Angst - Panik - deprivierte Hunde - Vorgehensweisen, Erfahrungen etc.

  • Wie würdest Du denn reagieren, wenn der Hund in seinem massiven Angstverhalten bleibt und, nachdem er erstmals mit Leine und Geschirr aus der Box geholt wurde, mit noch stärkerem Rückzug reagiert? Also wenn der Knoten über Monate hinweg nicht platzt? Und was, wenn der Hund Dir körperlich so überlegen ist, dass Du ihn nicht am Geschirr vor die Tür ziehen kannst?

    Weiß ich nicht, da ich mir keinen so dermaßen ängstlichen/panischen Hund wie du ihn da gerade beschreibst, geholt hätte.

  • ohne, dass man daran heftig hätte schütteln/rütteln müssen.

    Warum schütteln/rütteln ? Irgendwann lassen die Kräfte ja auch nach. Aber nun gut, es ist ja auch gut gegangen.
    Ich persönlich würde das jedenfalls bei einen noch dazu fremden/ängstlichen Hund nicht wagen. Der Griff in die Höhle ist schon auch sehr riskant.


    Geliefert ? Also der Hund wurde so ins Haus geliefert ? :???:


    Eine Freundin hat ja immer wieder mal Rumänen auf Pflegestelle. Einen besonders pansichen/ängstlichen hat ihre Nachbarin übernommen, der aber auch bei ihr oft tagsüber ist zum sitten. Wohnen Zaun an Zaun. Dieser Hund ist extrem, er ist jetzt knapp ein Jahr da, aber er brauchte gut ein halbes Jahr, bis er vor Fremden nicht ständig "panisch" flüchtete. Ich konnte ihm nach nem halben Jahr erstmals ein Leckerli geben als er von alleine kam.
    Er lief sozusagen einfach mit, alles andere hätte ihn nicht weiter gebracht. Die erste Zeit hatte er Mühe was zu fressen, er war immer auf hab acht Stellung, lief beim kleinsten Geräusch weg, bei jeder Bewegung. Die anderen Hunde haben ihn viel bei allen geholfen, solch ein Hund wäre z.B. als Einzelhund ein armer Tropf und er wäre heute bei weiten nicht so weit wie er ist.
    Heute ist er zwar immer noch vorsichtig, aber er ist sehr viel selbstbewusster geworden, traut sich mittlerweile schnüffeln und nach gucken. Und jaaa, er freut sich sogar wenn ich komme, wenn auch immer noch ganz vorsichtig.
    Was ich damit sagen will ist, das es seeeeeeehr viel Zeit und Geduld braucht bei einem wirklichen Angst/Panik Hund.
    Hätte man solch einen Hund so aus einer Höhle genommen wäre das Fass übergelaufen. :/
    Bei ihm ging alles nur über abwarten, null Druck, alles so normal wie möglich und natürlich über die fleißigen Helferlein, den beiden Hunden :smile:

  • Der Mensch als solches neigt halt leider dazu, Gewalt als Mittel der Wahl zu sehen und er leitet lieber als zu begleiten. Daß das recht häufig langfristig in die Hose geht, übersieht mensch gerne bei kurzsichtigem augenscheinlichen Erfolg.

    Ich glaube auch, dass das "Problem" an sich oft die "eigene Definition" von Gewalt ist. Jeder hat da andere Grenzen, vieles verschwimmt, vieles sieht man überhaupt nicht, für die einen ist vertretbar was andere niemals machen würden. Gibt Hunde die verzeihen viel, andere nur sehr wenig. Hunde gewöhnen sich leider an viel :/ Die Erfolgserlebnisse, wenn man schon kurz vor dem nervlichen Zusammenbruch mit dem Hund war, wirken doppelt erleichternd und sind ein unglaublicher Bestärker das Richtige getan zu haben. Ich verstehe, dass "lieber einmal mit Gewalt" sehr verlockend ist - mein Weg wäre es dennoch nicht.

  • Ich verstehe, dass "lieber einmal mit Gewalt" sehr verlockend ist - mein Weg wäre es dennoch nicht.

    meiner auch nicht, vor allem - wie geht es dann weiter, vorausgesetzt, man hat einen tatsächlichen Angsthund. Der immer wieder in Situationen kommen wird, in denen er mental nicht weiter kann. Will der Mensch dann wirklich nicht Freund sein sondern den Hund immer wieder von Neuem durchzerren?

  • Ja richtig, die Definition von Gewalt ist individuell und es gibt Menschen, die den Begriff nicht nur zu lasch auffassen, so dass sie Hunde die es dann über sich ergehen lassen, in psychisch belastende Zustände bringen. Es gibt auch Menschen, die überinterpretieren den Begriff a la "jedes Nein ist ein Stück Gewalt". Und es hilft auch keinem Hund, einen zögerlich-zaudernden Menschen zu haben oder einen der sagt: Dann dauert es halt ein paar Jahre länger, aber immerhin alles freiwillig. Die würden sich dann wünschen, sie hätten ein bisschen mehr Führung bekommen, an die sie sich anlehnen und der sich vertrauen können.


    Darum ist es leider oft müßig zu diskutieren, weil sich immer nur Befürworter der "Extreme" finden und auf die Schulter klopfen oder Menschen, die sich im RL kennen und wissen, was das Gegenüber meint.


    Wichtig ist in meinen Augen, dass einem Hund so schnell es möglich ist (manchmal geht es nicht schnell) geholfen wird aus Dauerstress rauszukommen. Das allein schafft schon Vertrauen zu demjenigen, der es tut. Gerade bei Angsthunden ist es auch meiner Erfahrung nach noch fein gefächerter welcher Hund was braucht und mit einem "zu schnell gewollt" an der falschen Stelle macht man alles nur schlimmer.

  • meiner auch nicht, vor allem - wie geht es dann weiter, vorausgesetzt, man hat einen tatsächlichen Angsthund. Der immer wieder in Situationen kommen wird, in denen er mental nicht weiter kann. Will der Mensch dann wirklich nicht Freund sein sondern den Hund immer wieder von Neuem durchzerren?

    Ich "zerre" einige Hunde durch bestimmte Situationen. Wenn es sein muß, auch durch die selben und von Neuem.


    Beispiel: Tierarzt.


    Wie macht ihr das? Erledigen das andere für euch, damit ihr euren weg nicht verlassen müßt? Oder gibt es da eine Spezialmethode?

  • Beispiel: Tierarzt.


    Wie macht ihr das? Erledigen das andere für euch, damit ihr euren weg nicht verlassen müßt? Oder gibt es da eine Spezialmethode?

    Es gibt bei mir eine Spezialmethode. Sie heißt "Hausbesuch".

  • Es gibt bei mir eine Spezialmethode. Sie heißt "Hausbesuch".

    Und der TA kommt dann mit Röntgengerät oder MRT zu dir nach Hause? :fear:

  • Und der TA kommt dann mit Röntgengerät oder MRT zu dir nach Hause? :fear:

    Es wurde nach individuellen Ansätzen gefragt und MRT war bei meinem Angsthund noch kein Thema. Röntgen wurde so gelegt, dass ich ohne Wartezeit dirket vom Auto in den Behandlungsraum komme.


    Du hast geschrieben, dass Du keine Erfahrung mit "solchen" Hunden hast. Ich denke, dass Du Dir deshalb auch nicht vorstellen kannst, welche Auswirkungen beispielsweise ein Tiearztbesuch für einen "solchen" Hund haben kann. Das ist kein simpler blöder Moment für den Hund. Das sind anschließend Tage, in denen der Hund mit alltäglichen Dingen überfordert ist, die er vorher gut bewältigen konnte, in denen er nicht mehr alleine bleiben kann, in denen er anschließend bei jeder weiteren Autofahrt in Panik ausbricht und z.B. auch Tage, in denen er sich nur noch in der Wohnung lösen kann, weil er draußen vor lauter Nervosität nicht mehr dazu in der Lage ist, sich zu lösen.


    Mit dem Ansatz, den Hund zunächst zu stabilisieren, Geduld zu haben und kleine Schritte zu gehen, schafft er es inzwischen, einen Tierarztbesuch zu bewältigen. Weil er so überhaupt erst in einen Zustand zu kommen, in dem er runterfahren kann und damit bereit ist, sich zu orientieren, zu reagieren und damit zu lernen.

  • Du hast geschrieben, dass Du keine Erfahrung mit "solchen" Hunden hast. Ich denke, dass Du Dir deshalb auch nicht vorstellen kannst, welche Auswirkungen beispielsweise ein Tiearztbesuch für einen "solchen" Hund haben kann. Das ist kein simpler blöder Moment für den Hund. Das sind anschließend Tage, in denen der Hund mit alltäglichen Dingen überfordert ist, die er vorher gut bewältigen konnte, in denen er nicht mehr alleine bleiben kann, in denen er anschließend bei jeder weiteren Autofahrt in Panik ausbricht und z.B. auch Tage, in denen er sich nur noch in der Wohnung lösen kann, weil er draußen vor lauter Nervosität nicht mehr dazu in der Lage ist, sich zu lösen.

    Ich weiß nicht, was du mit "solchen" meinst. Da gibt es ja etliche Abstufungen wie depriviert, panisch, ängstlich oder unsicher ein Hund ist und dementsprechend sollte man den Hund behandeln und/oder ihm auch was zumuten.


    Es bringt irgendwie nichts, wenn ich z.B. von einem unsicheren/ängstlichen Hund schreibe und andere beziehen das, was ich schreibe auf einen total deprivierten Hund, das kann ja dann nicht passen.


    Meine ängstliche Hündin hab ich auch nach wenigen Tagen zum TA gebracht. Ich hab sie rein getragen und auf meinem Schoß sitzen lassen, weil sie Angst vor der neuen Umgebung und vor anderen Hunden hatte. Das hat ihr Sicherheit vermittelt und als nur noch 1 Hund im Wartezimmer war, habe ich sie auf den Boden gesetzt, weil sie bis dahin schon etwas aufgetaut war und sich dann sogar vorsichtig getraut hat, den anderen Hund von hinten anzuschnüffeln - bis er sich bewegt hat.
    Vom Wartezimmer hab ich sie dann in den Behandlungsraum getragen.

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