Hunde machen es doch auch so...

  • Zitat


    Aversive Mittel zu benutzen in zb. solchen Szenen einer GEFESTIGTEN, übersteigerten Leinenagression ( Ja, mein Lieblingsthema :D ) finde ich in Ordnung, sofern sie vom HH nicht im übertiebenen Sinne benutzt werden und keinen gefühsmäßigen Ausdruck des HH darstellen.


    Genau das kann ich nicht nachvollziehen, und ich habe schnauzermädel auch nicht in dem Sinn verstanden. Sie ist selber der aversive Reiz, dh ihre Hunde verstehen bei Anwendung sehr wohl, dass sie es sch... findet, was sie gerade tun. Warum sollte man versuchen, das zu vertuschen? Der einzige Sinn einer anonymen aversiven Einwirkung ist eine direkte Objektverknüpfung, beispielsweise Hühner sind AUA, auch wenn kein Mensch da ist. Aber gerade bei dem Leinenspektakel geht es doch ums Verhalten, und nicht darum, andere Hunde direkt mit dem aversiven Reiz zu verknüpfen. Was ist der Sinn darin, freundlich zu lächeln, während man den Hund zappt?

    Ich kann für meinen Hund auch ein starker aversiver Reiz sein - ob der stärkste, habe ich keine Ahnung, denn ich mache da keine Versuchsreihen. Ich setze die Tabus, und ich sanktioniere einen Tabubruch. Und mein Hund soll da durchaus merken, dass ich nicht erfreut bin. :hust:

  • Weil man gesagt bekommt, oder es in Büchern lesen kann, dass man anonym strafen soll (damit es zu der Nebenwirkung "Verknüpfung mit Halter" nicht kommt) UND weil suggeriert wird, dass man das mit diesen Hilfsmitteln erreicht. Die logische Weiterentwicklung davon ist dann alles "ferngesteuerte" Zeug.

    Aber denken wir doch mal kurz darüber nach, wozu diese Sachen ja eigentlich dienen, und wann sie eingesetzt werden (sollen):

    Man ist z.B. mit dem Hund draussen, Hund macht irgendwas, was er nicht soll, "Rappelschepperklapperspritz".

    Und dann ist da diese "Verhaltenslücke" - nämlich der Moment, in dem der Hund das ungewünschte Verhalten abgebrochen hat und dem was als nächstes kommt. Idealerweise folgt hier Info vom Halter, was er denn statt dessen machen soll.

    Aha.

    WARUM kann man nicht etwas aufmerksamer mit dem Hund unterwegs sein, dann kann man nämlich diese Situation kommen sehen, und vorher mit einem mit R+ aufgebauten Signal auf gewünschtes Verhalten "einfordern" - entweder mit einem Aufmerksamkeitsignal oder direkt mit einem Signal, dass aussagt, was der Hund tun möge (zurückkommen, warten, weitergehen, Sitzen, Down, whatever...).

    Wieso lernen die Hund angeblich durch das Abbruchsignal (egal was man da jetzt benutzt, mit Hilfsmittel oder nicht), dass er XY nicht machen soll, durch ein "anderes" Signal aber nicht.

    Ehrlich, ich versteh es nicht.
    Das eine sagt dem Hund nur "Das auf keinen Fall" und hinterläßt diese Lücke, wo der Hund erstmal überlegen muß, was denn dann sonst, und womöglich auf eine noch dümmere Idee kommt. Das andere sagt dem Hund "hallo Schneggi, bitte jetzt Verhalten AB ausführen!"

    Da kann er sich natürlich auch für die dümmere Idee entscheiden. Aber wo ist die Wahrscheinlichkeit größer - vorausgesetzt "AB" wurde geübt?

    So oder so muß der Hund lernen, welches das angemessene Verhalten in der jeweiligen Situation ist. Bei dem einen lassen wir ihn aus dreimillionen anderen Möglichkeiten selber auswählen. Weitere Fehlentscheidugnen müssen mit erneuten Abbruchsignalen geahndet werden. Was bedeutet das für das zukünftige Auftreten eines gewünschten Verhaltens? Wie motiviere ich den Hund, dass er nächstes Mal sofort die richtige Entscheidung trifft.

    Bei der anderen helfen wir bei der Auswahl, indem wir eine Info geben, welches Verhalten jetzt eine gute Idee wäre, und für welches evtl. ein Bestärker winken könnte. Wir engen quasi die Möglichkeiten des Hundes ein. Ich denke, dass ist ein Kritikpunkt, den man dafür ernten kann. Bei der anderen Version hat der Hund ja "freie Hand" und kann einfach irgendwas machen, solange es nicht "falsch" ist.

    Aber ist das denn wirklich hilfreich? Wie war das denn jetzt mit dem Grenzen setzen.
    Ich setze eine Grenze und sage z.B.: "Wenn du einen Fahrradfahrer kommen siehst, rufe ich Dich zurück und du bleibst bei mir, bis er weg ist" Markersignal, Bestärkung. (oder "bleib wo du bist, bis ich "okay" sage")
    Andere setzen die Grenze "DAS nicht" Okay! - Häää??

    Ich glaube, es ist eine Frage der Perspektive, welche Grenze eindeutiger ist und leichter für den Hund zu verstehen. Welche ist aus der Persepktive des Hundes eindeutiger, klarer, deutlicher und damit einfacher RICHTIG umzusetzen. Welche Grenze ist er motivierter, selber einzuhalten?

    Wenn Hunde angeblich Grenzen brauchen und diese ja auch haben wollen (was hier wirklich niemand abstreitet), warum machen wir die dann nicht wirklich eindeutig und sagen "an dieser Stelle hast Du nur Aussicht auf Bestärkung, wenn Du Verhalten AB zeigst". Statt: "lass das!" und läßt den Hund hängen mit der Entscheidung, welches Verhalten kein weiteres "Lass das!" zur folge hat.


    Wo ist also der Unterschied?
    Bei dem einen lernt der Hund, eine Strafe zu vermeiden.
    Bei der anderen Version lernt der Hund, dass er eine Möglichkeit auf Bestärker hat.


    Und was ich unbedingt vermeiden will, ist das "unschuldige Umweltreize" (Menschen, Tiere, WasAuchImmer) durch aversive Reize, die ich einsetze, um was bestimmtes (nämlich ausschließlich das Verhalten des Hundes) "vergiftet" werden.

    Wie leicht das passiert, hier: http://nancygyes.wordpress.com/2010/01/23/poisoned-cues/
    und WENN das passiert, hat man eine neue Baustelle, die man sich möglicherweise nicht erklären kann, und daher nicht mit seinem eigenen Verhalten (dem Anwenden des aversiven Reizes) verknüpft, weil das ja nicht direkt aufeinander folgt.

    Da ist sie, die Crux des Trainings: Konsequenzen, und die zeitliche Verknüpfung mit dem Verhalten.

    Das Abruchverhalten funktioniert unmittelbar: negative Bestärkung für den Halter - genau: unser "Bestrafung des Hundes"-Verhalten wird bestärkt, weil der "Reiz" (das nicht gewünschte Verhalten des hundes" unmittelbar nach dem geben des AS abbricht.).


    Die Bestrafung (verschlechterung des Verhalten des Hundes) tritt a. später auf, ist b. möglicherweise mit einem anderen Reiz vernüpft, und daher nicht nachvollziehbar mit dem Einsatz des AS verknüpft (für den Menschen), und hat c. u.U. direkt wieder den Einsatz eines AS zur Folge.

    Kann man sich wirklich wünchen, dass man damit diese Kettenreaktion in Gang setzt? Denn mit dem neuen AS werden wieder weitere Umweltreize beschossen.

    Da hat man, je nach Konsequenz irgendwann endweder tatsächlich einen - wie war der Ausdruck? - nach innen gewendeten?? Hund, oder einen der etwas bis vollkommen (je nach Charakter) neurotischen Hund.


    Ich möchte einen Hund, der seine Umwelt mitbekommt, sie schön findet, auf alles offen zu geht, und es für eine tolle Idee hält "sich an Grenzen zu halten" = bestimmte Verhalten auszuführen, wenn in der Umwelt bestimmte Reize auftauchen.

    Und mein Zeitaufwand für meine Ansprüche, ist vielleicht eine Stunde mehr pro WOCHE, als ich sowieso mit den Tierchen unterwegs bin. Und das ist sehr großzügig aufgerundet und aufs ganze Leben des Hundes "umgelegt" - mit anderen Worten - als Welpe/nue im Haushalt aufgenommener Hund ist dieser Extraaufwand hoch. Mit Crispel ist dieser Aufwand momentan quasi gleich Null.

    Was ich jetzt mit ihm abseits von Spaziergängen mache, ist ausschließlich Spaßclickern von albernen Tricks als "Environmental Enrichment" Programm. Auf den Spaziergängen üben wir wenig, was man als "Grundgehorsam" bezeichnen könnte. Ich clicke opportunistisch, mit variblen Bestärkerrate und variierenden Bestärkern, gutes Verhalten und erhalte es damit, damit es "frisch" bleibt und nicht einrostet. Ansonsten kann er schnüffeln, rennen, buddeln, in die Gegend starren, sich am Misthaufen oder Futtersilage schubbern, Hündinnenpippi durchkauen, Hasenköttel naschen, auf Bäume klettern, oder was Hunde sonst so für lustige Hobbies haben. Wenn ihm das langweilig wird, kommt er und sagt "ej, clicker mich!" und manchmal, wenn mir langweilig wird, ruf ich ihn und frag ihn ob er mit mir Freeshapen mag. Meistens mag er, manchmal nicht - da es FREEshapen ist, lassen wir es dann eben und Shoppy muß sich selber beschäftigen :D


    Edit:
    Übrigens: ein Signal, dass ein Alternativverhalten einfordert und umgehend von Hund befolgt wird, wird ebenso direkt bestärkt.

    Weil also beide Versionen bestärkt werden, ist ein ändern des Verhalten schwierig, denn man müßte es erstmal erkennen, dann die Notwendigkeit sehen, es zu ändern und dann etwas Tun. Und das das anfangs a. mehr Auwand ist, b. meistens nicht reibungslos klappt, fehlt c. die direkte bestärkung des Halters, weshalb man prompt zum alten Verhaltensmußter zurückfällt.

    Soweit zum Thema, um das Verhalten des Hundes zu ändern muß man sein eigenes verändern =)

  • Also irgendwie bewegt es sich hier schon wieder auf die Frage zu, ob die komplette Vermeidung von Handlungsabbrüchen ein Erziehungsmodell sein kann. In der Sackgasse warn wir schonmal...

    Abbrechen bzw. unterbrechen tun wir doch alle.

    Die einen mittels aversimen Reiz - also irgendetwas das definitiv NICHT dazu dient, die Aufmerksamkeit des Hundes zurück zu erlangen, sondern klar ein Negativsignal auf die im Moment ausgeführte Handlung setzt.

    Die andren brechen das Verhalten ebenfalls ab, aber eben ohne ein Negativsignal auf die Handlung zu knüpfen, sondern um die Aufmerksamkeit des Hundes zurück zu holen und ihn dann auf eine andere Handlung umzulenken.

    Ich habe hier noch nicht ein einziges Statement gelesen das ahnen ließe, dass irgendwer ein unerwünschtes Verhalten nicht abbricht..

    Fazit:

    Wir brechen alle unerwünschtes Verhalten ab.

    Die Frage ist, wie. Und warum so.

  • Fussel, besser als Martina, wieso SO, kann man es eigentlich nicht erklären.

    Und wir befinden uns nicht in einer Sackgasse, sondern genau DAS ist einer (wenn nicht der größte) Knackpunkt.

    Und jetzt kommen gleich wieder jene, die "nicht immer Leckerchen dabei haben wollen". Nein. Müsst ihr auch nicht. Bestärken kann man auf vielfältige Weise.

    BTW stellt sich mir immer wieder die Frage: WO, zur Hölle, ist das Problem, für besonders gute Arbeit eines Hundes irgendwas Gutes (wenn er sich denn über Lecker freut) in der Tasche zu haben?

    Die Discs muss ich ja auch einstecken und darf sie nicht vergessen. Das Sprühhalsband muss ich an den Hund machen und darf die Fernbedienung nicht vergessen usw. usf.

    Wo also ist das Problem.

    Und wie Martina bereits geschrieben hat - je positiver für einen Hund die Grenze klar wird, desto leichter und ohne falsche Verknüpfungen ist sie auch einzuhalten und wird netterweise irgendwann von ganz allein eingehalten - und das völlig ohne Stress für Hund und Halter.

    cazcarra

  • Zitat

    Also irgendwie bewegt es sich hier schon wieder auf die Frage zu, ob die komplette Vermeidung von Handlungsabbrüchen ein Erziehungsmodell sein kann. In der Sackgasse warn wir schonmal...


    Stimmt doch gar nicht. Jeder bricht ständig Verhalten ab. wenn der Hund steht, und man sitz sagt, bricht man "stehen" ab. Rennt der Hund weg, und man Pfeift ihn zurück, bricht man wegrennen ab.

    Viele sind durchaus der Meinung, dass man zumindest mal diese Verhalten ziemlich ausschließlich mit R+ aufbauen kann.

    Warum kann man es dann nicht für andere Situationen in Betracht ziehen, da eine Eindeutige Anweisung eines anderen Verhaltens als Abbruchsignal einzusetzen?
    Ist das wirklich eine zu hohe Übertragungsleistung?


    Abbrechen bzw. unterbrechen tun wir doch alle.

    Die einen mittels aversimen Reiz - also irgendetwas das definitiv NICHT dazu dient, die Aufmerksamkeit des Hundes zurück zu erlangen, sondern klar ein Negativsignal auf die im Moment ausgeführte Handlung setzt.

    Die andren brechen das Verhalten ebenfalls ab, aber eben ohne ein Negativsignal auf die Handlung zu knüpfen, sondern um die Aufmerksamkeit des Hundes zurück zu holen und ihn dann auf eine andere Handlung umzulenken.

    Ich habe hier noch nicht ein einziges Statement gelesen das ahnen ließe, dass irgendwer ein unerwünschtes Verhalten nicht abbricht..

    Fazit:

    Genau.
    Mir gings nie um Ja oder Nein, sonder WIE!

    Wir brechen alle unerwünschtes Verhalten ab.

    Die Frage ist, wie. Und warum so.[/quote]

  • Zitat

    Das eine sagt dem Hund nur "Das auf keinen Fall" und hinterläßt diese Lücke, wo der Hund erstmal überlegen muß, was denn dann sonst, und womöglich auf eine noch dümmere Idee kommt.

    In welchem Fall nutzt man denn ein Abbruchsignal? Oder ich fange mal anders an: da sind zig Sachen in der Umwelt, so viel, worauf der Hund reagiert, so viel, was wir bislang noch nicht trainiert haben... Auch vieles, was der Hund extrem "spannend" findet, da muss man erst mal einen Weg finden, gegen anzustinken... Ich versuche ja nun wirklich, meinen Hunden den "richtigen" Weg schmackhaft zu machen, aber sollte man nicht auch in der Lage sein, einfach mal "nein" zu sagen? Ohne riesen Brimborium, Umlenkaktionen oder was auch immer? Wenn der Hund meinen Entscheidungen vertraut (und vielleicht ist er ja gerade sogar unsicher und wünscht sich, jemand übernimmt kompetent?), dann lässt ihn ein Nein doch nicht zusammen brechen. Wenn mein Mann ins Kino möchte und ich sage nein, dann sage ich das genau so. Ich fange nicht erst großartig an, ihm den Spielfilm des Tages schmackhaft zu machen oder renne in den Supermarkt, um ihm sein Lieblingsessen zu kochen, das ihn Zuhause hält. Und genauso halte ich es bei meinen Hunden, dass ein Nein auch einfach mal reichen muss. Einfach zu sagen, ich möchte das gerade nicht. Ich glaube auch nicht, dass es den Hund automatisch im Regen stehen lässt. Wenn mein Hund gerade für sich entdeckt, dass Katzen jagen ein lustiges Spiel sein könnte und ich sage "Nein", dann wird er das auf die Katze/das hetzen... beziehen. Das ist es, was ihn in dem Moment völlig ausfüllt. Und ich möchte dann nicht unbedingt ein Alternativ-Kommando (komm zu mir bei Katzensichtung, whatever...). Es ist mir schnurz, ob der Hund dann stattdessen schnüffelt, nach Mäusen buddelt, mit einem anderen Hund spielt... Ich möchte ihm überhaupt kein Alternativverhalten vorgeben. (Jetzt vielleicht mal extrem jagdtriebige Hunde außen vor...). Was wäre denn die Alternative? Hund die nächsten Monate an die Schleppleine und clickern, dass er merkt, er kommt eh nicht an die Katze? Bekommt dafür einen Ball geworfen, so ersatzweise?

    Zum eigentlichen Thema: Wie Hunde untereinander miteinander umgehen finde ich nicht völlig unerheblich. Zumindest zeigt es, was Hunde verstehen, worauf sie Wert legen, was ihnen wichtig ist, wie sie kommunizieren. Dass ich vieles an hündischem Handeln nie hinbekäme, ist mir klar, deshalb tu ich das auch nicht. Aber zumindest sind Hunde hoch soziale Lebewesen, mit Sinn für Kompetenzen, mit Sinn für Beziehungen... Mir ist das zu wenig, zu sagen, der Hund tut halt, was sich für ihn lohnt. Der Hund bringt eine Bereitschaft zur Beziehung mit dem Menschen mit, die Wildtiere in aller Regel nicht mitbringen. Für Hunde ist der Mensch ein Sozialpartner. Ich finde es auch etwas schade, was staffys Rolle hier im Thread war, wobei ich beileibe kein Canis-Fan bin, aber ich bin mir sicher, sie haut nicht drauf, damit Hund "funktioniert". Es geht mehr darum, dass der Hund vertraut, dass er Kompetenzen erkennt. Dem Hund geht es doch in seiner Beziehung zum Menschen und im Alltag nicht nur um Spiel und Futter und geknuddelt werden.

  • Ähm, wenn ich mich gezwungen sehe ein Verhalten mittels "aversiver Chefin" :hust: abzubrechen, dann habe ich die volle Aufmerksamkeit des oder der Hunde. Dann schrumpft die Welt der Hunde extrem und da bin nur noch ich.
    Also kann man nicht behaupten, dass man über einen aversiven Reiz keine Aufmerksamkeit bekommt. Das allerdings jetzt als Hauptaspekt in der Erziehung zu sehen, das fände ich daneben. Das sind die seltenen Momente, wo man eine Notbremse braucht.

    Und für positive Arbeit braucht man doch nun auch nicht immer ein Leckerli einstecken. Ich nehme z.B. fast nie etwas mit. Wenn das Grundgerüst der Erziehung steht, dann habe ich Hund und Schlüssel dabei, das wars. Denn in der Zeit der Grunderziehung, wo Leckerlies durchaus angebracht sind, lernt man sich doch gegenseitig kennen. Und dann kann man doch auch ganz anders belohnen, weil man mittlerweile weiß, was Hund mag.

    LG
    das Schnauzermädel

  • Selbstverständlich gibt es immer mal Situationen, die man nicht vorher trainieren konnte.

    Ein "Nein" reicht da dann auch - wenn Hund gelernt hat, was "Nein" bedeutet. Was nicht notwendigerweise mit aversiven Mitteln aufgebaut werden musste. Das ist doch der Knackpunkt.

    Und was Schnauzermädel meint, kann ich schon verstehen. Und wer ehrlich ist, wird auch zugeben, dass er - wenn auch in äußerst seltenen Fällen mal laut wird.

    Was bei meinen Hunden eindeutig reicht, denn das ist die Ausnahme.

    So ist es mir vorletztes Jahr passiert, dass ich vollständig gepennt habe (es war auch noch früh am Morgen :roll: ) und Gizmo seine beste Freundin auf der anderen Straßenseite gesehen hat. Warum läuft mein Hund überhaupt frei im Dorf? Gute Frage. Jedenfalls, ganz nach dem Motto "Das hat er ja noch nie gemacht", startete er durch. Den Schrei - in Panik - kann sich keiner vorstellen... Und Gizmo stand wie zur Salzsäure erstarrt. Notsignale und reflexhaft eingesetzte auch mal körperliche Maßnahmen (z.B. ein beherzter Griff ins Geschirr und Umsetzen des Hundes) können Hunde durchaus verkraften. Nie sind wir mit unseren Emotionen so klar und deutlich und auch ehrlich wie in Notsituationen.

    ERZIEHUNG sieht für mich allerdings anders aus und die seltenen Momente, in denen so etwas wie oben beschrieben zum Einsatz kommen muss, beschränken sich demnach auf etwa 1 Mal im Jahr pro Hund.

    cazcarra

  • Zitat


    Oder ich fange mal anders an: da sind zig Sachen in der Umwelt, so viel, worauf der Hund reagiert, so viel, was wir bislang noch nicht trainiert haben... Auch vieles, was der Hund extrem "spannend" findet, da muss man erst mal einen Weg finden, gegen anzustinken...

    Das ist eine Situation, die ich auch des öfteren beobachte. Da läuft Mensch mit Hund spazieren, es kommen Jogger, Radfahrer, Autos wollen vorbei, fremde Hunde, womöglich noch Kinder und der Hund dreht derart auf, dass er kaum noch ansprechbar ist.

    Will man dieses Verhalten jetzt abbrechen, dann wird man mit nem größeren Hammer kommen müssen - klar.

    Die Frage, die sich mir da aber stellt - wieso geht man ohne Grundgerüst in eine solche Situation? Wieso bringt man dem Hund nicht vorher schon bei, dass es lohnenswert ist, seine Aufmerksamkeit im Zweifel auf den HF zu richten und arbeitet sich dann in der Intensität der Ablenkung nach oben? Wieso die schlechtest denkbare Situation Sonntag Mittag bei schönem Wetter am Stadtpark und dann - notgedrungen - mit "NEIN!!" und Leinezerren? - das bezieh ich jetzt nicht auf dich, das ist so das Standardbild, das ich dabei im Kopf habe.

    Zitat

    Ich versuche ja nun wirklich, meinen Hunden den "richtigen" Weg schmackhaft zu machen, aber sollte man nicht auch in der Lage sein, einfach mal "nein" zu sagen? Ohne riesen Brimborium, Umlenkaktionen oder was auch immer?

    Nochmal: Ich sage nein. Ich denke, auch shoppy sagt nein. Der Knackpunkt ist, "Nein" - ich will nicht, dass du zu dem Hund hin ziehst... "Ja, genau so" - so ist´s richtig, ich will, dass du an lockerer Leine gehst und den Hund bestenfalls beobachtest oder deine Aufmerksamkeit gleich mir schenkst.

    Den Unterschied macht für mich die Hilfe für den Hund nicht zwischen "so nicht" und Nullreaktion zu wählen, sondern immer zwischen "so nicht" und "so ists gut".

    Denn ich - ganz persönlich - bin der Meinung, dass der Hund sonst in hilfloses Herumprobieren verfällt, was denn nun im Rahmen all der "darfst du nicht!" liegt. Da kann ichs mir und ihm leichter machen und ihm sagen, was ich WILL, statt nur zu kommunizieren, was ich NICHT will.

    Und da ich der Ansicht bin, dass bestenfalls 10-20% aller entsprechenden Situationen darauf basieren, dass der Hund eigentlich weiß, was Sache ist, aber mal ausprobiert, obs denn nicht doch vielleicht diesmal geht, ist mir einfach die Fehlerquote meinerseits viel zu hoch, den Hund in diesen unpräzisen Meidegehorsam reinzubringen.

    Zitat

    Wenn der Hund meinen Entscheidungen vertraut (und vielleicht ist er ja gerade sogar unsicher und wünscht sich, jemand übernimmt kompetent?), dann lässt ihn ein Nein doch nicht zusammen brechen.

    Wieso führe ich in der Situation nicht konsequent, wenn ich sage "nein, lass das" aber eben kombiniert mit "ja genau SO ist es gut"?
    Und woran ein Hund einbricht kann kein Maßstab sein. Es gibt Hunde von kaum was wirklich einbrechen..


    Zitat

    Wenn mein Mann ins Kino möchte und ich sage nein, dann sage ich das genau so. Ich fange nicht erst großartig an, ihm den Spielfilm des Tages schmackhaft zu machen oder renne in den Supermarkt, um ihm sein Lieblingsessen zu kochen, das ihn Zuhause hält.

    Du sagst deinem Mann er darf nicht ins Kino gehn? ;)


    Zitat

    Und genauso halte ich es bei meinen Hunden, dass ein Nein auch einfach mal reichen muss. Einfach zu sagen, ich möchte das gerade nicht. Ich glaube auch nicht, dass es den Hund automatisch im Regen stehen lässt.

    Ja und? Dagegen sagt doch niemand was, es gibt bei mir auch Situationen, in denen ich Nein sage. Der maßgebliche Unterschied ist, denke ich, dass ich in 90% aller Situationen nicht nein sage, sondern "hmhm"... ihr wisst, was ich meine. Das reicht. Ich wirke nicht auf meinen Hund ein, ich kommunizier einfach, dass DAS jetzt grad nicht läuft.

    Darum gings doch, oder versteh ich hier grad was falsch?

    Zitat

    Wenn mein Hund gerade für sich entdeckt, dass Katzen jagen ein lustiges Spiel sein könnte und ich sage "Nein", dann wird er das auf die Katze/das hetzen... beziehen. Das ist es, was ihn in dem Moment völlig ausfüllt. Und ich möchte dann nicht unbedingt ein Alternativ-Kommando (komm zu mir bei Katzensichtung, whatever...). Es ist mir schnurz, ob der Hund dann stattdessen schnüffelt, nach Mäusen buddelt, mit einem anderen Hund spielt... Ich möchte ihm überhaupt kein Alternativverhalten vorgeben. (Jetzt vielleicht mal extrem jagdtriebige Hunde außen vor...). Was wäre denn die Alternative? Hund die nächsten Monate an die Schleppleine und clickern, dass er merkt, er kommt eh nicht an die Katze? Bekommt dafür einen Ball geworfen, so ersatzweise?

    Ja und? Dann lass es doch sein mit dem Alternativverhalten, aber Fakt ist, dass man Nicht-Jagen auch positiv belegen kann statt Jagen negativ zu belegen. Das ist eine Wahl, die man hat. Wenn man sich dafür entscheidet, es negativ zu besetzen, ist es eben so, aber dann doch bitte nicht wieder diese "es geht nicht anders"-Schiene.

    Zitat

    Zum eigentlichen Thema: Wie Hunde untereinander miteinander umgehen finde ich nicht völlig unerheblich. Zumindest zeigt es, was Hunde verstehen, worauf sie Wert legen, was ihnen wichtig ist, wie sie kommunizieren. Dass ich vieles an hündischem Handeln nie hinbekäme, ist mir klar, deshalb tu ich das auch nicht. Aber zumindest sind Hunde hoch soziale Lebewesen, mit Sinn für Kompetenzen, mit Sinn für Beziehungen... Mir ist das zu wenig, zu sagen, der Hund tut halt, was sich für ihn lohnt. Der Hund bringt eine Bereitschaft zur Beziehung mit dem Menschen mit, die Wildtiere in aller Regel nicht mitbringen. Für Hunde ist der Mensch ein Sozialpartner. Ich finde es auch etwas schade, was staffys Rolle hier im Thread war, wobei ich beileibe kein Canis-Fan bin, aber ich bin mir sicher, sie haut nicht drauf, damit Hund "funktioniert". Es geht mehr darum, dass der Hund vertraut, dass er Kompetenzen erkennt. Dem Hund geht es doch in seiner Beziehung zum Menschen und im Alltag nicht nur um Spiel und Futter und geknuddelt werden.

    Worum denn dann?
    Darum, seinem Menschen zu gefallen? - Ja, weil er weiß, wenn Mensch gute Laune hat, hat das für ihn Vorteile.
    Darum, vom Menschen geliebt zu werden? - wenn es Vorteile für ihn bringt, dann ja.

    Was in meinen Augen bei der Übertragung hündischer Interaktion auf mensch-hündliche oft übersehen wird ist der Umstand, dass Hunde untereinander ausschließlich Dinge sanktionieren, die ihre ganz eigenen Vorteile betreffen.

    Kein Hund maßregelt einen andren weil er nicht Sitz macht, zu weit weg läuft vom Rudel, etwas jagt/fängt, etwas frisst, das er irgendwo gefunden hat oder weil der Hund sich mit einem andren Hund rauft. Und schon gar nicht maßregelt ein Hund einen andren weil der irgendwas andres als eben diesen maßregelnden Hund anknurrt oder anbellt.

    Hunde maßregeln Verletzungen der Individualdistanz - und sie warnen vorher.
    Sie verteidigen Ressourcen - und warnen vorher. Und kein Alphahund nimmt einem nicht-Alpha Hund das Futter weg...

    Und das wars.

    Der Mensch maßregelt Dinge, die ihn im Hundeverständnis gar nicht betreffen.


    Wir hatten heute eine sehr interessante Szene auf dem HuPla. Ein nicht regelmäßig dort anwesender Schäferhundbesitzer mit seinem Rüden. Er wollte den Rüden um einen Baum revieren lassen.

    Beim ersten Versuch lief der Rüde nach sichtlichem Verdutzen zum Baum nebendran mit einigen Metern versatz, als der HF hinterherbrüllte PLATZ, drehte er ganz ab und holte sich gleich den Helfer, der im Versteck wartete.

    Zweiter Anlauf. Gleicher Baum. Diesmal lief der Hund gleich zum Helfer, nicht ohne vorher ratlos ein paar Schritt auf den gezeigten Baum zumarschiert zu sein.

    Beim dritten Anlauf revierte er dann endlich korrekt um den Baum herum.

    Jedes Mal machte der HF ein riesiges Theater und versuchte über "NEIN, NEIN, NEIN!" - mit Stachelunterstützung - das Ganze zu korrigieren. Dabei war es offensichtlichst, dass der Hund den Baum aufgrund der Lichtverhältnisse und des geringen Abstands zum Zaun einfach nicht als mögliches Versteck begreifen konnte.

    Dieser Hund hat bereits mehrere Prüfungen abgelegt, in denen er korrekt um sechs Verstecke reviert hat. Nütze in dem Moment nix. Der HF war fest davon überzeugt, dass der Hund weiß, was er soll, es aber trotzdem nicht tut. Er war Minutenlang damit beschäftigt, dem Hund zu zeigen was er NICHT tun soll, statt ihm EINMAL zu zeigen, was er denn tun soll.

    Und so halt ich es mit meiner.
    Ich zeig ihr, WAS ich möchte. Das erledigt "was ich NICHT" möchte einfach in den meisten Fällen gleich mit.


    Der einzige Zusammenhang, in dem ich in der Akutsituation ausschließlich einen deutlichen aversiven Reiz gesetzt hab war, als sie jemandem ins Gesicht gesprungen ist. Zähne voran.

    Aber - und das ist der Knackpunkt - darauf folgte monatelange Arbeit mit ihr unbekannten Menschen um ruhiges, nicht aggressives Verhalten positiv zu Bestärken.

    Ändert nichts dran, dass Beißen ein NOGO ist, das negativ belegt wird. Aber ich habe das Alternativverhalten nachgeliefert. Weil "nicht beißen" hat mir nicht gereicht. [EDIT kleine Korrektur] Zusätzlich hab ich ihr die Alternative "zu mir kommen" aufgezeigt, wenn es ihr zu eng wurde. Madame geht von sich aus nämlich nach vorn, nicht zurück.

    Und ein weiterer Nebeneffekt, den ich als sehr erstrebenswert empfinde, ist, dass sie durch meine Art der Arbeit mit ihr inzwischen bei unbekannten Situationen routinemäßig nach meiner Reaktion sucht bzw. fragt.

    Und genau so wollte ich das.

    Sie nicht nur von Dingen abhalten, sondern sie auch zu Dingen ermutigen können - quasi mit einer Geste oder einem Wort.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!