Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2

  • Adrian Tchaikovsky – Children of Time / Kinder der Zeit (Band 1 der Zeit-Saga Trilogie)


    Es war einmal ...

    ... eine experimentierfreudige aber größenwahnsinnige Wissenschaftlerin, die einen halbwegs brauchbaren Planeten im Universum findet und ihn durch Terraforming der Erde angleichen lässt, um ihn bewohnbar zu machen. Hernach will sie ein paar Affen aus dem Orbit hinabschießen und jene dann einem eigens entwickelten Nano-Virus aussetzen, das binnen weniger Generationen diese Affen zu einer superintelligenten, menschenähnlichen Spezies heranreifen lassen soll. Das Experiment gilt als erfolgreich, sobald diese Spezies auf konstant herab gesandte Radiosignale reagiert, sie versteht und richtig beantwortet. Doch die Geschichte wäre ja nur halb so spannend, wenn alles nach Plan laufen würde. Besagte Affen schaffen es durch ein blödes Missgeschick leider nicht auf den Planeten, das Virus aber schon. Der Planet ist nicht ganz unbewohnt und so manifestiert sich das Virus in einer anderen Art von Wirt und beginnt pflichtbewusst seine Aufgabe, koste es was es wolle, diese nun zur vorherrschenden, alles regierenden Rasse auf dem Planeten werden zu lassen.


    Ungezählte Jahre später nähert sich Raumfrachter Gilgamesh diesem Planeten, verspricht er doch beste Voraussetzungen, um menschliches Leben anzusiedeln. Das Frachtschiff ist bis unter den Rand gefüllt mit den letzten, sich im Tiefschlaf befindenden, überlebenden Menschen einer zerstörten Erde. Dieser Planet ist die letzte Chance, die Menschheit wirklich zu retten, säße da nicht vormals erwähnte Wissenschaftlerin wie eine Klucke auf ihren Eiern im Orbit des Planeten, bereit alles abzuschießen was sich ihrem Experiment nähert. Ihr doch egal, ob da die letzten überlebenden Menschen ihrer einstigen Heimat kommen, die Menschheit an sich ist ja eh überbewertet...


    Und so wohnt der Leser einer epischen Achterbahnfahrt bei, hier wird in großen und kleinen Schlachten Geschichte geschrieben, in Zeitraffer, über Tausende Jahre, über zig Generationen und alles ist super interessant, teils saukomisch, zynisch und voller wichtiger Fragen und Themen, niemals kitschig oder absurd. Wirklich ganz große und schlaue Science Fiction, getragen durch wenige, (aus dem Tiefschlaf) wiederkehrende, nachvollziehbare Charaktere, einem guten Pacing durch relativ kurze Kapitel mit abwechselnden PoVs. Am Ende kommt zusammen, was auf lange Sicht zusammentreffen musste, das Experiment ist geglückt.


    Ich hatte großen Spaß an der Sache, man kann den Band auch als Stand Alone lesen, das Ende ist befriedigend aber ohne Cliffhänger in der Art, dass man jetzt unbedingt sofort Band 2 lesen müsste. Großer Pluspunkt ist einfach, dass dieses Buch ohne viel Exposition oder Techniktermini auskommt, man muss keine 100 Science Fiction Bücher gelesen haben oder Trekkie sein um hier durchzusehen oder sich die Welt vorstellen zu können. Ich fand, ganz großes Kino!

  • Danielle Vega - Survive the Night


    Casey ist gerade aus der Entzungsklink zurück und geht mit ihren Freunden auf einen illegalen Underground Rave. Sort wird sie unter Drogen gesetzt und daran gehindert, die Feier zu verlassen. Als sie sich auf die Suche nach ihrer verschwundenen Begleiterin macht, entdeckt sie zusammen mit ihren restlichen Freunden bald ihre verstümmelte Leiche. Zu spät merken sie, dass sie sich auf der Suche nach der Vermissten in dem alten U-Bahn Tunnelsystem verirrt haben und dort unten im Dunkeln nicht alleine sind.


    Ich mochte Vegas "The Merciless" und habe deshalb dieses Buch ziemlich blind gekauft.

    War ein Fehler. Unsympathische Klischeefiguren stolpern durch Klischeeszenarien und tragen Teenieklischeestreitigkeiten auf und sagen dabei Klischeephrasen auf. Vieles macht keinen Sinn und man merkt schnell, dass das Buch eher für ein relativ junges Publikum geschrieben ist, offensichtlich in der Hoffnung, dass man da Horroreinsteiger abgreifen kann, denen noch nicht auffällt, wie abgedroschen das alles ist.

    Schade, die Grundidee wäre mit besseren Figuren und etwas mehr Kreativität in der Handlung durchaus der Stoff für einen spannenden Horrorroman gewesen.


    Note: 4,4

  • Ist tatsächlich eines meiner Lieblingsbücher. Finde die Beschreibung der Evolution und Entwicklung auf dem Planeten grandios und die Beschreibung der Menschen/der Gefangenen aus der Sicht der entwickelten Spezies irgendwie verstörend... So fremdartig wirken wir auf sie, wie sehr verstehen wir andere Spezies falsch? Teil zwei finden viele eher langatmig, aber ich fand es sehr spannend. Ich bin allerdings auch

    -Fan. :winking_face:

  • Der Duft von Schokolade - Ewald Arenz


    Für mich das erste Buch von Ewald Arenz, das sich zog. Ich konnte mich nicht so in den Protagonisten hineinversetzen und den Twist am Ende fand ich irgendwie an den Haaren herbeigezogen. Ach keine Ahnung. Aber Lust auf Schokolade hab ich bekommen. :grinning_squinting_face:

  • Ich habe jetzt Fairy Tale von Stephen King zu Ende gehört und bin zufrieden. Ja, es ist eine White Saviour-Geschichte, eine People Of Colour Saviour-Geschichte hätte ich auch besser gefunden, aber das hätte nicht zu ein Paar Wendungen in der Geschichte gepasst. (Schade). Ansonsten hat sie mir gut gefallen, auch wenn es fast zuviel der aufgezählten Reminiszenzen an andere Schriftsteller waren. (Frauen wurden nicht genannt.) Tatsächlich könnte ich mir eine Fortsetzung vorstellen, aber die Geschichte, die in diesem Buch erzählt wird, ist abgeschlossen. Ich mag, wie mit klassischen Märchenrollen umgegangen wird und war für mich halt ein wenig Fantasy zwischendurch ohne ausgelutschten Zwergen -Zauberer-Vampir-Lovestory-Krams.

  • Phillippe Besson – Lie with me / dt. Hör auf zu lügen


    "Philippe ist 17 Jahre alt und ein Außenseiter. Als hochbegabter Sohn des Schuldirektors, der wenig Kontakt zu den Mitschülern hat, lebt er in einem französischen Provinznest. Er fühlt sich von seinem Klassenkameraden Thomas, einem geheimnisvollen und charismatischen Winzersohn, angezogen und ist ganz verblüfft, als dieser sein Interesse erwidert. Thomas wird seine erste und große Liebe. Eine Liebe, die nur im Verborgenen gelebt werden darf und die für Thomas tragisch endet, weil er, geprägt durch die ländlichen Konventionen, seine sexuelle Identität sein Leben lang verleugnen wird."


    Erzählt aus Phillipes Sicht, 40jährig und gestandener Autor, der in einer Hotellobby ein Interview gibt und aus den Augenwinkeln einen Mann sieht, der ihn an seinen Jugendfreund erinnert. Er gibt seinem Impuls nach und eilt dem Mann hinterher, um zu sehen, wer er ist. Eine ganz einfühlsame und authentische Geschichte, ohne Kitsch oder viel Romantik, eher zurückhaltend, wie die beiden Protagonisten. Hat mich sehr an "Tin Man" und "On earth we're briefly georgeous" erinnert mit einem noch stärkeren Autobiografie-Touch. Mich persönlich hat es sehr berührt, wie nuanciert und unterschiedlich queere Liebe ist und (aus)gelebt wird, gerade in einem Alter, wo man sich (noch) allem und jedem scheinbar unterwerfen muss, man sich verbiegen muss, bis man in ein Bild passt, in die Familie und die Zwänge der Gesellschaft und der Zukunft einen zu brechen vermögen.


    TJ Klune – The House in the Cerulean Sea / dt. Mr. Parnassus’ Heim für magisch Begabte


    "Linus Baker ist ein vorbildlicher Beamter. Seit Jahrzehnten arbeitet er in der Sonderabteilung des Jugendamtes, die für das Wohlergehen magisch begabter Kinder und Jugendlicher zuständig ist. Nie war er auch nur einen Tag krank, und das Regelwerk der Behörde ist seine Gute-Nacht-Lektüre. Linus' eintöniges Dasein ändert sich schlagartig, als er auf eine geheime Mission geschickt wird. Er soll das Waisenhaus eines gewissen Mr. Parnassus', das sich auf einer abgelegenen Insel befindet, genauer unter die Lupe nehmen. Kaum dort angekommen, stellt Linus fest, dass Mr. Parnassus' Schützlinge eher etwas speziell sind – einer von ihnen ist möglicherweise sogar der Sohn des Teufels! In diesem Heim kommt Linus mit seinem Regelwerk und seiner Vorliebe für Vorschriften nicht weit, das merkt er schnell. Eher widerwillig lässt er sich auf dieses magische Abenteuer ein, das ihn auf der Insel erwartet, und erfährt dabei die größte Überraschung seines Lebens ..."


    Ich hab hier von gemischten Reviews gehört, die einen fanden es toll, die anderen langweilig. Für mich hat es absolut funktioniert, eine wirklich erfrischende, urkomische aber auch traurige, herzerwärmende Geschichte über eine bunt zusammengewürfelte Familie, voller Liebe und Unterstützung füreinander. Ich lese echt nicht oft Cozy Fantasy, aber wenn mir wieder eine unterkommt, dann bitte gerne wieder so.


    Die nächsten Fünf auf meinem SuB :mrgreen-dance:


  • "Die Middlesteins" - Jami Attenburg


    Attenburgs Roman handelt von einer jüdischen Familie, die in einem Vorort von Chicago wohnt. Im Fokus stehen die Beziehungen der Familienmitglieder zueinander und die wohl fast jedem Menschen bekannten Konflikte und Spannungen, die sich in solch einem Gefüge ergeben. Im Mittelpunkt ist die Matriarchin Edie Middlestein, einst als kompetente, scharfsinnige Juristin tätig. Doch nun ist Edies Gesundheitszustand akut durch ihr starkes Übergewicht bedroht. Edie kann nicht aufhören zu essen. Heimlich fährt sie von einem Fast-Food-Lokal zum nächsten und verschlingt die Menüs in ihrem Auto, nachts steht sie auf und vertilgt ganze Packungen Kartoffelchips, und weder die Appelle der Ärzte noch die Besorgnis der Verwandtschaft zeigt einen Effekt auf Edies außer Kontrolle geratenes Essverhalten, dessen Gründe im Roman eher unklar bleiben.

    Richard Middlestein, Edies Ehemann, entschließt sich letztlich zur Trennung. Der alternde Inhaber einer Apotheke möchte das Leben noch einmal genießen, sehnt sich außerdem nicht nur nach emotionaler Nähe, sondern auch körperlicher Intimität. Doch dadurch wird Richard zum Pariah der Familie, die Schwiegertochter, verheiratet mit seinem Sohn Benny, der sich ein respektables Vorstadtleben aufgebaut hat, möchte nicht mehr, dass er seine Enkelkinder sieht, Emily und Josh, die sich gerade auf ihre B'wein Mizwa vorbereiten. Man verlasse seine kranke Lebensgefährtin nicht einfach so, das ist Rachelles Meinung, damit sei er den Enkeln ein schlechtes Vorbild.

    Auch Robin, das zweite Kind von Richard und Edie, Zynikerin, gerade aber auch frisch verliebt, schlägt sich auf Edies Seite, empfindet für ihren Vater Verachtung und ist gekränkt von seinem Verhalten. Außerdem will Robin ihrer Mutter helfen, sie erstellt einen Aktionsplan, der Edie in ihrem liebsten chinesischen Restaurant präsentiert wird...


    Der Roman liest sich sehr flüssig und kurzweilig, enthält sowohl humorvolle als auch anrührende Passagen und zeigt das Talent der Autorin, zwischenmenschliche Beziehungen in ihrer Komplexität darzustellen. Dennoch könnte das Buch so viel mehr, auf etwa 250 Seiten bleibt dann doch so manches auf der Strecke, was irgendwie schade und ein wenig unbefriedigend ist - aber vielleicht ist ja gerade das passend, weil auch im Leben so vieles fraglich und unvollendet bleibt?

  • Nick Cutter - The Deep


    Eine seltsame Seuche berdoht die Menschheit. Luke bekommt eine seltsame Nachricht von seinem Bruder, einem Wissenschaftler der auf dem Meeresgrund an einem mögliche Heilmittel forscht. Also begibt sich Luke hinab in den Mariannengraben zur Tiefseestation Trieste in Begleitung von Army Commander Alice Sykes, um seinem Bruder zu Hilfe zu eilen.

    An Bord erwartet sie das pure Chaos. Einer der drei Wissenschaftler ist kürzlich verstorben und hat sein Labor komplett versiegelt, ein zweiter ist offensichtlich verrückt geworden und hat sich in seinem Labor verschanzt und von Lukes Bruder fehlt jede Spur. Doch an Bord der Station erwarten Luke und Al noch ganz andere, grauenvolle Dinge.


    Cosmic Horror ist ein schwieriges Genre und Nick Cutter hat ganz eindeutig nicht ausreichend Talent, um dieses Genre zu meistern. Das Setting und die Grundidee sind spannend, allerdings bleibt am Ende nur ein langweiliger, künstlich in die Länge gezogener Mix aus The Abyss und The Thing. Langeweile gespickt mit ein paar blutigen Szenen und zwischendurch ordentlichem Bodyhorror, der es aber eben nicht rausreißt.

    Es geht schon mal damit los, dass das Seuchenszenario komplett unnötig ist. Die Geschichte würde auch ohne diesen Hintergrund funktionieren, das gleiche gilt für 90% der Hintergrundgeschichte, die man zu Luke bekommt. Oftmals hat man das Gefühl, der Autor versucht krampfhaft, sympathie für die Figur zu erzeugen und dabei noch effektiv Seiten zu füllen. Gerade im Mittelteil ist es oftmals nur nervig, wie oft aus einer Szene raus in einen Flashback gesprungen wird.

    Klischees noch und nöcher und ein Ende das sich ewig zieht, langweilt und dabei felsenfest überzeugt von sich ist.


    War defintiv mein letzter Nick Cutter. ich fand schon "The Troop" nicht besonders gut, aber der hier war wirklich schlecht.

    Und als Hinweis für alle, die es doch noch lesen wollen: der nette Labrador.


    Note: 4,8

  • Hier sind ja ein paar Fantasy-Freunde:


    Emily Wilde's Encyclopaedia of Faeries

    (Emily Wildes Enzyklopedie der Feen)


    hat mir überraschend gut gefallen. Gabs in der Onleihe und ich dachte, ich lese mal rein.

    Es ist quasi das Feldtagebuch einer Feenforscherin, die im hohen Norden eine unbekannte Feenspezies sucht. Cozy, aber nicht kitischig - für Fantasy Freunde einen Blick wert.


    Mein literarisches Highlight im März war Trust (dt: Treue) von Hernan Diaz. Pulitzer 2023

    Das ist aber ein Buch bei dem man unbedingt bis zum Ende dranbleiben muss. Erst dann ergibt alles einen Sinn.

    Es geht um die Ehefrau eines Finanzmoguls in New York in der ersten Hälfte des 20.Jhds. Der erste Teil ist ein Roman über sie, der zweite die Memoiren ihres Ehemanns, der dritte ihre Tagebücher. Die unterschiedlichen Perspektiven legen nach und nach ein überraschendes Bild frei.

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