Mein Hund "verschwindet" im Wald

  • Vorsicht lange Geschichte :D


    Seit knapp 3 Monaten ist eine 1-jährige Hündin, Cleo, aus dem Tierschutz aus Neapel (I) bei mir eingezogen. Cleo ist mein erster Hudn und ich habe mich vorher gut informiert, aber jetzt hab ich doch Fragen ;) Abgegeben wurde sie als Golden Retriever Mischling, einige Hundekenner und Jäger hier in der Gegend haben vermutet, dass der zweite Elternteil wohl ein Segugio, ein italienischer Jagdhund, sei.


    Sie hatte vor einigen Dingen wie ungewohnten lauten Geräuschen, Bussen oä. anfangs ziemlich Angst, hat aber erstaunlich schnell Vertrauen gefasst und geht an der Leine problemlos mit. Vor manchen Dingen hat sie noch mehr Angst, aber ich denke, das dauert einfach noch. Sie lernt sehr schnell, ist stubenrein (wohl ein "Erbe" aus dem Tierheim) und kann schon einige Befehle und Tricks. Anhänglich war sie sofort, streicheln und tüddeln waren jederzeit willkommen. Die erste Zeit wollte sie mit nichts spielen, kein Ball, nicht zerren oder ähnliches. Fangen und Rumlaufen ging minimal, aber man merkte, dass sie unsicher war. Mit anderen Hunden klappte es sofort sehr gut und über das Spiel mit den Hunden einer Bekannten konnte ich mich nach und nach miteinbauen.
    Jetzt spielt sie immer mehr mit mir. Ball ist zwar nur 2-3mal interessant, aber Zerrspiele oder Fangen findet sie klasse. Dabei kann ich jederzeit abbrechen, ihr das Spielzeug wegnehmen oder es auf dem Boden liegen lassen und für mich beanspruchen. Sie wartet brav, bis sie wieder ran darf oder wir was anderes machen - auch kein Problem für sie.


    Unser "Problem" ist der Freilauf bzw. das Abrufen.
    Problem unter "" weil es in gewissen Situationen zu 95-99% klappt und in einer anderen weniger. Wenn ich sie auf einer unserer gewohnten kurzen Strecken ( ca 50-60 min Runden (wir sind mehrmals täglich unterwegs) ) laufen lasse, kommt sie immer auf Abruf. Wenn sie etwas sehr interessantes abschnüffelt, dauert es schon mal ein paar Sekunden, aber auch dann kommt sie. Auch in Wiesen ist es kein Thema sie abzurufen. Kommen andere Hunde daher, muss ich früh genug dran sein, sonst rennt sie manchmal erst mal in deren Nähe, sagt Hallo und kommt wieder zurück. Sie kann sehr gut unterscheiden, bei welchen hudnen sie das machen soll/will und kommt bei anderen zu mir ohne weiter hinzusehen. Selbst wenn sie voll im Spiel mit einem anderen Hudn ist, bleibt sie ansprechbar. Will ich weitergehen, zeigt sie deutlich, dass sie bleiben möchte, winselt auch etwas, kommt aber mit ob ohne Leine oder mit.
    Schlimm wird es im Wald. Da passiert es immer mal wieder , dass sie "verschwindet". Den einen Moment ist sie hinter/vor/neben mir, den nächsten ist sie weg. Das geht so schnell, dass ich sie oft nicht mal weglaufen höre! Sie ist nie lange weg, maximal 10 Minuten war das längste, aber sie ist in diesem Moment nicht abrufbar. Selbst wenn wir mit anderen Hunden unterwegs sind, ist es schon passiert.
    Ich verstehe ja, dass es im Wald viel mehr Reize für sie gibt, gerade für eine Spürnase wie sie. Andererseits jagt sie sonst auch nicht. Kleintiere sind interessant, seiehen es Katzen oder Hühner oder was auch immer - rennen die weg, springt sie zwei, drei meter hinterher, aber nie mehr. Wenn ich sie anspreche (ohne Rückruf), nicht mal das. Sie ist im Wald auch nie neim Tier hinterher, was ich sehen konnte. Mehrfach flüchteten Rehe vor uns, ein Eichhörnchen lief in den Baum hoch, da erstarrt sie eher und schaut hinterher. Insgesamt hat sie diese Aktion ca. 3-4 Mal abgezogen, aber mich nervt das immens und verstehe nciht so recht, warum das passiert.
    Kann es sein, dass sie etwas in die Nase bekommt und micht nicht mehr hört/ausblendet? Würde es Sinn machen, für den Wald ein "neues" Abrufsignal zu etablieren (natürlich erst anderswo), damit sie darauf kommt, wenn das normale nicht mehr wirkt?
    Oder könnte es sein (wie eine Bekannte sagte), dass sie jetzt einfach ins Flegelalter kommt?


    Was ich mich auch frage: Wie reagiere ich richtig, wenn sie zurückkommt? Schimpfen und anleinen?


    Wenn sie mal iwo schnuppert und nicht kommt, geh ich auf Anraten einer Freundin zu ihr hin und bring sie mit kurzem Schimpfen zum Platz, an dem ich sie gerufen habe. Dort soll sie kurz bleiben, ehe sie wieder losdarf oder angeleint wird. Das kommt jedoch sehr selten vor mittlerweile.
    Wenn sie aber iwo im Wald unterwegs war, bemerke ich sie oft nicht, bis sie bei mir ist. Soll ich dann noch schimpfen? Würde ich sie damit nicht für's Zurückkommen schimpfen?


    Ich will sie jetzt auf alle Fälle erstmal im Wald an der Schleppleine lassen, denn nur weil bisher nix passierte, ist das ja keine Garantie für später. Eine Hudnetrainerin in der Nähe habe ich auch schon angeschrieben, aber trotzdem bin ich über jeden Tipp und Erklärungen froh.
    Danke schon mal!

  • Schlimm wird es im Wald. Da passiert es immer mal wieder , dass sie "verschwindet". Den einen Moment ist sie hinter/vor/neben mir, den nächsten ist sie weg. Das geht so schnell, dass ich sie oft nicht mal weglaufen höre! Sie ist nie lange weg, maximal 10 Minuten war das längste, aber sie ist in diesem Moment nicht abrufbar.

    Das geht gar nicht. Der Hund gehört an eine Schleppleine. Lässt Du ihr vermehrt die Jagdmöglichkeiten wird sie sich irgendwann immer länger von Dir verabscheiden und eigene Wege gehen.

    Kann es sein, dass sie etwas in die Nase bekommt und micht nicht mehr hört/ausblendet?

    Ja, das ist durchaus möglich. Da musst Du Möglichkeiten finden interessanter zu sein, als dass, was sie gerade in der Nase hat. Wenn Du richtig beobachtest und im richtigen Moment agierst, kannst Du sie eventuell mit ihrem Lieblingsspielzeug ablenken und zu einem Spiel mit Dir ablenekn.

    Was ich mich auch frage: Wie reagiere ich richtig, wenn sie zurückkommt?

    Du lobst, freust Dich, leinst an. (Auch, dann, wenn Du einen Groll im Herzen hast)

    Wenn sie mal iwo schnuppert und nicht kommt, geh ich auf Anraten einer Freundin zu ihr hin und bring sie mit kurzem Schimpfen zum Platz, an dem ich sie gerufen habe. Dort soll sie kurz bleiben, ehe sie wieder losdarf oder angeleint wird.

    Das ergibt für den Hund überhaupt keinen Sinn. Er stellt da keine Verknüpfung her, versteht es nicht.
    Hingehen anleinen und Spaziergang an der Leine fortsetzen.

    Wenn sie aber iwo im Wald unterwegs war, bemerke ich sie oft nicht, bis sie bei mir ist. Soll ich dann noch schimpfen? Würde ich sie damit nicht für's Zurückkommen schimpfen?

    Du leinst wortlos an und nimmst zur Kenntnis, dass Dein Hund sich verselbständigt und an die Schleppleine gehört.

    Ich will sie jetzt auf alle Fälle erstmal im Wald an der Schleppleine lassen,

    Das ist sehr vernünftig und es kann durchaus sein, dass sie so ein Jäger ist, dass sie dauerhaft im Wald an der Schleppleine laufen wird.


    Während des Schleppleinentrainings darauf achten, dass der Hund auf dem Weg bleibt und jeden Schritt ins Grüne mit einem "Nein" kommentiert wird. Nur so kann Dein Hund lernen, dass der Wald tabu ist.

  • Ich würde im Wald so lange eine Schleppleine dranmachen, bis der Hund dort kontrollierbar ist. Im Wald gibt es viele interessante Gerüche. Denen wird sie wohl nachstöbern. Dabei kann ein Hund auch mal ein Wildschwein aufschrecken. Das möchtest du nicht erleben. Deshalb Schleppleine dran und den Abruf mit dem selben Kommando im Wald gezielt trainieren. Vielleicht mit Superbelohnung (Schale Katzenfutter oder irgendetwas anderes, ganz besonderes zu Fressen).
    Ich mache das mit allen meinen Hunden so. Hier im Wald frei zu laufen ist die Königsklasse. Denn hier steht massig Wild das ganze Jahr über. Sie lernen dann, dass sie den Weg nicht verlassen dürfen. Auch heute noch führe ich lieber an der Leine, wenn ich das Gefühl habe, dass einer meiner Hunde an dem Tag nicht gut ansprechbar ist bzw mit dem Kopf woanders.

  • Es gibt Hunde, die man im Wald niemals ableinen kann. Ich habe auch so ein Exemplar.
    Ein Hund mit Jagdtrieb, gehört im Wald angeleint! Dein Hund hat Jagdtrieb und bei jedem Verschwinden, belohnt sie sich selbst.
    Und ja; es ist normal, daß Hunde mit Jagdtrieb in solchen Situationen nicht mehr reagieren und alles ausblenden. Es kommt nichts mehr bei ihnen an.
    Ich würde nur da ableinen, wo ich alles überblicken kann.

  • Das Alter kommt tatsächlich erschwerend hinzu. Der Jagdtrieb entwickelt sich erst später. Leichte Tendenzen sind schon früher zu erkenne, ein kurzes hinterherjagen,...
    Unter umständen ist das also nur der Anfang, je nach Rasse dauert es bis zum 3./4. Lebensjahr bis die Triebe voll "ausgereift" sind.


    10min. ist eine verdammt lange Zeit! Der Hund gehört unbedingt gesichert. Wildschweinbegegnungen enden immer mal wieder tödlich für den Hund und du weißt auch nicht, ob er Rehe,... auf eine Straße hetzt, oder die in Panik über eine Straße flüchten und dort einen Unfall verursachen,...


    Zudem kann jeder Jäger den Hund einfach abknallen, wenn er ihn wildernd im Wald erwischt.


    Das alles sollte man mit bedenken. Also Schlepp dran und Kontrollierbarkeit trainieren. Nicht zulassen, das der Hund erfolg hat. Jagdverhalten ist selbstbelohnend, schüttet also Glückhormone aus, auch wenn kein Tier gerissen wird. Allein das Verfolgen einer Spur oder das Hetzen reichen dem Hund als Belohnung, das hat die Natur so eingerichtet.
    Desto mehr der Hund also die Chance hat, desto öfter belohnt er sich selbst und desto öfter wird er dieses Verhalten zeigen.

  • Wir haben von Anfang an das Kommando "raus da" etabliert und auch mit Hilfe der Schleppleine durchgesetzt. Egal ob Vorgärten, Maisfelder oder eben der Wald - meine Hunde sollen da nicht hin und das ist für sie auch einfacher umzusetzen als sie dann von super interessanten Spuren abzurufen. "Raus da" heisst ganz klar raus aus dem verbotenen Areal, Umorientierung zu mir und gerne darf man sich dann da nauch noch einen Keks abholen, aber generell ist es bei "Raus da" keine Pflicht, zu mir zu kommen.


    Auf jeden Fall solltest Du aber die Schleppleine nutzen... je öfter Dein Abrufen nicht funktioniert, desto weniger "Macht" hat es noch über den Hund - mit der Schlepp kannst Du Deinem Anliegen Nachdruck verleihen - Ziel soll ja sein, dass sie später wieder frei läuft und zuverlässig kommt.

  • Ich möchte nicht ausschließen, dass es mir auch einmal passieren könnte, dass mein Hund im Wald verschwindet. (Mit einem neuen Hund, den ich vielleicht falsch eingeschätzt habe. Meine beiden Monster werden im Wald definitiv nie frei laufen.)
    Aber wenn, dann passiert mir das vielleicht einmal - sicher kein zweites Mal.
    Denn wenn ich weiß, dass er mir im Wald die Mittelkralle zeigt, wenn ich ihn rufe, dann ist der Hund an der Leine. Ohne wenn und aber. So lange, bis er SICHER abrufbar ist. Und wenn das nicht der Fall ist, bleibt die Leine dran. Kann gerne eine Schleppleine sein.


    Ich möchte nicht, dass mein Hund (nicht nur im Wald übrigens) Tiere hetzt oder sogar verletzt.
    Ich möchte nicht, dass sich mein Hund verirrt, irgendwo hängen bleibt oder verletzt.
    Und zu guter Letzt möchte ich auch nicht, dass mein Hund vom Jagdpächter aufs Korn genommen wird. Erst vor ein paar Monaten im Nachbarort passiert - der Aufschrei war riesig.
    "Was dem Jäger einfällt!!!" Ich find's nicht in Ordnung, auf einen Hund zu schießen (nicht, dass wir uns da falsch verstehen) - dass der Hund stundenlang die Rehe gehetzt hat, find ich aber auch nicht in Ordnung. Und in dem Fall hilft es auch nicht, wenn der Hund das "ja noch nie gemacht hat", "nur manchmal wegläuft", "meistens nach ein paar Minuten wieder da ist" oder mit den Rehen "nur spielen will".


    Also, zum Schutz der Waldbewohner UND deines Hundes bitte (Schlepp-)Leine dran, BEVOR was passiert!

  • Erst Mal: Vielen Dank für eure schnellen und ausführlichen Antworten!
    Das hilft mir sehr weiter.
    Die Kleine ist mein erster Hund und auch wenn ich mich informiert habe, fehlt mir oft noch das Hintergrundwissen. Frage zwar gerne bekannte Hudnebesitzer, aber deren Erklöärungen sind auch manchmal dürftig oder erscheinen mir unlogisch. Eure Erklärungen leuchten mir da viel mehr ein.
    Dass zum beispiel allein das Suchen schon eine Belohnung und bestärkung für sich ist, hätte ich so nicht gedacht...


    Cleo bleibt jetzt erstmal auf alle Fälle an der Schleppleine im Wald und wir versuchen anderso das Abrufen zu festigen, ehe wir es dort probieren. Da sie generell gut hört, hoffe ich schon, dass wir das hinkriegen mit viel Übung und sie iwann wieder frei laufen kann im Wald.


    Wildschweine gibt es hier zum Glück nicht, aber denen mööchte ich nicht mal als Mensch begegnen, wenn ich ehrlich bin...




    Tamias: Interessanterweise hab ich das Komando auch - wenn wir zum Beispiel an Gärten vorbei kommen udn sie rein schnuppert, reicht ein "Raus!" udn sie kommt auf den Weg zurück. Für den Wald hab ich das dummerweise (von meiner Seite her) noch nicht genutzt. Sehr gute Idee!!!



    Pinky4: Da bin ich deiner Meinung. Sicher, das ist erst mal erschreckend, wenn ein Hund erschossen wird. Aber zu Tode gehezte Tiere sind ebenso ein No-Go.
    Dass die Schleppleine dran kommt ist für mich klar - nur die Hintergründe haben mich als Ersthundehalter interessiert.



    Vielen Dank nochmal!

  • Na sie ist ja erst 3 Monate da, das ist eine verdammt kurze Zeit und sie braucht viel mehr Zeit um zu lernen.


    Ich denke ihr habt gut trainiert und ohne Ablenkung klappt alles gut. Jetzt gilt es daran mit Ablenkung zu trainieren. Fangt mit einfachen Dingen an, belohnt hochwertig, gebt ihr keine Gelegenheit Fehler zu machen ( heißt die Leine bleibt dran). Erst wenn es in allen Situation gut klappt würde ich das abrufen von anderen Hunden und Wild üben.


    Wenn Ihr Hundeanfänger seid würde ich Euch eine gute Hundeschule empfehlen.

  • Sie ist nie lange weg, maximal 10 Minuten war das längste,

    Das sind 10 min. zu viel ;)


    Also mal im Ernst: Ich finde, du kannst dich sehr glücklich schätzen, so eine zauberhafte Hündin aus dem Tierschutz bekommen zu haben. Sie macht es dir wirklich leicht und das sie nach drei Monaten bei dir schon so verlässlich ist, zeigt, dass ihr offensichtlich gut zueinander passt.


    Wenn sie Jagdtrieb hat, muss man halt versuchen, daran zu trainieren. Schleppleine ist schon mal gut und sinnvoll (aber bitte nur mit Geschirr!), allerdings braucht es auch Zeit und Geduld. Bei manchen Hunden klappt es auch nach Jahren nicht. Das ist dann halt so.


    Nach all dem was recht easy lief, habt ihr nun eine Herausforderung. Lies dich mal in das Thema Anti-Jagd-Training ein. Ich habe immer fast ausschließlich mit Belohnung gearbeitet und hatte Erfolg.

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