Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2

  • Matt Hill – Lamb


    "Als Lastwagenfahrer Dougie Alport einen tödlichen Anschlag auf den Hauptsitz seines Arbeitgebers verübt, löst seine Tat in seiner Frau Maureen eine Trauer aus, die ein Geheimnis zu lüften droht, das sie jahrelang vor ihrem Sohn Boyd verborgen hat. Ein Umzug in den Norden, um neu anzufangen, ist für Maureen die beste Lösung. Doch als die Wände zu schimmeln beginnen und seine Mutter ihm entgleitet, beschließt Boyd zu fliehen und findet Trost bei einem neuen Freund auf einer Mülldeponie am Rande der Stadt. Dort macht er eine verblüffende Entdeckung, die Boyds neues Leben auf den Kopf stellt und ihn zwingt, sich mit seiner Mutter, ihrer Vergangenheit und seiner Zukunft auseinanderzusetzen."


    Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Am Anfang steht Dougies Anschlag und sein Weg dahin, was es aus seiner kleinen Familie macht und welche Konsequenzen Maureen und ihr Sohn daraus ziehen. Danach erfährt man etwas über Maureens Vergangenheit und wie sie und Dougie sich kennengelernt haben. Schlussendlich geht es um Boyd, der versucht in der Welt klarzukommen und schließlich feststellt, dass seine Mutter jemand war, den er kaum kannte ...


    Als "Moos-bedeckter Mystery-Horror" beschrieben, liest sich die Geschichte, wie ich fand, leicht dahin, die Narrative ist melancholisch, eigentlich nicht spannend aber halt mysteriös, die Welt nicht ganz greifbar, scheinbar dystopisch. Es gibt nur wenige wichtige Charaktere, die Handlung ist reduziert aber es passieren eine Reihe an Dingen, die man ganz platzieren kann. Am Ende findet Boyd seine Erklärung, welche echt gruslig ist, und seinen Platz in seiner Welt.


    Claire Vaye Watkins – I love you but I've chosen darkness


    "Eine Schriftstellerin, die ihren Mann und ihre kleine Tochter zurücklässt, nimmt einen Flug nach Reno, um dort einen Vortrag zu halten, und hat außer einer Milchpumpe und einer postpartalen Depression nicht viel dabei. Ihre vorübergehende Flucht vor den häuslichen Pflichten und die Gelegenheit, alte Freunde wiederzutreffen, verwandelt sich in einen ausgedehnten Ausflug aus der Enge von Ehe und Mutterschaft und einen scheinbar bodenlosen Abstieg in die Vergangenheit. Tief in der Mojave-Wüste, in der sie aufgewachsen ist, begegnet sie ihren Geistern auf Schritt und Tritt: der ersten Liebe, deren Selbstzerstörung sie immer noch verfolgt; ihrem Vater, der Mitglied des Charles Manson-Kults war, der berühmtesten Sekte in der amerikanischen Geschichte; ihrer Mutter, deren Lebensfreude mit jedem Jahr abnimmt. Sie kann nicht in der Zeit zurückgehen, um irgendetwas davon wiedergutzumachen, aber was genau ist ihr Weg nach vorne? Allein in der Wildnis, beginnt sie endlich, sich in der Welt zurechtzufinden."


    Autofiktion in seiner reinsten Form, nenn ich das mal. Liest sich unglaublich schnell, super interessant, die Dialoge und Beschreibungen unfassbar gut. Claire hatte eine schwer zusammenfassbare Kindheit und Jugend, die geprägt war von der amerikanischen Wüste, Drogen, Sex und unzählbaren Freund- und Bekanntschaften. Jetzt, kurz nach der Geburt ihrer Tochter, muss Claire sich selbst stellen und herausfinden, welches Leben sie führen will.

  • T.R. Napper - Bishop


    Obwohl er nach der Zerstörung seines Körpers darum gebeten hatte, endgültig abgeschaltet zu werden, muss Bishop feststellen, dass die Menschen andere Pläne mit ihm haben. Schon bald kämpfen mehrere Parteien um ihn. Die einen sind nur daran interessiert, das Geheimewissen über das Xenomorph aus ihm herauszubekommen und zu Geld zu machen, für die anderen geht es um Familie.


    Ich hatte ja lange wirklich Angst, das Buch zu lesen. Bishop gehört mit zu meinen liebsten Charakteren aus dem Weyland-Yutani Universum und ich hatte wirklich Bammel, dass sie dieses Sequel verhauen. Zu Unrecht. Ich liebe es. Ja, das Buch hat seine Schwächen im Erzählstil, die Menge an Charakteren ufert etwas aus und bisweilen gibt der Autor etwas arg viel Backgroundstory um sicher zu gehen, dass man die neuen Charaktere auch wirklich mag (Spoiler: man mochte sie schon zuvor), aber das fällt nicht weiter ins Gewicht, denn wenn es zu Bishop kommt, trifft er haargenau den Ton. Napper versteht perfekt, was diese Figur ausmacht und wieso er bis heute ein absoluter Fan Favorit ist.


    Note: 1,5

  • Charlotte Brontë – Jane Eyre


    Ich hatte diesen noch nie gelesenen Klassiker auf meinem SuB und war auch völlig ahnungslos worum es ging. Der Klappentext klang aber sehr interessant. Muss man hierzu viel schreiben? Jane Eyre, Waise von Lowood, bitterarm und von ihrer Ziehfamilie misshandelt, weiß sie schon mit 10 Jahren, dass sie so nicht behandelt werden will und mit einem unbändigen Willen und immer ehrlich zu sich selbst, findet sie ihren eigenen Weg im viktorianischen England und schließlich die große Liebe zu ihren Bedingungen...


    Großartig geschrieben mit einer nachvollziehbaren, starken, sich durchweg treu bleibenden, Persönlichkeit. Ein großer Favorit von mir für dieses Jahr.



    Ros Anderson – The Hierarchies


    Sylv.ie ist Sexbot. Eine teure, lebendige Puppe, geschaffen, um einem Mann zu Diensten zu sein, ihrem "Ehemann". Dieser lebt mit seiner (biologischen) Frau in einem großen Haus, am Rande einer Hauptstadt – Sylv.ie lebt im Obergeschoss, verlässt nie ihr Zimmer und wartet dort auf ihren Ehemann, der meistens abends kommt, Schach mit ihr spielt, sie in teure Kleider steckt, sich mit ihr unterhält und sich dann von Sylv.ie nimmt, wofür sie geschaffen wurde. Sylv.ie's Programmierung folgt einer Hierarchie an Regeln. Ihr Mann steht über allem. Was er sagt ist Gesetz. Was er möchte, dem hat sie Folge zu leisten. Als Sylv.ie nach einer Wartung in einem "Krankenhaus" wieder nach Hause kommt, merkt sie, dass viel mehr Zeit vergangen ist, als sie gedacht hat, Dinge haben sich verändert, ihr fehlen Erinnerungen und in ihrem Tagebuch findet sie beunruhigende Einträge in Binärcode, geschrieben von ihr selbst an sie selbst.


    Ein ernster, melancholischer Roman, der in einer dystopischen Zukunft voller menschenähnlicher Maschinen, Bots und Droids spielt, recht komplex, vage in der Beschreibung wie die Welt aussieht aber weitaus detaillierter in der Ausgestaltung von Sylv.ies Welten, da ausschließlich nur sie beschreiben kann, wie sie ihre Umwelt, und die in ihr geltenden Hierarchien, wahrnimmt. Mich hat das Ganze sehr an "Klara und die Sonne", "Detroit: Become Human" und an eine sehr dunkle Version von "Chihiros Reise ins Wunderland" erinnert. Ich fand's unglaublich gut aber auch echt traurig, wenn man die Parallelen zu heute zieht und sieht.

  • Daniel Kraus - Whalefall


    Jay hat sich in den letzten Jahren komplett von seiner Familie entfremdet und auf Grund der Erlebnisse in seiner Kindheit den Kontakt zu seinem Vater abgebrochen. Nicht einmal dessen bevorstehender Tod, konnte ihn zu einer Versöhnung bewegen. Nun ist sein Vater Tod und Jay beschließt, sich auf die Suche nachs einen sterblichen Überresten zu machen. Doch beim Tauchgang zu diesem Unternehmen passiert das Unglaubliche, Jay wird von einem Pottwal verschluckt und muss um sein Überleben kämpfen.


    Ich fand die Ausgangslage des Buches wahnsinnig interessant, habe aber etwas gezögert. Ich muss der Fairness sagen, dass es nach dem letzten Buch für alles, was ich gelesen hätte, schwer geworden wäre, da mit zu halten. Whalefall ist eine seltsame Mischung aus Familiendrama (seeeeeeehr viel Familiendrama), Traumabewältigung, interessanten Fakten und Informationen rund um das Meer und die Seefahrt, etwas Esoterik und Abenteuerroman.

    Der Stil ist bisweilen gewöhnungsbedürftig und auch Layout und Textarrangement wirken bisweilen etwas arg gekünstelt. Die Ein-Satz-Kapitel sind für meinen Geschmack einfach affektiert.

    Ändert aber nichts daran, dass ich das Buch relativ unterhaltsam fand. Anders als erwartet, aber nicht schlecht. Einzig das überstürzte Ende hat mir absolut nicht zugesagt.


    Note: 3,1

  • Charlotte Brontë – Jane Eyre

    ...
    Großartig geschrieben mit einer nachvollziehbaren, starken, sich durchweg treu bleibenden, Persönlichkeit. Ein großer Favorit von mir für dieses Jahr.

    Was für ein Zufall - habe ich auch gerade wiederentdeckt. Ich hatte das Buch vor Jahren schon mal gelesen, und finde es jetzt wieder so spannend wie damals.

  • Ja, die mag ich auch gern! :smile:

    Glücklicherweise konnte ich schon einige ihrer historischen Krimis aus öffentlichen Bücherschränken ziehen. Sympathische Charaktee, interessante Plots, und dazu ein lebendiges historisches Lokalkolorit, in das ich gerne eintauche - was kann ein historischer Krimi mehr bieten?

  • Demon Copperhead von Barbara Kingsolver

    Die eine Hälfte der Leserschaft findet, das Buch hat keine Seite zu viel, die anderen finden es etwas langatmig. Ich gehöre zur Keine-Seite-zu-viel-Fraktion.

    Demon wächst bei seiner drogenabhängigen Teenie-Mutter auf und wird nach ihrem Tod von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gereicht. Weite Teile des Buchs befassen sich mit der Abgehängtheit in den ländlichen Regionen der USA sowie der Oxy-Krise.

    Die gesamte Geschichte ist angelehnt an David Copperfield. Man kann den Roman auch lesen ohne David Copperfield zu kennen, wenn man ihn kennt, erkennt man die ein oder andere Figur.

  • Demon Copperhead habe ich auch gerade gelesen. Langatmig fand ich es überhaupt nicht, der Stil war flüssig und es passiert auch auch sehr viel. Ich mochte es, wobei.. kann man sagen "mögen"? Stellenweise ist es fast unerträglich traurig, aber man möchte eben wissen, wie es für den Protagonisten ausgeht. Hab es auf englisch gelesen und würde es auch noch mal auf deutsch lesen, weil mich die Übersetzung interessieren würde. Aber auf deutsch hat es dann doch fast 900 Seiten...

  • Also ich hab die fast 900 Seiten in ca. einer Woche weggelesen, weil ich es auch überhaupt nicht langatmig fand und auch eher wie du schreibst, stellenweise unerträglich traurig.

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