Alte und neue Zöpfe in der Ausbildung

  • Vielleicht ist das Problem das die meisten HH nur mit Tunnelblick schauen können.

    Wenn es um Erziehungsmethoden von Früher geht, lese ich immer nur von den Negativen. Wenn ich gut 40 Jahre zurückdenke, vorher hat es mich nicht so interessiert, kannte ich wenige Hunde die auf irgend einen HuPlatz waren. Es gab nur die üblichen Schäferhund- und Co-Plätze und diesen Hunden begegnete ich sehr selten.

    Zwinger- und Kettenhunden bin ich sehr selten begegnet (eher auf dem Lande) und somit blieb ein Großteil übrig: die HH die einfach aus dem Bauch heraus erzogen, die sich keinen Kopf machten ob sie und wie sie ihren Hund auslasten müssten und was soll ich sagen: es war ein harmonisches Miteinander. Machte Hund aus Menschensicht Blödsinn, gabs eins auf den Deckel (warum muss man da dann immer gleich an Prügel denkt?) und ansonsten wurde sehr gelassen mit dem Thema Hund umgegangen.

    Da dann aber anzunehmen das diese Hunde halt unerzogen waren ist auch falsch. Denn dem ist nicht so. Nö, Sitz und Platz konnten die wenigsten auf Kommando, wenn überhaupt.

    Hund durfte Hund sein. Deswegen hat er aber nicht gebissen, hat nicht seine Umwelt terrorisiert. Natürlich gab es auch diese Kandidaten. Da wird sich auch nichts ändern.

    Aber je mehr sich mit dem Thema Hund beschäftigt wurde, umso "eingeengter" wird der Hund. Damit meine ich jetzt gar nicht das der Hund alles machen soll was ihm einfällt. Aber die Natürlichkeit der Sache ist irgendwie auf der Strecke geblieben.

    Da gibt es massig Hilfsmittel, mit denen sich so mancher HH ausrüsten muss, um den Hund zu überreden doch da zu bleiben, nicht zu Pöbeln usw.. Da werden die Wölfe und Hunde vorgeschoben, in Dingen, die Mensch unedingt machen will (Schnauzgriff und Co.) und ne Aussrede braucht, aber gleichzeitig wird der Grundgehorsam aus reiner Menschensicht praktiziert (Sitz, Platz und Co.).

    Da geht es um Beschwichtigungssignale die wir nachmachen, obwohl im Körperbau und der Gesichtsmimik zwischen Mensch und Hund, bis auf Ausnahmen, Welten liegen. Diese Ausnahmen, die uns genauso angeboren sind wie dem Hund, auf die wird nicht geachtet, obwohl es sich lohnen würde.

    Warum verrenken wir uns eigentlich so? Wenn wir dem Hund die Chance lassen, lernt er uns sehr genau lesen und wenn wir uns Mühe geben können wir seine Sprache nutzen um ihn besser verstehen zu lernen.

    Wir sollten aufhören Hunde kopieren zu wollen, sondern uns darauf beschränken ihn verstehen zu lernen und der Mensch sollte individuell seine Fähigkeiten nutzen. Der Hund macht dies schon immer, wenn man ihn nicht mit Leckerli und Co. dieses "abgewöhnt" :D

    Auweia, jetzt hau ich lieber ab :flucht:

  • Zitat

    Aber je mehr sich mit dem Thema Hund beschäftigt wurde, umso "eingeengter" wird der Hund. Damit meine ich jetzt gar nicht das der Hund alles machen soll was ihm einfällt. Aber die Natürlichkeit der Sache ist irgendwie auf der Strecke geblieben.

    Das liegt nicht daran, dass man sich mehr mit dem Thema beschäftigen muss!

    Und wenn ich heute zurück denke, gab es vor 20 Jahren nicht so viele Hunde wie heute. Die Hunde wurden auch nicht so extrem von der Umwelt eingeschränkt (Leinenzwang, Hundemitnahme verboten, Maulkorbzwang, Verkehr usw.) und beobachtet und kritisiert (Listenhunde, Schlagzeilen in den Nachrichten usw).

  • Zitat

    Hund durfte Hund sein.

    Was bedeutet "Hund durfte Hund sein"? Wann ist Hund wirklich Hund und wann empfindet es Hund auch so? Eher ein philosophisches Problem.
    Der Umgang mit dem Hund und sein Stellenwert in unserem Leben, eher ein gesellschaftliches Problem.

    Und ob es den Hunden vor 40 Jahren wirklich besser ging? Wenn ich so meine Erinnerungen durchforste, bin ich der Meinung: eher nicht.

    LG

  • Zitat

    Was bedeutet "Hund durfte Hund sein"? Wann ist Hund wirklich Hund und wann empfindet es Hund auch so? Eher ein philosophisches Problem.
    Der Umgang mit dem Hund und sein Stellenwert in unserem Leben, eher ein gesellschaftliches Problem.

    Und ob es den Hunden vor 40 Jahren wirklich besser ging? Wenn ich so meine Erinnerungen durchforste, bin ich der Meinung: eher nicht.

    LG

    Das sehe ich auch so. Es gab weniger Hunde, und dadurch weniger Probleme. Die Gesellschaft erwartete nicht, dass ein Hund wie ein Roboter funktioniert. Die meisten Hunde, die ich kannte haben nicht für 2 Cents gehört. Man empfand es als normal, dass sie sich auch mal allein auf die Gassirunde machten. Andere verbrachten ihr Leben kläffend an der Leine, oder im Garten und Zwinger.

    Hundebegegnungen wurden allerdings meistens lockerer genommen als heutzutage, wo viele Leute ihren Hund krampfhaft von jedem unbekannten Hund fernhalten. Unverträgliche Hunde gab es allerdings trotzdem. Mit bissigen Hunden hat man nicht so lange herumtherapiert - die kamen weg.

    Die Voraussetzungen für die Hundehaltung waren früher besser. Aber besser erzogen waren die Hunde deshalb nicht automatisch. Und ob die Beziehung Hund-Mensch besser war (was immer das bedeutet), wage ich auch zu bezweifeln. Es gab Leute, die hatten den Drahr zum Hund, und es gab Viele, die hatten ihn nicht. Wie heute.

  • Meine Erfahrung ist, dass vieles einfach thereoetisch platt gedrückt wird und die Hundehalter die sich informieren immer mehr verunsichert werden, da sie ja nichts falsch machen wollen.
    Der Druck ist enorm. Es wird nicht mehr intuitiv gehandelt.
    Das Problem ist einfach, dass wir heute überinformiert sind. Bei egal welchem Problem wird gegoogelt. Das es heute mehr schwierige Hunde gab wie früher, glaube ich nicht. Früher waren die Medien einfach nicht so präsent.
    Die Leute lösen Dinge nicht mehr aus dem Gefühl raus, in dem Moment wenn es wichtig wäre, das was passiert, sondern lesen erstmal im Ratgeber nach. So wird ein unerwünschtes Verhalten oft erst durch "üben" zu einem richtigen Problem.
    Ich habe auch hier im Forum oft den Eindruck, dass nur thereoretisches Wissen weitergegeben wird und praktisch die Erfahrung völlig fehlt wie z.B. die These, dass ein Hund sich nur freiwillig auf den Rücken legt, aber niemals von einem anderen Hund niedergedrückt wird. Woher kommt es bitte sowas ? Ich beobachte das im Alltag regelmässig.
    Trotzdem werden solche Thesen verbreitet. Wahrscheinlich stand das in irgendeinem neuen Buch.
    Desweiteren wird alles was bei meinem Hund funktioniert hat, pauschal auf jeden anderen Hund übertragen.
    Die "alten Zeiten" waren nicht so schlecht.

  • Zitat

    Meine Erfahrung ist, dass vieles einfach thereoetisch platt gedrückt wird und die Hundehalter die sich informieren immer mehr verunsichert werden, da sie ja nichts falsch machen wollen.
    Der Druck ist enorm. Es wird nicht mehr intuitiv gehandelt.
    Das Problem ist einfach, dass wir heute überinformiert sind. Bei egal welchem Problem wird gegoogelt. Das es heute mehr schwierige Hunde gab wie früher, glaube ich nicht. Früher waren die Medien einfach nicht so präsent.
    Die Leute lösen Dinge nicht mehr aus dem Gefühl raus, in dem Moment wenn es wichtig wäre, das was passiert, sondern lesen erstmal im Ratgeber nach. So wird ein unerwünschtes Verhalten oft erst durch "üben" zu einem richtigen Problem.


    Danke Quirina.

    Ich lasse die "Menge" der Hund nicht gelten. Was hat das damit zu tun? Entweder man weiß was man tut oder eben nicht. Und wenn doch alles so viel besser ist als Früher, dann kommt es doch nicht auf die Anzahl der Hunde an, dann dürfte es doch heute gar nicht die Masse an Problemen geben die es gibt. Wenn die heutige Erziehung ja angeblich so "artgerecht", so Positiv sein soll, warum soll das dann nicht klappen? Nur weil es heute mehr Hunde gibt?

    Hund Hund sein lassen bedeutet einfach: nicht jeden Pups der quer liegt analysieren zu wollen, nicht jede Handlung vorgeben zu wollen (per Übung), Gelassen seinen Hund zu sehen, eben einfach als Hund mit seiner ganz ihm eigenen Natur. Das schließt nicht aus ihn so zu "lenken" das er in seiner Umwelt nicht negativ auffällt.

    Das Überinformiert ist für mich ein sehr gutes Stichwort.

    Warum waren Hundebegegnungen früher entspannter? Von mir kam auch der Spruch "das machen die unter sich aus". Das ging. Heute ein Unding, außer man hat ein gutes Gefühl für das gegenüberstehende Team. Ich habe auch Ashkii seine Erfahrungen sammeln lassen. Und bin froh, dass er in einer Umgebung aufgewachsen ist, in der viele entspannte HH und ihre Hunde sich bewegten und diese Hunde sehr gut kommunizieren können (von denen die meisten keine HuSchu von innen gesehen haben).

    Glaubt man denn wirklich das Welpen-/und Junghundgruppen zur Entspannung beitragen? Eine Bemerkung eines Bekannten fand ich sehr treffen und so empfinde ich auch: "In Hundeschulen wird wie in Menschenschulen für einen Durchschnitt gelehrt, der aus verschiedenen Individuen ermittelt wurde, den es aber eigentlich als solches gar nicht gibt. Somit profitiert nur ein Kleinstteil davon wirklich optimal, die anderen bleiben auf der Strecke." Bis jetzt konnte mich jedenfalls noch keiner Überzeugen, das die optimal geführten Welpen-/Junghundgruppen überwiegen. Diese sind eher selten aufzufinden.

    Zitat

    Das sehe ich auch so. Es gab weniger Hunde, und dadurch weniger Probleme. Die Gesellschaft erwartete nicht, dass ein Hund wie ein Roboter funktioniert. Die meisten Hunde, die ich kannte haben nicht für 2 Cents gehört. Man empfand es als normal, dass sie sich auch mal allein auf die Gassirunde machten. Andere verbrachten ihr Leben kläffend an der Leine, oder im Garten und Zwinger.


    Sorry, wieder eine Pauschaliesierung die ich so nicht akzeptiere. Das kannst du heute genauso gut beobachten. Noch einmal: was hat die Menge der Hunde damit zu tun? Wenn unsere Angebote so optimal sind dann müsste es doch heute ganz anders aussehen.

    Natürlich hat die Einstellung der Menschen sich geändert. Heute wird sich oft unüberlegter ein Hund angeschafft als Früher. Aber das es so viele sind, das es dadurch gehäuft zu Problemen kommt, das kann ich nicht glauben.

    Es ist doch eine müßige Diskussion entscheiden zu wollen ob es Hunden heute besser ging als früher. Das liegt immer im Auge des Betrachters. Ich sage lediglich die Beziehung zum Hund war wesentlich Natürlicher und Entspannter.
    So ein verkrampfter Umgang wie es heute von sehr vielen Menschen mit ihren Hunden üblich ist, übersteigt in meinen Augen die Vergangenheit um einiges und macht die heutige Zeit nicht besser.

  • Früher wurden Hunde aber auch sehr schnell eingeschläfert, wenn sie sich nicht so benahmen, wie es sich gehörte oder sie geschnappt haben oder sonst wie einen Unfall verursachten. Streuner wurden ebenso schnell entsorgt, wenn sei hetzten oder gar ein Tier rissen oer verletzten.
    War das wirklich besser für den Hund?

    Auch heute gibt es dieses Schubladendenken noch sehr häufig.
    Hund kommt nicht zu seinem Menschen zurück, wenn dieser den ruft, entweder wird dieser dann als dominat abgestuft oder als unerzogen. Dann wird die Schleppleine empfohlen um sich durchzusetzen. Aber auf die Körperhaltung des Menschen wird nicht wirklich geschaut, obwohl meist darin das Problem liegt. Wenn ich mir so manchen verzweifelt rufenden Menschen anschaue - da würde ich als Hund auch nicht freiwillig hingehen.
    Ein Hund knurrt und es wird nicht nach den Gründen gefragt, sondern der Hund ist dominant und es muss ihm die einzige Kommunikation verboten werden, welche der Hund hat.
    Hund schnappt, ist aggressiv und dominat. Die genaueren Gründe werden gar nicht angeschaut.
    Ein Hund schaut seinen Halter nur an und wird angeknurrt, weil der Hund ist ja dominant.
    Diese Liste läßt sich bis ins unendliche fortsetzen.

    Natürlich war nicht alles schlecht, ich glaube, das sagt auch keiner. Aber es gibt nun einmal auch Dinge, die bei weitem überholt sind, die aber immer noch lustig empfohlen werden oder sogar noch von Hundeschulen propaghiert werden. Manches ist nach dem Tierschutzgesetzt schon grenzwertig.
    Nun gearde an diesen Dingen denke ich, wenn ich an alte Zöpfe denke und das meine ich, könnte man nun schon nach den neueren wissenschaftlichen Stand etwas anpassen. Natürlich kann man das auch mit Dingen kombinieren, die es schon in der Nachkriegszeit gab.

  • Das Hunde früher schneller entsorgt, einsgeschläfert oder Gewalt angetan wurde ist doch reine Spekulation.
    Ich denke nicht, dass sich die Gesselschaft in dieser Form verändert hat.
    Auch ein Tierschutzgesetz ändert daran nichts.
    Durch die Medien (kampfhunde etc.)ist die Bevölkerung nur ängstlicher und kritischer gegen Fehlverhalten von Hunden geworden.

  • Terry

    Die Menge der Hunde hat sehr wohl was damit zu tun. Die Begegnungen waren durchaus nicht entspannter, nur einfach weniger. Es gab deutlich mehr Raum für alle, auch um entspannt spazieren zu gehen.

    Erweitertes Wissen nicht einfach zu ignorieren, sollte für einen denkenden Menschen selbstverständlich sein. Wie er die (oder seine) neuen Erkenntnisse verwendet ist etwas anderes.

    Wir wissen heute eine Menge mehr über die Funktionsweise unseres Gehirns, Lernvorgänge, genetische Dispositionen....
    Warum sollte ich dieses Wissen nicht für mich verwenden?

    Das Problem liegt im unreflektieren Austausch von "Halbwissen". In einer Internetplattform kann jeder anonym, ohne irgendeine Verantwortung zu übernehmen, auch mal "wichtig sein" und nachplappernd Ratschläge erteilen, in einem Wochenendkurs kann jemand Problemhundeberater werden ohne qualifizierte Überprüfung seiner Kenntnisse, Hundetrainer kann jemand ohne jedes pädagogische Wissen werden usw. Das einzige wirklich notwendige für den Erfolg ist eine riesige Portion Selbstbewußtsein und eine paar verzweifelter oder leichtgläubige Hundebesitzer.

    LG

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