"Wellness" - Nathan Hill
Dieser Roman hat mir richtig Spaß gemacht! Dennoch ist es schwer zu beschreiben, worum es darin geht. Für mich war es ein bisschen wie eine gelungene Mischung aus Franzen, Wolitzer und Ng. Ein Buch, das auf mehreren hundert Seiten Familiendynamiken, Gesellschaft und Alltag in den modernen USA beschreibt und hinterfragt - und das nicht anhand irgendwelcher schablonenhaften Figuren, nein, Jack und Elizabeth, das Ehepaar mittleren Alters, das gerade ein Kriseln in ihrer Beziehung durchlebt, sind dreidimensionale, komplexe, mal liebenswerte, mal den Leser dezent zur Weißglut treibende Protagonisten - beide mit einer verkorksten, mitunter traumatischen Kindheit im Gepäck, begegnen sie sich in den Neunzigerjahren als mittellose Studenten in einem heruntergekommenen Stadtviertel, das ihnen gerade deshalb aber ungemein authentisch und verheißungsvoll erscheint. Von da an gehen sie ihren Weg gemeinsam - Jack träumt vom großen Erfolg als Fotograf, landet am Ende aber in befristeten Dienstverhältnissen als Vortragender an der Uni, während Elizabeth als Mitarbeiterin an psychologischen Studien zum Placebo-Effekt startet - und dann hinterfragt, ob so ein Placebo-Effekt nicht eigentlich vor allem eins ist, um mehr Zufriedenheit, Gesundheit und Vitalität im Leben zu erreichen: nämlich nützlich...
Und dann ist da noch die Elternschaft, die die beiden manchmal ebenfalls an ihren Grenzen bringt...
Man könnte meinen, bei diesem kunterbunten Potpourri an Themen käme irgendwas zu kurz, aber dem ist nicht so. Nathan Hill gibt den Gefühlen und Gedanken seiner Protagonisten gekonnt Raum, bettet ihre Einstellungen ein in ihre Lebensrealität, und schafft letztlich einen Roman, der mal feinfühlig, mal ulkig, mal schwer zu ertragen, mal heiter, daherkommt - so vielseitig wie das Leben selbst eben.
Ein Leseerlebnis nach meinem Geschmack.