder nicht - dazu müsste man sie sehen.


    cazcarra

  • Ohh, sehe ja jetzt erst, dass hier auch über Meideverhalten geredet wird. Da ist eben was neues aufgemacht worden zu diesem Thema im Speziellen.

  • Hummel -


    bzgl. Sofa schrieb ich ja extra "notfalls fliegt der Hund vom Sofa".
    Unter notfalls verstehe ich, wenn Hund nach 3 x nein und wegschubsen, mein Anliegen immer noch ignoriert und munter weiter versucht, auf das Sofa zu hüpfen.
    Dann würde ich auch durchaus deutlicher werden.


    Aber wie du auch schreibst - dieses Durchsetzen muss überhaupt nicht unbedingt mit Gewalt zu tun haben.
    Es geht einfach darum, dass ich mein Ziel im Kopf habe und dies auch durchsetze. ICH muss wissen, was ich will, was ich dulde und was nicht.

  • Öhm Respekt, ja klar kann ich meinen Hund so erschrecken, dass er "Respekt" vor mir hat, dann ist die Grundlage schlicht Angst und zwar vor mir.


    Ich kann mir seinen Respekt aber auch durch souveräne Führung und planvolles Handeln erarbeiten und dann ist die Grundlage Vertrauen zu mir.



    Und, wenn ich Pech habe, dann erzeuge ich durch Drängen des Hundes ins Meideverhalten einen Triggerpunkt, der im unangenehmsten Fall dazu führt, dass der Hund mein Kommando nicht ausführen kann.


    Siehe dazu Gizmo und Shima in der Reaktion auf Elke`s Kommando auf die Seite.


    Birgit

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