Straßenhundknigge vs. deutscher Haushund

  • Hej ihr Lieben,
    seit ein paar Tage geht mir eine Frage durch den Kopf...
    Gestern dann habe ich mich zufällig mit einem anderen Hundehalter darüber unterhalten, sodass ich beschlossen habe hier auch nochmal nach Meinungen/Erfahrungen zu fragen.


    Und zwar..
    Mir ist aufgefallen, dass meine ehemalige Straßenhündin ganz anders mit Hunden umgeht die ebenfalls einen Migrationshintergrund haben ;)
    Soll heißen, solche Begegnungen laufen immer sehr entspannt und klar ab.
    Treffen wir dagegen auf einige "deutsche Haushunde" gibt es grade mit den Rüden immer ziemlich Ärger, weil diese wirklich sehr aufdringlich sind und viel mehr Drohsignale ihrerseits eingesetzt werden müssen, dass die überhaupt mal Leine ziehen.


    Vorweg: Ich bin nicht in jeder Situation ein Freund von "die regeln das unter sich".


    Dennoch stellt sich mir die Frage, ob wir zu oft eingreifen, sodass viele Hunde nicht mehr in der Lage sind klar zu kommunizieren.


    Bis wann lasst ihr Dinge laufen?
    Ist es gesund seinen Hund vor jeglichen Konsequenzen durch selbst ausgelöstes Verhalten zu schützen?
    Verlernen "unsere" Hunde die klare Kommunikation untereinander durch beispielsweise ein "Heranrufen" in einem ...nennen wir es mal "ernstem Gespräch miteinander"?


    Mir ist bewusst, dass das sehr theoretisch gefragt ist, weil man nie weiß wie sozial kompetent der andere Hund ist. Auch die Größenverhältnise sind nicht immer so gegeben, dass man einfach "machen lassen sollte", für den Fall, dass es knallt.


    Trotzdem...auch hier habe ich so oft den Satz schon gelesen "Der hat nichts zu regeln".


    Also, ...
    1)Gibt es einen "Einbruch" an klarer Verständigung von Haushunden?
    3)Trägt das eingreifen der Halter dazu bei?
    2)Was dürfen eure Hunde selbst regeln, grade in Bezug auf fremde Hunde.


    Ich freu mich über Antworten und einen netten Austausch, weils mich wie gesagt seit einiger Zeit beschäftigt... =)

  • Ich hab halt keine Lust auf natürliche Selektion, deshalb greife ich ein.


    Würde ich wollen, dass mein Hund alles selbst regelt, dabei womöglich kaputtgeht mit ihren 20 cm Schulterhöhe, mindestens aber lernt, dass ich als Sozialpartner keinen Schutz gebe und damit eigentlich auch überflüssig bin, dann könnte ich ohne Eingreifen leben.

  • Ich glaube schon, dass der Trend, alles für Hund zu regeln, dem die Kommunikation, die ja auch Übungssache ist, quasi abtrainiert. Ich finde das schrecklich, typisch menschlich-überheblich (als könnte Mensch das besser als Hund). Halte gar nichts davon.

  • Ich glaube schon, dass der Trend, alles für Hund zu regeln, dem die Kommunikation, die ja auch Übungssache ist, quasi abtrainiert. Ich finde das schrecklich, typisch menschlich-überheblich (als könnte Mensch das besser als Hund). Halte gar nichts davon.

    So seh ich das auch, nur mit der Einschränkung, dass man schon eingreifen sollte, wenn es wirklich gefährlich wird oder wenn gemobbt wird ohne Ende.

  • Ich teile die Erfahrung mit den Straßenhunden überhaupt nicht - ich bin mir sicher, Smilla pflichtet mir bei.
    Viele Auslandshunde hier sind übermäßig ängstlich, übermäßig aggressiv oder vollkommen desinteressiert, Begegnungen mit "deutschen Haushunden" laufen dagegen deutlich entspannter ab, wenn diese klar, sauber und höflich kommunizieren.


    Meines Erachtens hängt das auch nicht nur vom Halter ab, wie reibungslos eine solche Kommunikation abläuft, sondern von der Verfassung der jeweiligen Hunde, der Motivation des Kontaktes und mitunter auch der Rasse.
    Wir hatten schon Begegnungen mit demselben Hund, die manchmal freundlich-friedlich waren und manchmal aufgelöst werden mussten, weil es Konflikte gab.

  • Es ist ja immer so ein wenig zweischneidig, wie man auch in den aktuellen "Tut-Nix-Threads" gelesen hat. Damit das funktioniert, muss es eben auch gesellschaftskonform sein, wenn einem distanzlos-aufdringlichem Hund oder einem, der nicht auf subtile Signale reagiert oder einem, der nicht zu einer höflichen Begrüßung in der Lage ist, eben auch mal ordentlich der Marsch geblasen wird. Dann würde es wohl auch ein Tut-Nix lernen, dass ein "Kein-Bock-Hund" das auch mit feinen Zeichen genauso meint und man für Unhöflichkeit eben auch mal Widerworte bekommt. Und in Zukunft auch auf feinere Signale achten und sich höflicher nähern. Mir kommt es manchmal vor, als gäbe es nur die Extreme. HH mit der Einstellung, ein Hund muss alles gut finden und HH, die eh vor allem flüchten, entweder aus Angst um ihren Hund oder aus Angst, ihr Hund könnte mal "deutlicher" werden. Ist schwierig.


    Und wenn man einen Hund hat, der wahnsinnig nett und höflich ist, aber sich einfach nicht wehren kann und bei dem blöde Erfahrungen sehr lange nachwirken... Smilla ist heute nieder gemacht worden, nicht verletzt, aber ich weiß, dass wir da wieder Wochen was von haben... und wir waren beide grad wieder so entspannt bei Hundebegegnungen, sonst wäre ich heute auch gar nicht in der größeren Hundegruppe mitgegangen... hätte ich mir echt besser geschenkt :/ . Ok, ist hier nicht das Thema, aber es kriegt halt auch nicht jeder Hund das selbst gebacken oder schüttelt so etwas schnell wieder ab...

  • Ich teile die Erfahrung mit den Straßenhunden überhaupt nicht - ich bin mir sicher, Smilla pflichtet mir bei.
    Viele Auslandshunde hier sind übermäßig ängstlich, übermäßig aggressiv oder vollkommen desinteressiert, Begegnungen mit "deutschen Haushunden" laufen dagegen deutlich entspannter ab, wenn diese klar, sauber und höflich kommunizieren.

    Mhh.. Was das betrifft macht es meiner Meinung nach definitiv einen Unterschied ob ehemaliger Kettenhund, Tierheimhund im Kennel mit vielen anderen Hunden oder "richtiger" Straßenhund mit uneingeschränktem Freiraum.


    Durchaus kann auch ein Straßenhund zum Proll werden, grade wenn Leine /veränderte Lebebsumstände "dazwischen funken" aber grundsäztlich habe ich Straßenhunde als sehr soziale, klare Hunde erlebt, sowohl auf der Straße, als auch später in Haushalten.

  • Es ist ja immer so ein wenig zweischneidig, wie man auch in den aktuellen "Tut-Nix-Threads" gelesen hat. Damit das funktioniert, muss es eben auch gesellschaftskonform sein, wenn einem distanzlos-aufdringlichem Hund oder einem, der nicht auf subtile Signale reagiert oder einem, der nicht zu einer höflichen Begrüßung in der Lage ist, eben auch mal ordentlich der Marsch geblasen wird. Dann würde es wohl auch ein Tut-Nix lernen, dass ein "Kein-Bock-Hund" das auch mit feinen Zeichen genauso meint und man für Unhöflichkeit eben auch mal Widerworte bekommt. Und in Zukunft auch auf feinere Signale achten und sich höflicher nähern. Mir kommt es manchmal vor, als gäbe es nur die Extreme. HH mit der Einstellung, ein Hund muss alles gut finden und HH, die eh vor allem flüchten, entweder aus Angst um ihren Hund oder aus Angst, ihr Hund könnte mal "deutlicher" werden. Ist schwierig.


    Und wenn man einen Hund hat, der wahnsinnig nett und höflich ist, aber sich einfach nicht wehren kann und bei dem blöde Erfahrungen sehr lange nachwirken... Smilla ist heute nieder gemacht worden, nicht verletzt, aber ich weiß, dass wir da wieder Wochen was von haben... und wir waren beide grad wieder so entspannt bei Hundebegegnungen, sonst wäre ich heute auch gar nicht in der größeren Hundegruppe mitgegangen... hätte ich mir echt besser geschenkt :/ . Ok, ist hier nicht das Thema, aber es kriegt halt auch nicht jeder Hund das selbst gebacken oder schüttelt so etwas schnell wieder ab...

    Ich hoffe, dass die nächsten Hundebegegnungen mit Smilla entspannter verlaufen..


    Das was du geschrieben hast, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich habe einerseits die Hündin von der Straße die sehr klar kommuniziert und der ich es zutraue anderen Hunden auch ne Ansage zu machen, wenn diese sie belagern. Anderseits meinen deutschen Wohnzimmerhund, der brav wartet und mich mit großen Augen anschaut nach dem Motto "könntest du das bitte regeln?"
    Ich bin nicht jemand der gerne anderen Leuten zuruft ob sie ihren Hund mal ranrufen könnten, weil tatsächlich oft gar nicht reagiert wird. Obwohl es mir lieber wäre, grade bei ganz verliebten Rüden mit Zuckerwatte in den Ohren.
    Weil meine eine Hündin auch viel zu nett ist und oft auch nicht wirklich ernst gemommen wird, laufe ich oft einfach "vorrausschauend" ;)

  • Also, ...
    1)Gibt es einen "Einbruch" an klarer Verständigung von Haushunden?
    3)Trägt das eingreifen der Halter dazu bei?
    2)Was dürfen eure Hunde selbst regeln, grade in Bezug auf fremde Hunde.

    1) Ich bin nicht sicher, ob früher alles besser war, denn es gab da recht viele absolut grottig sozialisierten Hunde. Aber man hielt es auch für normal, dass ein Hund nicht immer nur lieb lächelt, dass zur Kommunikation auch einige unfreundlichere Ausdrucksweisen gehören. Man hatte weniger das Bedürfnis, dem Hund jede Selbständigkeit zu nehmen und alles und jedes für ihn regeln zu wollen. Was mir aber auffällt, ist die Zunahme sehr unsicherer Hunde - teils durch schlechte
    Erfahrungen gerade bei Tierschutzhunden, aber auch durch die planlose Verpaarung von wesensschwachen Hunden.


    2) Ganz sicher. Greift der Halter im falschen Moment, oder mit einer unpassenden Aktion ein, kann der Hund sehr leicht das Falsche lernen. aber ungeschicktes/kontraproduktives Eingreifen gab es auch schon früher. Aber auch abgesehen von unbeabsichtigter Verstärkung von prolligem oder unhöflichem Verhalten, Kommunikation muss nicht nur erlernt, sondern auch geübt werden. Bedeutet, dass man dem Hund dazu Gelegenheit geben muss.


    3) Ich lebe hier scheinbar im Hundeparadies, und meine Hunde regeln im Freilauf ihre Fremdhundebegegnungen selber. Natürlich habe ich ein Auge drauf, besonders bei grossen Gewichts- und Grösseunterschieden. Finden die Leute hier auch total normal. Eingreifen muss ich nur sehr selten - bei läufigen Hündinnen lass ich der Natur nicht ihren Lauf ;) , und ab und an trifft man auf einen rüpelhaften grossen Rüden, der auf Obermacker macht. Da helfe ich Splash aus der Situation raus wenn nötig. In den meisten Fällen deeskaliert Splash aber brenzlige Situationen gekonnt selber, das kann er heute besser als früher. allerdings bin auch ich selber besser geworden im Einschätzen solcher Situationen.

  • Bis wann lasst ihr Dinge laufen?
    Ist es gesund seinen Hund vor jeglichen Konsequenzen durch selbst ausgelöstes Verhalten zu schützen?

    Mit komplett fremden Hunden lasse ich gar nix laufen oder "untereinander klären". Zum einen sehe ich nicht, was das meinen Hunden bei einer zufälligen Spaziergangsbekanntschaft bringt, wenn die sich gegenseitig mal kurz ihre Antipathie mitgeteilt haben. (Nicht falsch verstehen – meine Hunde dürfen gerne Kontakt haben, auch ohne großes Drama und quasi "im Vorbeilaufen", aber sobald die Situation irgendwie kippt, sammel ich sie da weg.) Zum anderen habe ich einfach keine Lust auf Stress mit anderen Hundehaltern und die wenigsten hier sind so entspannt, dass sie damit Leben könnten, dass Hunde untereinander nun mal nicht immer nur kuscheln und spielen wollen – hier gibt's erstaunlich viele Leute, für die ein Knurren schon Grund ist, empört "Der ist aber böse!" zu sagen. :roll:


    Bei Hunden, die ich kenne, oder Hunden von Besitzern, die ich kenne und weiß, dass sie ihre Hunde gut einschätzen können, lasse ich deutlich mehr laufen. Genau wie bei meinen beiden untereinander – denn da gebe ich dir recht: Ich will, dass diese Hunde miteinander auskommen und lernen, Konflikte auch mal selbst zu lösen. Eben genau deshalb, weil ich da nicht immer daneben stehe(n will). Und es wäre wirklich schade, wenn meine Hunde gelernt hätten, da immer nur auf mich zu vertrauen und solche Situationen nie selbst einzuschätzen.


    Was die Auslandshunde angeht, stimme ich aber @fragments zu:

    Viele Auslandshunde hier sind übermäßig ängstlich, übermäßig aggressiv oder vollkommen desinteressiert [...]

    Die meisten Hunde hier, von denen ich aus beiläufigen Gesprächen mit den Besitzern weiß, dass sie aus dem Auslands-TS stammen, sind mit anderen Hunden entweder sehr ängstlich (kein Problem, da nehme ich gerne Rücksicht – aber das sind keine Begegnungen, in denen mein Jungrüde irgendwas 'klären' muss) oder haben eine deftige Futteraggression (... um die mache ich einen großen Bogen, die verteidigen dann nämlich auch mit Vorliebe meine Jackentasche gegen meine eigenen Hunde – auch nix, was ich irgendwie laufen lassen würde).

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