Hund total entspannt zuhause bei Besuch, draußen aber sehr unsicher und bellend

  • Hallo zusammen,


    wir haben als Laien seit wenigen Wochen einen 3 Jahre alten DK-Labrador-Rüden. Er kommt aus der Türkei, viel mehr ist aber nicht bekannt. Er soll kein Straßenhund sein, wird aber auch nicht als Jagdhund gehalten worden sein.

    Bei der Abholung in der „Auffangstation/Vermittlung“ war er der einzige Hund, der uns nicht angebellt hat. Er hat uns freudig begrüßt und reihum Streicheleinheiten abgeholt. Auch zuhause angekommen war er von Anfang an sehr zutraulich, wirft sich gerne auf den Rücken und lässt sich kraulen und hört immerhin auf seinen Namen und macht Sitz (was vorher nicht so war).


    Wenn Besuch kommt, erhebt er sich ganz gemächlich von seinem Platz und begrüßt den für ihn neuen Besuch freundlich und ist auch hier sehr zutraulich.


    Nur wenn es dann nach draußen geht, ist er auf einmal ein ganz anderer Hund. Er kann es dann kaum abwarten, wird an der Haustür ungeduldig (wir gehen morgens und abends mit der Führleine, mittags ausgiebiger mit der Schleppleine in der Natur Gassi, insgesamt ca. 2 Stunden pro Tag) und zieht stark an der Leine (Führ- und Schleppleine). Wenn man stehen bleibt, lässt er irgendwann locker und kommt unaufgefordert her. Nur auf dem Rückweg lässt er dann locker und gibt nicht mehr das Tempo vor.
    Ansonsten ist er von allem möglichen abgelenkt, nimmt Fährten auf und hört dann kaum noch auf Kommandos.


    Das größere „Problem“ ist aber, dass er draußen auf Menschen und vielmehr Hunde lautstark bellend reagiert. Es fängt schon beim Blick von Weitem mit einem Winseln an, geht dann in ein Knurren über und endet in sehr lautem Bellen, teilweise fast sogar schon ein wolfähnliches Heulen.
    Wenn nur Menschen ohne Hunde entgegenkommen, geht es manchmal sogar ganz ohne Reaktion des Hundes. Das dann aber eher auf dem Rückweg, wenn er wie bereits gesagt sowieso entspannter ist.


    Das schlimmste Ereignis war, als direkt neben uns eine Frau mit einem Hund entgegenkam, welcher sich aber völlig ruhig verhalten hat. Dann hat er nach aggressivem Bellen, als er gemerkt hat, dass ich die Leine nicht locker lasse, wie ein Hase Haken in der Luft geschlagen und war total neben der Spur, ist auch zuhause rumgerannt, als hätte er Tollwut, bis es sich nach einigen Minuten Zuneigung unsererseits beruhigt hat.

    Generell kommt man bei diesen Begegnungen ja fast zwangsläufig ins Gespräch, weshalb der Hund doch merken müsste, dass da kein Feind steht. Wir (wir teilen uns das Gassi-Gehen auf, in der Regel geht immer nur ein Familienmitglied mit ihm) versuchen immer, ruhig zu bleiben und beruhigend auf ihn einzureden, wenn wir merken, dass es ihm nicht ganz geheuer ist, damit er von vornerein gar nicht erst „aggressiv“ wird. Das klappt nur leider nicht.


    Die Dame in der Hundeschule meinte, wir sollten den Kontakt mit Mitmenschen und -Hunden meiden. Ich als Laie denke aber, dass das der kontraproduktive Weg ist, da er sich ja dann nie daran gewöhnt und man „Konfrontationen“ nicht immer aus dem Weg gehen kann.

    Dort versteht er sich gut mit anderen Hunden, auch in der Vermittlungsstelle war er scheinbar zwar nicht das Alpha-Männchen, hat sich aber auch nicht kleinkriegen lassen. Auch bei Freunden versteht er sich sehr gut mit den Hunden und zeigt richtig Freude.


    Warum verhält er sich dann auf der Straße / in der Natur so? Hat er Angst, zeigt er Interesse oder ist er aggressiv und will seinen Platz verteidigen, was ich eher nicht denke?


    Falls jemand einen Rat hat, wäre ich sehr dankbar. Danke auch vorab für das Lesen des langen Textes :)

  • Der Hund ist unsicher und Leinenpöbler/leinenaggressiv. Eure Trainerin hat Recht - meidet erstmal jegliche Hunde- und Menschenbegegnungen.

    Weicht großräumig aus, indem ihr bogenförmig um den entgegenkommenden Menschen (mit oder ohne Hund) lauft. Damit meine ich nicht nur 2-3 m Abstand, sondern 10-15 m, evtl. sogar noch mehr Abstand. Besser ist es, einfach einen anderen Weg einzuschlagen, wenn ihr den Raum zum Bogenlaufen nicht habt.

    Wenn weder Bogenlaufen noch abbiehen möglich ist, nehmt den Hund auf die dem Entgegenkommenden abgewandte Seite und die Leine kurz. Blick gerade aus, mit selbstsicherem Schritt zielstrebig weitergehen, gar nicht groß auf das Getöse eures Hundes eingehen. Augen zu und durch quasi.


    Hintergrund des ganzen:

    Euer Hund hat bei solchen Begegnungen offensichtlich Stress. Und unter Stress kann man schlecht lernen. Also müsst ihr erstmal dafür sorgen, dass der Hund "runterfahren" und sich vom Stress erholen kann. Das erreicht ihr, indem ihr andere Hunde und Menschen meidet. Erst dann könnt ihr schrittweise! am eigentlichen Problem arbeiten. Da gibts verschiedene Möglichkeiten...

    Als absoluter Laie würde ich mir aber definitiv die Hilfe eines Hundetrainers suchen. Nehmt Einzelstunden, die üblichen Gruppeneinheiten sind eher noch mehr Stress on top und das könnt ihr gar nicht gebrauchen.


    Rechne aber damit, dass es unter Umständen Monate bis Jahre dauern kann, dieses Verhalten zu ändern.


    Außerdem solltet ihr bedenken, dass ein Deutsch Kurzhaar ein Jagdhund ist. Der findet Fährten und Co logischerweise ziemlich geil ... da isses dann kein Wunder, dass der sich damit ins Nirvana schießt, wenn er nie gelernt hat, damit umzugehen (was ich angesichts der Schilderung mal vermute). Abgesehen davon...n DK-Mix in/aus der Türkei? Sicher? Habt ihr ein Foto von dem Hund?


    Wie zeigt er denn außerdem die "Freude" über andere Hunde und Besucher bei euch?

    Ich kann mir vorstellen, dass er in der Situation überfordert ist und ihr seine Aufregung als "Freude" fehlinterpretiert. Kommt er gut zur Ruhe, auch wenn Besuch anwesend ist?

  • Hi,


    zuerst bin ich über die Rassemix- Beschreibung gestolpert- DK- Labrador aus der Türkei? Hmmmm.... :denker: hat das die vermittelnde Stelle dir so gesagt? Mich persönlich, ich gebe es zu, würde ja ein Photo des Hübschen sehr reizen :sweet: (einfach extern über einen Bilderhost hochladen und dann hier verlinken).


    Dann zu dem Verhalten bei Hundesichtung, es kann sich um extreme Aufregung handeln, manche Hunde "singen" dann richtig vor extremem Stress, den sie in Erwartung des Kontakts haben. Aggression zeigt sich eher durch Fixieren, sich steif machen und staksendem Gang, ein böses Bellen oder knurren und fletschen.


    Ich würde mit so einem Hund erstmal die Grundlagen üben, die daraus bestehen, dass der Hund sich auf mich konzentriert und achtet und der Rückruf sitzt. Bis er auch mit Fährte in der Nase (wenn der DK stimmt, wird er eher die Nase am Boden oder in der Luft haben als den Kopf bei dir) auf einen Rückruf hört, würde ich ihn nicht ohne Leine laufen lassen.


    Das Thema Hundekontakt kann man später angehen, wenn euer Verhältnis sich gefestigt hat und ihr euch besser kennt.

    Ihr habt den Hund erst ein paar Wochen, d.h. ihr kennt noch nicht alle Facetten seiner Persönlichkeit.


    Später kann man mit einem Schau- Signal und Belohnung arbeiten, ausweichen, Bögen laufen um andere Hunde, von einem Trainer moderierte Hundebegegnungen. Aber das ist man noch Zukunftsmusik. Bis dahin gilt vermeiden und aus dem Weg gehen, soweit möglich.


    Grundsätzlich nur: Es gibt Hunde, die haben einfach keinen Bock auf andere Hunde. Manche sind zb territorial oder bewachen tatsächlich ihre Leute. Andere haben schlechte Erfahrungen gemacht und mögen deshalb keine anderen Hunde. Rüden sind vielleicht mit anderen Rüden unverträglich (gibts auch bei Hündinnen). Und andere schaukeln sich im Adrenalinüberschuss hoch und kennen kein Halten mehr, wenn sie einen anderen Hund sehen und sind dann einfach komplett out of order, aber nicht aggressiv. Dann dringt man schlecht durch zum Hund und kann u.U. erstmal nur managen.


    Es gibt ganz verschiedene Konstellationen und Gründe für das Verhalten eures Hundes bei Hundesichtung. Vielleicht kannst du mal filmen und dann über YT hochladen und hier verlinken?


    Grüße vom Frechdax :winken:


    Edit: und weil um einen DK geht... rufe ich mal ganz frech hasilein75 :mrgreen-dance:

  • Danke für den ausführlichen Rat, Karpatenköter . Das hört sich auf jeden Fall alles einleuchtend an.


    Zu den Fragen: „Freude“ beim Besuch ist vielleicht etwas zu viel gesagt. Er beschnuppert den Besuch erst mal ganz ruhig und hält sich dann auch erst mal eine Weile beim Besuch auf. Also Freude wäre eventuell zu viel gesagt, aber er ist definitiv auch nicht überfordert. „Interesse“ trifft es da wohl eher. Wenn er seine Ruhe haben will, dann hat er ganz bestimmte abgelegene Plätze, an denen er sich dann hinlegt.
    Zum genauen Umgang mit anderen Hunden müsste ich auch mal nachfragen, da war ich nicht dabei. Ich habe mir nur begeistert erzählen lassen, dass er sich im großen Garten von Freunden mit der Hündin dort beim Herumtollen sichtbar vergnügt hat, die beiden dann aber später auch nebeneinander entspannt eine Weile gelegen haben.

    Ähnlich muss es bei anderen Freunden / bei einem anderen Hund gewesen sein. Zum Verhalten in der Hundeschule kann ich leider auch nicht mehr sagen. Man merkt schon, dass es leider nicht sehr einfach ist, wenn wir alle Laien sind, mein Bruder und ich zwar ausgezogen sind, momentan aber doch sehr oft daheim bei den Eltern und dem Hund sind. Das macht die Erziehung wahrscheinlich nicht unbedingt einfacher.


    Haben nicht wirklich eindeutige Infos zum Hund bekommen. Laut Papieren kommt er definitiv aus der Türkei. Ich hänge mal Bilder an.



  • dass er sich im großen Garten von Freunden mit der Hündin dort beim Herumtollen sichtbar vergnügt hat, die beiden dann aber später auch nebeneinander entspannt eine Weile gelegen haben.

    Ähnlich muss es bei anderen Freunden / bei einem anderen Hund gewesen sein.

    Hat der Hund denn auch schonmal Kontakt zu anderen Hunden, ohne Leine?

    Hab irgendwie nicht das Gefühl, daß er aggressiv ist, sondern evtl. spielen will.


    Weil das hier:

    wie ein Hase Haken in der Luft geschlagen und war total neben der Spur, ist auch zuhause rumgerannt, als hätte er Tollwut,

  • Danke auch für deine hilfreiche Antwort, DerFrechdax . Ich muss mir das morgen in Ruhe nochmal durchlesen und dann auch mit der restlichen Family besprechen :-)

    Die Bilder habe ich hochgeladen. Zumindest im türkischen Ausweis ist er so eingetragen. Der Labrador war eher eine Vermutung der Vermittlerin, da er mit Sicherheit kein reinrassiger Deutsch Kurzhaar ist und Labrador am nähsten kommt. Würde mich jetzt aber nicht wundern, wenn ich hier nun über die richtige Rasse bzw. den richtigen Mix aufgeklärt werde ;-)

  • Nein, ansonsten bisher nicht. Ich kann mir auch wirklich nicht vorstellen, dass er aggressiv ist. Von der Leine können wir ihn ansonsten nicht nehmen und wir sind uns auch unsicher, ob wir ihn näher an fremde Hunde ranlassen sollen. Auch wenn er tatsächlich nur spielen will, kann man ihn ja nicht einfach so auf andere Hunde loslassen. Wir hatten uns überlegt, dass wir ihn in der Hundeschule und bei besagten Freunden schonend und langsam an andere Hunde gewöhnen wollen. Nur reagiert er ja nicht nur auf andere Hunde, sondern auch auf Personen. Er ist sehr wachsam (darf ein Jagdhund ja durchaus sein) und reagiert in unserer ruhigen Wohngegend auf jedes weit entfernte Bellen, sich öffnende Haustüren oder sich laut unterhaltende Personen.

  • Hat der Hund denn auch schonmal Kontakt zu anderen Hunden, ohne Leine?

    Hab irgendwie nicht das Gefühl, daß er aggressiv ist, sondern evtl. spielen will.


    Weil das hier:

    Nein, ansonsten bisher nicht. Ich kann mir auch wirklich nicht vorstellen, dass er aggressiv ist. Von der Leine können wir ihn ansonsten nicht nehmen und wir sind uns auch unsicher, ob wir ihn näher an fremde Hunde ranlassen sollen. Auch wenn er tatsächlich nur spielen will, kann man ihn ja nicht einfach so auf andere Hunde loslassen. Wir hatten uns überlegt, dass wir ihn in der Hundeschule und bei besagten Freunden schonend und langsam an andere Hunde gewöhnen wollen. Nur reagiert er ja nicht nur auf andere Hunde, sondern auch auf Personen. Er ist sehr wachsam (darf ein Jagdhund ja durchaus sein) und reagiert in unserer ruhigen Wohngegend auf jedes weit entfernte Bellen, sich öffnende Haustüren oder sich laut unterhaltende Personen.

    Da ich den Beitrag leider nicht editieren kann: „aufmerksam“ trifft es eher als wachsam. Er nimmt sehr viele Eindrücke (wie die beschriebenen) auf. Im Haus ist er hingegen total entspannt. Nur wenn er aus dem Fenster Fußgänger sieht kann es sein, dass er bellt.

  • Bzgl. Rasse


    Pointer zb dürft es in der Türkei häufiger geben. (Haben ja sogar ne eigene Pointerrasse. Catalburun Mix is er aber eher nicht. Die gespaltene Nase würd wohl auch bei Mixen immer mal auftauchen oder der markantere Schädel)

  • Warum verhält er sich dann auf der Straße / in der Natur so? Hat er Angst, zeigt er Interesse oder ist er aggressiv und will seinen Platz verteidigen, was ich eher nicht denke?

    Ich denke, dass er das schlichtweg nie gelernt hat. Der hat sich in seinem ihm bekannten Umfeld aufgehalten und gut war. Gassi wird der nicht gegangen sein. Der kennt das nicht.

    wir haben als Laien seit wenigen Wochen einen 3 Jahre alten DK-Labrador-Rüden.

    Definiere wenige Wochen mal genauer. Bei dem Pensum vermute ich mal, dass Ihr es etwas zu schnell habt angehen lassen. Ein so reizempfänglicher Hund wie ein Jagdhund (und den sieht man ihm in der Tat deutlich an) muss langsam und in sinnvollen Schritten (das scheint Deine Hundeschule nicht leisten zu können) an das Leben da draußen gewöhnt werden. Der ist vermutlich einfach komplett überfordert mit der Situation.

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