Nerven hängen am seidenen Faden

  • Ich habe damals auch viele viele Bücher über Welpen und Welpenerziehung gelesen. Und festgestellt, dass es einfach was anderes ist, wenn man dann wirklich einen Welpen hat. In den Büchern steht halt oft nur eine Methode drin-was, wenn der Hund diese Methode nicht versteht? Oder einfach nicht der Typ dafür ist? Beispiel Beißhemmung: man solle laut und spitz aufquieken, wenn der Hund beißt und das Spiel abbrechen, dann verlöre der Welpe die Lust...tja, bei meinem Hund klappte das so nicht. Das Aufquieken stachelte ihn nur noch mehr an und das Unterbrechen des Spiels war ihm einfach erstmal schnurz. Im Endeffekt habe ich ihn dann mal verbal richtig zusammengefaltet - mit meiner normalen, ärgerlichen Stimme-da hat er es dann kapiert.
    Oder es wird beschrieben, wie die ersten kurzen Spaziergänge aussehen sollten. Oft wird verschwiegen, dass viele Welpen aber anfangs gar nicht spazieren gehen wollen, weil sie sich im Haus sicher fühlen und diese Sicherheit nicht verlassen wollen. Du musst mal schauen, wie viele Threads es hier zum Thema "Welpe will nicht spazieren gehen" gibt. Offensichtlich ein Thema, das man halt erst so mitbekommt, wenn man den Welpen bereits hat. Und schwupps, man sieht sich als nicht geeignet an, weil man ja Probleme hat, die anscheinend nicht normal sind - was sie aber oftmals sind. Diese krasse Überdrehtheit, dieses Krokodilspiel...man hört es so oft!

  • Mich erinnert das gerade an die Schwierigkeiten, die @37mara73 mit ihrem weißen Schäferhund hatte.
    Vielleicht kann sie Dir aus ihrer Erfahrung heraus etwas Trost spenden und Hoffnung geben?
    L. G.

  • hab zwar keinen schäferhund :D aber trotzdem:
    marley wollte die ersten zwei monate auch absolut nicht gestreichelt werden. wenn er bei mir im bett schlief und icg die hand zu ihm legte, legte er sich weg von mir. doch mittlerweile ist das ganz anders. er bekommt gar nicht genug von körperkontakt :)


    auch das mit dem groben spielen. marley war genauso. das ignorieren brachte nichts. er hat mich mal verletzt und da hab ich ihn auch mal angepfiffen. das hat er kapiert :D


    das hat sich mittlerweile total geändert. glaub mir, ich hab in der anfangszeit oft mal geheult, weil ers auf die spitze trieb. doch ich versprech dir eines: es wird besser!

  • Ich sage es mal so. Es ist ein schwieriger Grad auf den ihr euch befindet. Der Welpe wurde nicht sozialisiert, es wurde sich in Büchern schlau gemacht, evtl auch was falsch umgesetzt (was kein Vorwurf sein soll, jeder macht Fehler), und nun hat es auch noch ein Ereignis gegeben, was Verlust anbelangt und evtl traurig macht. Keine glücklichen Umstände, das ist klar. Dieses Zwischending zu finden ist schwierig, aber auch wichtig.
    Die Zeit der Prägungsphase ist bald vorbei. Und klar kann man noch ausbügeln danach, aber es wird schwieriger und ein längerer Weg.
    Beide sind hier denke ich total überfordert, leider und schade. Ich finde es schade, wenn man gleich aufs aufgeben denkt, wobei ich es ehrlich finde, wenn man sich dem nicht gewachsen fühlt, bzw. noch nicht in der Lage ist, dem ganzen gerecht zu werden. Und das auch zugibt. Ein solcher Welpi ist eine Aufgabe, aber eben weil er eine Chance hat auf ein normales Leben, sollte man ihm die auch nicht nehmen. Wie auch immer.

    und fand den weißen Schäferhund gerade deswegen so toll weil sie so verschmust und anhänglich sind.

    Du hast diesen Hund aus einer nicht so tollen Zuchtstätte, das prägt u.a. Der Hund ist ein weisser SH, aber noch total roh, und die Startbedingungen erschwert. Das ist eine Aufgabe, der man sich stellen muss. Bücher sind ja gut und schön, Wissen hin und her. Learning by doing ;-)
    Verschmust kann auch dein Hund werden, wenn du daran arbeitest. Und das nicht nur durch Bücher. Theorie gut und schön, aber praktisch sieht eben alles etwas anders aus. Ein Hund wird nicht so geboren wie es in Büchern steht. Da steht erst mal der Mensch dahinter und ist gefragt. Evtl könntest du mal ei Video einstellen, damit man sehen kann wie es eigentlich ist :???:

  • Ich glaube mein größtes Problem ist auch der Kampf mit mir selbst,

    Das Gefühl habe ich beim Lesen Deiner Beiträge zugegeben auch.
    Problematisch finde ich nicht das Verhalten Deines Hundes, sondern den Druck, den Du Dir machst und der aus der Abweichung Deiner Vorstellungen von dem tatsächlichen Verhalten des Hundes resultiert.
    Mein Eindruck ist, dass Du Dich gar nicht auf den Hund einlassen, ihn kennen lernen und eine Bindung aufbauen kannst, sondern Deinen Fokus sehr stark auf die Punkte richtest, an denen der Hund nicht wie erhofft funktioniert. Letzteres wird er auch nicht, er ist ein Baby mit jeder Menge Knete im Kopf, das seine Welt entdecken und erobern und seinen Platz erst noch finden muss.


    Bellt mich jetzt beim "Training" sogar an und nimmt das Leckerlie immer so hastig, dass er mir fast immer dabei in die Hand beißt. Und generell habe ich das Gefühl dass er immer fester beißt, egal ob ich das Spiel abbreche. Er bellt mich auch weiterhin an wenn ich ihn ignoriere.

    In den ersten Wochen mit meinem Rüden, die ihm den Spitznamen Raptor eingebracht haben, sah ich aus, als hätte ich meine Handcreme gegen einen Schredder eingetauscht.
    Und ebenso schob sich, wenn ich am Schreibtisch saß, sehr regelmäßig eine Lakritznase ins Bild, die mir in einer Bandbreite zwischen piepsigem Meerschweinchengequietsche und energischem Gekläffe erklären wollte, dass nun dringend Zeit für menschliche Aufmerksamkeit angesagt ist.
    Streicheleinheiten fand das Hundekind überwiegend blöd und war, gerade, wenn es wieder einen Wachstumsschub gab, sehr berührungsempfindlich. Im Gegenzug konnte es dauernd und gierig fressen, was mit Blick auf die Leistung, die der kleine Körper in dieser Phase bringt und die Energie, die er dafür braucht, auch nicht weiter verwunderlich ist.


    Das Lernen in dieser Lebensphase ist nicht einseitig und nicht alleiniger Job des Hundes. Es ist eine Aufgabe, die Hund und Halter gemeinsam meistern müssen, um zu einem Team zusammenzuwachsen.
    Die Beißhemmung aufzubauen und aufmerksamkeitsheischendes Verhalten zu unterbinden (das sich der Mensch sehr regelmäßig selbst eingebrockt hat, weil die Augen ständig an dem ach so süßen Welpen kleben), dauert seine Zeit und die solltest Du Dir und dem Hund auch geben.

  • ich versuche es auch mit ignorieren und trotzdem hat er sich verschlimmert.

    Ignorieren ist bei diesem Hundetyp meist der falsche Weg. Wenn man sich mal anschaut für was sie ursprünglich gezüchtet wurden, dann ist das auch logisch. Diese Hunde sollen in Frustsituationen ein immenses Durchhaltevermögen zeigen und niemals aufgeben. Stattdessen sollen sie nach neuen Lösungswegen suchen ihr Ziel zu erreichen und sich "immer mehr aufregen".


    Bellt mich jetzt beim "Training" sogar an und nimmt das Leckerlie immer so hastig, dass er mir fast immer dabei in die Hand beißt.

    Was trainierst Du denn?

  • ......Eine schöne Vertrauensübung ist das Leckerchen geben nach Anschauen. Du hälst ein superduper Leckerchen in der flachen Hand. Wenn er es nehmen möchte, schließt du wortlos die Hand und öffnest sie erst, wenn er dich ansieht und gibst es ihm dann.


    .....

    Hahahahaha.... DAS möcht ich sehn, n überdrehter Schäfiwelpe, der Dich dann ruhig anguckt, wenn Du das Leckerli wegpackst..... Das erste, was er versuchen wird, ist da dranzukommen. Mit lutschen, beißen, auf der Hand draufrumkauen. Hinsetzen, bellen, Jaulen. Bis der auf die Idee kommt, Dich einfach nur ruhig anzusehen - jo, könnte sein, daß Du morgen noch dastehst mit Deinem Leckerli in der Hand - und der Hund komatös danebenliegend, weil er vor lauter Rumhampeln net auf die richtige Idee kam, und nem Herzkasper erlag vor Aufregung.... :lachtot: :lachtot:


    Gute Idee, für -ääääh- ruhige Hunde, die sich net ganz an einen rantrauen - aber ich glaub bei dem Hund ginge das nach hinten los.... Versuchen kann mans sicherlich - aber rechne mit sowas.

  • Also das mit dem Leckerchen und dem Schließen der Hand finde ich in der Situation auch etwas merkwürdig.
    Das mache ich mit Rudi zwar auch, aber in einem ganz anderen Zusammenhang : Wir üben damit das "Nein". Ich lege ein leckerchen in die geöffnete hand und sage Nein. Möchte er es trotzdem nehmen, dann schließe ich die Hand. Er bekommt unter großem Lob das Leckerchen nur, wenn er das Nein akzeptiert. Immer, wenn er das Nein akzeptiert, kommt von mir ein Okay und er darf es sich nehmen. Das Spielchen machen wir maximal fünf mal und dann sehe ich zu, dass ich die Übung für ihn positiv beenden kann.
    Das klappt auch schon richtig gut.
    Ich weiß nicht, ob man den Hund von PeytonSawyer mit der Übung, die ChaosAppenzeller vorgeschlagen hat, nicht noch mehr aufdreht.
    Liebe Grüße
    Bayouma

  • Bei einem überdrehten Schäferhund wird man mit den "normalen" Tipps aus den üblichen Welpenratgebern wahrscheinlich nicht weiterkommen, wenn ich gerade so lese, was da teilweise alles empfohlen wird.
    Unsere Schäferhunde hätte ich mit einem "Quieken" erst recht angestachelt, wenn sie beim Spielen zu wild wurden. Beim Dackelrüden hat es dagegen sehr gut funktionier.
    Auch hatten wir ein Leckerlie-Schnapp-Exemplar dabei. Dem hab ich das Leckerlie nicht mit 2 Fingern hingehalten, sondern mit der flachen Hand und wenn dann auch noch zu heftig danach geschnappt wurde, dann hab ich das Leckerlie, kurz vorm Maul ausgelassen und der Hund hat es aufgefangen.
    Wahrscheinlich hätte ich das irgendwie unterbinden können, ich wollte das aber nicht unterbinden, mir hat das nichts ausgemacht. Allerdings war es hier ein ungeschriebenes Gesetz, dass nur nach einem Leckerlie geschnappt werden darf, welches sichtlich für den Hund bestimmt ist und ihm hingehalten wird. Schnappen nach irgendwas Anderem was ich in der Hand halte wie z.B. meine Wurstsemmel oder mein Eis, wurde sehr konsequent und heftig verbal und teils auch körperlich von mir verboten und daran haben sich dann alle gehalten.

  • Ich gehe auch mal davon aus, dass die "normalen" Tipps nicht bei dem Hund von PeytonSawyer funktionieren. Es ist halt wie bei Kindern, da gibt es auch kein universelles Rezept. Jedes Kind ist anders und reagiert auch anders. So ist es halt bei Hunden auch.
    Das laute Aufquietschen, wenn Rudi mich mal schnappte, hat auch nicht funktioniert. Seit ich das mit einem lauten Nein quittiere, geht es eigentlich. Hört er auf das Nein nicht, dann gibt es von mir auch mal körperlichen Einsatz, um dem Herrn zu zeigen, dass ich das nicht möchte.
    PeytonSawyer kann ich bei aller Verzweiflung nur raten, durchzuhalten. Ihr werdet noch zusammen wachsen. Da bin ich mir ganz sicher.
    Liebe Grüße
    Bayouma

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