Hallo,
es ist im Moment nicht mehr als eine vage Idee, aber ich könnte mir vorstellen, eine Pflegestelle zu werden und würde gerne von euch hören, ob jemand bereits Erfahrungen, sowohl gute als auch schlechte, gemacht hat.
Hattet ihr zu dem Zeitpunkt auch eigene Hunde? Wie war der Kontakt zu den Organisationen (wenn negativ vielleicht besser als Nachricht)? Worauf sollte man achten?
Ich möchte definitiv keinen "süßen Wuschel" aka HSH aufnehmen oder den Schäfermix von der Kette. Dafür reicht meine Kompetenz nicht.
Hallo Garm!
Es hängt nicht nur vom Verein selber ab, welche Erfahrungen Du machst, sondern auch von der oder den Personen, die Dich betreuen.
Die Erlebnisse, von denen Pflegestellen berichten, sind deshalb so unterschiedlich, weil es an Vereinen wirklich die ganze Bandbreite gibt: von super seriös bis hin zu (eigentlich) illegal und kriminell. Ich habe mit Organisationen zusammengearbeitet, die mich und die Pflegetiere mit Rat und Tat unterstützt haben, die mich sorgfältig ausgewählt und in ihr Tun eingeführt haben, die mich überprüft, aber transparent und mit (gültigen) schriftlichen Verträgen agiert und mich korrekt über meine Rechte und Pflichten informiert haben und denen meine Meinung und Erfahrung wichtig war. Andererseits habe ich Vereine erlebt, die rechtlich gesehen gar keine sind und sich nur für Gutgläubige als solche ausgeben, die als reine Geldmaschinen für manche wenige fungieren und die Tiere und Menschen ausnutzen und ausnehmen.
Die Regeln, nach denen Du handeln willst, stellst also Du auf. Die Konsequenzen für die Entscheidung, mit wem Du zusammenarbeiten möchtest, trägst Du ebenfalls alleine. Sei Dir dessen bewusst und such Dir 'Deine' Organisation sehr, sehr sorgfältig aus. Besorg Dir Referenzen, google nach Erfahrungsberichten, stelle Fragen, vergleiche und finde heraus, wohin das Geld - das immer eine Rolle spielt - fliesst. Denk daran, dass Du gerade bereit bist, einen grossen Teil Deiner Zeit, Deiner Kompetenz und vielleicht auch Deines eigenen Geldes für andere zur Verfügung zu stellen. Sei nicht naiv: es geht - auch bei den seriösesten Organisationen - nie ausschliesslich ums Tier. Und vergiss nicht: Du darfst nein sagen und solltest Dir über Deine Rechte im Klaren sein.
Romantisierungen, wie hier im Forum manchmal gemacht, haben hier eher keinen Platz. Ich habe seit Jahren Pflegehunde, hab mich dabei auf die richtig schwierigen Fälle spezialisiert und habe die Zeit und den Raum dafür. Aber auch 'nettere' Kandidaten haben mir Teile der Wohnungseinrichtung zerstört, willentlich und unwillentlich mich, meine Nächsten und/oder meine oder fremde Tiere verletzt, mich nächtelang um den Schlaf gebracht und tageweise um meine Arbeit und Nerven. Je nachdem wie tolerant Dein Umfeld und Deine Nachbarn sind, schlafen Beziehungen temporär oder dauerhaft ein, es können Konflikte entstehen. Gerade schwierige Hunde können sehr einsam machen. Mach Dir ehrlich bewusst, was Du leisten kannst und willst und bestehe darauf, dass Deine Grenzen respektiert werden.
Mir war und ist es wichtig, einen Pflegehund wenn nötig jederzeit und vor allem innert sehr kurzer Frist zurückgeben zu können. Gründe, die eine rasche Rückgabe nötig werden lassen, können, müssen aber nicht einmal am Pflegetier selber liegen. Mir sind schon Todesfälle, Unfälle und Krankenhausaufenthalte während Pflegeperioden dazwischengekommen, in denen ein Pflegling sofort woanders untergebracht werden musste. Derartige Notfälle lassen sich nicht vorhersehen, aber man kann planen und Vereinbarungen treffen, was in solchen Momenten mit dem Pflegetier geschieht. Bei Hunden, die sehr lange bei mir und sehr schwierig sind, gönne ich mir, wenn nötig, manchmal auch eine Auszeit. Wenn die Tiere temporär woanders untergebracht sind, ergibt sich auch die Gelegenheit für eine Bestandesaufnahme und einen ehrlichen Blick auf den Trainingsstand unter neuen Bedingungen.
Ausserdem bestehe ich auf der Übernahme von sämtlichen Tierarztkosten und wenn der Hund Spezialfutter, Medikamente oder besondere Ausrüstungsgegenstände benötigt, möchte ich auch diese bezahlt oder zur Verfügung gestellt haben. Meist kriege ich Futter mit.
Ich persönlich würde keine Pflegehunde aufnehmen, wenn ich nicht den Raum hätte, diese einzeln, tierschutzkonform und sicher unterzubringen, wenn ich nicht da oder anderwertig beschäftigt bin. Gerade in der Anfangszeit werden die eigenen Tiere und häufig auch das Umfeld zurückstecken müssen, da ist es mir wichtig, trotz des Neuankömmlings noch Zeit mit ihnen verbringen und anderen Aufgaben nachgehen zu können.
Ich lasse mich nicht emotional erpressen und stelle von Anfang an klar, dass ich nicht die Absicht habe, den Hund ganz zu übernehmen und habe das bisher auch konsequent durchgezogen. Pfleglinge haben fast denselben Status bei mir wie meine eigenen Tiere, aber ich bilde mir nicht ein, dass sie es woanders nicht ebenso gut hätten und ein tolles Zuhause finden könnten. So trainiere ich auch gezielt darauf hin, dass die Pflegehunde nicht nur von mir, sondern von verschiedenen Person geführt werden können.
Eine ehrliche Introspektion und Beantwortung der Frage, weshalb man eigentlich Pflegestelle sein möchte, was man sich davon selber verspricht und welches eigene Bedürfnis man dabei befriedigen möchte, ist sicher auch nicht verkehrt.