Kooperatives oder selbständiges Wesen- was bevorzugt ihr?

  • Ich muss Hamilton nicht aufwerten. Der ist ein toller Hund, auch wenn er ein Arschloch sein kann. Ich liebe ihn so wie er ist, ich bete ihn an, hoffe aber inständig das der nächste Whippet bitte leichter motivierbar ist.
    Denn das ist tatsächlich der einzige "Makel" an diesem sonst perfekten Hund. Es gibt keine Motivation die zuverlässig dazu führt das er hört.
    Und ich rede hier wirklich nur vom Rückruf. Es gibt nix, außer die böse Strafe. Wobei, zuverlässig ist das auch nicht.
    Einfach weils ihm gerne mal scheißegal ist ob ich tobe oder nicht, ob er danach Leinenknast hat oder was auch immer, wenn in dem Moment der Radfahrer verlockender ist, dann isser weg.
    Ich finde das ich mit den aktuellen 80-85% Rückrufbarkeit echt schon ziemlich weit bin mit diesem sturen Mistkerl und mehr wird wohl kaum möglich sein.
    Abruf bei Wild ist nochmal ne ganz andere Schiene, da bin ich ganz ehrlich der Meinung das es nix bringt. Das ist es wozu die Rasse gemacht wurde und wenn der Hetztrieb einschaltet ist alles andere ausgeschaltet. Die gesamte Umwelt ist weg, da existieren nur noch die Beute und der Hund.

    Genauso ist es bei uns auch. Da vernebelt das Podenco-Blut das Gehirn. Wir haben bei beiden Hunden die Pfeiffe für den Rückruf eintrainiert. Weil wir sie nur getrennt freilaufen lassen (zusammen gehen sie sofort jagen) ist also immer einer an der Schlepp. Kommt der Rückrufpfiff kommt die WTP Hündin an der Schlepp sofort auch mit angedüst. Umgekehrt schaut der Herr nicht einmal hoch. Er weiss genau, Schlepp, was soll das, geht mich nichts an.

    Wir gehen immer zu einer großen Wiese und er und ich wissen genau, ziemlich bis zur Hälfte der Wiese kann ich ihn zuverlässig zurückrufen (ausser bei Hasensichtung) und als wäre auf der Wiese ein Grenzzaun, stellt er sobald er diese überschreitet, die Ohren auf Durchzug und geht mal schauen, was die Langohren so machen und das zur Not kilometerweit. Es ist zum verrückt werden aber wir haben uns damit arrangiert, wir achten darauf, dass er in der Nähe bleibt und alles ist gut. Das hat aber mit entspanntem Spazierengehen wenig zu tun.

    Wie ich schon sagte in der Hundeschule, beim Mantrailen, Apportieren usw. ist er der Vorzeigeschüler.

  • Ich glaube auch nicht, dass jeder Hund alles lernen kann, wenn man nur lange genug übt. Das beweisen Jagdhunderassen schon recht deutlich. Aber dann kann man sich eben nicht darauf ausruhen, sondern muss damit zurecht kommen. Im Falle von Jagdtrieb ist es relativ einfach, Leine dran und wenn dann die Erziehung nicht fruchtet auch egal.
    Aber im Falle von Aggressionen und da reicht auch das simple an der Leine aufbauen von manchen Hunden, die im Freilauf dann wieder total nett und verträglich sind, schon aus, da muss der Halter einfach auch mal etwas dagegen unternehmen. Und einfach pöbeln lassen ist nicht immer eine Option und jeder Hund kann lernen,immerhin die Klappe zu halten, auch wenn er nach wie vor andere Hunde nicht leiden kann.

    Bei meinem Hund ist das mit dem "er macht es, wenn er Sinn darin sieht" auf solche Dinge bezogen wie z.B. nachdem er etwas aus dem Wasser apportiert hat, auch den genau gleichen Weg zurück zu nehmen. Nö, dieser Hund merkt, der Landweg ist schneller, also wird er von sich aus auch beim 20. Mal den Landweg nehmen, weil er keinen Sinn darin sieht, es anders zu machen. Das ihm sowas bei einer Prüfung negativ ausgelegt wird, weiß er ja nicht. Und das kann man entweder eben trainieren oder hinnehmen.

  • Wieso schließt sich Alltagsgehorsam und kein Bock auf Hundeplatz aus?

    Nur weil sie keine Lust hat irgendwelche Schlangenlinien zu rennen und ständig die gleichen Kommandos zu machen?
    Da verlässt sie nun mal die Lust.

    Dass schließt aber nicht aus, dass sie kommt, wenn ich sie rufe (z.B.). Das wird ersten meistens belohnt (was in einer BH Prüfung nicht erlaubt ist) und zweitens rufe ich persönlich nicht ständig. Also das kann ich sogar nachvollziehen dass so Spaziergänge interessanter sind.

    Aber einen Neufundländer kann man halt auch nicht mit einem Schäferhund o.ä. vergleichen.

    Aber gut früher als wir einen Schäfimix hatten hätte ich das vermutlich auch behauptet. Man muss so einen Hund vielleicht mal gehabt haben.

  • Also, belohnen darf man bei einer BH-Prüfung natürlich nicht, aber vorher und nachher ebenso natürlich schon, auch beim Training. Da geht's ja nur um ein paar Minuten, in denen nicht belohnt wird. ;)

  • Ich verstehe das grad nicht. Die BH ist eine Dressur. Und es liegt am Geschick des Hundeführers, dass der Hund das schafft. Es wird keine Intelligenz benötigt um einem Hund beizubringen, neben einem herzutrotten. Ob es Ziel sein muss, ist eine ganz andere Geschichte und ob man wertvolle Zeit bei "hunden, die länger brauchen" investieren muss für eine Prüfung, die auf Hundesport ausgerichtet ist, ist auch eine andere Geschichte. Aber schaffen kann das jeder.
    Dass es Leute gibt, die das nicht schaffen ist auch etwas anderes. Ist dann eben nichts für die. Es gibt ja bald einen Hundeführerschein vom BVH, den schafft dann jeder Hund. Und auch jeder Mensch. Selbst einen Autoführereschein kann jeder Mensch machen, auch Analphabeten. Und was meinst du in dem Zusammenhang mit Selbstüberhöhung?

    Spätestens beim "Wesenstest" ist es keine "Dressur" mehr.

  • Es würde also gerade in solchen Situationen keinen "Sinn" für ihn machen (von der Vermeidung von Zwängen mal abgesehen) das zu tun was ich will.

    Es kann für den Hund doch durchaus Sinn machen, wenn er fürs Kooperieren belohnt wird?

    Was man nur vielleicht nicht überstrapazieren darf, wenn man dann so einen erwischt hat:

    Hinsetzen, nur, weil man belohnt wird? Nein, aber sich zu setzen, weil ein Mensch vorbeifahren möchte, ist akzeptabel - und das, obwohl beides gleichermaßen intensiv trainiert und belohnt wurde, das Verhalten ist für sie einfach sinnwidrig.

    Es gibt ja genug Hunde die den Zusammenhang zwischen Kommando und Situation erkennen und es gibt wirklich diese Hunde die dann im Sinne des Menschen handeln. Die einfach verstanden haben warum das genau dann dem Menschen wichtig ist und es dann tun.

  • Mein Chihuahua hinterfragt alles.

    Ich denke für Hundesport wäre er gänzlich ungeeignet gewesen, doch als 0815 Familienhund ist er toll.

    Mich stört es im Alltag nicht, wenn ich 2 x zum Sitz auffordern muss oder ihn 2 x rufen muss.

    Kann ich so unterschreiben. Mein Chi hinterfragt auch gerne mal Kommandos und handelt schon recht selbständig. Er hat also definitiv seinen eigenen Kopf und ist kein WTP-Hund. Allerdings ist er durch Futter dann doch ziemlich gut zu motivieren :hust: Deshalb habe ich schon vor in den nächsten paar Jahren noch ein paar Hundesportarten auszuprobieren... Agility und Longieren reizen mich beispielsweise sehr. Ich denke schon, dass ihm das Spaß machen würde. Er würde vielleicht nicht immer alles perfekt mitmachen, aber das muss er auch nicht.

    Ich habe mich übrigens nicht wirklich bewusst für einen eher eigenständigen Hund entschieden. Wir waren im TH, sahen den Hund und nahmen ihn mit... und im Laufe der Zeit habe ich dann halt seinen Charakter kennen und lieben gelernt.
    Nur selten mal wünsche ich mir einen kooperationsbereiteren Hund. Allerdings, "zu" wenig Eigensinn würde mich auch stören.

    Eure Beiträge finde ich sehr interessant, vielen Dank dafür!
    Ich stelle nun eine provokante Frage:
    sind die Besitzer von selbsternannten "eigenständigen" Hunden nur zu faul/unfähig zu erziehen? Wird diese Eigenschaft gerne als Ausrede verwendet?

    Ich glaube, so pauschal kann man das nicht sagen. Ich kenne durchaus Leute, die sich auf irgendwas rausreden, weil ihr Hund null hört. Ein Chihuahuahalter hier in der Gegend z.B. kann seinen Hund nie im Park ableinen und redet sich immer darauf raus, dass er den Hund erst im Alter von 6 Monaten bekommen hat. Naja, meinen Chi habe ich auch mit 6 Monaten bekommen und trotzdem kann ich ihn auf der Wiese im Park laufen lassen :ka: Die waren auch nie in einer Hundeschule oder so und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass ihr Hund auch nur ein einziges Kommando oder Signal (wie man es nennen möchte) beherrscht.
    Und klar gibt es Leute, die von vornherein sagen, ihr Hund sei aufgrund seiner Rasse nicht erziehbar.

    Ich bin aber schon auch der Meinung, dass es nun mal Hunde gibt, die hinterfragen, und dass es da nicht an der Faulheit oder Unfähigkeit der Besitzer liegt. Man kann halt einen Aussie nicht mit einem Ridgeback vergleichen.

    Faul finde ich mich im Umgang mit meinem Hund nicht, wir besuchen ja auch die Hundeschule und ich übe die Sachen, die mir wichtig sind, mit ihm. Allerdings habe ich auch keine hohen Ansprüche an Rex, er braucht keine zig Tricks beherrschen oder ähnliches. Er könnte bestimmt auch besser leinenführig sein, aber bei einem 3-Kilo-Hund ist es mir nicht so wichtig, dass mal Zug auf die Leine kommt.

    Unfähig bin ich gewiss nicht, aber ich bin auch kein professioneller Hundetrainer und ich weiß, dass mir Fehler passieren - dass mal mein Timing nicht perfekt ist, dass ich mal widersprüchliche Signale gebe etc.

    Eine Freundin von mir hat eine Havaneserhündin, die meiner Ansicht nach sehr viel Kooperationsbereitschaft mitbringt und sich irgendwie quasi so nebenher erzogen hat. Das Frauchen hat mit ihr nie übermäßig viel irgendwas geübt, hat auch keine so klaren Signale etabliert wie ich (z.B. kein richtiges Rückrufwort), trotzdem ist die Hündin eigentlich immer folgsam.

  • Wie einige andere finde auch ich, dass sich ein kooperatives Wesen und ein selbstständiges Wesen nicht ausschließen.

    Wenn ich jedoch an Hunderassen mit selbstständigem Wesen denke, fällt mir oft auf, dass die Besitzer meines Erachtend oft Unerzogenheit mit Selbstständigkeit verwechseln.
    So kriege ich grade bei HSH-Haltern recht häufig mit, dass man eben mag, dass der Hund Befehle verweigert und dass das auch völlig in Ordnung sei. Ist halt n HSH.
    Dafür hab ich irgendwie wenig Verständnis.

    Vielleicht will man sich auch auf keinen Machtkampf einlassen und entwickelt eine andere Sichtweise. Nämlich an sich selbst. Ist es wirklich nötig, sowas von Hund gesehen Stupides vom ihm zu verlangen?

    Die Verwiegerung von Befehlen - und da liegt der Hase im Pfeffer! - ist wichtig und richtig von diesen Hunden. Man muss dann andere Lösungen finden, als Befehle durchzusetzen und schon erarbeitet man sich Kooperation.

  • Es kommt doch entscheidend darauf an, wo der Hund lebt. Habe ich einen Hund, der sein Ding macht und den ich nicht in der Lage bin halbwegs zu erziehen, bewege ich mich dort mit ihm, wo ich niemanden belästige oder gar gefährden kann. Habe ich einen Hund, der gern sein Ding macht und ich lebe in der Stadt oder muss in belebten Gebieten Gassi gehen, sehe ich mich durchaus in der Verantwortung einen Weg zu finden, diesen Hund entsprechend zu erziehen.

    Dazu sollte man sich im Vorfeld überlegen, ob ich einen Hund, der gewisse selbständige Eigenschaften mitbringt, in dem Umfeld in dem ich lebe, verantworten kann bzw. kompetente Unterstützung in der Erziehung des Hundes von geeigneten Trainern finde.

    Brettert ein Tut-Nix in mich rein und der HH verweist auf die Sturheit des Hundes, werd ich mürrisch. Folgt ein Hund nicht und bewege ich mich unter anderen Menschen und Hunden, gehört der Hund an die Leine. Bevor gemotzt wird: Ich habe selbst ein recht selbstbewusstes und bisweilen mutiges Hundetier beheimatet, bei dem ich mit konventioneller Kadavergehorsams-Erziehung keinen Millimeter Erfolg gehabt hätte. Mit der nötigen Konsequenz (und Leberwurst :D ) , einer Schleppleine und gar nicht mal so viel Training, sondern vielen gemeinsamen Aktivitäten ist sie eine tolle Junghündin, die nur wenige Kommandos kennt, aber diese auch wirklich direkt befolgt. Ansonsten kann sie tun und lassen was sie will, solang sie hört, wenn es erforderlich ist.

    Ich vertrete nun mal auch die Theorie, dass selbst ein eigensinniger und sturer Hund dem Halter folgen kann, wenn er diesen als souverän und gerecht erkennt.

  • Viele selbstständige Hunde werden erwachsen im Kopf und sind dann auch keine Tutnixe, sondern "Ichhabnixmitdirzutun"-Hunde.

    Tutnixe sind leider oft nicht eigenständig oder stur, sondern haben keine Ahnung, wa sihr Mensch will, weil der auch keine Ahnung hat, was der Hund braucht.

    Ja, er wird ihm folgen, aber eben nicht bedingungslos. Kann sein, daß er monatelang super kooperiert und dann ist ein Moment dabei, da kommt eine "Unart" durch und er seilt sich ab.


    Edit
    Ach ja... für Hunde, die erwachsen werden, ist es auch völlig normal zeitlebens immer wieder zu hinterfragen und nicht einfach zu folgen, weil der Mensch einem das als Baby mal beigebracht hat. Auch wird sich da ein bisschen vom Menschen gelöst.
    Da läuft der Gehorsam ausnahmslos über Freiwilligkeit.

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