Qualzuchten II

  • Aber langfristig muss ein Umdenken nicht nur bei Züchtern (bzw. privaten Verkäufern) erfolgen, sondern in erster Linie bei den Käufern. Aber das ist genau das Riesenproblem...

    Für meine Begrifflichkeit muss sich bereits im Ausstellungswesen was ändern: zurück zum funktionsfähigem Hund, der weder zu plüschig oder überhaart sein darf, der ein ordentliches, sauberes und funktionales Gangwerk aufweist, der in keinster Weise an Funktionalitäten von Riechen (ausgeprägtes Riechorgan), Hören, Sehen (normale Augenform = keine Glupsaugen) eingeschränkt ist.

    Alleine das würde vielen Rassen gut tun.

    Gerade auf Ausstellungen wird die Richtung der Rassehundezucht in das Extreme oft vorgegeben. Die meisten Züchter wollen ganz vorne mitspielen und dann ist der Champion vom Champion für die Weiterzucht die Wahl.

    Man könnte aber genauso wie in der Pferdezucht selektieren: Leistung muss für den Deckhengst/Deckrüden her und der Nachweis eines Wesensbelastungstestes. Letzteren nicht nur einmalig, sondern zumindest 1jährig im Laufe der ersten 5 Jahre.

    Im Grunde ganz einfach, würden auch viele Verbände so machen, allerdings treiben sie damit die "verbandslose" Zucht an, weil "Zucht" da um vieles einfacher ist. Dem Käufer ist es meist egal!

    Ein Gesetz für die hoffnungslose Vermehrung müsste her, das wiederum lässt die Tierschützer wach werden, weil sie befürchten, dass dann viele (ungewollte) Welpen entsorgt werden.

    Es ist nicht einfach!

  • Der Belastungstest macht auf jeden Fall Sinn.
    In CH ist mir aber aufgefallen, dass er meistens im Frühjahr oder im Herbst stattfindet... evtl. absichtlich.
    Hier müssen sie nur 500m laufen, wenn ich mich recht erinnere. Kann es aber gerade nicht nachprüfen, da die Homepage komplett "down" ist.

    Natürlich wollte mich das damals auch nicht wirklich vom Kauf abhalten :verzweifelt: Ich sehe die dummen Fehler, die ich gemacht habe, und warne auch jeden, der Beans "mega süss" findet.
    Ein zweiter Bully ist nur eingezogen, weil Bambam so ziemlich das absolute Gegenteil von Bully Nr. 1 ist und die Eltern entsprechend ausgewertet sind (Luftröhrenscans etc.)
    Er wurde unter der Flagge eines nicht-SKG/VDH Vereins geboren. Sie machen ein Vielfaches mehr für die Rasse als der offizielle Rassezuchtverein hier. Die meisten sind bei der SKG / VDH ausgestiegen, weil sie mit ihren "etwas anderen" Hunden viele Stolpersteine in den Weg gestellt bekommen haben. Ich möchte aber nicht ausschliessen, dass man auch weiterhin im Verband hätte weiterzüchten können, einfach mit arg viel Gegenwind.

    Man sieht dort aber, dass die Rasse noch zu retten ist, auch ohne Fremdeinkreuzung. Es dauert einfach. Die meisten der Hunde in dem Verein stammen aus FCI-Hunden, aber langnasigen Zufallsprodukten. Bambam ist jetzt Teil dieses "Programms" und ich finde, sie sind schon sehr sehr weit. Wenn er ein Jahr alt ist, muss ich ihn komplett durchleuchten lassen, das war eine Voraussetzung dafür, dass ich ihn bekomme. Schon jetzt zeigen sich viele Differenzen zu Beans damals im selben Alter.

    Und was hier ebenfalls auffällt, und mich anfangs echt gewundert hat:
    Sicher 70% der nicht komplett nasenlosen, schlanken, beweglichen Bullies (auch in Standardfarben), ohne Atemgeräuschen, stammen aus der Dissidenz.
    Das, plus die grobe Übersicht über alle Schweizer SKG-Züchter erweckt klar den Eindruck, dass es aktuell unter der SKG praktisch keine Möglichkeit zum (von total gesund möchte ich nicht einmal sprechen) "geräuschfreien" Bully gibt. Die Verantwortung liegt aber natürlich klar beim RZV.

    Was mich ganz nachdenklich gemacht hat:
    Als sich bei Beans das erste Problem gezeigt hat, bin ich natürlich auf die Käufer der Geschwister und auf die Züchterin zugegangen, um nachzufragen wie es dort aussieht.
    Es machte den Anschein, als seien alle gesund, ausser mein Exemplar. Tja, solls geben, dachte ich mir. War ja eigentlich auch egal, denn eigentlich muss es nur die Züchterin wissen...aber naja, sie wollte es nicht hören. Kaum war Bambam hier, kamen die ersten Nachrichten "ja ob der denn nun gar nicht schnarcht, ob er sich selbst überall kratzen kann etc." Erst da haben sie mit der Wahrheit rausgerückt, und ich kam mir schon etwas verar**** vor. So lange haben sie geschwiegen, dabei bin ich ja nicht der Züchter :verzweifelt:

    Klar, man mag sich jetzt fragen, wieso ich überhaupt nochmals einen gekauft habe.
    Aber ich finde deren Bemühungen, Ehrlichkeit und Arbeit einfach nur vorbildlich, man sieht Ergebnisse und ich möchte die Vorstellung davon, dass bald mehr solcher Bullies rumlaufen, einfach noch nicht aufgeben. Die Nachfragen nach solchen Bullies ist auf jeden Fall auch da, daher glaube ich an den Erfolg dieser Sache.
    Es wird nur schwierig sein, genügend Hunde zu finden, die die Voraussetzungen erfüllen.

    Mir ist aber schon klar, wer mit dem Bully und seinem Wesen an sich nichts anfangen kann, befürwortet dies auch nicht.
    Dann ist ein Halte- und Zuchtverbot klar die Methode, welcher schneller und konsequenter dazu führt, Qualzuchten zu vermeiden bzw. von der Bildfläche verschwinden zu lassen.

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    Es machte den Anschein, als seien alle gesund, ausser mein Exemplar. Tja, solls geben, dachte ich mir. War ja eigentlich auch egal, denn eigentlich muss es nur die Züchterin wissen...aber naja, sie wollte es nicht hören.
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    Das ist auch so ein Problem, daß viele Züchter von Krankheiten nichts wissen wollen. Selbst wenn der x-te Hund aus dieser Zucht irgendeine bestimmte Erkrankung hat, wird es abgetan, und vor dem betroffenen Käufer so getan, als wäre das ganz was Neues, daß das noch nie gewesen wäre, und daß das überhaupt nicht an den Genen liegen könne. So sind doch viele Züchter. Die Augen verschließen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

    Da müßte es eine Datei geben, wo betroffene HH ihren Hund melden können (und somit klappt es auch beim Datenschutz). Beim Beardie gibt es ein Register, in dem man seinen Hund (allerdings ohne Namen von Hund und Halter) eintragen kann, mit den gesundheitlichen Problemen. Jedes Jahr wird ein Bericht erstellt, siehe hier (in englisch) Open Registry
    Nur leider hat das keinen Einfluß auf Züchter bzw. die RZV.
    Allerdings gab es eine Studie zu SLO, die u.a. vom BCCD mit organisiert wurde, da sehr viele Beardies SLO haben, und man wollte herausfinden, woran das vielleicht liegen könnte. Die Ergebnisse gibt es meines Wissens leider noch nicht. Trotzdem finde ich das einen guten Schritt.

  • Dieses Register ist aber schonmal eine gute Sache!

    Ich denke, betroffene Halter von kranken Hunden wären durchaus bereit, das öffentlich zu machen. Zumindest höre ich das aus den Gesprächen mit selbigen raus. Das einzige was dazwischen kommen könnte, ist die "Angst" vor dem Züchter. Quasi die Angst, Rufmord zu betreiben (oder wie man dem sagen möchte). Kann ich teilweise verstehen: nicht dem Züchter oder dem Verhältnis zu ihm zuliebe, sondern weil ich keine rechtlichen Grenzen überschreiten möchte. Andererseits wären es ja Fakten, nicht nur Mutmassungen. Weiss nicht, was man dann zu befürchten hätte.

    In FB-Gruppen oder anderen Formaten gab es schon viele Beiträge à la "Mein Hund, XY von dortunddort, hat diese Krankheiten, möchte euch warnen" etc. Es tut sich schon was, die sozialen Medien helfen diesbezüglich auf jeden Fall.

  • Das ein Halteverbot für zum BBeispiel Mopse Hunde im Tierheim nach sich ziehen würde, die dann eingeschläfert werden müssen, finde ich das geringere Übel für das Tier .

    Jeder vernünftige Mensch würde seinen Goldi mit derartigen Atemberaubende einschläfern.

    Zumal es nicht nur die Atemberaubende sind , die Tiere haben auch charakterliche Veränderungen wegen ihrer Behinderung.

  • Auch hier... möchtest du der/diejenige sein, die mit dem Finger auF die Hunde zeigt "der stirbt, der nicht, der auch nicht, der stirbt, der stirbt..."?
    Und was ist mit den Mopsmixen?

  • Das ein Halteverbot für zum BBeispiel Mopse Hunde im Tierheim nach sich ziehen würde, die dann eingeschläfert werden müssen, finde ich das geringere Übel für das Tier .

    Jeder vernünftige Mensch würde seinen Goldi mit derartigen Atemberaubende einschläfern.

    Zumal es nicht nur die Atemberaubende sind , die Tiere haben auch charakterliche Veränderungen wegen ihrer Behinderung.

    Also diese Einstellung finde ich dann doch zu hart, was kann denn der Hund dafür? Dem kann meist mit einer Operation geholfen werden und noch so einige gute Jahre haben.
    Und einen Goldi mit Atemgeräuschen einschläfern zu lassen braucht erst mal einen echt skrupellosen TA ...
    Außerdem sind es gerade die charakterlichen Veränderungen, die die Halter von Qualzuchtrassen oft so lieben. Wer weiß, ob ein Mops so anschmiegsam wäre, wenn er statt dessen toben und Unsinn anstellen könnte?

    Aber in meiner Umgebung kommt man auch immer wieder mal ins Gespräch und gerade bei den Möpsen sagt wirklich jeder, mit dem ich gesprochen habe: Nie mehr wieder, die sind total furchtbar. Nicht nur wegen der Atmung, sondern auch wegen der Allergien und den Augen...

    Aber ein klares Gesetz mit einer Übergangslösung würde ich auch befürworten. (z.B. 2cm lange Nase, Schleimhautorgane im Rachen angepasst, Herz nicht vergrößert am Röntgen, etc.)
    Und die offizielle Liste mit Meldung über Erkrankungen finde ich super.

  • Gut, das sehe ich ein. Das könnte vielleicht wirklich klappen.
    Für welche Rassen gilt das?
    Möpse? Franz. Bulldoggen? Englische? Boston Terrier? Nackthunde? Whippets? Windspiele? Retromöpse? Puggle? Fröpse? Poogle? Dackel?
    Was ist mit extremen Verzwergungen? Extreme Größe?

    Was ist mit Katzen? Gilt das da auch? Nacktkatzen? Perser? Maine Coon?

    Meerschweinchen und Ratten?

    Nutztieren?

    Und letztendlich... Wer darf entscheiden, was darf und was nicht? Nicht mal hier, unter Hundefreunden, werden wir uns einig, was wann warum Qualzucht ist. Wie soll das dann im großen funktionieren? Welche belastungstests gibt es für Kühe und Schweine und Hühner?

    Das regelt ja schon das Tierschutzgesetz, § 11b.

    Zitat:
    "(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse oder im Falle der Veränderung Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass als Folge der Zucht oder Veränderung
    1. bei der Nachzucht, den biotechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten ...

    (4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
    1. die erblich bedingten Veränderungen und Verhaltensstörungen nach Absatz 1 näher zu bestimmen,
    2. das Züchten mit Wirbeltieren bestimmter Arten, Rassen und Linien zu verbieten oder zu beschränken, wenn dieses Züchten zu Verstößen gegen Absatz 1 führen kann."

    Also, das zuständige Bundesministerium darf entscheiden!

    Mir ist schon klar, dass es schwierig ist, das auch in der Praxis durchzusetzen, wird aber wahrscheinlich schneller gehen, als auf gesunden Menschenverstand der Züchter und Käufer zu hoffen. Ohne Gesetze würde man beim Kupieren darauf auch heute noch warten können, schätze ich.

    Mit etwas "Glück" werden Zuchtkosten, Welpenpreise und tierärztliche Folgekosten so weit steigen, dass es zu vielen einfach zu teuer wird..

  • Wir hatten ja eigentlich eine Übergangsfrist für Qualzuchten bis 2018 in Österreich bis 2018, die allerdings durch die "Tierschutznovelle" gestoppt wurde. Wäre interessant gewesen, was das nach sich gezogen hätte...

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