Tierschutzgesetz vs. Vibrissen kürzen

  • Aber die Art der Argumentation von vielen Haltern ist dieselbe. "Mein Hund ist fit/freiatmend/hat keine Probleme etc.", also ist eine kurze Schnauze kein Problem. Und das gleiche sagen hier teilweise Halter von Hunden mit gekürzten Vibrissen

    Es gibt doch auch glücklicherweise genug Menschen, die sich zB für eine Kürzung des Gaumensegels oder Öffnung der stenotischen Nasenlöcher entscheiden. Chirurgisch ist da ja je nach Tier einiges machbar. Spricht man mit diesen Menschen, dann hört man schon, dass das Tier nach der OP weniger schnarcht, fitter ist, länger durchhält, mehr Spaß beim Spazierengehen hat und solche Argumente. Es müsste auch messbar sein, Belastungstest, Sauerstoffkonzentration im Blut usw. Solche Tests laufen in Bezug auf Brachys schon längst, wie wir wissen. Sollen auch noch erweitert werden auf Boxer zb.


    Hier gibt's genug Leute, die ihren Hunden einen Bart wachsen lassen und dann wieder vollkommen abrasieren. Das ist ja kein chirurgischer Eingriff... Und die merken eben keinen Unterschied im Verhalten oder Belastung, egal wie lang oder kurz der ist. Das ist doch schon auffällig.

  • Das ist doch schon auffällig.

    Oder mit immer noch eingeschränkten Vibrissen zu erklären, wie unter Fell begraben, verformt, abgestumpft vom jahrenlangen scheren oder ähnlichem. Oder es sind einfach "nur" minimale Einschränkungen die für den Menschen kaum bis nicht sichtbar sind. Ohne Studie werden wir das nicht wissen...

    Und glaub mir, ich selbst würde mir wünschen es gibt keine Nachteile. Im Moment sind das aber nur Vermutungen, kein Wissen.



    Ironie Fun Fact: bei der Rassewahl damals war mir dieses Problem tatsächlich nicht bewusst. Nach der Erfahrung mit meiner Kurznase (erwachsener Tierschutzhund mit relativ viel Nase, aber trotzdem deutlichen Beeinträchtigungen), war es mir besonders wichtig eine wirklich gesunde, fitte Rasse zu wählen. Und jetzt habe ich nach aktueller Rechtslage hier 2 Qualzuchthunde sitzen :tropf:

  • Ich hatte mal ein Gerichtsurteil aus Österreich dazu verlinkt. Also doch, auch durch Richter.

    bitte entschuldige aber die Tierschutzhundeverordnung ist eine deutsche Verordnung. Österreischiche Richter haben da wohl wenig zu sagen


    Auch in Deutschland hat es bzgl. Vibrissen schon Urteile gegeben.

    Nicht bei Pudeln, aber bei Nacktkatzen.


    Das ist gehüpft wie gesprungen :ka:

    Wir stehen ja gerade erst "am Anfang".

    Ich gebe euch aber Recht, dass es schon extrem interessant wäre, wie so ein Fall ausgehen würde.


    Aber auch etwas globaler gesehen, ist das Entfernen von Tasthaaren eben kein Kavaliersdelikt, sondern z.B. jetzt auch international bei der FEI bei Pferden verboten.


    Auch dort wird so argumentiert:

    Zitat

    – denn das Verbot des Clippens besteht in Deutschland bereits seit fast 20 Jahren und basiert auf dem Tierschutzgesetz 1998, in dem es unter § 6 heißt: „Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres." Diese allgemeine Bestimmung – in der das Clippen nicht explizit genannt wird – verlangte natürlich nach einer genaueren Auslegung und Interpretation, und die folgte noch im gleichen Jahr durch ein Merkblatt der ,Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz' (TVT).

    https://www.propferd.at/main.a…kat1=96&kat2=643&NID=6512




    Doch, ein funktioneller Teil des Sinnesorgans wird entfernt.

    Wenn bewiesen wird das Haare selbst elektrische Impulse weiter leiten können, geb ich dir Recht.

    Da muss man verstehen, wie Rezeptoren funktionieren. Das Haar an sich nimmt den Reiz auf und leitet ihn dann (mechanisch) an die blutgefüllten Sinusräume im Follikel weiter, die leiten den Reiz wiederum an die angeschlossenen Nervenbündel weiter und von dort geht es dann ins Rückenmark hoch ins Gehirn, wo der Reiz verarbeitet wird und ggf. zu einer Reaktion/Verhaltensanpassung führt.


    Das Entfernen des Haares an sich verursacht zwar keinen Schmerz, weil das Haar selbst keinen Nerv enthält, aber die vollständige Funktion des Tasthaares ist eben nicht mehr gegeben, da sozusagen der sensorische Anteil des Organs ja gekappt ist. Es findet also keine Reizaufnahme mehr statt.





    Ja. Das wäre schon sehr ... pikant, wenn man dieses Fass aufmachen will. Das würde dann ja im Endeffekt bedeuten, dass man all diese Rassen verbieten müsste, wenn man den Faden konsequent zuende spinnt (und da sind wir wieder bei der Gretchenfrage, wo eben die Grenzen liegen, die "noch ok" oder "nicht ok" sind).

    Mein Anliegen ist das ganz sicher nicht und ich glaub das will wirklich keiner.


    Ich - ganz persönlich - würde mich ja eher dafür einsetzen, dass man Vibrissen bei entsprechenden Felltypen nicht raspelkurz machen darf, aber ein "moderates Einkürzen" wegen medizinischen und hygienischen Standards erlaubt bleibt. Das würde genug Spielraum geben und wäre irgendwo ein guter Kompromiss, wo es für die Bartrassen keinen echten Unterschied zu vorher gibt und die Pudel müsste man halt etwas länger lassen. Keine Ahnung ob das Sinn macht und wie man das gesetzlich wirklich begründen könnte.


    Aber auch da, ich entscheide das nicht und vermutlich braucht es dazu mal ein paar engagierte Köpfe, die sich da zusammentun und da mal was auf die Beine stellen, zwecks Studie.


    Der große Unterschied, den ich bei Hunden zu anderen Tierarten sehe, ist die große Varianz in der Fellbeschaffenheit. Das wäre halt schon gut, wenn man da etwas hätte, was darauf Bezug nimmt.



    Leider sind die Halter ja bei einigen Rassen nicht in der Lage objektiv einzuschätzen, wie es ihren Hunden wirklich geht, siehe BOAS. Deswegen ist der Besitzer wohl der schlechteste Parameter, auch wenn ich dich als Hundehalter da selbstverständlich zu 100 Prozent verstehe.


    Das war ja auch eine Argumentation, die bei den Nacktkatzen komplett durchgefallen ist.

  • Wir reden bei der Vibrissensache auch nicht von Qualzucht. Das ist mWn rein mit dem Kupierverbot/dem Verbot bzgl. entfernen von Sinnesorganen begruendet.

    Ja doch, weil wenn ja zb durch Bärte oder Kraushaar die Funktion der Vibrissen eingeschränkt ist, kann das dann ja genauso Qual bedeuten wie das Kürzen oder ganz abschneiden. Weiß halt nur niemand.

    Es geht bei dem Verbot aber nicht um QZ. Noch nicht.

    Das Verbot wird anders begruendet.

  • Auch in Deutschland hat es bzgl. Vibrissen schon Urteile gegeben.

    Nicht bei Pudeln, aber bei Nacktkatzen.

    dieses Urteil bezog sich darauf dass diese Katzen ohne Tasthaare geboren werden. Es ging nicht ums Kürzen. Nein ich werde das urteil hier nicht raussuchen. Dazu fehlt mir einfach die Lust aber man kann es ergoogeln

  • Auch in Deutschland hat es bzgl. Vibrissen schon Urteile gegeben.

    Nicht bei Pudeln, aber bei Nacktkatzen.

    dieses Urteil bezog sich darauf dass diese Katzen ohne Tasthaare geboren werden. Es ging nicht ums Kürzen. Nein ich werde das urteil hier nicht raussuchen. Dazu fehlt mir einfach die Lust aber man kann es ergoogeln


    Voila

    https://openjur.de/u/969849.html


    Im Endeffekt ist es aber das Gleiche, wenn du ohne Tasthaare geboren wirst, oder sie dir jemand abschneidet - am Ende fehlen sie und können ihre Funktion nicht erfüllen.

  • Das Sinnesorgan wird nicht entfernt. Soll ich meinem Hund jetzt Haare in die Augen wachsen lassen, weil es sich falsch anfühlt, sie abzuschneiden?

    Nein, natürlich nicht. Das habe ich hier doch extra geschrieben:

    Wenn es medizinisch notwendig ist, die Vibrissen zu kürzen, sollte das natürlich weiter erlaubt bleiben. Aber ist es ja auch, oder? Es sind ja auch Amputationen mit medizinischer Indikation erlaubt.

    Gut, das würde ich nicht als medizinischen, sondern als pflegerischen Grund betrachten. Ein medizinischer Grund wäre bspw. die Entfernung zur Versorgung einer Wunde, eines Geschwürs etc.


    Und von der reinen Praktikabilität her: Wenn ich sage, aus meiner persönlichen Einschätzung heraus ist es zwingend erforderlich, jetzt zu kürzen, dabei so und so viel Millimeter stehen zu lassen, dann habe ich dafür nur mein „Bauchgefühl“ - da sind wir wieder beim Thema, dass ich als Halter nie sicher sein kann, ob mein Bauchgefühl nun von blinden Flecken diktiert wird oder nicht. Andererseits halte ich es auch für unpraktikabel und außerdem völlig unfair, diese Entscheidung an meine Tierärztin auszulagern, die hat ja auch nicht viel mehr an objektiver Grundlage und kann sich bestimmt Sinnvolleres vorstellen, als darüber mit ihren Patientenbesitzern zu diskutieren.


    So lange da nicht nachgelegt wird, bleibt mir halt nix Anderes, als die Verordnung so auszulegen, wie ich es für sinnvoll und richtig für mein Tier halte. Und damit - so hier der ja mittlerweile inflationär geäußerte Vorwurf - letztlich genau zu argumentieren und handeln wie „andere Qualzuchthalter.“


    Also zu tun, was ich für richtig halte, auf inhaltliche Diskussion bestmöglich einzugehen, wenn das wegen der Mentalität des Anderen aber nicht möglich ist, Stänkerei, Vorurteile oder boshafte Anwürfe so gut wie möglich zu ignorieren. Umso mehr, wenn mir sämtliche Wahrnehmung sagt, dass ich hier einen fitten, kerngesunden, fröhlichen und ausgelassenen Junghund sitzen habe, der motorisch geschickter ist als jeder Hund, den ich bisher besessen habe und der sich im hier angebotenen Leben rundherum einfügt und sich pudelwohl dabei fühlt.


    Und befinde mich damit im gleichen gedanklichen Kosmos wie jeder „andere Qualzuchthalter.“ :ugly: Nice. Sag mur die Alternative. Ich wäre glücklich, Eine zu haben. So lange die meinem Hund nicht schadet.

  • Phonhaus - du ziehst dir hier völlig unnötig einen Schuh an, der dir gar nicht passt.

    Ernst gemeint: Dankeschön. Ich wünschte, das wäre so … Ehrlich. Ich verstehe Deine Beiträge auch nicht als Vorwurf oder so. Für mich ist das ein Schuh, den ich mir als Besitzer eines Hunds einer Rasse, bei der mMn gekürzt werden sollte (und der auch nicht ernsthaft daran denkt, das nicht mehr zu tun, schon gar nicht bei Backen und Augen) anziehen muss. Eben genau um nicht in die selige Ignoranz etwaiger Qualzuchtmerkmale oder tierschutzrelevanter Handlungen zu verfallen, die leider immer noch recht weit verbreitet ist.


    Das TSchG und die TSchHVO sind mir wichtig. Ich bin seit mittlerweile fast 36 Jahren Vegetarier (mit Unterbrechungen), lebe bei Tierprodukten zu 80% selbst Bio und versuche, teils gegen männlichen Widerstand, das auch so gut wie es geht in die Hundeernährung umzusetzen. Ich will die Anforderungen aus diesen Verordnungen nicht behandeln, wie andere Leuts die StVO und sie mur so zurechtlegen, wie es mir gerade passt. Deshalb triggert es mich so, dass für mich hier theoretische Diskussion und Alltagserfahrung und Praxis so auseinanderfallen.

  • Dann müsste auch kupierte Rute und angeboren verkürzte Rute das gleiche sein bzw gleich behandelt werden, oder?

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