Frechheit oder Angst?

  • Hallo!


    Ich habe vor 6 Monaten einen 6-jährigen kastrierten Jack-Russell-oder Foxl-Mix von einem Bekannten übernommen.Dieser Bekannte hat Lucky einem Typen abgeluchst,der ihn ständig verprügelt hat.Ursprünglich stammt der Hund wohl von einem Bauernhof.


    Im Haus ist Lucky der liebste Hund von Welt,aber draußen werden fast alle Hunde angepöbelt.Das war auch schon so,als ich ihn bekommen habe.Dabei frage ich mich öfter,was wohl seine Motive für dieses Verhalten sein mögen.


    Lucky reagiert besonders empfindlich,wenn uns Hunde entgegenkommen.
    Sein Verhalten ist dann immer etwas unterschiedlich,je nachdem wie sich der entgegenkommende Hund benimmt.


    Der typische Fall sieht aber so aus:


    Lucky sieht entgegenkommenden Hund,der noch ziemlich weit weg ist(so ca. 15m).Der Schwanz sinkt auf "Halbmast",Kopf wird hoch getragen,Tippelschritt(ich nenne es mal Phase 1).


    Das geht dann so,bis ein gewisser Abstand zum entgegenkommenden Hund unterschritten wird.Dann nimmt er eine leicht geduckte Körperhaltung ein und versucht schneller auf den anderen Hund zuzugehen(Phase 2).


    Wenn ich dann mit Lucky an dem anderen Hund vorbeigehen will,schmeißt er sich mit vollem Gewicht in die Leine,bellt und schnappt(Phase 3).Manchmal hat er dabei auch eine Bürste(bei sehr verhassten entgegenkommenden Objekten).


    Am Anfang habe ich Lucky auch mal an den anderen Hund ranschnüffeln lassen,das lief dann meist so ab:
    Lucky macht sich so groß wie`s eben geht,schnüffelt anderem Hund an der Nase und schnappt dann zu.


    Es kann aber auch sein,daß er den beschnupperten Hund nicht anschnappt,sondern quasi die "Luft rauslässt".Das kommt aber nur vor bei Golden-Retriever-und Labradorhündinnen oder kastrierten Labradorrüden.


    Ohne Leine geht er sofort zum Angriff über:


    Er sieht den Hund,rennt geduckt und mit gestrecktem Hals und Kopf auf den anderen Hund zu,Schwanz auch waagrecht nach hinten gerichtet.Dann wirft er den anderen Hund auf den Rücken(zumindest den Yorki und den Cocker,die er erwischt hat) und geht ihm an die Kehle.
    Allerdings bezweifle ich,daß er in den beiden Fällen den Hunden wirklich Schaden zufügen wollte.Es ist nämlich nichts passiert und in den 20 Sekunden,die ich brauchte,um ihn wegzureißen hätte er ja schon ordentlich beißen können.



    In der Hundeschule allerdings benimmt er sich recht gut.Die Hunde dürfen am Anfang immer zusammen spielen.Lucky spielt allerdings lieber mit den Menschen,als mit seinen Artgenossen.
    Letztens hat er sich mit einer Staff-Hündin wegen eines Stöckenchens in die Wolle gekriegt,das wär für ihn fast übel ausgegangen.Die Beiden wurden dann vom Schäferhund der Hundetrainerin getrennt.Allerdings hat Lucky den Rest der Stunde versucht,Streit mit der Staff-Hündin anzuzetteln.Gott sei Dank ist die Hündin nicht darauf eingegangen.


    Luckys Vorteil ist,daß man auch völlig normal an anderen Hunden vorbei kann,wenn er was Besseres zu tun hat.In Phase 1 kann man ihn mit z.B. mit Leckerli recht gut umlenken.Es sei denn uns kommt ein Husky,Schäfer oder ein Hund,der ihn mal sehr bedrängt hat, entgegen.


    Vor 2 wochen haben wir mit Halti-Training angefangen,was hoffentlich was bringt...ein anderer Hundetrainer meinte,das Halti wäre schlecht,es würde Lucky zu sehr unter Druck setzen(seine Taktik:schreien,Leine reißen)?


    Was meint ihr dazu?Ist mein Hund ein Schläger oder eher ein unsicherer Hund?


    Liebe Grüße,Tamora

    • Neu

    Hi


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    • Ich würde sagen Lucky ist ein kleiner Großkotz mit unsicherem Sozialverhalten. Typisch Terrier ist alles seins was er sieht.
      Es klingt jetzt etwas hart und es wäre auch nur ein Versuch, aber ich würde es mal mit "Klassenkeile" versuchen. Also eine Gruppe, besser ein Rudel Hunde mit der Souverenität des DSH Deiner Hundetrainerin. Wichtig wäre das diese Hunde in jedem Fall im Komment bleiben, egal wie Deiner reagiert.
      Ich hatte auch mal so einen Kandidaten. "Alf", so hieß der Hund, war ein schwarzer DSH aus DDR-Leistungszucht, der sein Leben lang Chef über alles war. Das hatte sich bei uns in zwei Stunden erledigt.


      Grundsätzlich ist Aggression aber ein unglaublich vielschichtiger Bereich mit einer Unzahl von Variationen. Da ein schlüssiges Therapiekonzept erstellen zu wollen, nur auf Grund Deiner Aussage/Empfindung/Sichtweise ist fast unmöglich.

    • Hallo!
      Natürlich ist es aus der Entfernung ungemein schwierig ein Urteil zu fällen ohne den Hund je gesehen zu haben, deswegen würde ich auch sagen, es wird wohl ein Gemenge aus Beidem sein!


      Zitat


      Ich habe vor 6 Monaten einen 6-jährigen kastrierten Jack-Russell-oder Foxl-Mix von einem Bekannten übernommen.


      Terrier sind ja grundsätzlich, aufgrund ihrer Zuchtgeschichte als Solitärjäger nicht gerade für ihre Verträglichkeit berühmt. Der ihnen oft nachgesagte Größenwahn wurde bei ihnen mit voller Absicht züchterisch gefestigt, da sie oft als Jagdhunde für weit grössere und wehrhaftere Beutetiere eingesetzt wurden. Nun kann man aber schwerlich von einem Hund verlangen, dass er sich furchtlos einem Wildschwein entgegenstellt und sich andererseits hochsensibel im Umgang mit anderen Hunden zeigt. Auch hier fallen Terrier immer wieder durch ihre, sagen wir mal "robustere" Art auf - was ja nicht unerheblich zu ihrer Fazination beiträgt.



      Zitat


      Dieser Bekannte hat Lucky einem Typen abgeluchst,der ihn ständig verprügelt hat.Ursprünglich stammt der Hund wohl von einem Bauernhof.


      Erschwerend kommt bei deinem Hund wohl hinzu, dass er mit Sicherheit große Defizite in seiner Sozialisation zeigt und bedingt durch den Vorbesitzer keine Anstrengungen gemacht wurden in der Welpen- und Junghundezeit ihn an den regelmäßigen Kontakt mit fremden Hunden zu gewöhnen.



      Aus Sicht deines Hundes verhält er sich bei HUndebegegnungen absolut folgerichtig und normal (im Hinblick auf seine Sozialisation!).
      Für alle Hunde sind fremde Hunbde erstmal Konkurrenten und keine potentiellen Spielkameraden. Dies lässt sich ableiten aus der Rudelstruktur der Wölfe, bei denen Neuankömmlinge im eigenen Revier oft getötet werden und nur unter ganz speziellen Umständen ins Rudel integriert werden. Und so geht es auch unserern Haushunden, aus Angst mit anderen Hunden um Ressourcen konkurieren zu müssen werden dieses lieber gleich im Vorfeld abgewehrt.
      Dieses Verhalten lässt sich nur durch eine entsprechende Sozialisation in der Welpenzeit abschwächen, in der der Welpe regelmässigen Kontakt zu anderen Hunden hat. Leider kannst du diese Zeit mit deinem Hund nicht mehr nachholen!


      Zitat


      Lucky spielt allerdings lieber mit den Menschen,als mit seinen Artgenossen.


      Daraus schliesse ich, dass er hauptsächlich auf Menschen sozialisiert wurde und in seiner Welpenzeit auf dem Bauernhof vielleicht gar keine anderen Hunde zu Gesicht bekommen hat!


      Zitat


      Luckys Vorteil ist,daß man auch völlig normal an anderen Hunden vorbei kann,wenn er was Besseres zu tun hat.In Phase 1 kann man ihn mit z.B. mit Leckerli recht gut umlenken.


      Das ist doch schonmal ein riesen Vorteil, versuche dieses Verhalten zu festigen und ihn in kleinen Schritten daran zu führen sich auch in anderen Phasen umlenken zulassen.
      Versuche außerdem ihm in der Hundeschule soviele Kontakte zu anderen Hunden wie möglich zu bieten. Er wird wahrscheinlich nie ein Hund werden, der ausgelassen mit anderen Hunden spielt, es sollte aber möglich sein ihn soweit an andere Hunde zu gewöhnen, dass er sie akzeptiert!
      Liebe Grüsse,
      Sleipnir

    • Hallo!


      Ehrlich gesagt,das mit der "Klassenkeile" hab ich mir auch schon mal überlegt.Das Problem ist nur,daß er sich bei sehr souveränen Hunden mucksmäuschenstill verhält.Da würde er wahrscheinlich gar keine Keile kassieren,weil er gar nicht auf die Idee käme,sich Frechheiten rauszunehmen.


      Und wenn ich ihn auf einen nicht ganz so souveränen Hund loslasse,möcht ich nicht wissen,was passiert.


      Das Terrier zur Großkotzigkeit neigen,war mir schon klar.Allerdings kam das bei unserem Familien-Jack-Russell so gar nicht durch und auch die beiden jetzigen Hündinnen meiner Eltern kommen mit jedem Hund(sogar mit Lucky) und Mensch klar.Aber wahrscheinlich sind Rüden da schlimmer...


      In diese Hundeschule mit der tollen Schäferhündin gehen wir im Moment nicht mehr,weil die Hundetrainerin für mich recht fragwürdige Erziehungsmethoden hat.
      In der Stunde,in der sich Lucky mit der Staff-Dame so gekloppt hat,mußten die Beiden an der Leine Hund an Hund vorbeigehen.Die Staff-Hündin hat meinen fixiert und meiner ist wieder ausgerastet.Die Hundetrainerin hat mir dann Lucky abgenommen und die selbe Situation nochmal herbeigeführt.Hund ist natürlich wieder ausgerastet.Sie hat ihn dann wie beim Hammerwerfen mit der Leine durch die Luft geschleudert,danach war dann aber Ruhe.


      Bin ich vielleicht zu empfindlich,wenn ich sowas nicht o.k. finde?Ich mein,es hilft ja anscheinend.


      Ich hoffe echt,daß ich sein Verhalten mit Halti und Clicker in einen andere Bahn umlenken kann.


      Liebe Grüße, Tamora

    • Hallo,


      @ tamora: Dann such dir eine andere Hundeschule, in der es besser läuft, aber bleib da unbedingt dran und mache nicht den Fehler ihn von anderen Hunden zu isolieren. Denn je öfter er so, wie von dir beschrieben handelt und Erfolg damit hat desto mehr verfestigt sich dieses Verhalten! Er muss lernen, dass fremde Hunde keine Bedrohung darstellen und zu akzeptieren sind!
      Liebe Grüsse,
      Sleipnir

    • Hallo!


      Bemühe mich nach Kräften Hunde aufzutreiben,die der olle Stinkstiefel auch mag.Die diversen Vorbesitzer haben bereits den Fehler gemacht und andere Hunde gemieden...das ist hier gar nicht möglich.


      Die Verhaltenstherapeutin will meinen Hund noch nicht in ihrer Problemhundgruppe haben.Solang muß er wohl mit seinem "Harem" Vorlieb nehmen.Von den paar Damen,die er mag,läßt er sich auch ganz schön auf der Nase rumtrampeln.


      Liebe Grüße,Tamora

    • Hallo,


      ich würde mir an Deiner Stelle auch ne andere Hundeschule suchen.
      Erstens ist es völliger Quatsch Hunde vor dem Unterricht spielen zu lassen, die wissen doch gar nicht ab wann Sie gehorchen sollen.


      Dann die Wurftechnik mit deinem Hund, macht sich auch nicht wirklich gut, wenn Dir andere entgegenkommen.


      Ich würde das vorbeigehen an anderen Hunden in der Stadt üben, oder da wo viel Hundebetrieb ist, immer ruhig im Ton bleiben, den Hund locker an der Leine lassen ( wenn möglich ), bei dem Versuch zum anderen Hund hinzuziehen, einen leichten Ruck an der Leine und einfach weitergehen. Nur nicht wie Teufel rumschreien, ruhig bleiben, passende Befehle anwenden ( pfui, oder ähnliches-zusammen mit leichtem Leinenruck ).


      Und das ganze so oft wie möglich, irgendwann ist es dem Hund zu blöd, ewig Ärger zu kriegen. Sollte es mal klappen, selbstverständlich loben, nicht voller Begeisterung, sondern mäßig ( fein-gemacht, und gleich ein Leckerlie ).


      Mario

    • Hai,


      habe gerade nochmal gelesen. Ich würde das Leckerlie bei Phase 1 weglassen, und erst bei Phase 4 geben ( vernünftig an anderem Hund vorbeigegangen ).


      Er kriegt ja schon vorab seine Belohnung, wenn er langsam genug isst und Frauchen schnell genug am anderen Hund vorbeigeht, geht´s ja mit der Ablenkung. :lol:


      Nun denn
      Mario

    • Zitat

      Erstens ist es völliger Quatsch Hunde vor dem Unterricht spielen zu lassen, die wissen doch gar nicht ab wann Sie gehorchen sollen.


      Hmmm - wir machen das immer so. Die Hundis könnten sich (in der Anfangsphase der UO) sonst hinterher schlecht konzentrieren, weil sie sich noch nicht begrüsst haben. Zudem fördern wir eigentlich Sozialkontakte und Konfliktbewältigung in unserer Gruppe.
      Ab wann die Hundis dann Gehorchen müssen, das machen wir dann schon deutlich und sie haben auch keinerlei Probleme das zu akzeptieren und zu verstehen.


      LG
      Chrissi

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