Zum Thema "Rudelführer und Rudel"

  • Ich sehe das Ganze so, dass manche Begriffe in der Hundeszene extrem negativ besetzt sind.
    Größtenteils hat es mit der Vergangenheit zu tun, in der es oftmals vorkam, seinen Hund zu brechen (was in meinen Augen jedoch rohe Gewalt ist) und welche den Begriff "Dominanz" bekam. Dominant war daher jemand, der seinen Hund verdreschte, ihn körperlich züchtigte, bzw einordnete, mit roher Gewalt am Tier. (schlagen, treten, etc).
    Gewalt hat jedoch- zumindest in meinen Augen- nichts mit Dominanz zu tun.


    Bei Wiki steht folgendes über Dominanz: "Individuum A schränkt die Rechte und Freiheiten von Individuum B ein und gesteht sich selber diese Rechte und Freiheiten zu, was von B akzeptiert wird. Dominanz ist immer beziehungsspezifisch und ist zeit- und situationsabhängig."


    Mal angenommen, ich bin Individuum A und schränke meinen Hund in einer bestimmten Situation ein, dass er den Hasen oder das Reh nicht jagen darf oder keinem Radfahrer vor die Füße läuft. Ich agiere in diesem Augenblick dominant gegenüber meinem Hund, weil ich ihn mitteile: "Stop, es wird nicht gejagt!". Der Hund bricht schließlich das ab, was ihm gerade interessiert hat und ich habe mich bei ihm durchgesetzt. Danach ist ja wieder alles offen.



    Genauso agieren meine Hunde: Meine Hündin "ruft" mich über Blickkontakt und ihrer Körpersprache zu mir, um mich auf etwas aufmerksam zu machen, oder um mir mitzuteilen, dass ich anhalten soll. Ich reagiere auf ihre Gestik und schaue nach, worum es ihr geht. Oder mein Rüde formuliert mir gegenüber ein unmissverständliches "Stop" - in beiden Fällen haben meine Hunde mein Verhalten beeinflusst, anderes was ich vorhatte, haben sie abgebrochen bzw unterbunden und waren in den Situationen dominant.



    Unter den Hunden gibt mal der Eine nach und dann der Andere.



    Ich würde mich nicht an Begrifflichkeiten "aufhängen". Für das Wort "Dominanz" könnte man jetzt auch andere Wörter verwenden.




    Und dann ist es so, dass wir mit unseren Hunden kein Rudel bilden, weshalb der Begriff "Rudelführer" plötzlich verpöhnt ist. (Das kam schleichend in die Hundeszene und plötzlich muss es jeder jedem auf die Nase binden, das wir mit unseren Hunden in einer Gruppe mit Familienanschluss leben und niemals ein Rudel bilden, weil wir nicht artverwandt sind).


    Meine Meinung dazu:


    Unseren Hunden ist es piepegal, welche Bezeichnung wir für etwas haben. Sie leben einfach im Hier und Jetzt.
    Und das mag ich an unseren Vierbeinern so gerne!

  • Zum letzten Satz: Amen :bindafür:


    Interessant fände ich es hier mal, die Erfahrungen von Leuten zu hören, deren Hunde andere Jobs als reiner Sozialpartner zu sein haben. Meine Hunde sind rein zur Gesellschaft bei uns.


    Könnte mir vorstellen, dass gemeinsame Arbeit mit auf ein ganz bestimmtes Ziel ausgerichteter fester Aufgabenverteilung nochmal andere Gesichtspunkte liefert.

  • Also mich nervt mittlerweile der gehobene Zeigefinger, wenn irgendwer mal den Begriff Rudelführer, Rangordnung, Dominanz... in den Mund nimmt.

    Mich nervt es auch. Aber irgendwie machen Hunde Unterschiede, bei den Menschen, die sie führen.
    Wie läßt es sich sonst erklären, daß ein Hund, der sonst perfekt hört und super bei Fuß läuft, dieses bei anderen Familienmitgliedern nicht macht? Dort benimmt er sich, als wäre er ein anderer Hund.
    Das hängt meiner Meinung damit zusammen, daß er gewisse Menschen mehr respektiert und ihnen gehorsamer folgt. Wahrscheinlich, weil diese eine Person bessere Führungsqualitäten hat? Also Rudelführer ist. :D

  • Um noch mal den verbotenen Vergleich mit Kindern zu bringen. Viele, die zu Hause massiv unter Druck gesetzt werden und kuschen, lassen das an anderer Stelle wieder raus. Nur weil ein Lebewesen bei einer Person "funktioniert", heißt das nicht, dass man alles richtig gemacht hast. ( Und ich unterstelle hier niemandem etwas, nicht, dass ich falsch verstanden werde).

  • Also mich nervt mittlerweile der gehobene Zeigefinger, wenn irgendwer mal den Begriff Rudelführer, Rangordnung, Dominanz... in den Mund nimmt.

    Mich auch, weil die Begriffe ständig zu Missverständnissen führen. Zwischen Menschen und Menschen und zwischen Menschen und Hunden ...

  • Naja - ich differenziere da echt nicht zwischen. „Real-Life-Sprache“ und „Erklärungsansätzen“. Ist für mich eins: Sprache.

    Das ist auch richtig so. Und solche Begrifflichkeiten sind nicht für die Hunde-Szene reserviert. Haben alle ihre Bedeutung, unabhängig davon, wer sie wann für welche Theorie benutzt oder ob sie gar missbraucht wurden.


    Stell Dir vor, bei jeder Theorie, die sich als falsch herausstellt und bei jedem Missbrauch, müsse man sich neue Begrifflichkeiten einfallen lassen und das auch noch für alle Fachrichtungen. Und hätten wir das immer so gemacht ... dabei fallen mir aber Begrifflichkeiten ein, die haben noch ein ganz anderes Gschmäckle .. jupp, auch solche, die man hier ganz unbescholten benutzt ...


    Also mich nervt mittlerweile der gehobene Zeigefinger, wenn irgendwer mal den Begriff Rudelführer, Rangordnung, Dominanz... in den Mund nimmt

    Mich auch. Und dieser getriggerte Zeigefinger ist für mich auch ein Form von Dogma. Man glaubt, wenn man den Worten ausweicht, wäre etwas gewonnen? Kann mir überhaupt wer erklären, was damit denn gewonnen werden könnte?


    Fast schon so, als seien die Worte dafür verantwortlich und nicht die besagten Theorien um die es eigentlich geht (und wir wissen doch hier alle, was gemeint ist).


    Aber jene, die diese Theorien niederschrieben, haben die Begriffe doch nicht neu erfunden (soweit mir bekannt nicht ein einziges Wort davon), sondern sie einfach nur benutzt (soll schon mal passieren, beim geschriebenen oder gesprochen Wort, das man die Worte benutzt, die der Sprachraum zulässt. Welche sonst?).

    Zitate aus Studien?

    Also Wissenschaft kann sich mit neuen Begrifflichkeiten oder der Vermeidung einzelner Begriffe schon mal nicht aufhalten, das ist nicht praktikabel (für die eigene Fachrichtung nicht und auch nicht für die der anderen, die ebenfalls davon berührt werden würden ... klar, wir können auch alle Werke einstampfen und neu ... wg. der paar bekannten Kynologen? Kynologie ist nicht einmal ... lassen wir das ...).


    Das haben selbst solche Verhaltensforscher mittlerweile eingesehen, die sich einst an der Begriffsverdammung beteiligten (oder das vll. gar initiierten). Denn sie bauen ihre Theorien wieder auf andere Theorien auf, ziehen Referenzen und Zitate ... und schwupps, däh, das sind sie schon wieder, diese Begriffe (so ein Mist abba auch ...).


    Und ob draussen auf'm Dorf oder schriftlich im Forum oder in sonstigen Niederschriften. Man will verstanden werden und zwar nicht nur mit Begrifflichkeiten/Schlagworten, sondern auch die dahinter liegende These.


    Und ich kenne keinen einzigen Beitrag der das nur per "Rudelführer, Rangordnung, Dominanz ..." etc. getan hätte. Nein, nein, das wird noch weiter beschrieben, erklärt und wenn man Glück hat, bemüht man sich auch noch um eine Begründung. Das muss man nicht einmal selbst alles formulieren, das kann auch prima ein Link erledigen (so, wie das auch passiert ist hier).


    Es muss mir erst mal jemand einen Beitrag verlinken, der sich auf diese Begrifflichkeiten begrenzt hat, ohne eine These/Meinung zu formulieren (also weitere, beschreibende Details hinzugefügt hätte). Also ich hab keinen gesehen (und ich hab die Threads auch gelesen).


    Also davon abgesehen, dass man recht flott mit der Tür ins Haus gefallen ist, in den besagten Threads. Zwar wenig eigene Worte, dafür aber ein Link. Und in diesem Link war schon klar und deutlich zu erkennen, welche These gemeint waren.



    Mich auch, weil die Begriffe ständig zu Missverständnissen führen. Zwischen Menschen und Menschen und zwischen Menschen und Hunden ...

    Und weil andere den Kopf nicht aufmachen, oder evtl. zu faul sind, Missverständnisse aufzuklären, solange noch falsches mit Begrifflichkeiten getriggert und/oder assoziiert wird, sollen der Sprachraum sich jetzt neue Begrifflichkeiten suchen, ganze Serien und in andere Fachbereichen die Schriften umformulieren? :omg:


    Und es beträfe nicht einmal nur diesen Sprachraum, was machen wir mit all den anderen Sprächräumen, den Übersetzungen?


    Widde widde witt ...

  • Sorry, ich habe nicht alles gelesen.


    Man nennt so jemanden sicher NICHT Rudelführer. Denn ein tatsächliches Rudel funktioniert nicht so.


    Wenn man Rudel sagt, dann assoziiert man Wolfsrudel. und das passt eben nicht.



    Ich habe nichts gegen Boss, Chef, Anführer oder oder. Das sind menschliche Begriffe, und die passen zu unserem menschlichen Hierarchiedenken (Primatengruppen sind weitaus hierarchischer organisiert als Caniden), dem wir den Hund unterordnen.


    Es gibt Alpha-Menschen, aber es gibt eher keine Alpha-Wölfe, jedenfalls nicht welche, die durch Rangkämpfe in die Position gekommen sind. Kämpfe unter männlichen Wölfen um Territorium und um Weibchen, ja - aber nicht um "Rang". Der unterlegene ordnet sich nicht unter, geht keine Beziehung ein zum Sieger, sondern schaut, dass er Land gewinnt. Möchte man das vom Hund??
    Wir wollen einen Führungsanspruch durchsetzen, und nicht einen Rivalen vertreiben. Also passt das Rudelmodell nicht.



    Das sugggeriert immer, man müsse diese Hierarchie-Denken dem Hund überstülpen, weil ER es braucht. Dabei ist es der Mensch, der es braucht.



    Von daher, ich verstehe nicht, warum man unbedingt immer Tisch! Tisch! Tisch! sagen muss, wenn man Stuhl meint.



    PS: wo es für mich passen würde, ist die Rolle der Eltern gegenüber den Jungwölfen. Da der Hund zeitlebens in der infantilen Rolle bleibt, und der Mensch ähnlich der älteren Wölfe die Führung übernimmt, würde die Analogie besser passen. Aber so ist es eher selten gemeint.... Von daher lasse ich das Wort Rudel einfach weg und sage: ich möchte den Hund führen und Verantwortung für ihn übernehmen. Und ihm auch mal zeigen,
    dass ich das Sagen habe, durchaus.

  • Hier wird doch aufgeklärt. Jedes ums andere Mal. Frage ist, ob da irgendwo irgendwie mal was hängen bleibt ...

    Und was spielt das bei Begrifflichkeiten, die ihre eigentliche Definition bereits besitzen, für eine Rolle? Bleibt auf irgend eine Art und Weise, Beschreibung oder Umschreibung mehr hängen?


    Wenn jemand meint, er müsse immer den "Alpha" unter dem Aspekt des "Rudelführers" spielen, sich durchsetzen, weil der Hund "dominieren", die "Alphaposition" übernehmen wolle, wird es dann besser (oder bekäme eine andere Bedeutung, wenn man formuliert


    "Du musst der Boss sein, Dich durchsetzen, Dein Hund ist ungehorsam, der will Dich nur kontrollieren"?


    "Rudel, Dominanz, Alpha" wurde nicht benutzt, und jetzt?
    Streichen wir jetzt auch "Boss", "durchsetzen", "ungehorsam" und "kontrollieren"?


    Wenn jemand in solchen Kategorien denkt, ändern Begrifflichkeiten nichts daran.
    Denn diese Denke besteht nicht aus Begrifflichkeiten, das ist ein Lebensgefühl, eine Lebenseinstellung.

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