Ich bin im Zwiespalt - Freilauf mit dem wilden Kerl

  • Hallo ihr,
    ich hab da mal ne Frage :-)


    Enki ist nun fast 2 Monate bei mir und ich glaube ich sehe was so unser Team anbetrifft große Fortschritte.
    Wir haben mit der 5 m/10 m Schlepp geübt und ich hab oft mit ihm fangen/verstecken gespielt und nun seit 2 Wochen einfach die Leine mal weggelassen in übersichtlichen Gebieten.


    Nun ist es so das es natürlich mal gute und mal schlechte Tage gibt, er sich aber eigentlich für unsere kurze Zeit ganz gut abrufen läßt.
    Da er sehr gerne sprintet und Haken schlägt ist es auch für mich echt schön ihn so fröhlich rumhopsen zu sehen und seit wir so "befreit" rummarschieren machen die Spaziergänge echt mehr Spaß und ich bilde mir ein, dass er zwar einen großen Radius hat, aber freudiger zu mir kommt, öfter meine Nähe sucht.


    Allerdings kommt er nicht bei jedem Ruf von mir sofort angerast, sondern ab und zu muss ich mehrfach rumhüpfen oder auch mal wegrennen bzw. ihn auch mal einsammeln gehen.


    Was denkt ihr: Mach ich das falsch? Also soll ich ihn an die Schlepp hängen bis der Rückruf wirklich beim 1. Mal sitzt?
    Oder so ohne Leine seine Aufmerksamkeit versuchen auf mich zu lenken?
    Die Schlepp hasst er förmlich: er beisst rein, kaut drauf rum und ist dann meiner Meinung nach nicht so aufmerksam, zudem verheddern wir uns oft.


    Macht es Sinn ab und zu die Schlepp zu nehmen, um gezielt den Rückruf zu üben oder nur ganz oder gar nicht?


    Ich wär dankbar für eure Ratschläge!

  • Wenn dein Hund keine tendenz zum wegrennen hat und auch kein interesse an Wildtieren hat und auch bei Hundesichtung nicht sofort hinsprintet.


    Dann kannst du es auch weiter mit verstecken, wegrennen und rumhüpfen üben. Kann nur sein das es dann länger dauert, weil er sich angewöhnt das er ja nicht jedesmal zu hören braucht wenn er nicht will und im schlimmsten Fall irgendwann garnicht mehr auf abruf reagiert.


    Wenn der durch die Schlepp wirklich so unkonzentriert wird, gehts ohne vielleicht wirklich besser.
    Hör einfach auf dein Bauchgefühl.

  • das Bauchgefühl sagt irgendwie "solala" deshalb hab ich auch meine Frage gestellt... vielleicht weil ich mir eben nicht ganz sicher bin.


    Mich frustriert eben, dass das mit der Schlepp so gar nicht klappt und er immer und immer wieder rein rennt, dran rumbeißt etc.
    Ich musste wegen diesem Zirkus echt schon diverse Spaziergänge entweder abbrechen oder dann zur kurzen Leine wechseln, weil ich nicht an ihn rankomme.


    Er ist leider erst für mich ansprechbar, wenn er so knapp 5 min. mal wie ein wilder rennen konnte (bild ich mir mal ein jetzt) und das klappt ja mit der Schlepp auch nicht... es sei denn ich nehm 50 m :D


    Vielleicht starte ich auch eine wilde Mischung je nach Gebiet wo wir unterwegs sind.. *grübel*


    Auch aus diesem Grund bin ich eben mal auf den Freilauf umgestiegen.

  • Politisch korrekt müßte man wohl sagen, laß ihn an der SL, bis er zuverlässig hört. Meine Erfahrung: in geeigneter, sprich sicherer, Umgebung kann man auch gut offline trainieren. Die Übung macht's dann letztlich. Allerdings solltest Du nicht zu großzügig werden, sondern auf dem Rückruf bestehen und ihn ggf. bei Nichtbefolgung holen und anleinen.

  • Zitat

    Allerdings solltest Du nicht zu großzügig werden, sondern auf dem Rückruf bestehen und ihn ggf. bei Nichtbefolgung holen und anleinen.


    Das mache ich konsequent. Wenn er die Chance hat, sie nicht wahrnimmt und mein Rufen mit Blickkontakt und Ignoranz quitiert sammele ich ihn ein.

  • Wenn ich das Gefühl hätte, daß die Grund-Bindung sitzt, würde ich morgen damit anfangen, den Hund in einem sicheren, möglichst reizarmen Gebiet und zu einer möglichst langweiligen Zeit (also nicht gerade Wildwechsel oder Haupt-Hunderunde) frei laufen zu lassen.


    Genau damit er sich auch mal richtig rücksichtslos austoben kann - du siehst ja an seinen Übersprungshandlungen an der Schlepp, wie sehr er genau das möchte und sicher auch braucht. Ich würde ihn also erstmal diese "fünf Minuten" in geeigneter Umgebung abtoben lassen und ihn dabei nicht stören - da hört er sowieso nicht.


    Hat er sich abreagiert, kann er sich entspannt auf dich konzentrieren, und dann würde ich offline weitertrainieren wie bisher, ganz selbstverständlich und ohne ihm das Gefühl zu geben, daß da irgendwas Besonderes los ist. Dann macht es nur noch die Übung, und klappt es, kannst du die Ablenkung steigern.

  • Mein Kalle als Junghund am Rhein: Leine ab, Freigabe - und dann erstmal 100-200m losrasen wie von der Sau gebissen :lol: . Da muss man Vertrauen haben. Der brauchte das. Und kam genauso fix wieder zurück gerannt.
    Heute macht er das auch manchmal noch, aber eher selten.

  • Hallo!


    Das Problem was du mit der Schleppleine hast ist ganz typisch.
    Dein Hund zeigt dir durch sein Verhalten (reinbeißen, rumhopsen etc.) was er davon hält, unter anderem zeigt er eine geringe Frustrationstoleranz.
    Nun leinst du ihn ab, weil es dich nervt und er ja auch "eigentlich" ganz gut hört.
    Da ist dann gleich mehrfach der Wurm drin. :)


    1. Dein Hund manipuliert dich, d.h. er merkt irgendwann was er machen
    muss, damit dieses lästige Ding wegkommt.


    2. Er lernt nicht, Dinge auch mal auszuhalten, d.h. du unterstützt mit dem
    Ableine seine geringe Frustrationstoleranz und erlangst keine gute
    Impulskontrolle.


    3. Der Abruf klappt noch nicht sonderlich gut und wird durch die
    "Schluderigkeit" auch nicht solider. ;)


    Das Ganze führt also irgendwann zu einer Verkettung von ungünstigen Verhaltensmustern, die dich langfristig nicht zum Ziel bringen.


    Desweiteren ist es ein Trugschluss, der Hund müsse erstmal 5min sinnlos rumrennen, ehe man anständig mit ihm arbeiten kann.
    Er kann sich seinen Freilauf verdienen aber dazu gehört auch, dass er Regeln einhält und respektvoll ist.
    In der Leine rumbeißen und zerren ist nicht respektvoll.


    Zum Abruf:


    Du kannst umherhüpfen und dich zum Clown machen.
    Das wird einige Male klappen und dein Hund kommt angehüpft.
    Irgendwann gibt es in seiner Umwelt etwas spannenderes und dann stehst du da und machst dich zum Hampel.
    Ein Reh kreuzt den Weg- da kannst du dann nackt Kopfstand machen.


    Fordere von Anfang an Respekt ein, gehe dann mit ihm (an der Schleppleine) in die Bewegung und wenn er dort ruhig und anständig läuft, kannst du schöne soziale Spiele einbauen um den Fokus eher auf dich als auf die Umwelt zu richten.

  • Toula


    für dich mag das ein Trugschluß sein - ich habe in vielen Jahren mit temperamentvollen (und problemlos freilaufenden) Hunden schlicht die Erfahrung gemacht, daß sie wesentlich konzentrierter, kooperativer und nicht zuletzt schneller lernend bei jeder Arbeit sind, wenn sie erstmal ihre körperliche Energie rauslassen dürfen. Sprich: Wenn sie Spannung in Bewegung umsetzen können. Ein Grundbedürfnis, das ich vor allem einem jungen Hund gern zugestehe. Ich seh das ähnlich wie das Aufwärmen und Lockern eines Pferdes, ohne das man vernünftigerweise keine gute Arbeit erwarten kann.


    Natürlich muß der Hund seine Impulse später auch beherrschen lernen - aber für mich hat das Zeit, bis das gegenseitige Basis-Vertrauen da ist. Und mit der Beherrschung läuft es dann deutlich besser, wenn der Hund weiß, daß er auch immer wieder freie Phasen bekommt - siehe oben.


    Daß der Hund gleich "manipulieren" will, wenn er rumhopst und in die Leine beißt, halte ich hinwiederum für einen Trugschluß: der hat da gar keine Zeit für die Weltherrschaft, sondern weiß erstmal schlicht nicht, wohin mit all seiner aufgestauten Energie. Wie auch, wenn er sie nie wirklich austoben darf - und das weiß?


    Daß sowas ein unerwünschtes Verhalten ist, steht auf einem anderen Blatt, aber dafür gibt es normalerweise ja Abbruchkommandos. Manipulationsversuchen kann man übrigens von Anfang an bestens entgegenwirken, indem der Freilauf IMMER erst nach einem ruhigen "Sitz" gewährt wird, also als Lohn für erfolgreiche Impulskontrolle, und du nicht etwa als Reaktion aufs Zappeln genervt ableinst - das wäre in der Tat ein verheerend falsches Signal.


    Und im Grundsatz schließ ich mich Corinna an: Ich hab generell Vertrauen zu meinem Hund, laß ihm also in sicherer Umgebung gern mal seine "fünf Minuten" - er ist schließlich kein Konditionierungs-Automat. Im Gegenzug klappt der Rückruf tatsächlich im gleichen Raktentempo - und dafür haben wir nie eine Schleppleine gebraucht.

  • Toula mein Rüde hat sogar 30min gebraucht, bis der sich endlich ausgepowert hatte. War aber an der Schlepp, weil der sonst hinter Wild hergejagd hätte.



    Nur wenn ein Hund sich weder für Wild noch für andere Hunde, noch fürs wegrennen interessiert, dann gehts doch auch ohne Schlepp. Gibt genug Hunde die sich super abrufen lassen und nie ne Schlepp kennengelernt haben.

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