[Sammelthread] Erfahrungen Tierschutz /Tierheime

  • Das gesunde Maß macht es.
    Mal davon ab , ich kann nur für meine Stadt sprechen- man könnte die örtliche Uni besuchen und an einem solchen Seminar teilnehmen. Man könnte das Angebot von Leuten annehmen solche Seminare kostenlos zu geben. Man könnte sich belesen oder wenigstens für ein Gespräch offen sein.
    Aber nein , dann würde man sich ja reinreden lassen und in die Karten schauen :lepra:


    Es wird ja wohl möglich sein ein Gespräch miteinander zu führen!
    Klar geht es niemals perfekt, aber den ein oder anderen Fettnapf oder fragwürdige Methoden kann man sich ersparen.

  • Wie soll’s denn gehen? Kommunikationsseminare oder ggf. auch Seminare zu konstruktiver Stressbewältigung sind eine Super-Idee, aber:

    Ich arbeite seit Jahren im Verkauf, in unterschiedlichen Branchen, hatte viel mit Menschen zu tun, und ich hatte nie ein Seminar für Stressbewältigung oder Kommunikation nötig. Ernsthaft, das, was hier angesprochen wird, ist doch kein Krisenmanagement, sondern eine Begegnung von zwei Parteien, die auf Augenhöhe ablaufen sollte. Dafür reicht Höflichkeit, gesunder Menschenverstand und ein Minimum an Empathie. Und wer das nicht hat, sollte vielleicht schlicht nicht an der vermittelnden Stelle arbeiten.

  • Ich kann @CubeQueen da nur zustimmen. Ich kann im Leben nicht jegliche Situation von vorne herein für immer ausschließen. Manchmal schlägt das Schicksal zu und dann passiert leider etwas, das man so nicht eingeplant hat.


    Ich würde jetzt einfach mal weder den TH-Mitarbeitern noch den Interessenten unterstellen, dass da alle Lügner sind. Natürlich gibt es Fälle, in denen man sofort merkt, dass da Blödsinn erzählt wird. Manchmal drückt man sich aber einfach auch nicht wirklich vorteilhaft aus, das kann im Eifer des Gespräches auf beiden Seiten passieren. Das TH sucht ein gutes Zuhause auf Dauer für den Hund und der Interessent möchte sich seinen Traum vom Hund erfüllen. Da prallen natürlich auch gewisse Erwartungshaltungen aufeinander. Ich habe Verständnis für beide Seiten, solange es fair bleibt.

  • Ich war einmal im hiesigen Tierheim und habe damals (Anfang 20) keinen Hund bekommen. Ich wollte einen älteren, gerne mit Handicap. Er musste nur verträglich sein und sollte kein Problem mit Menschen haben, weil ich ihn mit in die Uni nehmen durfte/wollte.
    Ich bin sogleich durch das Raster gefallen, weil Single und Student. Dass ich ein vernünftiger junger Mensch war und durchaus Plan von dem hatte was ich wollte (mit Notfallplänen A-D), hätten sie durch ein Gespräch sicher erfahren. So weit kam ich aber leider nicht. Ich wurde dann wieder weggeschickt mit den Worten: So jung? Da machen sie doch lieber Party. Versuchen sie es in ein paar Jahren nochmal, dann sehen wir weiter...
    Ich bin dann rüber nach Belgien gefahren und habe mir einen Hund aus der Tötung geholt.


    Trotzdem würde ich aufgrund dieser Erfahrung niemals alle Tierheime und Organisationen über einen Kamm scheren. Alles steht und fällt mit den Mitarbeitern. Es gibt unsympathische, sture, arrogante Menschen, und die arbeiten im Tierschutz wie in jedem anderen Job auch. Und es gibt solche, die wirklich nur das Beste für die Tiere wollen, das sind dann üblicherweise die, die sich auch hier finden. Aus diesem Grund sind solche Diskussionen hier auch müßig- auch wenn das schwer zu verstehen ist, das Gros der Hundehalter ist nicht so informiert, reflektiert und so vernünftig wie die User des DF. Da regnet es Dummheiten und Lügen vom Himmel, das glaubt man nicht. Man wird im TS so oft verarscht dass ich es durchaus verstehe wenn einem mal das Lächeln flöten geht. Die meisten Menschen gehen nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit an die Anschaffung eines Haustieres heran, die meisten Menschen machen sowas spontan und nach 'ach wie hübsch'.


    Ich würde mir dennoch wünschen, dass die Mitarbeiter die diese sehr spezielle Art an sich haben lernen, wie man mit Menschen umgeht- oder sich das wieder ins Gedächtnis rufen. Die anderen vielen tollen Mitarbeiter brauchen sich diesen Schuh nicht anziehen. Die tun was sie können und müssen und vor denen ziehe ich meinen Hut.

  • Ich habe mit meinen TS-Hunden immer Volltreffer gelandet.


    Mit den Orgas bzw. Tierheimen aber auch gemischte Erfahrungen gemacht.


    Was mich tatsächlich am meisten gestört hat, war dass mir nicht geglaubt wurde. Ich hatte vor Nastro einen Hund. Meine Lebenssituation hat sich eigentlich nicht verändert. Ich *wusste* also, wie viel Arbeit ein Hund macht und ich weiß auch, wie viel Zeit ich für einen Hund aufbringen kann und wie lange der Hund wirklich allein sein muss.


    Und ich habe erwartet, dass ich von dieser Basis aus starte. Stattdessen wurde ich "belehrt" über die Dinge die klar waren (= aber es gibt auch Fahrtzeiten, Einkaufen muss man auch noch etc pp...).


    Das war mir schlicht zu blöd. Genau wie die Orga, bei der es im Gespräch vor allem darum ging, dass ich unbedingt anfangen müsste zu barfen. (Und nein, kein besonderer Fall von Allergie - war einfach deren Prinzip, dass das die einzig gute Art der Fütterung ist)

  • Wie schon erwähnt, habe ich meine Erfahrungen zum Thema Tierheim und Tierschutz in erster Linie von der anderen Seite, nämlich als ehemliger TH Angestellter.


    Ich möchte nicht absprechen, dass es auch qualifizierte Kräfte gibt, aber meiner Erfahrung nach hat man es einfach überdurchschnittlich oft einfach mit Tierschützern und Tierliebhabern zu tun und weniger mit wirklich qualifiziertem Personal. Dabei ist es egal, ob ein ausgebildeter Tierpfleger oder ein Ehrenamtlicher vor einem steht.
    Sehr oft ist das Urteilsvermögen durch die eigene Weltanschauung stark getrübt. Objektive Einschätzung findet man eher selten.
    Ich habe sogar erlebt, dass nach einem durchgeführten Wesenstest der Prüfer als Trottel und Lügbner dargestellt wurde, weil der Hund gar nicht aggressiv gewesen sei (er hatte versucht einen Spitz zu zerlegen, war aber zum Glück mittels MK gesichert), er habe ja ganz subtile Beschwichtigungssignale gesendet...


    Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass im überwiegenden Großteil die Emotionalität vor der Rationalität stand und man traf auch sehr sehr häufig auf eine gewisse Selbstherrlichkeit. Kein Außenstehender konnte so viel Ahnung haben, wie man selbst - auch nicht wenn man selbst den Hund erst seit zwei Tagen kannte und die außenstehende Person, den Hund seit 5 Jahren jedes WE betreute... und für Viele waren "die Anderen" aus Prinzip der Feind. Interessenten wollten einen nur belügen, andere Tierschutzvereine wollten einem nur die Spender abwerben, Hundeschulen wollten sich nur an einem bereichern, Züchter, Zuchtverbände und Sportler waren so wie so die unheilige Dreifaltigkeit die zur Linken des Teufels saß.
    Zugeben, dass man etwas nicht wusste oder sich mit etwas nicht auskannte, die Größe hatten nur die Wenigsten.


    Ich fand es ermüdend und anstrengend den Rest der Welt als Feind betrachten zu müssen und fast noch schlimmer fand ich, was an unsachgemäßer Haltung, Erziehung und Vermittlung im Namen der Tierliebe abging. Ich habe in meinen aktiven Jahren sehr wenige TH Angestellte getroffen, die ich als fachlich und sozial kompetent angesehen habe.

  • @Monstertier


    Ich arbeite seit fast 20 Jahren im Reklamationsmanagement. Da sind entsprechende Seminare schon dabei - ob ich sie wirklich gebraucht habe :ka:


    Mein Studium habe ich mir mit Arbeit in der Altenpflege finanziert. Das ging ohne Seminare.


    Aber die Tierschutzarbeit ist für mich eine ganz andere Hausnummer. Du siehst täglich Elend, erlebst die Lebewesen, die wie Abfall weggeworfen wurden, wirst immer wieder belogen. Dazu hast Du den Job, Menschen und Umstände zu prüfen (und glaub mir: Das ist auch für den Prüfer nicht angenehm). Und Du steckst ganz oft in der Situation, dass es falsch ist, egal, wie Du es machst.


    Wenn Du die Vermittlung ablehnst, kriegst Du den Frust ab. Und wenn Du vermittelst, es dann aber nicht gepasst hat: Dito.


    Und bei dem Job geht es um Lebewesen. Die Du vielleicht schon ins Herz geschlossen hast, für die Du das Beste willst, für die es ggf. die letzte Chance ist ...


    Vermittlungsarbeit und Tierpflege zu trennen ist auch keine wirkliche Option. Klar kann sich jemand den Hut aufsetzen (wenn’s die Personaldeckung hergibt, da sind wir wieder beim Thema Geld). Aber am Besten kennt natürlich der Pfleger des Tiers seinen Charakter und kann am Besten beurteilen, ob Tier und Mensch zusammenpassen.


    Wie gesagt: Unhöflichkeit und Respektlosigkeit möchte ich keinesfalls entschuldigen. Aber Skepsis: Die kann ich nachvollziehen. Und ich kann’s dann auch einfach verstehen, wenn da mal ein Stück weit die Empathie verloren geht.

  • @Stinkelilly
    Ja, ein, zwei Seminare hatte ich auch - gebraucht hatte ich sie so sehr wie ein Fisch das Fahrrad =)


    Und ich will gar nicht absprechen, dass die Arbeit stressig sein kann. Aber wer dafür erstmal Seminare braucht, um trotzdem noch vernünftig mit Interessenten umzugehen, ist einfach am falschen Ort. Von Pflegern und Krankenschwestern erwarte ich auch trotz des stressigen Alltags Freundlichkeit und Empathie. Und das ist nichts, was einem Seminare vermitteln, dass muss man schon selber haben.


    Und das heißt nicht, dass diese Tierheimmitarbeiter nicht toll mit den Tieren umgehen und fachlich kompetent sein können. Aber an der vermittelnden Position sind sie dann einfach fehl am Platz.

  • Grad wenn man mit so schwierigen Themen zu tun hat, wäre es an sich am Chef die Leute zu schulen und bei der "Seelenreinigung" zu helfen.
    Das kann man intern machen.

  • Wenn da dann die Entscheidung z.B. lautet: Entweder wir übernehmen noch einen Notfall aus privater Abgabe und finanzieren unserem Schützling XYZ eine teure Operation - oder schicken 2 Mitarbeiter zu einem Kommunikationsseminar - wie würdet Ihr da entscheiden?

    Ich bin der Meinung, dass Fortbildungskosten zu den Personalkosten gehören.
    Ich würde also diesen Posten genauso fest ins Budget einkalkulieren wie die Gehälter der Tierpfleger. Und schon hat sich die Frage nach einer Entscheidung erübrigt, denn es erwartet doch hoffentlich niemand, dass OP-Kosten eines Schützlings direkt aus den Personalkosten des Tierheims abgezweigt werden.



    (Ich hatte den Text schon mal geschrieben und wieder gelöscht. Aber nach @Helfstynas Text wurde mir klar, wie nötig das zu sein scheint. Warum zum Teufel ist Fortbildung nicht in allen Berufen üblich? Auch wenn der ein oder andere eine Veranstaltung sinnlos findet, dümmer wird davon garantiert keiner.)


    edit: bei emotional anspruchsvollen Berufen wäre möglicherweise auch Supervision sinnvoll. Das könnte verhindern, dass Tierheimmitarbeiter ihren berechtigten Frust am nächsten Interessenten ablassen. Den Tieren ist damit nämlich nicht geholfen, wenn die Pfleger am Limit ihrer emotionalen Belastbarkeit arbeiten.

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