Angst vor Umweltreizen, Straßenverkehr

  • Um was für einen Hund handelt es sich eigentlich? Rasse/Mix?
    Wo war der Hund vorher bzw. was weiß man über die Vorgeschichte?
    Wie alt, wann kastriert?


    Die Hündin ist ein Mix, Schäfer erkennbar, aber wer weiß schon, was tatsächlich alles drin ist. Sie stammt wie gesagt aus dem Tierschutz, aus Rumänien. Viel ist über sie nicht bekannt. Sie wird auf 2,5 Jahre geschätzt, wurde von der Straße gefangen und kastriert als sie alt genug war und dann erstmal wieder frei gelassen, bis sie irgendwann in einem Auffanglager landete und von dort in ein Tierheim nach Deutschland. Über alles andere lässt sich nur spekulieren. Wir gehen nicht davon aus, dass sie schon immer auf der Straße gelebt hat, sonst wäre sie Menschen gegenüber wahrscheinlich viel zurückhaltender und weniger Neugierig. Bei manchen stark behaarten Männern macht sie einen Unterschied und geht auf Abstand, scheint da also schlechte Erfahrungen gemacht zu haben. Mehr weiß ich leider nicht.



    Vor allem, weil es sich so anhört, als würde der Hund sich mit der Zeit verschlechtern.

    Drinnen ist ihr Verhalten insgesamt entspannter als vor einigen Wochen.
    Draußen wird es eher schlimmer, das stimmt leider.

  • 20 Meter und dann macht sie direkt brav auf die Grünfläche, das ist ja schon super und besser als es andere überforderte Tierschutzstadthunde haben. :smile:
    Die wenigen Möglichkeiten, die mir noch einfallen: Zeiten verlegen, Abstände vergrößern, abgedunkelter Fahrradanhänger (wie gesagt :D )
    sowie "Nahrungsergänzungsmittel" oder sogar Medikamente. Da gibt es wirklich von wirkungslos über harmlos bis richtig reinhauend tausende Möglichkeiten. Du könntest dich da mal einlesen und dann würde ich vorher noch eine professionelle Einschätzug abwarten bezüglich ihrer "Beweggründe." Aber evtl. kommt ihr ohne Nervenunterstützung nicht mehr weiter, denn ihr habt ja wirklich schon alles umgestellt, was umstellbar war. Und nach drei Monaten hätte sich da schon eine Wirkung zeigen müssen, so ist es aber für den Hund nicht wirklich aushaltbar, weil Routine ist toll, aber wenn Routine tägliche Überdosis Stress bedeutet, dann ist sie nicht mehr toll.

    Davon hab ich schon mal gelesen. Allerdings hab ich keinen anständigen Übungsaufbau gefunden. Gezielt herbei führen weiß ich nicht, weil man bei ihr nie sicher sein kann, ob sie gerade gestreichelt werden will, oder es nur erträgt.
    Aber das kann man ja auch mit Düften machen, wenn ich mich richtig erinnere.
    Hast du eine Anleitung dafür? Das wäre sui.

    Ist bei meiner Hündin genauso (mit dem Ertragen), ich habe Wort und Duft deshalb "passiv" konditioniert. Diese Anleitung hat mir sehr geholfen: Wie du Entspannungssignale bei deinem Hund aufbauen kannst » Ulrike Seumel
    Da sind dann zusätzlich sowohl spanndende Links zu anderen und weiterführenden Infos, als auch am Schluss ein Link zu "den Düften" drin.


    Findest du 2-3 Einheiten wirklich zu viel? Nachher nimmt die mir vor Langeweile die Möbel auseinander Ich finde das so schwer einzuschätzen. Einerseits ist das arme Seelchen völlig gestresst, andererseits ist sie sehr wissbegierig und schaut mich oft nach 10 min Spaß mit großen Augen an, was mir den einfallen würde, jetzt schon aufzuhören

    Du hast Recht, in der Aufzählung klang es für mich nach viel. Wir machen zum Beispiel so früh morgens gar nichts im Haus, da ist absolute Ruhe und Schlafenszeit, damit der Hund auf seine 18 Stunden Erholungsschlaf kommt.
    Allerdings sind wir schon etwas weiter, was "draußen" angeht, sodass sie sich draußen genügend die Beine vertreten und Eindrücke sammeln kann, die dann zuhause brav mit Schlaf verarbeitet werden. Aber komplett abstellen wäre natürlich auch verkehrt, da hast du Recht. Vielleicht bekommst du hier noch mehr Tipps, wie du den Zustand deiner Hündin einschätzen kannst (Stress, Langeweile, Stress durch Langeweile usw.) oder du findest, wie gesagt, eine bessere Trainerin.

  • 20 Meter und dann macht sie direkt brav auf die Grünfläche, das ist ja schon super und besser als es andere überforderte Tierschutzstadthunde haben.

    Wurde auch immer reichlich belohnt, wenn sie dort gemacht hat - die ersten Wochen hatten wir öfter Pfützen in der Wohnung :ops:


    sowie "Nahrungsergänzungsmittel" oder sogar Medikamente

    Was Medikamente angeht, bin ich sehr vorsichtig. Aber natürlich gibt es viele Fälle, in denen das einen Durchbruch brachte. Da muss ich wirklich mehr Infos einholen, um das beurteilen zu können.
    Was wir seit 6 Wochen ausprobieren ist der Adaptil Zerstäuber. Ich hab direkt einen Nachfüller geholt, weil der Hersteller angibt, dass es manchmal bis zu 4 Wochen dauern kann, bis sich eine Wirkung zeigt. Leider kann ich auch nach 6 Wochen keine Wirkung feststellen. Wäre ja auch zu schön gewesen.


    Danke für den Link, ich werde es mir gleich durchlesen.

  • Wenn es ein "hütiger" Typ ist, würde das vielleicht einiges erklären.


    Ausreichend Ruheverhalten und erst mal nur jeden Tag das gleiche wird vermutlich schon ein bisschen helfen.


    Wenn der Hund im Ausland schon einige Stationen durch hat, dauert es wahrscheinlich auch länger, um einmal ganz runter zu kommen bzw. anzukommen. Auf dem Weg dahin wird es sicher immer wieder Rückschritte geben.


    Bachblüten könnte man versuchen.


    Zylkene könnte man auch eine Zeitlang geben.


    Zusätzlich könnte man sich noch einmal die Ernährung genauer anschauen, ob man da noch was verbessern kann.


    Verhaltenstherapie aus dem Futternapf? : SitzPlatzFuss

  • Ich sollte dir erst mal genug Zeit zum Nachlesen lassen, aber ich muss noch mal betonen, dass "Medikamente" nur das eine Ende einer ganzen Reihe von Möglichkeiten sind. Meistens werden einfach nur Ernährungsumstellungen oder Nahrungsergänzungsmittel benutzt. Adaptil wirkt bei meiner leider auch nicht.
    Ah, eine Frage noch, sorry, dann bin ich auch erst mal still: Wurde sie damals zum Kastrieren länger im Tierheim gehalten und auf welches Alter wurde sie zu dem Zeitpunkt geschätzt?

  • Bei vielen Auslandshunden ist der Cortisolspiegel von Geburt an schon höher angelegt, als bei unseren "Wohlstandshunden".


    Das einzige, was da hilft, ist einfach ausreichend Ruhe zu bekommen. Über Ruhe kann man ganz viel erreichen und es eilt ja nicht, an dem Hund jetzt irgendwas drehen zu wollen. Es läuft ja soweit erst mal alles gut.


    Erst mal muss die Basis da sein, auf die ich dann aufbauen kann. Vielleicht habt ihr zu schnell zu viel gemacht.


    Also lieber erst mal wieder ein paar Reize, die zu viel sind, weg nehmen und über Rituale und Strukturen Sicherheit geben.


    Und manchmal ist es auch entscheidend, wie man selbst dem Hund gegenüber steht.


    Wenn man jetzt einmal das Wort "Angsthund" im Kopf hat, hat der Hund den Stempel meistens schon weg.


    Ich glaube, dass es sich hierbei nicht um einen ängstlichen Hund handelt.
    Grundsätzlich wäre es immer gut, einfach Sicherheit und Stabilität vorzuleben, den Hund als normalen Hund zu sehen und auch mal Grenzen zu setzen. Nicht immer drauf reagieren, was der Hund gerade macht. Kein Mitleid haben bzw. zeigen, zuversichtlich an Dinge ran gehen, den Hund nicht mit Samthandschuhen anfassen.


    Die Vergangenheit ist Vergangenheit. Sicherlich haben solche Hunde eine Geschichte und Erfahrungswerte, die müssen aber nicht alle schlecht gewesen sein.


    Jetzt lebt der Hund hier, im Hier und Jetzt und jetzt ist es eure Aufgabe, diesem Hund ein Leben in unserer Gesellschaft zu ermöglichen.

  • Wenn es ein "hütiger" Typ ist, würde das vielleicht einiges erklären.

    Da sagst du was... Ich hab das schon gar nicht mehr so richtig wahrgenommen, aber vielleicht ist das sogar aussagekräftig: Sie hebt ganz oft eine Pfote an, steht also auf drei Beinen, wenn ein Auto kommt.


    Bachblüten könnte man versuchen.


    Zylkene könnte man auch eine Zeitlang geben.

    Ich werde mich mal schlau lesen, Zylkene sagt mir bisher gar nichts. Am besten schaue ich auch direkt nach einem Tierheilpraktiker.


    Zusätzlich könnte man sich noch einmal die Ernährung genauer anschauen, ob man da noch was verbessern kann.

    Ich hab schon vor längerer Zeit, weil Rüpeline ständig Durchfall hatte, einen Arzt und Ernährungsberater für Hunde kontaktiert, der sich alles genau angeschaut hat inkl. Blutbilder und mit mir zusammen einen individuellen Plan erstellt hat. Seitdem koche ich für sie und ihrem Darm gehts deutlich besser.
    Der Link sieht trotzdem spannend aus und ich werde es lesen :smile:



    Ah, eine Frage noch, sorry, dann bin ich auch erst mal still: Wurde sie damals zum Kastrieren länger im Tierheim gehalten und auf welches Alter wurde sie zu dem Zeitpunkt geschätzt?

    Was heißt länger... Sie wurde geschnappt, kastriert, bekam ne bunte Marke in das eine Ohr, vom anderen wurde die Spitze abgeschnitten und ich nehme an, als die der Meinung waren, die Wunde sei ausreichend verheilt, wurde sie wieder raus gelassen. Sie wird nicht besonders lange da gewesen sein, schätze ich, denn die Narbe ist nicht besonders schön verheilt, was darauf schließen lässt, dass sie sich früh wieder damit bewegt hat. Oder es war ein Anfänger am Werk.
    Auch auf ihr Alter zu dem Zeitpunkt hab ich keine richtige Antwort. Da die in diesen Ländern ja nun mal definitiv ausschließen wollen, dass sich die Straßenhunde fortpflanzen, wurde sie sicherlich vor der ersten Läufigkeit kastriert. Alles andere würde mich wundern. Das Tierheim hat dazu nur die Aussage "als sie alt genug war" getroffen. Ich hab auch nicht weiter nachgefragt.

  • Konditionierte Entspannung


    Gerade die Hunderassen, deren Job es vorraussetzt, extrem fokussiert zu arbeiten, reagieren so, wenn ihnen etwas in ihrem Umfeld über den Kopf wächst.


    Ruhe ist auf jeden Fall eine Grundvorraussetzung, wenn der Hund so reagiert. Soweit machst du schon, was du kannst. Was mir mit Chucky sehr geholfen hat war, dass ich ihr klare Regeln vorgegeben habe, sehr viel gemanaged habe und ich draußen den Überblick für uns übernommen habe. D. h. bei allem und jedem was unserer Wege kam, habe ich reagiert, bevor sie es konnte. Bei uns wichtig, ich bin nicht stehen geblieben. Die Leine nahm ich so kurz wie möglich, fing der Hund an, in Richtung Reiz zu schauen, kam ein klares "nein" und sie musste bei Fuß (als Alternativverhalten) laufen. Außerdem bin ich immer Bögen gelaufen. Versuchen könntest du auch, dem Hund ein Spieli anzubieten, was sie in dem Moment tragen kann, oder ein Schau aufzubauen.


    Bei uns hat das lange Zeit gebraucht, bis sie auf diese Reize gar nicht mehr reagierte.

  • Pfote heben = Vorstehen - definitiv dem Funktionskreis "Jagdverhalten" zuzuordnen.


    Angst vor Autos kannst du also eher ausschließen:-)
    Würde sagen, das Problem mit den Autos ist eher hausgemacht.


    Dafür kannst du einiges erarbeiten, damit der Hund mit solchen Reizen besser umgehen kann.
    Wichtigste Regel: nicht künstlich Hochdrehen und keine Wurfspiele/Hetzspiele


    Impulskontrolle (ruhig bleiben an bewegten Reizen, nicht jedem Reiz sofort zu entsprechen)
    Frustrationstoleranz (Frust aushalten lernen, Abwarten lohnt)
    Abbruchsignal plus Alternativverhalten (Verhalten verbal abbrechen und eine alternative Handlung etablieren)


    Diese Dinge muss/sollte jeder Hund lernen.


    Dann könntest du schauen, welche Dinge ihr Spaß machen und ihr eine Arbeit suchen.


    So was wie Fährtenarbeit, ZOS, Dummytraining.


    Wichtig, dass sie über Nase arbeitet und nichts auf Sicht macht. Alles lieber ruhig und konzentriert und vor allem, MIT DIR zusammen.


    Aber erst mal komplett runter fahren und dann von ganz klein wieder anfangen, neue Reize zu setzen, neue Situationen kennen zu lernen.


    Bis dahin würde ich starken Autoverkehr meiden, damit das Verhalten nicht weiter ritualisiert wird.


    Bevor du in dem Konflikt arbeiten kannst, müsste der Hund erst in anderen sogenannten Stellvertreterkonflikten gearbeitet werden (also Impulskontrolle/Frustrationstoleranz/Abbruchsignal), also erstmal eine gewisse Kontrollierbarkeit in ähnlichen Bereichen/Themengebieten erreichen - immer von leicht bis schwer.


    Das müsste erst alles erlernt werden, damit du den Hund in so einer Situation überhaupt führen kannst.


    Außer, du traust dir zu, das Verhalten im Ansatz auch mal recht harsch zu verbieten. Und wenn der Hund es lässt, sofort belohnen, loben.

  • Angst vor Autos kannst du also eher ausschließen:-)

    Weil der Hund eine Pfote hebt? Erstens kann das auch Pföteln sein und zweitens kann der Hund auch ins Jagdverhalten fallen weil er mit der Situation überfordert ist.


    Bis dahin würde ich starken Autoverkehr meiden, damit das Verhalten nicht weiter ritualisiert wird.

    Das ist der TE klar, aber wie soll sie das anstellen? Steht doch eigentlich alles schon im ersten Beitrag.

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