Jagdtrieb eine Frage der Erziehung?

  • Mich stört, daß mensch meint, man könne den Hund bequem formen, hinbiegen und unerwünschtes bei jedem Hund in den Griff kriegen. Es regt mich einfach auf, weil jeder Hund ein Individuum ist und eben keine Maschine.


    Bisher konnte ich alle meine Hunde so ziemlich überall, auch im Wald, frei laufen lassen. Den Schnauzermix und den Husky erst nach längerem Training über ein paar Jährchen hinweg, aber alle Vorgänger Chillys waren früher oder später Hunde, bei denen ich die Leine und das Halsband schon mal vergessen konnte.


    Ich denke, bei Chilly wird das nie so sein. Er hatte 3 Jahre lang Zeit, bis ich ihn bekam, das solitäre Jagen zu üben, im Prinzip schon im Junghundalter. Ihm reicht das kleinste Geruchspartikelchen von Wild, Kaninchen, Eichhörnchen und er tickt aus. Immerhin ist er da inzwischen tw. kontrollierbar, ich trainiere bei jedem Gassi und dennoch wird Chilly ein Hund sein, der in Gegenden mit Wild, in Wald und Feld, ziemlich sicher niemals frei laufen kann.
    Und ich finde das auch nicht schlimm. Weil mein Hund nicht funktionieren muß und ich gut akzeptieren kann, daß Chilly eben so ist wie er ist und ich so damit umgehe wie ich umgehe. Lieber habe ich meinen Hund an der Schleppleine oder Flexi, als immer scannen zu müssen um dann doch einmal zu langsam zu sein und damit das Leben meines Hundes riskiere.


    Ich habe Orte/Parks gefunden, wo er frei laufen kann und dorthin fahre ich täglich, weil es mir halt wichtig ist, daß er auch einfach mal nur rennen kann.

  • Jagtrieb wirklich nur eine Frage der richtigen Erziehung?

    Der Trieb an sich ist NIE eine Sache der Erziehung, er ist da oder nicht, oder ein bisschen oder ganz doll.......


    Mit Erziehung (was immer damit im Einzelnen gemeint ist) kann man diesem Jagdtrieb oft, aber bei weitem nicht immer entgegenwirken:
    Man kann einen Hund bei Jagdversuch strafen, damit der Hund "lernt" dem Trieb zu folgen zu meiden, weil das Schmerzen nach sich zieht.
    Man kann versuchen den Trieb um zu lenken, was für den Hund sicherlich angenehmer ist!
    Man kann Ansätze des Jagens absolut und prompt abbrechen und Alternativverhalten anbieten, was sicher manchmal klappt, aber auch dazu führen kann, dass Hundi sagt: "Alternativverhalten machen wir, wenn ich wieder komme, jetzt habe ich erstmal was wichtigeres zu erledigen hier!"


    Es gibt gaaaanz viele Wege, aber bei weitem nicht alle führen bei einem ernsthaften Jäger zum sicheren Erfolg!
    Und einen Trieb bekommt man NIE "weg" durch Erziehung, bestenfalls kann man diesen Trieb dann händeln.

  • Vllt. sollte man statt Trieb Instinkt verwenden, dann wird es anschaulicher, warum dem bei einigen Hunden selbst mit der tollsten Erziehung nicht beizukommen ist.

    Lieber habe ich meinen Hund an der Schleppleine oder Flexi, als immer scannen zu müssen um dann doch einmal zu langsam zu sein und damit das Leben meines Hundes riskiere.

    Wenn man sich auf Scannen verlassen muss, ist man eigentlich schon verlassen. Unsere Sinne sind viel schwächer, als die der Hunde. Solange ich mich nicht darauf verlassen kann, dass wenn der Hund dann doch was vor mir sieht und durchstartet, er auf Rückruf stoppt und wieder zurückkommt, bleibt mein Hund auch an der Leine.


    Für Hunde mit richtig starkem Jagdtrieb kann es sogar vorteilhaft sein, in einer Großstadt zu wohnen, weil es dort Möglichkeiten gibt, den Hund in wildfreier Umgebung laufen zu lassen.

  • Ich glaube ebenfalls nicht, das sowas reine Sache der Erziehung ist. Es gibt eben Momente, wo es den Hunden auch mal egal ist, wie gut sie erzogen wurden. Da ist es dann eben die Aufgabe des Menschen, einzuschätzen wie und wo man seinen Hund laufen lassen kann.


    Meiner besten Freundin ihre beiden Hunde wurde das zum Verhängnis und sie mussten dafür ihr Leben lassen. Obwohl sie beide bei der Polizei waren, perfekt ausgebildete hunde waren und eigentlich immer aufs Wort hörten, egal in welcher Situation.


    Es gibt sicherlich Hunde die es gar nicht interessiert wenn ein Hase vorbei hoppelt und andere schon durchknallen wenn sie nur eine Fährte in die Nase bekommen.

  • Ich hab ja seit über 15 Jahren Jagdhunde bzw. Mixe und alle waren total unterschiedlich. Morpheus (Drahthaar-Münsterländer-Bauernhof-Mix) konnte ich sehr schnell fast überall frei laufen lassen, Neo, buntes Allerlei, hatte immer mal jagdliche Anwandlungen, war super zu stoppen und lief zu 95 % offline. John-Boy (Drahrhaar-Kurzhaar-Mix) konnte nur an ganz bestimmten Orten und bei voller Konzentration meinerseits offline laufen, der rannte sehr schnell los. Da er eher der Schisser war, kam er meist von sich aus nach kürzester Zeit zurück. Schoko (großer Bruder von John-Boy) läuft seit ca 4 Jahren wirklich überall frei, lässt sich super kontrollieren.
    Und dann kam Pax... Der ja nun 1,5 Jahre wer weiß wie aufgewachsen ist. Der tillt bei Sichtung von ihm interessanten Tieren (Enten, Katzen, Fasane, Hasen...) momentan noch komplett. Da klappt manchmal das Sitz, aber mehr geht noch nicht. Der ist dann so weit weg...
    Da es hier ein paar Hundewälder/Ausläufe gibt, kann ich sehr gut damit leben, dass Pax wohl eher nicht offline laufen können wird.

  • Und dann kann man auch noch Unterschiede machen zwischen Jagdtrieb und Hetztrieb.

    Das ist nicht richtig. Die Sequenz des Hetzens ist ein Teil des Jagdinstinktes. Das komplette Jagdverhalten setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Und das Hetzen ist eines davon.

    Ich hatte einen Hund, dem ging es "nur" ums Hetzen, blieb das Kaninchen stehen oder sitzen, dann stand der auch.
    Und dann gibt es noch die Vollblutjäger, die nicht nur hetzen, sondern das Kaninchen auch greifen.

    Das ist eben die genetische Modifizierung bei verschiedenen Rassen. Deswegen sind sie ja in vielen Bereichen überhaupt zum Helfer des Menschen geworden. Weil sich der Jagdinstinkt durch Selektion so gut modifizieren lässt und man die verschiedenen Elemente des Jagdverhaltens rausarbeiten und eben auch stark unterdrücken kann. Trotzdem ist der Hund im Jagdverhalten, wenn er eines der Elemente zeigt.


    ____________________________________


    Noch mal so für die Allgemeinheit. Diese Wölfe wären bestimmt abrufbar, die wollen ja nur spielen. ;)


    [Externes Medium: https://youtu.be/_yAi8KrvHa4]
  • Und zum Eingangsbeitrag:


    Jo, dass man einen Setter, bei dem das Vorstehen ja auch züchterisch (mal) gut modifiziert wurde, vom Loshetzen gut abhalten kann, ist schön und gut. Aber kein Indikator dafür, dass man diese Schablone erziehungstechnisch über jeden anderen Hund stülpen könnte, der womöglich eine ganz andere genetische Ausstattung mitbringt.

  • Ich kenne Leute die sagen das ihre Hunde aufgrund von Erziehung nicht mehr jagen, aber das haben sie mit Methoden erreicht, die niemals für mich in Frage kommen.

    Ich bin mir zu 99% sicher, dass ich den Jagdtrieb meiner Dackehündin "wegerziehen" könnte indem ich ihr ein Teletaktgerät umhänge und den Knopf betätige, sobald sie eine Spur in der Nase hat und nicht mehr ansprechbar ist. Und so wie ich meine Hündin kenne (sie ist genau wie mein Dackelrüde war), bin ich mir sogar sicher, dass ich noch 2-3x auf den Knopf drücken müsste oder die Stromstärke erhöhen müsste, damit sie auch wirklich davon beeindruckt ist.
    Sie jagt nicht auf Sicht, denn gesehen hat sie bisher noch gar keinen Feldhasen oder ein Reh, sie jagt (bisher) rein auf Spur und ist GsD nicht spurlaut, denn dann würde ich auch noch auffallen damit, weil man uns schon von Weitem hören würde. :D


    Da das aber für mich nicht in Frage kommt, darf sie ihren Trieb (an der Leine) ausleben und kommt dabei voll auf ihre Kosten. Damit muss man halt klar kommen und daher sollte man wissen, bevor man sich einen Dackel holt, dass der einfach "anders" tickt als andere Hunde mit Jagdtrieb.

  • Ich sehe das wie Dackelbenny. Mir ist absolut bewusst, dass ich Pax vielleicht nie ohne Umzäumung frei laufen lassen kann. Ich fahre halt durch die Weltgeschichte, um ihm dies zu ermöglichen. Ich möchte ihn nämlich nicht brechen oder mit mir suspekten Methoden arbeiten.

  • Das ist eben die genetische Modifizierung bei verschiedenen Rassen.

    In meinem Fall hat es sich immer um ein und dieselbe Rasse gehandelt.
    Der eine Terrier blieb vor dem sitzenden Kaninchen stehen, der andere hat sich damit nicht begnügt.


    Wie gesagt, ich kenne einige Setter, die nur ohne Leine laufen, eigentlich alle. Sie stöbern mal ein bißchen rum, gehen aber nicht dem Wild so hinterher, wie es andere Jagdrassen tun.


    Das mag vielleicht daran liegen, daß der Setter eine Vorstehhund ist; er wurde hauptsächlich gezüchtet, um Wild anzuzeigen, aber nicht um es zu stellen und zu erlegen.

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