Beißvorfälle ausgewertet: Große Täter +++ Kleine Opfer

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    Beißvorfälle ausgewertet: Große Täter +++ Kleine Opfer (07.08.2005)


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    Hannover (aho) - Eine Studie an der Klinik für kleine Haustiere der
    Tierärztlichen Hochschule Hannover hat Beißvorfälle zwischen Hunden
    genauer untersucht. Hierfür wurden die wurden Daten von 92 gebissenen
    Hunden (Opfer) und den 92 die Bissverletzungen verursachenden Hunden
    (Tätern) gesammelt und ausgewertet.


    Unter den Opfern waren die Rassen Mischling, Rauhaar Teckel, Jack
    Russel Terrier, West Highland White Terrier sowie Yorkshire Terrier
    besonders häufig vertreten. Als Täter dominierten folgende Rassen:
    Mischling, Schäferhund, Sibirian Husky, Pitbull Terrier, Pitbull
    Mischling und Staffordshire Terrier. Insgesamt waren auf Täterseite
    besonders große Rassen beteiligt, während das typische Opferprofil
    sich durch kleine Rassen auszeichnete. Die Geschlechterverteilung
    zeigte auf beiden Seiten eine klare Dominanz der nicht kastrierten
    Rüden, gefolgt von nicht kastrierten Hündinnen. Sowohl kastrierte
    männliche als auch kastrierte weibliche Tiere wurden deutlich seltener
    auffällig, was darauf schließen lassen könnte, dass eine Kastration
    ein möglicher Weg zu sein scheint, das Aggressionspotential von Hunden
    zu reduzieren.


    Das Durchschnittsalter der Opfer lag bei 5,5 Jahren, das der Täter bei
    4,2 Jahren, in beiden Gruppen waren mehr als die Hälfte der Hunde = 4
    Jahre alt. Die meisten Zwischenfälle ereigneten sich in Grünanlagen
    (40,2%) sowie auf öffentlichen Wegen und Straßen (40,2%). Hierbei
    waren signifikant mehr Täter nicht angeleint als Opfer, 17,4% der
    Täter sogar herrenlos unterwegs. Verantwortungsvolle Besitzer mit
    Tieren, die ein erhöhtes Aggressionspotential aufweisen, hätten dem
    zufolge durch Leinennutzung einige der Zwischenfälle verhindern
    können.


    In mehr als 60 % der Auseinandersetzungen kannten sich die Tiere nicht
    und es kam zu einem spontanen Angriff. 12 % der Besitzer gaben an,
    dass zuvor schon eine Rivalität zwischen Opfer und Täter bestanden
    hat. Auch diese Zwischenfälle hätten bei vermehrter Kontrolle der
    Tiere minimiert werden können. Auffällig erscheint, dass mehr als 80 %
    der Täter keine Verletzungen bei den Auseinandersetzungen
    davongetragen haben und nur Einzellfälle gravierendere Verletzungen
    erlitten als ihre Opfer. Nahezu alle der gebissenen Hunde dieser
    Untersuchung waren den Kontakt zu anderen Hunden gewohnt. Etwa ein
    Drittel von ihnen wurde vor diesem Zwischenfall bereits einmal oder
    sogar mehrfach gebissen (Wiederholungsopfer).


    Lediglich 12 % der Opfer hatten bereits selbst einmal einen anderen
    Hund gebissen. Hiervon waren signifikant mehr Hunde aus der Gruppe der
    Wiederholungsopfer. Bei 46 % der Opfer kam es nach der
    Auseinandersetzung zu Wesensveränderungen. 37 % der Hunde wurden
    ängstlicher, 9 % der Tiere aggressiv gegenüber anderen Hunden.
    Besitzer dieser Hunde sollten somit sensibler auf das Verhalten ihres
    Tieres im Umgang mit anderen achten, um ggf. vorzeitig einschreiten zu
    können. Bei ca. 20 % der Zwischenfälle kam es auch zu Personenschäden,
    etwa doppelt so viele Opfer- wie Täterbesitzer wurden verletzt.


    Eine richtige Einschätzung und Prognose von Bisswunden ist, gerade
    auch in Hinblick auf die zu erwartenden Behandlungskosten, schwierig,
    da die äußerlich sichtbaren Verletzungen oft nur die Spitze des
    Eisbergs darstellen. Häufigste Lokalisationen der Wunden waren in der
    eigenen Untersuchung die Kopf- und Halsregion, gefolgt von den
    Extremitäten sowie Abdomen- und Thoraxverletzungen. Die zwei
    letztgenannten Verletzungsbilder traten signifikant häufiger bei
    kleinen Rassen auf. Mehr als 90 % der Bissverletzungen wurden binnen
    der ersten acht Stunden tierärztlich versorgt, keine der Wunden war
    älter als zwei Wochen. Ein ausgiebiges Entfernen von geschädigtem
    Gewebes (Debridement) und das Spülen der Wunden sowie die Verwendung
    von Drainagen scheinen einen positiven Einfluss auf die Wundheilung
    auszuüben. Die Gesamtkomplikationsrate lag bei 28,3 %, eine Exsudation
    (Entzündungssekrete) und eine Infektion trat dabei als häufigste
    Wundheilungsstörungen auf.


    Insgesamt verheilten ca. 80 % der Bissverletzungen vollständig, bei
    etwa 17 % verblieben geringe kosmetische oder funktionelle Defizite
    wie beispielsweise haarlose Stellen oder Narben. 3,3 % der in dieser
    Studie untersuchten Opfer starben in Folge der Bissverletzungen, wobei
    es sich in allen Fällen um polytraumatisierte Hunde kleiner Rassen
    handelte.


    Aus den mikrobiologisch untersuchten Tupferproben ließen sich 300
    Bakterienstämme aus 29 verschiedenen Gattungen isolieren. Hierbei
    dominierten bei den aeroben Keimen Staphylococcus species,
    Streptococcus species, Pasteurella species und Bacillus species sowie
    bei den obligat anaeroben Gattungen Bacteroides species und Prevotella
    species. In neun Fällen konnten keine Keime nachgewiesen werden.
    Sowohl bei den aeroben, als auch bei den obligaten anaeroben
    Keimgattungen überwiegen die gramnegativen Keime deutlich. Der
    Großteil der isolierten aeroben Keime ist jedoch grampositiv. Viele
    der isolierten Keime zählen zur physiologischen Haut- oder
    Mundhöhlenflora von Hunden.


    Eine Antibiotikatherapie im Zusammenhang mit Bisswunden scheint nach
    dieser Untersuchung ratsam, kein Antibiotikum ist jedoch in der Lage,
    alle in Frage kommenden Keime abzutöten. In dieser Untersuchung konnte
    die Amoxicillintherapie ein sehr breites Wirkungsfeld in Hinblick auf
    die isolierten Keimarten vorweisen. Diese wurde nach Vorliegen der
    Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung ergänzt oder umgestellt.
    Eine mikrobiologische Untersuchung sollte im Zusammenhang mit dem
    Management von Bisswunden in jedem Fall erfolgen, hierbei sollte
    unbedingt auch auf Anaerobier untersucht werden.



    Wolfdieter Hubertus Stammwitz
    Untersuchungen zu Ursachen, Lokalisation, Therapie und
    Prognose von Bissverletzungen beim Hund
    Hannover, Tierärztliche Hochschule, Dissertation, 2005


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  • Hi,


    jetzt muß ich mal grinsen. Denn wir haben uns in der Staffel vor einiger Zeit auch über so einen Artikel und über die Begriffe Opfer und Täter amüsiert.
    Es ist schon erstaunlich, wie stark unsere Mitgeschöpfe vermenschlicht werden. Ich persönlich finde es problematisch, Hunde in solche festen Rollen hineinzudrücken.
    Denn kommt es zu einer Beißerei sind meistens beide Parteien beteiligt. Oder solte der unterlegene immer das Opfer sein, obwohl er vielleicht den Streit vom Zaun gebrochen hat???



    Gruß Nadine

  • Ich persönlich halte Statistiken dieser Art für gefährlich. Es werden massenhaft Informationen reingestopft, die ohne sachkundige Analyse zu echtem Unsinn führen können. Jeder von uns weiß, dass die Hunde ihre Probleme meist unter sich regeln. Das geht aber nur, wenn beide nicht an der Leine sind. Dass vor allem kleine Hunde die "Opfer" waren wundert mich nicht. Unser Hund ist groß und mit 1 Jahr im besten Schnöselalter. Mehrfach habe ich erlebt, dass Besitzer von kleinen Hunden schon auf Entfernung in Panik verfielen. Im schlimmsten Fall wird der Kleine auf den Arm genommen, normale Begrüßung fällt flach, Kontakt zu Artgenossen ist nicht gewünscht. Ich bin davon überzeugt, dass auch hier sehr häufig das Problem am anderen Ende der Leine zu finden ist. Wenn ich diesen Artikel lese, kann die Konsequenz eigentlich nur heißen, alle Hunde an die Leine und kastrieren. Schon aus biologischen Gründen dürfte sich das Problem dann irgendwann erledigt haben.
    LG Silke + Juri (der noch komplett ist )

  • Beim ersten durchlesen, habe ich sehr ähnlich gedacht. Das ist übrigens die gleiche TH in Hannover, die auch die Veröffentlichungen über Beißvorfälle mit Listies im Vergleich zu anderen großen Rasse rausgebracht habt. Einerseits ist die TH Hannover GEGEN die Rassediskriinierungen bei Listenhunden und andererseits muss ich jetzt hier in dieser Veröffentlichung implizit lesen, dass sie für generellen Leinenzwang plädieren?


    Ich als Listenhundhalterin war immer überzeugt, dass die TH Hannover gute Arbeit leisten und endlich mal die Wahrheit über "ogenannte Kampfhunde und ihre wirklichen Beißvorfälle auf den Tisch packt... und jetzt so was?


    :shock: Da kann doch was ganz nicht richtig sein, oder? :shock:

  • Ich habe mir die Arbeit gemacht und im Netz den Ursprung dieser Meldung recherchiert. Es handelt sich dabei um die Kurzfassung der Dissertation eines gewissen Wolfdieter Hubertus Stammwitz (Untersuchungen zu Ursachen, Lokalisation, Therapie und Prognose von Bissverletzungen beim Hund Hannover, Tierärztliche Hochschule, Dissertation, 2005). Ursprünglich war ich davon ausgegangen, dass es sich um einen Artikel handelt, der aus einer Pressemitteilung entsprungen ist. Richtig verschärft finde ich aber, dass jemand eine Dissertation zu diesem Thema schreibt und sich ganz offensichtlich bestenfalls einen Goldfisch als Haustier hält. Diese beknackten Bewertungen stammen jedenfalls tatsächlich vom Urheber. Ich finde es schon bemerkenswert, mit wenig Praxis so genannte Fachleute auf Tiere und Öffentlichkeit losgelassen werden. Wir hatten erst heute eine klassische Situation: Mein Hund (groß) trifft einen anderen (klein) im Park. Groß wedelt Klein freundlich an, klein findet ihn doof, kläfft und schnappt. Dafür wurde er von meinem Hund auf den Rücken gedreht, was ihn noch wütender machte. Egal, wir sind gegangen - ganz locker. Wenn es jetzt wirklich zu einer Beißerei gekommen wäre, wer hätte dann noch Ursache und Wirkung auseinanderdividiert?
    LG Silke + Juri

  • Niemand, aber sind beide Hunde ohne Leine und ihre Besitzer anwesend, waäre der Große (also deiner) Schuld an der ganzen Sache. Da fragt niemand mehr, wer denn angefangen hat :shock:

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