Warum immer Hunde vom Züchter?

  • Selbst wenn dann Lumpi 3 Generationen lang seine eigenen Töchter deckt und kein anderer Rüde zum Zug kommt, was ich in Deutschland 2016 an sich schon für recht unwahrscheinlich halte, dann gibt's mal ein paar Generationen Inzucht, die aber lange nicht mit dem vergleichbar ist, was in einem seit 20 Generationen oder mehr geschlossenen Zuchtbuch mit 50 Gründertieren (und viele Rassen haben viel weniger) und nach 2 Flaschenhälsen in den letzten 60 Jahren vorgeht. Wahrscheinlich waren auch wenigstens die ursprüngliche Mütter auf'm Dorf nicht verwandt, gehörten wahrscheinlich auch verschiedenen Rassen an, das haben sie einer Population in einem geschlossenen ZB schonmal voraus.



    Irgendwann stirbt Lumpi, dafür zieht eine neue Familie ins Dorf und bringt nen Mix aus Rumänien mit, jemand anderes hat nen beliebigen andersrassigen Hund der er nicht unter Kontrolle hält und das ganze durchmischt sich wieder anderweitig, und zwar nicht, wie bei Rassehunden üblich, mit irgendwas, was zwar ein paar Generationen weit weg ist, am Fußende vom Pedigree aber genau die gleichen Ahnen stehen hat, sondern mit was, was mit der vorhandenen Population wirklich gar nicht verwandt ist.



    Es sei denn, wir reden hier von Inselpopulationen, Bergdörfern in Neuguinea oder über Hoardingsituationen wo über ein paar Jahre aus 6 Hunden 200 Hunde wurden (sowas hatten wir mal bei meinen Eltern in der Nähe, da war es kein Dutzend Hunde die den Grundstock bildeten und ein paar jahre später haben sie an die 200 verdreckte, verfilzte Hunde von einem total verkommenen Hof geholt... das ist dann tatsächlich engste Inzucht ohne Fremdblut).



    Also, nee, dass in sich zufällig vermehrenden, offenen Mischlingspopulationen über ne vergleichbare Anzahl an Generationen ein ähnlicher COI entsteht wie bei reingezüchteten Hunden in geschlossenen ZB's, halt ich nicht für realistisch.

    Aeh...Mischlingszucht ist ok, wilde Rassezucht aber nicht?
    Was ist das denn fuer eine Logik? Wo genau soll da der deutliche Unterschied sein?

    Genetisch gesehen besteht schon ein Unterschied zwischen "Rassehund ohne Papier" und "Mischling".



    Der Rassehund ohne Papiere stammt ja doch komplett oder überwiegend von reinrassigen Tieren mit Papieren ab, ein paar Generationen zurück. Er beruht also im großen und ganzen auf der gleichen Zuchtbasis, hat den gleichen kleinen Genpool und die gleichen Rassedispositionen wie seine Verwandten mit Papieren.
    Nur weiß da halt idR keiner mehr, wie die Inzuchtgrade sind, welche Vorfahren da welche Untersuchungen mit welchen Ergebnissen hatten etc pp.
    Das ist wie das Beispiel, das Nebula mit ihren beiden KHC angebracht hat, die Halbgeschwister sind und wo eine unwissende Person schön richtig ingezüchtete Rassehunde ohne Papiere mit produzieren könnte. Man züchtet also bei Rassehunden ohne Papier in ner kleinen Population und mit faktisch (wenn man wirklich nur reinrassige Tier verpaart) geschlossenem ZB, aber ohne die Kontrollmechanismen, die man bei vernünftiger Zucht mit Papier hat.
    Das hat man also wahrscheinlich ein erhöhtes Risiko des Auftretens von rassetypischen Problemen.



    Etwas abgemildert wird das bei sehr populären Rassen dadurch, dass da bei papierloser Zucht hin und wieder auch mal was anders zwischen war. Wir hatten neulich "Labradorwelpen" zum impfen da, von denen etliche ungewöhnlich große weiße Abzeichen an der Brust und an den Pfoten hatten. Ich hab gefragt, ob die reinrassig waren, weil sie auch beim Termin ausmachen und Daten durchgegeben für die Impfausweise von "Labradoren" gesprochen hatten, nicht von Mixen.
    "Ja, die sind reinrassig! Also, naja, die Mutter von der Hündin war ein Mix aus Deutsch Kurzhaar und Labrador, aber die hier sind dann ja so gut wie reinrassig!"
    Die Mutter selber, die 3/4 Labrador war, sah schon ziemlich aus wie ein reinrassiger, nicht umbedingt so, dass man Ausstellungen damit gewinnen würde, eventuell etwas schmal und etwas große Ohren, aber wenn man dem Hund beim Gassi begegnen würde, dann wäre der Labbi das erste, was einem sofort ins Auge springt.
    Die Welpen, die dann ja nur noch 12,5 % Fremdblut führen, dürften bis auf die weißen Abzeichen typisch aussehen, wenn sie mal groß sind, wiederum vielleicht keine Ausstellungsqualität, aber grundsätzlich klar erkennbar im Rasstyp stehend.



    Sowas passiert sicher bei vielen populären Rassen in der papierlosen Zucht immer mal wieder. Trotzdem, wenn es überwiegend Rasse XY ist, dann hat es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die Veranlagung für die Rassedispositionen und dann ist ohne Untersuchungen und Nachverfolgbarkeit der Ahnen auch das Risiko dafür erhöht.





    Ein echter Mischling dagegen hat zumindest in der ersten Generation für die meisten rezessiven Geschichten (und die meisten Rassedispositionen beruhen auf reszessiven oder komplett unbekannten Erbgängen, sonst hätte man sie schon rausselektieren können) ein niedrigeres Risiko und grade bei Mischlingen aus Mischlingen aus Mischlingen, die nicht wieder an die Ursprungsrasse zurückgekreuzt werden, bleibt das auch so.
    Das heißt nicht, dass man kein Risiko mehr hätte, dass sich zwei Merkmalsträger treffen, es ist nur kleiner als in einer Population, wo mehr Elterntiere die entsprechende Veranlagung tragen.

  • @Marula Danke für den ausführlichen und interessanten Beitrag.
    Natürlich darf jeder selbst entscheiden und Geschmäcker sind zum Glück verschieden. Ich bin weit davon entfernt jemanden wegen seiner Hundewahl zu verurteilen. Ich habe ausschließlich meine persönliche Meinung zum Thema kundgetan, die kann man teilen oder auch nicht. Deshalb zu streiten lohnt nicht.


    Neben den zu akzeptierenden verschiedenen Vorlieben bei Hunden, kann ich aber trotzdem nicht verstehen, warum man gewollt Mischlinge produzieren muss. Will ich einen bestimmte Optik und bestimmte Eigenschaften bin ich doch bei einem Rassehund auf der relativ sicheren Seite. Bei Mischlingen doch eher nicht. Oder?
    Wie schon mehrfach geschrieben, der TS ist voll von tollen Mischlingen aller Arten, warum produzieren? Einen Hund bestimmter Rasse, dann auch noch einen Welpen, findet man dort sicher nur schwerlich.

  • @Marula


    Es geht sehr, sehr oft um billiger, Papiere braucht man nicht und sind gesuender, nicht um den genetischen Unterschied. Und diese Logik verstehe ich nicht!
    Wenn ich also nen papierlosen Mali auf meine Malihuendin lasse, ist das boese und darf man nicht unterstuetzen!
    Lasse ich nen Labbi drauf und auf eine Huendin aus dem Wurf dann den DJT-Border-Mix von 5 Haeusern weiter, dann ist das was gaaaaanz anderes, weil es echte Mischlinge sind.
    Was soll das fuer ne Logik sein?


    Grad beim Mali kann ich nen gelben X-er nehmen, der von der Abstammung her bis ganz nach hinten komplett anders gezogen ist. Was ist daran schlechter von dem Grundprizip her als Pan (Weimaraner-irgendwas-Mix) die Mixhuendin meiner Nachbarin decken zu lassen? Weisst du was ich meine?

  • Ich kann mir schwer vorstellen das es Irgendjemand (ich bestimmt nicht) sinnvoll findet irgendwelche vollkommen abstrusen Mixe in die Welt zu setzten. Ich erinnere mich immernoch mit Schrecken an den Corgi/Husky Mix, oder diverse Dackel/Schäferhund Mixe die ich bisher getroffen habe.
    Allerdings ist das Argument genetischer Vielfalt nicht von der Hand zu weisen.
    Was natürlich NICHT!!! heißt das hirnlose Vermehrung von egal welchen Hunden auch nur im entferntesten in Ordnung ist. Auch das rezessive Schadgene bei Mischlingen der ersten Generation nur sehr selten tatsächlich Schäden verursachen ist definitiv so.
    Wenn ich allerdings zum Beispiel Collie und Border Collie verpaare und beide MDR1 +/- sind kann ich dann trotzdem Betroffene Hunde haben (das ist allerdings sowieso ein Streitthema, in wie weit das überhaupt schlimm ist, ob auch Träger/Nichtträger Verpaarungen schlecht sind etc.)
    Wenn ich allerdings Collie/Chessie verpaare ist das Risiko sehr gering das einer der F1 Welpen an DM oder MDR1 erkrankt. Selbst wenn beide Eltern von der jeweiligen Krankheit betroffen sind. Auch sollte da dann schon ein gewisser Heterosiseffekt da sein. In wie weit der bei Hunden, auch bei relativ genetisch weit voneinander entfernten Rassen ausgeprägt ist, dazu kenne ich leider keine aussagekräftigen Untersuchungen.


    Was ich für mich persönlich festgestellt habe (rein subjektiv und überhaupt nicht irgendwas beweisend!) ist dass die Vermehrer/"Privatzüchter"/"Hobbyzüchter" Hunde ohne Papiere gesundheitlich am schlechtesten abschneiden.
    Das würde tatsächlich auch in einem gewissen Maße Sinn machen.
    Die kleine genetische Basis plus fehlende ausreichende Gesundheitsüberprüfungen dürften zusammen einigen Schaden anrichten.

  • Wenn ich allerdings Collie/Chessie verpaare ist das Risiko sehr gering das einer der F1 Welpen an DM oder MDR1 erkrankt. Selbst wenn beide Eltern von der jeweiligen Krankheit betroffen sind.

    Du glaubst, wenn beide Elterntiere das krankmachende Gen haben, dass das Risiko an der jeweiligen Krankheit zu erkranken gering ist? Worauf beziehst Du das?

    Die kleine genetische Basis plus fehlende ausreichende Gesundheitsüberprüfungen dürften zusammen einigen Schaden anrichten.

    Ja, das tun sie bereits jetzt. Denn viele "Rassehunde" ohne Papiere lassen den Eindruck entstehen, dass die Rasse selbst krank ist.

  • Ich schließe ja die "Zucht" von Mischlingen per se nicht mal aus. Aber was mir dazu fehlt ist das fehlende Bewusstsein rund um mögliche Vererbbare Krankheiten..


    Solange die Leute nicht wissen dass z.b Collie-Mixe MDR1 vererben können, JRT gerne mal Katarrakte weitergeben und man bei Labbi und Dt.Schäfer auf HD/ED achten muss bin ich weiterhin absolut dagegen Mixe zu produzieren.


    Zumal es sich um eine finanziell fast desaströse Angelegenheit handeln dürfte (wenn man z.b nen Mix aus Sheltie, JRT und Chihuahua hat und da erst mal PRA, Katarrakt, MDR1, PL, Herz und co untersuchen lässt ist man seeeeehr viel Geld los).


    Würde man eine WIRKLICH gesunde Basis nehmen (komplett durchgecheckte Hunde) und dies auch nachvollziehbar machen für die nächsten Generationen wäre es was anderes. Da wären wir aber wieder bei den "ach so unnötigen Papieren".

  • EDIT klappt nicht, also nochmal ich.
    Die Papierlosen "Rassehunde" schneiden in meinem Bekanntenkreis sowohl deutlich! schlechter als die Hunde vom seriösen Züchter, als auch die Hunde aus "meine Hündin soll einmal werfen" :xface: Würfen ab.
    Vorausgesetzt das sind keine Bulldogge/Border Frankensteins oder ähnliches. Auch toll ist EB/Basset :( :


    Wie gesagt VOLLKOMMEN SUBJEKTIV, da basierend auf meinen Erfahrungen im Bekanntenkreis.

  • Mein Collierüde ist DM-Träger. Und wenn er jetzt eine Schäfer/Chessie/ was auch immer-Hündin deckt, die das selbe Schadgen trägt, dann kommen da Risikohunde bei raus, egal ob das nun Mixe sind oder nicht.


    Und das stört mich bei der Mixerei wirklich am allermeisten. Wenn man das sinnvoll macht, wie bei Arbeitshunden, finde ich das sogar besser als Rassehundezucht wie sie zur Zeit betrieben wird. Aber bei geplanten Zufallsexperimenten bin ich immernoch skeptisch.

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