Angst vor Umweltreizen, Straßenverkehr

  • Sieht schwer nach Jagd/Hüteverhalten aus und es sieht erlernt aus.


    Der Hund scheint ja ein (fast) reinrassiger SH zu sein, denen liegt es natürlich im Blut, auf bewegte Reize zu reagieren.


    Der Hund zeigt ja schon sehr schnell eine gewisse Erwartungshaltung. Je nachdem, wann die anfängt (vielleicht schon ab Wohnung beim Anleinen) müsste man vermutlich da erst mal dran drehen, damit der Hund nicht direkt in einem hohen Erregungslevel auf die Straße tritt.


    In der Situation selbst kannst du eigentlich erst mal nicht viel machen, da wäre deutlich mehr Vorarbeit von Nöten.


    Wie ist die Leinenführigkeit denn ansonsten? In welchen Situationen ist der Hund dir gegenüber mal aufmerksam?


    Ich denke, ein anderes Führsystem wäre auch von Vorteil, z.B. Halti Harness plus Halsband und dann jeweils eine Leine.


    Ich weiß jetzt nicht, ob du das jetzt extra fürs Video so gemacht hast, dass du nichts machts, aber meines Erachtens hat der Hund zuviel Zeit, aufs Auto zu warten und hinzugucken. Hier müsste man viel eher ansetzen, die Aufmerksamkeit umzulenken.
    Zudem hat der Hund zu viel Leine und kann sich so auch besser reinsteigern.


    In diesem Fall rate ich dir, dir einen Trainer zu holen, der mit dir an der Führung und Führigkeit arbeitet und der so ein Problem gezielt angeht.


    Das sollte mit einem kompetenten Trainer durchaus machbar sein. Wichtig wäre, dass dieser erst mal eine genaue Anamnese macht und nicht direkt versucht, in dem Konflikt selbst zu trainieren. Das Training müsste vorab erst mal an leichteren Stellvertreterkonflikten stattfinden, bevor man dann "ans Auto" geht.


    Mit Clicker wirst du vermutlich nicht weiter kommen, da der Hund nach wie vor die Entscheidung hat, ob er sich Futter verdienen will oder nicht. Und da das "Auto jagen" sehr wahrscheinlich selbstbelohnend wirkt, hast du dem erst mal nicht viel entgegen zu setzen. Click und Lecker wird für den Hund nicht so hochwertig sein, wie die Selbstbelohnung des Auto jagens, wo im Gehirn Dopamin frei gesetzt wird und das wie eine Droge auf den Hund wirkt.


    Den Blick zum Auto zu clickern ist hier jedenfalls nicht der richtige Weg. Das würde man machen, wenn der Hund tatsächlich Angst vor Autos hätte, aber in diesem Fall ist das eher kontraproduktiv.

  • Wie ist die Leinenführigkeit denn ansonsten? In welchen Situationen ist der Hund dir gegenüber mal aufmerksam?

    Dort an der Straße ist an Leinenführigkeit nicht zu denken. Sie zieht, ich bleibe stehen bis sie den Zug raus nimmt, wir gehen einen Schritt, sie zieht, ich bleibe stehen bis,... Das Spiel machen wir seit Wochen, aber entweder mache ich was falsch, oder sie ist einfach zu abgelenkt um zu verstehen, dass wir nur gehen, wenn sie nicht zieht.
    Aufmerksamkeit draußen auf mich zu richten schafft sie nur, wenn keine oder nur wenige Reize da sind. Im Wald ist es besser, nachdem sie erstmal ein paar Minuten mit dem Boden auf der Nase war (äh, anders herum natürlich :D). Dann dreht sie sich auch zwischendurch um, sobald die Schleppleine zu Ende ist und wartet, dass ich hinterher komme.


    Ich denke, ein anderes Führsystem wäre auch von Vorteil, z.B. Halti Harness plus Halsband und dann jeweils eine Leine.

    Ich hab es jetzt nicht nachgelesen, aber das klingt mir nach einem Teil, das über Schmerz funktioniert...
    Und auch wenn nicht, es muss auch auf andere Weise funktionieren. Ein tolles Geschirr, ne tolle Leine, im Endeffekt bekämpft es doch nur Symptome?
    Wenn sie zieht, weil sie mir nicht vertraut und lieber alles selbst regelt, weil sie unsicher ist oder weil ich mich einfach bescheuert verhalte, bringt mir ein anderes Geschirr wahrscheinlich auch nichts. Mit der richtigen Herangehensweise muss es doch auch ohne solche Hilfsmittel funktionieren?


    Ist auch ziemlich blöd gelaufen, dass meine Trainerin offenbar so daneben lag und ich mich davon hab beeindrucken lassen. Grundsätzlich hat sie uns tolle Sachen gezeigt, aber halt nicht für die Situation draußen, die sich währenddessen weiter verselbstständigt hat... Obwohl, stimmt auch nicht ganz, wenn es wirklich so ist, dass das Gucken zum Auto nicht belohnt werden soll und es sich dadurch schleichend verschlimmert hat, haben wir ja tolle Arbeit geleistet...


    Bei mir setzt gerade auch eine kleine Verzweiflung ein, wie ich das überhaupt schaffen kann, wenn wir gezwungen sind, unsere Pipipausen vor der Haustür zu machen...

  • Habe mir gerade das Video angeschaut und finde es gar nicht so schlimm. Angst sehe ich nicht wirklich und extrem finde ich das Verhalten auch nicht.
    Da war mein ehemaliger Gassihund aus dem Tierheim anders, ganz anders. Der hat fixiert und ist losgespurtet das man kaum noch stehen konnte.
    Ich bin nur 2 x in der Woche mit ihm gegangen und habe mir von anderen Gassigängern ständig anhören müssen das man den Hund an der Straße kaum halten kann und er auch auf Jogger und Radfahrer mit Geschrei und Hektik reagiert.
    Ich bin mit ihm einige Wochen stundenlang an einer viel befahrenen Straße, mit breitem Gehweg und Radweg, entlang. Es war total anstrengend. Gemacht habe ich gar nicht viel außer das ich versucht habe ruhig zu bleiben. Wir waren einfach ständig in Bewegung. Ich habe ihn an Halsband + Geschirr geführt weil ich so etwas mehr Kontrolle hatte. Der Hund war ein Schäfer-Mix und hatte noch die Macke das er, stressbedingt, in die Leine biss und auch versuchte meinen Arm zu erreichen.
    Mit der Zeit wurde er gelassener und ich konnte endlich auch mal belohnen. Wir konnten nach etwa 2 Monaten sogar entspannt an einer großen Kreuzung stehen bis die Ampel grün zeigte.
    Ich denke in einem normalen Umfeld wäre es schneller gegangen, aber er hatte im Tierheim einfach nicht die nötige Ruhe.
    Er wurde dann vermittelt und zeigte anfangs wieder dieses Verhalten in Bezug auf sich schnell bewegende Objekte. Ein gemeinsamer Spaziergang mit den neuen Besitzern brachte alles wieder in Lot. Sie waren zu angespannt, lieben sofort stehen wenn er randalierte und hielten die Leine ständig auf Zug. Das hat den Hund wohl wieder sehr verunsichert.


    LG Terrortöle

  • Habe mir gerade das Video angeschaut und finde es gar nicht so schlimm. Angst sehe ich nicht wirklich und extrem finde ich das Verhalten auch nicht.

    So verhält sie sich meistens beim ersten Auto. Nach dem 3. oder 4. sieht es leider sehr viel schlimmer aus, sodass man Mühe hat, nicht hinter ihr her zu schleifen.
    Aber wenn ihr euch alle so einig seid, dass sie keine Angst hat, dann fange ich jetzt auch mal an, mich an den neuen Gedanken zu gewöhnen.



    Gemacht habe ich gar nicht viel außer das ich versucht habe ruhig zu bleiben. Wir waren einfach ständig in Bewegung.

    Du hast dich im Prinzip also so Verhalten, als wäre das Auto überhaupt nicht da? So als wäre es das normalste von der Welt? Und dann wurde es irgendwann besser?
    Dann liegt es vielleicht echt ausschließlich an mir, denn nach einem halben Jahr hätte sich ja sonst eine Verbesserung gezeigt...


    Jetzt muss ich aber doch nochmal genauer nachfragen:
    Der Hund hat doch ansonsten sicher auch gezogen wie verrückt, oder? Wenn du sagst, ihr wart ständig in Bewegung, dann würde das ja bedeuten, dass du dich seinem Tempo immer angepasst hast? Andernfalls hättest du ihn ja ziehen gelassen, oder verstehe ich das falsch?

  • Aber wenn ihr euch alle so einig seid, dass sie keine Angst hat,

    Ich bin mir da überhaupt nicht einig :D


    Mehr zu den anderen Fragen später, musste das nur schnell loswerden.

  • Ich bin mir da überhaupt nicht einig

    Ups, dann entschuldige :ops:
    Das mit der Differenzierung von Angst und Unsicherheit hatten wir ja gestern schon...


    Ist doch ganz einfach: ab heute gebe ich ihr einfach Sicherheit, nehme ihr damit einfach ihre Unsicherheit und weil ich das einfach so souverän mache, orientiert sie sich an mir und lässt die Autos einfach links liegen :headbash:

  • Ich habe mich nicht von ihm ziehen lassen. Er musste mein flottes Tempo mitgehen, fertig. Das war anfangs wirklich ein Kraftakt, aber an recht kurzer Leine ging es recht gut. Richtig schlimm waren eigentlich immer die ersten 30 Minuten. Der Hund war ja vorher auch nur im Tierheimzwinger und musste erst einmal Energie ablassen.
    Hätte ich ihn das Tempo bestimmen lassen wäre ich nach 1 Minute erledigt gewesen.
    Ich habe verflucht das er solche Kraft und ein ziemliches Gewicht hatte.
    Mit einem 10kg Kandidaten wäre es gelenkschonender gewesen. :pfeif:
    Als es an der Straße ok war und er sogar an lockerer Leine lief bin ich mit ihm mal in die Fußgängerzone einer Kleinstadt, habe mich auf eine Bank gesetzt und gelesen. Den Hund habe ich vorsichtshalber an der Bank angebunden. Das war erneuter Stress, denn es rollerten Kinder, es kamen große Männer usw.
    Ich habe erst einmal nichts gemacht weil der Hund sowieso nicht ansprechbar war. Als bissel Ruhe rein kam habe ich ihm irgend etwas in ruhigem Ton erzählt und weiter in einem Buch gelesen. Nach knapp einer Stunde war er so erledigt das er zu meinen Füssen gepennt hat. Wir haben uns dann ein gemeinsames Eis gegönnt.
    Er hat mir das alles auch gar nicht übel genommen sondern sich gefreut wie Bolle wenn ich ihn im Tierheim besucht und ausgeführt habe. :roll:


    LG Terrortöle

  • Jetzt stehe ich auf dem Schlauch. Wozu hast du denn geraten, wozu du normalerweise nicht raten würdest?

    Dazu, wie du mit Gewalt mehrmals täglich durch eine Situation kommst, die euch beide irrsinnig stresst und für die ihr aber keine Alternative findet.

    An unserem Tagesablauf ändert sich dadurch natürlich nichts.

    Schade, ich hoffe, du hast meine Vorschläge wenigstens kurz in Betracht gezogen.

    Sie zieht, ich bleibe stehen bis sie den Zug raus nimmt, wir gehen einen Schritt, sie zieht, ich bleibe stehen bis,... Das Spiel machen wir seit Wochen,

    Ich finde es einfacher, dem Hund Leinenführigkeit aktiv beizubringen. Also aktiv belohnen, wenn die Leine locker ist und natürlich auch wenn der Hund auf Zug reagiert, das fängt man dann aber im ganz kleinen an und natürlich nicht an der Straße, wo nur Frust und Aufregung die Folgen sind.
    So oder so, Leinenführigkeit ist doch fast nie in ein paar Wochen erlernt.

    Im Wald ist es besser, nachdem sie erstmal ein paar Minuten mit dem Boden auf der Nase war (äh, anders herum natürlich :D). Dann dreht sie sich auch zwischendurch um, sobald die Schleppleine zu Ende ist und wartet, dass ich hinterher komme.

    Nur eine kurze doofe Frage, falls das schon irgendwo stand tut es mir leid :ops:
    Kannst du ihr Leckerlies verstecken und/oder auf den Boden legen? Die Nase am Boden scheint ja einen sehr guten Effekt auf sie zu haben.

    Ich hab es jetzt nicht nachgelesen, aber das klingt mir nach einem Teil, das über Schmerz funktioniert...
    Und auch wenn nicht, es muss auch auf andere Weise funktionieren. Ein tolles Geschirr, ne tolle Leine, im Endeffekt bekämpft es doch nur Symptome?

    Jaein. Was willst du denn machen? Natürlich wäre es viel angenehmer für euch beide, wenn ihr einfach nur mit einem vernünftigen, belohnungsbasierten Training da ran gehen könntet. Aber ihr werdet doch jeden Tag nun zig mal zurückgeworfen, woran ihr vielleicht ein mal am Tag aus sicherer Entfernung oder erst mal in der Wohnung arbeiten könnt. (Wobei du darauf auch noch nicht eingegangen bist, was da die Pläne sind oder sein könnten.)
    Du musst dir klar machen, warum wir hier teilweise zu "Medikamenten" und Haltis raten. Warum das eine so ungünstige Lage ist, in der einfach irgendwas geändert werden muss, und die Möglichkeiten halt begrenzt sind.
    Wenn jemand körperlich oder aufgrund fehlender Technik nicht in der Lage ist, den Hund zu halten ("sieht es leider sehr viel schlimmer aus, sodass man Mühe hat, nicht hinter ihr her zu schleifen") dann muss da was geändert werden. Trainerin, aber ich wiederhole mich zum hundertsten mal, irgendeinen Grund wirst du dagegen schon haben. Du musst dafür auch nicht die andere vor die Tür setzen, das klang in einem Beitrag so ein bisschen nach entweder oder.

    Obwohl, stimmt auch nicht ganz, wenn es wirklich so ist, dass das Gucken zum Auto nicht belohnt werden soll und es sich dadurch schleichend verschlimmert hat, haben wir ja tolle Arbeit geleistet...

    Ich sehe das nicht so. Man kann den Blick belohnen, aber man macht das eigentlich von Weitem, damit sich der Hund dann zur Belohnung oder zu dir umorientieren kann, damit man den Hund überhaupt belohnen kann.
    Man kann auch in schieflaufende Situationen reinclickern. Aber dann sollte man den Clicker in genug anderen Situationen wieder aufladen, aufladen, aufladen. Bei euch ist es ja leider andersrum, dass die schlechten Erlebnisse täglich überwiegen, dass es nie auch nur einen einzigen Ruhetag gibt... Noch mal: Deshalb wird hier teilweise zu so krassen Mitteln geraten, weil es bei euch dieses große Problem der Pipirunden gibt. Von denen sich der Hund nie erholen kann.

    Bei mir setzt gerade auch eine kleine Verzweiflung ein, wie ich das überhaupt schaffen kann, wenn wir gezwungen sind, unsere Pipipausen vor der Haustür zu machen...

    Ich sehe hieran auch, dass du das erkannt hast, jetzt musst du nur noch die Notwendigkeit einer Änderung einsehen. Es ist sicher schaffbar, nur eben leider nicht mit den 08/15 Tricks deiner jetzigen Trainerin. Das hat sie dir auch von Anfang an gesagt, jetzt musst du es nur noch akzeptieren.
    Ich hoffe, die Verzweiflung war nur sehr klein und ist schon wieder weg. :) Ih schafft das mit Sicherheit. Du hast jetzt aber innerhalb von wenigen Stunden so viele neue Eindrücke bekommen, dass du die auch erst mal in Ruhe verarbeiten und verstehen und nach weiteren Informationen forschen musst.

  • Ups, dann entschuldige :ops: Das mit der Differenzierung von Angst und Unsicherheit hatten wir ja gestern schon...


    Ist doch ganz einfach: ab heute gebe ich ihr einfach Sicherheit, nehme ihr damit einfach ihre Unsicherheit und weil ich das einfach so souverän mache, orientiert sie sich an mir und lässt die Autos einfach links liegen :headbash:

    :D


    Wie oft ich mir das schon anhören musste. Aber ein Fünkchen Wahrheit hat es ja, es funktioniert tatsächlich alles viel besser, wenn ich mit der nötigen Selbstsicherheit und Optimismus da ran gehe. Es reicht nur nicht als alleiniges Trainingswerkzeug.
    :D

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