rudi ratlos - rüde wird frech

  • hallo Hundekenner,


    da ich mich selbst nicht als solchen bezeichnen möchte, hier mein problem:
    habe im mai den rudi aus dem tierheim geholt, weil ich einen aufpasser brauchte :) - nicht im sinne von bewachen, sondern weil ich zu hause arbeite und daher oft die zeit vergesse und mich wieder beim 16 stunden tag erwischte. also - rudi geholt, einen etwa 9jährigen settermischlingsrüden, der im tierheim auch nicht so wirklich glücklich schien. ein super hund - charakter 1 a, nur lieb und brav, und ... er passt nun auf, dass ich auch alle drei stunden mit ihm spazieren gehe, was seinem drang zum 100 meter weiter gelegenen wald entspricht und gleichzeitig dafür sorgt, das ich auch meine pausen mache. soweit so gut. rudi war anfänglich sehr ängstlich und sehr schwach, war auch zu dünn und schlich mehr oder weniger drei schritt hinter mir her, wohin ich auch ging. an einem heißen tag dann totalzusammenbruch - tierarzt - diagnose milzturmor. op ehrensache - hund wohlauf, nahm zu, wurde stärker (immer noch) und ... selbstbewußter.
    in den ersten wochen war das wort hundeleine für uns beide mehr oder weniger ein fremdwort. selbige kam zum vorschein, wenn wir in die stadt oder zum tierarzt fuhren - ansonsten "geronimo" - freiheit für rudi. andere hunde fand er samt und sonders klasse, schnupper, schwanzwedel und allerhand bimbaborium der freudesbekundung.
    mit zunehmender kraft und steigendem selbstbewußtsein - testet rudi nunmehr aus, ob der vierbeiner gegenüber nicht eventuell ein wenig schwächer ist als er selber - sehr zum unbehagen zumeist des anderen hundes, noch mehr aber dessen halters, so dass rudi jetzt in der siedlung schon ein rüpelimage genießt. auch worte von mann zu mann und der lehre meiner pazifistischen grundeinstellung können rudi nicht so recht überzeugen. auch mein einwand, das er sich ja jetzt der herumtollerei mit den anderen hunde selbst beraube, da ich ihn im moment nicht von der leine lassen mag, weil ich nicht weiß, wie er den anderen hund begrüßt, überzeugt ihn nicht wirklich und lässt ihn auch nicht einsehen, dass spielen mit den anderen hunden ja eigentlich nicht so schlecht war. da ich selbst ein schlechter läufer bin, habe ich es eigentlich sehr begrüßt, die etwas stürmischeren anteile des spazierganges auf hier reichlicherweise im wald präsente hundekollegen zu verteilen. da rudi auch nur so etwa 80 prozentig darauf hört, wenn ich ihn rufe (bei auftauchen eines anderen hundes tendiert diese quote ehrlicherweise gen 0 %, brauche ich rat, wie ich meinen wiedererstarkten rudi auch salon- respektive waldund hundespielfähig mache. iimmerhin bekomme ich es inzwischen hin, das rudi, wenn die leine ihn daran erinnert, das sein aktionsradius von meiner großzügigkeit abhängt, auch bei auftauchen anderer vierbeiner auf ruf zu mir kommt, sich brav hinsetzt und den anderen hund auch passieren lässt. läuft er frei und ein hund taucht auf - rettet diesen nur noch ein beherzter sprint meinerseits vor rudis attacke - und wie gesagt, ich bin kein guter läufer. dabei ist rudi nicht grundsätzlich aggressiv zu den anderen hunden - nur manchmal eben - unabhängig ob rüde oder hündin - da gibt sich rudi sehr emanzipiert. grundsätzlich wedelt er mit dem schwanz, wenn ein anderer hund kommt und ist sehr aufgeregt. meine naivität, schwanzwedeln automatisch damit gleichzusetzen, das er nur spielen möchte, hat er inzwischen widerlegt, indem er zweimal nach einem anderen hund geschnappt hat. was tun - sprach zeus - einerseits lese ich, an der leine wird der hund aggressiver (wegen der mangelnden rückzugsmöglichkeit) andererseits möchte ich ihn nicht losmachen, da ich nicht weiß, wie er mit dem anderen hund umgeht. strafen halte ich grundsätzlich für schlecht, zumal rudi in seinem früheren leben scheinbar genug gewalt erlebt hat - so deute ich zumindest sein manchmal selbst mir gegenüber schreckhaftes zucken, wenn ich mich einmal unkontrolliert schnell bewege.
    wer weiß rat ?
    ps: den rat, ich möge doch ein guter läufer werden, verwerfe ich vorab - das wird nix mehr :)


    tomterom

  • Hallo tomterom,
    hab noch das Grinsen auf dem Gesicht, sehr schöner Bericht, nicht wegen des Inhaltes-vielmehr ob der Beschreibung. Sehr bildlich :D :D :D
    Aber zur Sache: konnte nicht so genau herauslesen, welche Länge die Leine hat, die Rudis Aktionsradius zulässt. Benutzt Du schon eine Schleppleine, die dann Deine Großzügigkeit mal flux auf 10 oder 15 Meter ansteigen lassen könnte? Das wäre zunächst mal eine Alternative zur kurzen Leine. Würde auch Deine Sprints bänder- und gelenkschonender gestalten...
    Bei einem 9 Jahre alten Second hand Hund weiß man natürlich nicht genau, was er schon so alles erlebt hat und wie er sozialisiert war. Durch seine Erkrankung zu Beginn war sein Verhalten sicher erstmal davon geprägt und nun versucht er seinen Platz zu finden. Das ist normal.
    Einen Tipp wie Hundeschule will ich Dir nicht wirklich geben, wenn ich lese, daß Du Dich schon zum Pausemachen zwingen musst. Bei einem Workaholic bleibt wohl nicht viel Zeit dafür, oder? Wär allerdings kein schlechter Plan!
    Spielt Rudi gern? Kannst Du ihn vielleicht vor dem Durchstarten Richtung potentiell schwächerem Kollegen mit einem Spielzeug/Leckerli ablenken? Dann, guuuuuter Hund, schön bei Fuß am Schwächling vorbei? Gibt es einen Hund mit dem er sich richtig gut versteht? Mal Gassigänge verabreden, möglicherweise entspannt das die Situation?


    Schreib mal


    LG Sanny

  • Hallo!
    Ich musste auch sehr grinsen, als ich den Beitrag gelesen hab. Wie schon erwähnt, sehr sehr anschaulich.
    Zum Problem: Denke auch das die Schleppleine ne gute Sache für dein Problem ist. Übe selbst grad mit nem Hund mit der Leine und das klappt ganz gut. Man hat auch selbst erstmal wieder ein sichereres Gefühl beim Spazieren gehen und muss nicht ständig damit rechnen das ein Hund um die Ecke biegt.
    Du kannst auch mal andere Gassirunden drehen, die er noch nicht kennt und schauen ob er da auf fremde Hunde anders reagiert.
    Ansonsten erstmal viel Spaß mit Rudi :)


    LG Anika

  • huiiii, schleppleine gekauft - das hätte ich schon früher machen sollen - allein wegen der besseren bewegungsmöglichkeit für den hund. der spaziergang mit leine ist schon mal deutlich relaxter und vor allem auch geräuschärmer, da das an einen astmatiker im endstadium erinnernde keuchen schon mal wegfällt, das rudi von sich gab, wenn er partout nicht meinen weg gehen wollte. nun fehlt bloß noch die begegnung mit einem anderen hund. und - wie das immer so ist - sonst sind immer hunderte von hunden im wald - gestern keiner. das ist so wie mit dem an der kasse stehen beim aldi - egal, wo du dich anstellst, in deiner schlange ist immer, kurz bevor du dranbist, irgendein storno oder die bonrolle ist leer.
    :)

  • Hi Tomterom,


    auch bei mir hat Dein Bericht ein Grinsen ins Gesicht gemalt, selten habe ich ein Hundeproblem so anschaulich geschildert gelesen.


    Nur noch eine Frage, hast Du Rudi jetzt mit Halsband an der Schleppleine? Wenn ja, kauf bitte ganz, ganz schnell ein Geschirr. Wenn Rudi nämlich mit Halsband mal in die Schleppleine reinläuft, kann das böse Enden. Die Meinungen zu Geschirr oder Halsband gehen ja grundsätzlich ziemlich auseinander, aber ich glaube an der Schleppleine, da dürften mir die meisten zustimmen, ist Geschirr Pflicht. Ansonsten noch ein Tip von mir als leidgeprüfte Schleppleinenträgerin, Radlerhandschuhe schützen vor Blesuren an den Händen, den das Handling mit der Schleppleine will auch geübt sein.


    Außerdem ist es sehr nützlich, wenn der Hund sich um einen Baum gewickelt hat, ihm mittels leichtem Zug und einem Kommando (bei uns heißt es "Baum" egal worum Silky sich gewickelt hat) beizubringen, um das Hindernis an der Leine entlang zurück zugehen. Wenn man das den Hund ein paar mal selbst ausprobieren läßt, also Hund läuft um den Baum, Mensch bleibt stehen, ruft Baum und zieht leicht an der Leine, so daß der Hund merkt, er muß in die andere Richtung. Am Anfang kann es etwas dauern, bis er merkt worauf Du hinaus willst, aber dann funktioniert das ziemlich schnell. Silky wickelt sich inzwischen nur noch ganz selten irgendwo rum und wenn, dann meistens so, daß ich ihn dann entknoten muß, die meiste Zeit, weicht er Hindernissen selbst in die richtige Richtung aus oder dreht auf das Kommando wieder um. Also wie gesagt, Übung macht den Meister.

  • rudi findet seine neue leine ziemlich klasse - ich auch. kein ziehen mehr, kein stress mehr. begegnung mit hunden nun auch erfolgt. rudi merkt, dass er sich zwar relativ frei bewegen kann, ich aber jederrzeit eingreifen kann. habe die leine kürzer genommen und mich mit ihm hingesetzt, als hunde im anmarsch. erst mal beruhigt, den rudi. dann leine gelassen - rudis annäherungsversuch war schon mal deutlich freundschaftlicher als zuvor mit der kurzen leine. trainiere jetzt das gehorchen - klappt recht gut - rudi kommt, wenn ich ihn rufe - gestern sogar bei fremden hund im anmarsch. hoffe, das ist ein resultat meiner erziehung und der neuen leine - oder ist rudi nur ein bluffer und lässt mich erst mal glauben, ich wäre erfolgreich gewesen. gehe jetzt mal ohne leine - mal sehen was passiert :)
    tomterom

  • Seeehr imposante Erscheinung, der Rudi. Oder bist Du der Bluffer und der da im Avatar isses gar net???
    Hört sich recht entspannt an, würde aber nicht gleich wieder von der Schleppleine absehen. Rudi scheint ein kluger Kopf zu sein und falls doch er der Bluffer ist, wird er´s wohl gleich wieder nutzen. Wie war der Gassigang ohne Leine?


    LG Sanny

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