Ich habe eine Weile überlegt ob ich was schreibe. Eigentlich ist alles gesagt worden. Aber es ist mir ein Bedürfnis.. aus Gründen. Den Podcast um Volkan kenne ich, habe aber nie reingehört und werde es auch nicht tun, weil es unerträglich ist für mich.
Ich lebe seit ich in Deutschland bin in Hamburg und habe hier seit 1994 Hunde. Bis ich 21 war, habe ich in einem sehr sozialschwachen Viertel in Hamburg gelebt, bin da aufgewachsen. In allen Belangen vergleichbar mit dem Stadtteil Wilhelmsburg, wo diese Tragödie passiert ist.
In unserem Stadtteil gab es viele, viele Hunde die heute unter die Rasselisten 1 und 2 (und deren Mixe) fallen würden. Ich weiß von mind. 2 Pitbull-Würfen allein in unserer Strasse, wo Geschwisterhunde miteinander verpaart wurden. Ich weiß das der Großteil der Hunde nicht älter als wenige Jahre geworden sind und dann "weg" waren. Ich habe viele vernarbte Hunde gesehen und es war klar, wo sie die Narben her haben. Ich könnte noch mehr erzählen, aber bin da aber nicht willens für.
Nur ein Beispiel. Ich war mit einer jungen Türkin befreundet und wir sind eine zeitlang regelmässig mit ihrer Rotti-Mix Hündin und meiner DSH Hündin spazieren gewesen, bis es nicht mehr harmoniert hat zwischen unseren Hunden.
Ich weiß, das ihr Vater und ihre Brüder gefürchtet waren in der Strasse und das deren Rüde (Wurfbrüder ihrer Hündin) mehr als ein halbes Dutzend Hunde in der Nachbarschaft verletzt bis schwer verletzt hat. Ich weiß von Drohungen und Übergriffen dieser Hundehalter gegenüber Menschen aus der Nachbarschaft, deren Hunde verletzt/gebissen/zerlegt wurden. Da gab es keine Entschuldigung, kein Bedauern. Nur ein "blöd gelaufen und wenn du es jemanden erzählst besuchen wir dich zuhause".
Jeder der es wissen wollte wusste, das der Rotti-Mix Rüde sein halbes Leben in einer Vorratskammer neben der Küche "verbracht" hat die Hündin hingegen durfte sich frei in der Wohnung bewegen. Der Rüde aber war zu gefährlich für die eigene Familie. Die Mutter hat tiefe Narben an den Unterarmen, die man nur nie gesehen hat weil immer lange Ärmel an. Aber der Rüde war zu "wertvoll" um ihn "abzugeben". Nur der Vater und der Bruder durften ihn rausholen. Woher ich das weiß, von der Schwester, mit der ich oft spazieren war und die mir oft ihr Herz ausgeschüttet hat. Ausländer unter sich. Mit mir durfte sie spazierengehen, ich war ein nettes Mädchen in den Augen der Eltern und Brüder. Sie hatte Angst, richtige Angst vor dem Rüden im eigenen Haushalt.
Wir reden hier von einem Zeitraum von ca. 2 Jahren. Und trotz Zeugenberichte, Zeugenaussagen, Anzeigen, Meldungen an entsprechende Behörden, etc. ist nie etwas passiert. Diese Menschen wurden nicht zur Verantwortung gezogen. Warum auch. Die Verletzungen anderer Menschen gingen nicht über Löcher in Körperteilen hinaus. Es gab keine toten Hunde, nur verletzte und schwerverletzte. Verzeiht meinen Sarkasmus, aber so war es VOR Volkan in einigen wenigen Stadtteilen Hamburgs. War das bekannt? JA! Wurde das gemeldet? JA! Mehrfach! Von verschiedenen (betroffenen und beobachtenden) Personen, Ärzten und Tierärzten.
Ich kann gar nicht soviel essen wie ich kotzen will, wenn mir hier jemand erzählen will es gab kein Behördenversagen! Oder nein, es war kein Behördenversagen, es war schlicht und ergreifend Desinteresse an vielem was in gewissen Stadtteilen passierte. Zu welcher anderen Erkenntnis sollte ich sonst kommen? Das habe ich selbst mit 16/17 Jahren begriffen.
Unsere Straße war zweigeteilt. Die eine Hälfte wurde "beherrscht" von einer türkischen Familienclan, die andere Hälfte (wo wir wohnten) von einer Gruppe von Rockern. Die Grenze wurde eingehalten, es gab keinen Ärger zwischen diesen beiden Parteien. D.h. auch, das die Hunde des türkischen Familienclans nicht in der anderen Hälfte Gassi geführt oder durchgeführt wurden und umgekehrt. Die Hunde der Rocker (überwiegend DSH), waren ernsthaft, aber gut gesichert und Menschen gegenüber neutral bis freundlich. Meine türkische Freundin kam mich wenige Male zuhause abholen mit ihrer Hündin. Nach dem dritten Mal wurde sie von einem meiner Rocker-Nachbarn freundlich aber bestimmt angesprochen, das er sie hier mit ihrem Hund nicht noch einmal sehen will. Danach wurde ich sehr freundlich aber ernst darauf aufmerksam gemacht, das es keine gute Idee ist wenn ich meine Freundin zu mir nach Hause einlade. Das gäbe nur Ärger.. irgendwann. Danach haben wir uns immer direkt im Park getroffen.
Ich weiß es liest sich wie in einem schlechten Film aber ich kann euch sagen, dass das Leben einiger so aussieht, auch wenn sich das viele nicht vorstellen können. Es gab Regeln.. und an die hielt man sich, wenn man trotz Widrigkeiten in Ruhe leben wollte. Und ob man es glaubt oder nicht, ich hatte da eine behütete Kindheit (soweit halt möglich, als Flüchtling) mit viel Schutz von allen Nachbarn und eine friedliche Co-Existenz mit der anderen Strassenhälfte.
Aber um zum eigentlichen Punkt zurückzukommen. Nein, vor Volkan wurde praktisch nichts getan und das ist Fakt und wer das Gegenteil behauptet, der hat sein Wissen aus den Medien, zweiter oder dritter Hand. Ich lebte mittendrin.
Ich sage nicht das ich die Listen fair finde. Ich finde sie nicht eimal gut. Aber es musste irgendetwas passieren, es führte kein Weg drum herum.