Ver-/Anbellen von Zügen, Joggern, Radfahrern, Menschen mit Gehhilfe

  • Hallo,

    ich habe mit meinem Taro ein paar Baustellen und bitte Euch um Rat, wie ich diese beseitigen kann bzw. wie ich mit ihm üben kann, damit er mit den folgenden Situationen entspannter umgehen kann:

    Er verbellt Züge und versucht meist, ihnen hinterher zu jagen. Ich wohne recht nahe an einem Bahngleis und kann ihn dort und in der nächsten Umgebung nur noch angeleint laufen lassen. Meistens verbellt er die Züge, wobei die Höhe seiner Erregung davon abhängt, wie schnell und laut der Zug ist. Es kann aber auch schon mal passieren, dass Taro keinen Muckser macht, wenn der Zug nur aus einem Wagon besteht und recht langsam (und damit auch relativ leise) fährt. Sein Bellen variiert zwischen zwei kurzen Bellern und Hängen in der Leine. Wenn ich ihm vor dem Bellen mit der einen Hand ins Geschirr und mit der anderen vor die Brust fasse, kommt er recht schnell wieder von seiner Erregung runter bzw. steigert sich gar nicht so stark rein.

    Jogger und Radfahrer verbellt er, je näher sich sich bei uns befinden. Sind sie weiter weg, gar kein Problem. Vor ein paar Tagen sind eine ältere Dame und ein kleines Kind auf ihren Rädern auf einem Feldweg ganz langsam an uns vorbei. Ich habe mich mit Taro nur zwei Meter entfernt auf eine Böschung gesetzt, die beiden vorsorglich gewarnt, damit sie nicht erschrecken, und dann hat Taro keinen Muckser gemacht, als sie vorbeifuhren. Er war jedoch leicht angespannt. Außerdem habe ich am Sonntag mit einer Freundin geübt. Mal fuhr sie, mal fuhr ich mit dem Rad an Taro (angeleint) vorbei, anfangs ein paar Meter entfernt, dann immer näher. Zuerst hat er gebellt, und nach ca. 20 min. Üben bin ich ganz nah an einem unangeleinten Taro vorbeigefahren und er hat überhaupt nicht reagiert.

    Bei Passanten kann es passieren, dass er unvermittelt auf sie zuschießen möchte und sie verbellt. Passiert zwar nicht oft, aber es passiert, und das darf nicht sein. Es sind Menschen, an denen ich nichts Auffallendes ausmachen kann, es war aber auch einmal jemand mit Rollator und ein anderes Mal jemand mit Krücke. Ich habe Taro schon ein paar mal mit ins Seniorenheim zu meiner Mutter genommen, dort hat er sich hingelegt und war ganz brav.

    Mittlerweile läuft Taro nur noch angeleint durch den Ort, und ich achte sehr darauf, dass die Leine nicht lang genug ist, um jemandes Hosenbeine zu erwischen. Andererseits aber auch, dass sie locker ist, damit ich mit dem Straffen der Leine keine "Action" ankündige.

    Wir laufen relativ viel in der Natur, fernab von Menschen. In der Stadt waren wir während der 9 Monate, die er nun bei mir ist, nur drei oder vier Mal. Ich vermute nun, dass ich mit Taro mehr unter Leute hätte gehen sollen, damit das für ihn etwas ganz Normales ist. Was meint Ihr?

    Seit einiger Zeit mache ich mit einer Freundin und deren Rüden "Social Walks". Ihrer verbellt an der Leine Hunde und bleibt bei Joggern, Radfahrern, Zügen etc. ruhig, meiner hingegen verbellt letztere und bleibt dafür bei anderen Hunden komplett entspannt. Wir ergänzen uns also hervorragend :) Wir gehen gemeinsam nun dort spazieren, wo wir wahrscheinlich Hunden, Radfahrern, Joggern usw. begegnen, und üben dann mit Distanzverringerung und Futtertube.

    Wie kann ich weiter üben? Markersignal, Zeigen und Benennen, Distanzverringerung, Desensibilisierung? Hatte jemand von Euch ähnliche Probleme, und wie konntet Ihr die beseitigen?

    Ansonsten ist Taro ein toller und wirklich sehr lieber Hund, und ich hatte viel Glück, ihn zu bekommen. Mein Ziel ist, dass Taro zumindest angeleint ruhig an oben Genanntem vorbeilaufen kann. Noch schöner wäre das dann natürlich ohne Leine, aber davon sind wir noch etwas entfernt.

    Danke schon mal Vorab für Ratschläge!

  • Das hört sich für mich nach einem etwas unausgelasteten Hund an, der sich eine Ersatzbeschäftigung gesucht hat.
    Wie alt ist Taro denn und was für eine Rasse ist er?

  • Das hört sich für mich nach einem etwas unausgelasteten Hund an, der sich eine Ersatzbeschäftigung gesucht hat.
    Wie alt ist Taro denn und was für eine Rasse ist er?

    Oder nach einem überforderten Hund, der massiv gestresst ist. :ka:

    Wie ist denn so euer Tagesablauf?

    Ich habe die ganzen Themen mit Diego übrigens auch durch, du bist nicht alleine. ;)

  • Taro ist zwischen 7 und 9 Jahre alt und stammt aus Rumänien. Ich vermute, dass ein Laika in ihm steckt wegen seines Aussehens und seines Charakters.

    Wir sind täglich 4 Stunden unterwegs, laufen jedoch nicht im Galopp durch die Gegend, sondern er darf sehr viel schnüffeln, nach Mäusen buddeln und wir machen Suchspiele und ab und an (sehr selten) UO-Übungen. Außerdem sind wir mehrmals pro Woche mit ein oder zwei anderen Hunden unterwegs. Mit dem Rüden meiner Freundin, die ich im ersten Post erwähnt hatte, tobt er auch schon mal rum.

    Manch einer hier findet 4 Stunden Auslastung pro Tag zuviel. Aber wenn Taro abends keine Lust auf eine Pipi-Runde hat, dann gehen wir halt auch nicht. Ansonsten liegt er zu Hause die meiste Zeit auf seinem Hundesofa oder auf meinem oder auf dem Teppich und döst oder schläft.

    Edit:
    Wir sitzen bei schönem Wetter auch schon mal eine halbe Stunde auf der Wiese und schmusen oder beobachten irgend etwas. Spielen tut er leider kaum, das hat er wohl in Rumänien nicht gelernt. Gestern haben wir mal 10 Minuten gezergelt (mit der Leine, weil ich nichts dabei hatte), das war dann wieder ein Highlight.

  • Also ob über- oder unterfordert, das ist aus der Ferne schwer zu beurteilen.

    Was bietest du ihm denn für ein alternatives Verhalten in den für ihn schwierigen Situationen an? Wenn du nicht möchtest das er nach vorne geht und bellt, musst du ihm eine Alternative zeigen, die er in solcher Situation abspielen kann. Beispielsweise hinsetzen und dich anschauen. Dafür dann natürlich massiv loben. Hast du mal in die Richtung gearbeitet?

  • Krass - vier Stunden. Da wären meine, die von Welpe an an die Umwelt gewöhnt sind, auch kirre. Und mein Spitz, der mit einem halben Jahr aus einem slowakischen Tierheim kam, würde sich die Vorderbeine nicht nur wund lecken, sondern abfressen vor Stress.

    Dein Hund brüllt vermutlich die Umgebung an, ihm von der Pelle zu bleiben. Da er auch die Geschwindigkeit mit einbezieht, gehe ich davon aus, dass der ebenfalls Angst hat.

    Das machst Du nicht besser, wenn Du jeden Tag die Grenzen des Machbaren für den Kopf weit übersteigerst. Es geht um die Zeitdauer, nicht um die Strecke, die ihr macht.

    Wenn da noch rassemäßig was drin ist, was Bewachen in der Genetik hat - was bei vielen Ost-Importen der Fall ist, machst du das Problem mit dem langen Rumsitzen auf der einsamen Wiese übrigens noch schlimmer. Mein Spitz sagt: Wenn wir uns länger als drei Minuten an einer Stelle niederlassen, dann ist die Umgebung "unser" und er beginnt zu wachen.

  • Nein, ein Alternativverhalten habe ich bisher noch nicht aufgebaut. Habe aber gestern angefangen, ein Markersignal aufzubauen (klar, dass das noch etwas dauert). Also Marker - Leckerchen, Marker - Leckerchen usw. Das wäre mMn der erste Schritt dazu, oder?

    Leuchtturm: Wie würdest Du das Alternativverhalten aufbauen?

    @Alle: Danke für Eure Antworten!

  • 4 Stunden sind fleißig. Aber in den 4 Stunden entscheidet offenbar vollkommen er, wie er sie ausfüllt. Und er mag sie mit Schnüffeln, Mäusebuddeln und Verbellen (jagen/hüten?) von sich schnell bewegenden Dingen füllen. Letzteres ist meine Vermutung, da er sich selbst diese Möglichkeit auch 'sucht'. Es kann auch 'Vertreiben wollen' aus Unsicherheit sein, bzw. beides: Bei Radfahrern jagen/hüten, bei Zügen vertreiben. Das hängt ganz stark von der Körpersprache ab, die er dabei zeigt.

    Insgesamt fehlt mir bei deiner Beschreibung gemeinsame Beschäftigung für die Hunderübe. Dinge, bei denen ihr gemeinsam zum Ziel kommt & wo er seine grauen Zellen für braucht und sich seine Energie einteilen muss. Spazierengehen fällt da nicht drunter, das könnt ihr buchstäblich auch nebeneinander her.

    (Ich bin nicht von 4 Stunden am Stück ausgegangen. :| )

  • Dein Hund brüllt vermutlich die Umgebung an, ihm von der Pelle zu bleiben. Da er auch die Geschwindigkeit mit einbezieht, gehe ich davon aus, dass der ebenfalls Angst hat.

    Autsch! Überfordern will ich Taro auf keinen Fall. Danke für den Klartext. Möchte aber auch dazu sagen, dass ich keinen Garten und nur einen sehr kleinen Balkon habe. Daher kann ich Taro zum Lösen nicht einfach mal kurz in den Garten schicken, sondern wir laufen eine Runde. Aber ich nehme mir das zu Herzen und werde das Gassigehen mal runterschrauben.

    Ja, ich vermute auch, dass er Angst hat und sich die gefährlichen Dinge vom Leibe halten möchte.

  • Das du kein Garten hast ist ja kein Grund gleich eine riesige Runde gehen zu müssen. Zum Lösen reicht es auch einfach mal nur an Baum zu gehen und dann wieder rein.


    Ich würde erstmal zu Hause, wo er nicht abgelenkt wird, üben das er dich anschaut. Jedes mal wenn er das tut bekommt er ein Leckerli. Wenn er das sicher macht kannst du es Kommando einführen dafür.

    Zeitgleich würde ich draußen wirklich gute Leckerli mitnehmen (Käse, Wurst...) und wenn eine für ihn schwierige Situation kommt lenk seine Aufmerksamkeit auf ihn und füttere ihn bis die schwierige Situation vorbei ist. So lernt er parallel das es sich immer lohnt dir die Aufmerksamkeit zu schenken.

    Erst wenn das Schau-Kommando tadellos drinnen klappt, langsam nach draußen verlegen. Und auch da erstmal in reizarmer Umgebung. Dann langsam aufbauen.

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