Nach dem Jagen....loben oder ignorieren?

  • Hallo zusammen,

    da das Thema mein "Steckenpferd" ist (naja, wir züchten und bilden Jagdhunde aus und ich persönlich habe mich auch auf unerwünscht jagende Hunde spezialisiert), will ich auch noch kurz meinen Senf reinklatschen ;)

    Zitat

    Die Gefahr beim Loben, wenn der Hunde nach dem Jagen selbständig zurückkehrt, ist, dass der Hund das als Handlungsketten verknüpfen könnte

    diese Verknüpfungsgefahr ist relativ gering. Das hängt damit zusammen, dass einem routiniert jagenden Hund im Moment des Jagdbeginns nichts mehr wichtiger ist als die Jagd selbst.

    Wenn der Hund eine Hetze beginnt, beginnen bestimmte biochemische Abläufe in seinem Gehirn. Der Endorphinausstoss verdreieinhalbfacht sich, Adrenalin wird ins Blut gepumpt und der Eustress steigt auf einen maximalen Wert. Aus diesem Grunde ist es bei Hunden, die ein paarmal gejagt haben (nicht unbedingt bei 20 Sekunden, aber das kann schon bei 5 Minuten Jagdsequenz passieren) völlig unabhängig vom Wilderfolg in den meisten Fällen so, dass dann, wenn sie mal hinterm Hasen sind, keine Wurst, kein Spielzeug, aber auch keine Wurfdisc o.ä. mehr helfen. Die Wahrnehmung des Hundehirns ist in diesem Moment für alle Reize ausserhalb des Jagdobjekts stark eingeschränkt.

    Daher würde ich, allgemein gesprochen, raten:

    Hund loben, wenn er zurückkommt, weil er für seine Verknüpfungen nun mal ein Zeitfenster von max 3 Sekunden hat - und wenn er 3 Stunden gehetzt hat, würde er eine Strafe nicht mit dem Zeitpunkt des Ungehorsams oder der Jagd, sondern nur und alleine mit der Tätigkeit des Zurückkommens und auf den Menschen-Zugehens verbinden.

    Das Weggehen in der Hoffnung, dass der Hund nachkommt, funktioniert allerdings nur bei Hunden mit eher geringem Jagdtrieb oder Hunden, die nochn nicht oft oder lange gejagt haben...denn die Ausübung des Jagdtriebes ist unabhängig von der Bindung zum Menschen, wenn der routinierte Jagdhund Wildwitterung bekommt, dann werden automatische Handlungsprozesse ausgelöst und ob der Mensch sich in dem Augenblick entfernt oder nicht, wird dann häufig nicht mehr wahrgenommen oder beeinflusst die Handlungskette nicht.

    Ich würde bei Hunden, die sich häufiger verabschieden und dann auch länger als nur 2 oder 3 Minuten weg sind, dazu raten, den Hund an die Schleppleine zu machen, da jede einzelne Jagdsequenz selbstbelohnend ist und das gezeigte Verhalten beim nächsten Mal intensivieren wird.

    Dann würde ich zu einem gründlich aufgebauten Antijagdtraining raten, wobei ich besser als das Buch von Clarissa von Reinhardt das von Ariane Ullrich und Pia Gröning finde, weil nach Cl von Reinhardts Buch mMn stark triebige Hunde weniger gut kontrollierbar werden.

    Das unerwünschte Jagen kann sich je nach Hund mit Beobachtung und rechtzeitigem Abrufen und Ablenken gut lenken lassen, bei einigen Hunden (logischerweise bei Jagdhunden, oft auch bei südländischen Hunden) ist die Sache aber sehr kompliziert, entwickelt rasch eine Eigendynamik und man fährt am besten, je früher man sich einen spezialisierten (!) Trainer sucht.

  • Will nur mal meinen Senf dazugeben:

    Zitat

    diese Verknüpfungsgefahr ist relativ gering. Das hängt damit zusammen, dass einem routiniert jagenden Hund im Moment des Jagdbeginns nichts mehr wichtiger ist als die Jagd selbst.


    :2thumbs:

    Zitat

    Die Wahrnehmung des Hundehirns ist in diesem Moment für alle Reize ausserhalb des Jagdobjekts stark eingeschränkt.


    :gut:

    Zitat

    Hund loben, wenn er zurückkommt,


    :gut: Es sei denn er jagd an. Da ist die Situation entscheidend ob ein Lob mit der Jagd selbst verknüpft wird.
    Wenn er nach einiger Zeit wieder zurück kommt, belohnt man nicht die Jagd, weil es dort keine Handlungskette zwischen Jagen und Zurückkommen gibt. Es ist ein echtes Kunststück, dort eine Handlungskette aufzubauen.

    Wer mir in der Beziehung einen Tipp geben kann (außer wenn der Hund zurückkommt Beute zu machen), das wär richtig klasse.

    Viele Grüße

  • Zitat

    Wer mir in der Beziehung einen Tipp geben kann (außer wenn der Hund zurückkommt Beute zu machen), das wär richtig klasse.
    e

    Hallo Beaglefreund,
    wofür willst Du einen Tipp haben. Irgendwie verstehe ich den Satz nicht :???:

    dusaro,
    hej, Du kennst Dich ja richtig aus.
    Wenn ich richtig gelesen habe, ist es IMMER sinnvoll beim Zurückkommen den Hund zu loben.
    Unser Jäger verabschiedet sich nicht oft und vorallem nicht lange. Er ist nach 20-30 sec. wieder da. Renne ich weg, ist er in der Regel noch schneller bei mir.
    Doch ich möchte nun mal ganz verhindern, dass er abzieht. Ich weiß auch, dass es nur dann passiert, wenn ich "penne" und es nicht die Schuld des Hundes sondern meine ist. :kopfwand:
    Jedenfalls scheint der Jagdtrieb nicht so ausgeprägt zu sein, oder sehe ich da etwas ganz verkehrt?

    Das Buch von Clarissa Reinhardt , was Du erwähnst...heißt es auch Antijagdtraining? Ich kenne es nicht, würde es aber gerne kaufen.

    Viele Grüße
    Conny

  • Hallo,
    ich möchte gerne einen Tipp im Bezug auf den Aufbau und die Verknüpfung einer Handlungskette zwischen Jagen und dem Zurückkommen.
    Bisher denke ich, dass Jagen und Zurückkommen zwei voneinander unabhängige Handlungsabläufe sind.

    Viele Grüße

  • Zitat

    Hallo,
    ich möchte gerne einen Tipp im Bezug auf den Aufbau und die Verknüpfung einer Handlungskette zwischen Jagen und dem Zurückkommen.
    Bisher denke ich, dass Jagen und Zurückkommen zwei voneinander unabhängige Handlungsabläufe sind.

    Sind es doch auch. Oder stehe ich auf dem Schlauch?
    Gruß
    Conny

  • danke für deine antwort skunky!!
    das mit dem "und tschüss" übe ich auch fast jedes mal wenn ich mit ihr draussen bin, immer dann wenn sie nicht gleich kommen will sondern meint gerade etwas interessanteres zu sehen oder so....klappt ziemlich gut.

    allerdings müsste ich doch "nein" sagen wenn ich sehe, das sie gleich los rennen will (Pfote und Ohren hoch)
    Hier wurde doch auch oft geschrieben, das man genau dieses anzeichen loben soll...
    :???:

    danke nochmal! :D

    LG

    jana

  • Zitat

    allerdings müsste ich doch "nein" sagen wenn ich sehe, das sie gleich los rennen will (Pfote und Ohren hoch)
    Hier wurde doch auch oft geschrieben, das man genau dieses anzeichen loben soll...
    :???:

    Hi Jana,
    ich lobe dieses Anzeigen des Hundes immer, weil es bei unserem gut funktioniert. Er zeigt an, ich lobe, er kommt zurück.(wenn alles gut läuft und ich den richtigen Moment erwische). Am Anfangs habe ich mit einem Abbruchsignal wie Du es meinst (Nein oder lass es) gearbeitet. Das ging völlig in die Hose, er reagierte so wie ich es nicht wollte.
    Nur, kein Hund ist wie der andere und jeder reagiert bei den Kommandos anders. Du musst es einfach austesten, was bei Deinem Hund am besten klappt.

    Die halbe Nacht habe ich mit Gedanken gemacht. Ihr habt mich irgendwie verwirrt.

    Staffy sagt, wenn der Hund abhaut und zurückkommt, kurz ignorieren und dann ganz normal behandeln,
    Dusaro sagt, immer loben.
    Wenn mir jetzt ein Dritter sagt "Dreh ihm den Hals um" stehe ich komplett neben mir. :???:

    Nachdenkliche Grüße
    von einer verwirrten
    Conny

  • Hallo,

    Beaglefreund:

    Zitat

    Es sei denn er jagd an. Da ist die Situation entscheidend ob ein Lob mit der Jagd selbst verknüpft wird.

    es ist wichtig, dass das Lob eben wirklich auf die Handlung des Zurückkommens bezogen wird.

    Das ist auch das Risiko des so genannten Superpfiffs (auf einen bestimmten Pfiff hin bekommt der Hund ein ganz außergewöhnliches sonst nie dargebotenes Leckerchen, woraufhin man gute Chancen hat, dass der Hund, je nach Trieb und wie schnell man reagiert, abbricht und zurückkommt.

    Es kann aber auch passieren, dass der Hund beginnt, zu jagen oder Spuren zu suchen, um eine Abbruchshandlung anzubieten, die dann wiederum belohnt wird. Daher ist bei solchen Sachen der Aufbau und dann auch die Augestaltung des Einsatzes sehr wichtig.

    Zitat

    Wenn er nach einiger Zeit wieder zurück kommt, belohnt man nicht die Jagd, weil es dort keine Handlungskette zwischen Jagen und Zurückkommen gibt.

    Richtig - wenn der Hund zurückkommt, ist die Handlungskette der Jagd schon beendet. Der Hund hat ein Zeitfenster von 2-3 Sekunden zur Verknüpfung, um die Jagd zu belohnen, muss man also dann belohnen, wenn er zur Spur ansetzt oder er sie ausarbeitet.

    Aufgrund des Eustressaufbaus (und nichts anderes wird ja durch die Belohnung jedweder Form bewirkt) belohnt er sich aber beim Jagen eben wortwörtlich selbst.

    Zitat

    Wer mir in der Beziehung einen Tipp geben kann (außer wenn der Hund zurückkommt Beute zu machen), das wär richtig klasse.

    Es gibt verschiedene Ansätze. Der eine ist beispielsweise, dem Hund mittels exakter Verknüpfung zu verdeutlichen, dass Beute in jedweder Form nur mit dem Menschen gemacht werden kann.

    Dazu braucht man ein gründlich aufgebautes Schleppleinentraining und nach Möglichkeit einen schon auf den Clicker vorgeprägten Hund.

    Es gibt derzeit zwei Standardwerke zum Antijagdtraining, wobei ich das zweite für klar besser halte:

    und

    Conny:

    Zitat

    Unser Jäger verabschiedet sich nicht oft und vorallem nicht lange. Er ist nach 20-30 sec. wieder da. Renne ich weg, ist er in der Regel noch schneller bei mir.

    bei Dir denke ich, kann es auch schon sehr helfen, den Hund einfach genau zu beobachten.

    Er zeigt in der Regel an, wenn er was Interessantes gefunden hat, und muss exakt in diesem Zeitpunkt abgerufen werden.

    Hast Du ihn schon ein wenig beobachtet? Erkennst Du, wenn er was "in der Nase hat"?

    Wenn er weg ist, hast Du ihn dann immer noch in Sichtweite?

    Edit: Conny, Du kannst ihn auch ignorieren, wenn Du Dich unwohl fühlst bei dem Gedanken, ihn zu loben. Aber der Hund bezieht alle Aktivitäten auf ein Zeitfenster von 2 bis 3 Sekunden vor dem Lob/der Strafe - und entsprechend kann er etwas zuordnen oder eben nicht.

    Das Anzeigen kann man aufbauen, das ist aber sehr schwierig, weil ein Hund, der etwas häufiger gejagt hat (wobei ich einen Hund, der 30 Sekunden weg ist, nicht darunter subsumieren würde), oft eben weiss, dass es nichts bringt, anzuzeigen, weil es für ihn selbst viel vorteilhafter ist, direkt hinterher zu gehen.

    Deshalb muss das ja in der Regel mit AJT aufgebaut werden, was langwierig ist, aber dann auch eher zu gefestigten Ergebnissen führt.

  • Hallo dusaro,

    ich erkenne inzwischen gut, wenn er etwas in der Nase hat. Das Anzeigen belohne ich dann auch direkt. Hat zwar bei mir etwas gedauert, bis ich es erkannte, aber man ist ja lernfähig :D
    Weißt Du, es war für mich eine ganz neue Situation und der musste ich mich ersteinmal stellen.

    Mit der Superschlachtruf oder Superpfiff arbeite ich auch, sogar mit Erfolg.

    Sichtweite....na ja, da ich direkt schnell weglaufe, kann ich das nicht genau sagen, denke aber, er bleibt in Sichweite, denn sonst wäre er nicht so schnell bei mir.

    Das Buch von Clarissa Reinhard werde ich mir besorgen.

    Ist es ein großer Unterschied zu dem von Pia Gröning?

    Grüße
    Conny

  • Die Herangehensweise ist etwas anders.

    Das von Clarissa von Reinhardt ist (sinnigerweise) recht Animal Learn-geprägt, und ich persönlich (aber eben nur meine Ansicht) denke, dass man damit nur einem eher geringen Teil der unerwünscht jagenden Hunde begegnen kann.

    Andererseits, bei Deinem Hund (soweit ich das beurteilen kann, aber was Du schreibst, spricht sehr dafür) kann man eigentlich erst in Ansätzen von einem Jagdproblem sprechen, noch (mit Betonung auf noch, das kann sich auch irgendwann ändern, von daher ist Prävention sinnvoll) ist das eher ein Gehorsamsproblem und da ist sicher auch CvR´s Buch gut.

    Ich persönlich würde bei einem ernsthaften Jagdproblem (Hund verabschiedet sich auch schon mal für ein paar Stunden) auf jeden Fall eher zu Gröning/Ullrich raten.

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