Hund trotz körperlicher Beeinträchtigung?

  • Hallo verehrte Foris,

    seit einiger Zeit treibt mich der Gedanke, wo der Egoismus anfängt, wenn sich körperlich beeinträchtigte Personen Hunde halten. Ich meine damit nicht unbedingt z.B. Rollstuhlfahrer (da kenne ich wirklich beeindruckende Fälle, auf deren Hunde so mancher Artgenosse nur neidisch sein können), es geht mir vor Allem um Übergewicht, Altersschwäche oder ähnliches. Die weit verbreiteten Fälle eben.

    Natürlich möchte ich nichts pauschal verurteilen, aber einige Beispiele:

    1. In meiner ehemaligen HS war ein Mann mit einem kleinen Terriermischling, der so übergewichtig war, dass er sich nicht nur nicht zu ihm herunterbücken konnte, sondern ihn teilweise, stand er zu Nahe an seinem Körper, nicht ein Mal sah. Einen ähnlichen Fall gibt es jetzt auch bei mir in der Nachbarschaft, die Frau läuft dazu noch auf Krücken und der Auslauf ihres JRT-Welpen beschränkt sich auf den Straßenabschnitt direkt vor ihrer Tür, da sie nach eigenen Aussagen "nicht mehr so richtig laufen" kann.
    2. In der "Rentnertagesstätte" (ich nenn´s einfach mal so) meiner Oma ist ein Mann mit einem BC. Er ist sein ein und alles. Mehr Auslauf als ein Mal um den Block ist allerdings nicht drin, da er das nicht schafft. Der Hund ist erst 1 Jahr alt und extrem lethargisch.
    3. Ein Freund meines Vaters hatte von Geburt an ein Bein, dass nicht wirklich "zu gebrauchen" ist, von daher geht er an Krücken. Nun liebt er aber Hunde und hat sich vor kurzem einen Husky angeschafft. Er geht auch regelmäßig länger mit ihm spazieren, allerdings haben diese Runden ein Tempo und eine Dynamik, die keinem Hund ausreichen kann.

    Ich weiß ja, dass es sich allgemein nicht schickt, Menschen mit Behinderungen irgendeine Fähigkeit abzusprechen, aber sonst ist das Geschrei groß, wenn der Hund, warum auch immer, nicht richtig ausgelastet wird. Warum ist das also so ein Tabu-Thema?
    Denn, so groß die Hingabe auch sein mag, wie soll man z.B. auf Krücken eingreifen, wenn es zu einer Ausnahmesituation kommt?
    Und warum muss es ein Hund sein, wenn man dann die Beschäftigung und Auslastung evtl. an Dritte übertragen muss?

    Mich würden eure Ansichten dazu sehr interessieren!


    p.s.: Ich hoffe, dass sich dadurch niemand auf den Schlips getreten fühlt. Ich lief nur selbst über ein Jahr auf Krücken und hätte sich das nicht geändert und hätte ich nicht 30 Kilo abgenommen, hätte ich mich niemals einem Hund zugemutet - es fehlte eben die Mobilität.

  • Es gibt nach meiner Einschätzung kaum den idealen Hundehalter.
    Auch völlig mobile Menschen sehen und bewegen ihre Hunde nicht (ausreichend), machen zuviel, füttern schlecht, pflegen nicht...
    Geistige Unbeweglichkeit, Hartherzigkeit...finde ich übrigens auch recht übel für den Hund.

    Ich hatte einen Unfall und bin seither in manchen Dingen eingeschränkt, geistig weniger :)
    Bruno hat noch andere Menschen , die mit ihm gehen und ich denke er verübelt es mir nicht oder leidet gar unter meinem Unvermögen.
    Es ist halt an manchen Tagen jetzt anders.

    LG, Friederike

  • Ich denke, dass es einen wesentlichen Unterschied zwischen Menschen und Menschen gibt. Erstere bemühen sich bewußt um das Wohlergehen ihres Hundes und machen alles für ihn, was ihnen ihre Möglichkeiten erlauben. Zweitere behandeln ihre Hunde aus Unwissenheit, Faulheit u.a. nicht wirklich artgerecht, obwohl sie anders könnten. Und diesen Unterschied bemerkt auch ein Hund und reagiert entsprechend.

    Nehmen wir mal Dein Beispiel mit dem BC. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er lethargisch ist, sondern dass er auf Dich so wirkt. Hunde sind sehr anpassungsfähig und wenn der BC total unzufrieden mit seinem jetzigen Leben wäre, dann würde er m.E. ganz anders reagieren und z.B. die Wände hochgehen. :D

  • Grundsätzlich finde ich es schon ganz schön arrogant, Übergewicht als Behinderung zu bezeichnen, auch wenn du selbst 30 kg abgenommen hast! Ich bin selbst keine Elfe und kenne jede Menge Hundehalter(innen), die mehr als nur ein paar Kilo zuviel haben, aber dennoch nicht im mindesten behindert sind. Auch die Hunde kommen nicht zu kurz - im Gegenteil, diese Menschen sind oft wesentlich aktiver als andere (schlanke) Hundehalter(innen).

    Menschen mit Behinderungen welcher Art auch immer können dennoch gute Hundehalter(innen) sein. Klar, es ist schon grenzwertig, wenn eine gehbehinderte alte Dame einen Welpen aufnimmt. Aber weisst Du, ob sie nicht jemanden hat, der mit dem Kleinen dann grössere Runden dreht?
    Der Mann mit dem Border Collie, der sein ein und alles ist, hat möglicherweise keinen Menschen, den er noch lieben kann. Auch wenn dir der Hund "lethargisch" erscheint: Vielleicht hat das Tier durchaus Möglichkeiten, sich auszutoben. Gerade ein Border Collie liegt normalerweise nicht einfach so herum, sondern überlegt sich irgendwelche Beschäftigungen.

    Ich bitte dich, nicht gleich "schlechte Haltung" zu unterstellen, wenn ein Mensch nicht die volle körperliche Einsatzfähigkeit wie andere hat.
    Wenn dieser Mensch keinen Hund hätte, würde er möglicherweise zuhause versauern. Und Hunde sind auch in einem gewissen Grad anpassungsfähig, ja, spüren sogar oft, was ihr Frauchen/Herrchen mit Handicap kann oder auch nicht.

    Nimm dem Mann seinen Border Collie weg - und er wird vielleicht depressiv werden. Nimm der alten Dame ihren kleinen Jack Russell Terrier weg - und sie geht vielleicht noch nicht einmal den kurzen Weg auf der Strasse.

    Ich gönne zuerst einmal jedem Menschen sein Haustier.

    Gruss
    Gudrun

  • Wenn dieser wie auch immer gehandicapte Hundehalter dann auch in der Tat einen Ausgleich für seinen Hund schafft, also noch jemanden, der den Hund mit zum Joggen nimmt oder sonstwie einfach ein wenig "Laufarbeit" übernimmt, klar ist das ok!

    Wir haben hier einen Herren, der seinen Boxer vom Auto aus ausführt, also Hund trabt über die Wiesen, Herrchen fährt mit dem Jeep über den Feldweg hinterher. Finde ich jetzt nicht wirklich eine tolle Art und Weise.

    Zu den Übergewichtigen (ui, heikles Thema), wir haben mal mit Leuten im Urlaub an den Strand in DK gehen wollen. Mit dem Hund an den Strand heißt für uns, über die Düne kraxeln und dann laufen gehen. Für unsere übergewichtigen Bekannten hieß das, erstmal da hin fahren, wo es keine steilen Dünen gab, dann auf den Strand laufen und beim nächten bankähnlichen Gebilde sich absetzen und aufs Meer schauen. Naja..... :???:

  • Hmhhm, schwierige Frage eigentlich.

    Zunächst einmal würde ich Dir sagen, dass es egal ist, ob Menschen ein Handicap haben oder nicht, sie wählen eben manchmal die falsche Rasse aus, die nicht zu ihnen passt. Das tun andere Menschen auch, somit sehe ich da keinen Unterschied.

    Zum Zweiten spielt es für den Hund selbst überhaupt keine Rolle, ob Herrchen / Frauchen aufgrund einer Einschränkung nicht kann oder einfach keine Lust hat. Das Ergebnis bleibt auch hier gleich, ebenfalls kein Unterschied.

    Denen, die aber wollen, egal ob beeinträchtigt aufgrund Alters, Übergewichtes oder Behinderung, sollte man daher mit Respekt entgegentreten und sie keinesfalls in einen Topf mit den anderen werfen, das ist unfair.

    Als ich Deinen Beitrag gelesen habe, hab ich gleich an die zwei Videos gedacht, wo Oma mit Gehwagerl Dogdancing macht oder den alten Herren bei der Dackelmeisterschaft.

    Man sollte sich hüten so schnell vorzuverurteilen. Ich denke gerade z.B. an einen Blindenhund. Der hat mit Sicherheit bei weitem weniger Freiräume als ein Familienhund, denn er hat einen Vollzeitjob. Ganz offensichtlich wird er aber durch die viele Arbeit ganz gut ausgelastet, denn sonst würde es nicht so gut funktionieren.

    Der wesentliche Vorteil eines Hundes ist, dass er eben so anpassungsfähig ist. Oma kann ihn also auch zufrieden bekommen, wenn sie ihm beibringt wie seine 999 Spielzeuge heißen, und geht dafür vielleicht eben nur eine kleine Runde. Den kurzen Weg, den Du wahrnimmst eben.

    Von daher bleibt Dir eigentlich nur die Beobachtung. Wenn Du ein tolles Team siehst, dann stell keine Fragen.....

  • Einer meiner Nachbarn hatten Jahre lang einen steinalten Dackel, er selber ist auch steinalt!
    Sie holten sich danach einen JRT-Welpen, was ich auch nicht in Ordnung fand, weil der Hund echt hyperaktiv war und viiiiel Auslauf brauchte.
    Seine Frau verlässt auch seit Jahren nicht mehr das Haus, weil sie kaum noch Laufen kann.
    Kurzerhand wurde der Hund wieder abgegeben.
    Letztens sah er mich mit Benji und wir kamen ins Quatschen.
    Da hieß es dann: "Ach, ich kann das nicht mehr mit einem Hund, ich bin zu alt! Ehrlich, ich schaff das nicht mehr. Ich hab auch gar nicht mehr die Lust dazu!"

    Heute erfahre ich, er hat schon wieder einen neuen Welpen.

    Mir fehlen die Worte :zensur: :schockiert:

  • Zitat

    Grundsätzlich finde ich es schon ganz schön arrogant, Übergewicht als Behinderung zu bezeichnen, auch wenn du selbst 30 kg abgenommen hast! (...)

    Ich lese da nur "körperlich beeinträchtigt - und das ist wohl bei starkem Übergewicht auch der Fall. Ich selbst bin ebenfalls - wie Du es passender Weise ausdrückst - keine Elfe :D aber ich fühle mich nicht beeinträchtigt. Als ich aber noch 25 kg schwerer war, war es aber schon so! Wir reden hier ja nicht von ein paar Kilochens zu viel... Ab einem gewissen Grad ist Übergewicht m.E. einfach eine Beeinträchtigung.
    Finde das Thema sehr interessant, da ich beinahe täglich darüber nachdenke - unser Nachbar ist 72 Jahre alt, sehr übergewichtig und hat eine JAck-Russel-Dame, die noch nie etwas anderes gesehen hat als seinen Garten und den Grünabschnitt neben dem Garten - abgesehen vom Tierarzt. Der Herr meint es gut mit "seinem Mädchen" und sie hat im Haus unendlich viel Kauspielzeugl Hundekörbchen und sonstigen Kram und wird mit frisch geschmierten Leberwurstbroten und Essensresten gefüttert. Sie ist eine dicke Wurst auf 4 Beinen, aufgrund ihres Temperaments aber trotzdem noch relativ quirlig.
    Da Frage ich mich doch auch: Wo fängt menschlicher Egoismus an? Der Hund tut dem Mann sicherlich gut, aber....... Wie kann man denn unter den Umständen einen Jack Russel auswählen?

    Danke für die Denkanstöße!

  • Ich verstehe hier nicht so ganz was das eine mit dem anderen zu tun hat...
    ein Hund muss beschäftigt werden und brauch auch sicherlich auslauf, aber auslauf ist nicht alles!!!!! man kann hunde auch super geistig beschäftigen und ich denke das es dem ein oder anderem Hund dann auch deutlich besser geht als einfach nur sinnlos tag täglich die gleiche runde zu laufen und den hund dabei völlig ignorieren...

    ich weiß nicht ob es stimmt aber ich habe jetzt auch schon des öfteren gehört das Huskys gar nicht soviel auslauf brauchen wenn man sie anderweitig gescheit beschäftigt! ob es stimmt oder nicht kann ich nicht sagen.

    Wir haben einen Golden Retriever der heute 8 Monate alt geworden ist und nach der tollen 5 Minuten regel sollte demnach auch eine Gassirunde ca40 minuten betragen...

    morgens gehen wir je nach Lust und Wetter nur kurz raus, Mittags das selbe, abends wenn die sonne nicht mehr so extrem ist, gehen wir ne gute halbe stunde raus und dann kurz vorm schlafen gehen noch mal schnell...

    unsere Xenia wird aber auch den ganzen Tag lang nicht alleine gelassen, ausser wenn wir Lebensmittel einkaufen fahren und auch reichlich beschäftigt.

    Wenn sie ausgewachsen ist, werden wir auch nicht jedesmal 5km oder so laufen sondern dann auch lieber abends für 2 stunden raus oder ähnliches, so das sie auf ihre Zeit kommt.

    draussen ist sie natürlich länger, wenn wir im garten sind ist sie natürlich mit dabei und wenn wir am kanal liegen natürlich auch.

    rate dem Mann doch mit dem Husky sich nen rollstuhl zu kaufen, dann kann der Husky ziehen ;-)

    Gruß
    Jochen

    PS: bin ja mal gespannt ob ich jetzt angegriffen werde weil ich nur so kurz mit ihr raus gehe.

  • Ich geh jetzt mal von mir aus, wenn ich behindert wäre.
    Einen Hund wollte ich dann auf jeden Fall haben, aber wenn ich körperlich behindert wäre, würde ich mir auf jeden Fall einen Gassigeher suchen (auch wenn das kostet) der einmal am Tag mit dem Hund eine große Runde läuft, damit der Hund auch körperlich ausgelastet ist.
    Ich finde das enorm wichtig und eigentlich sollte das kein Problem sein :???:

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!