Sich bei Unsicherheit zurückziehen
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Hallo ihr Lieben,
damit ich den Junghundethread nicht sprenge, mach ich mal einen neuen auf.
Zur Vorgeschichte, ganz kurz:
Balou ist als Welpe zu meinem Mann und mir gekommen und in einem ruhigen Dorf aufgewachsen. Er hat nie schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht, hatte bei Berührungen aber schon immer Stress. Bei uns geht es mittlerweile, genießen tut er es aber selten. Deshalb haben wir jeglichen Besuch darum gebeten, ihn zu ignorieren, wenn er schnuppern kommt, ihm die Hand hinzuhalten und sonst nix. Das machen fast alle Gäste seit sehr vielen Monaten so. (Außer meine Schwiegereltern und -Großeltern, die ihn anstarren und anquatschen, aber die sieht er selten).
Balou findet Menschen an sich spannend und geht gerne schnuppern und ist dann zufrieden. Machen diese dann einen Aufstand um ihn, fiddlet er.
Als Welpe und jüngerer Junghund wurde er leider öfter von Fremden angefasst und quietschend angesprochen, wodurch er Fremden gegenüber sehr unsicher geworden ist. Er wirkt draußen so, als warte er nur darauf, belästigt zu werden.
Zwischenzeitlich hatten wir ihm gut beigebracht, draußen Leute zu ignorieren. Wir gingen immer ruhig mit etwas abstand an Menschen vorbei und er wurde gelobt und belohnt. Ab und zu wuffte er jemanden an.
In letzter Zeit ist er aber echt anstrengend und steht sich selbst im Weg. Uns begegnen seltener Leute (pro Spaziergang vielleicht fünf) und diese gucken höchstens, ignorieren ihn aber meistens. Balou fixiert stark, geht angespannt und hängt vorne in der Leine. Manchmal sogar mit Bürste. Er lässt sich schlecht bis gar nicht umlenken, sodass ich ihn manchmal am Rand absitzen lassen muss und dann die Leute (alleine, mehrere, mit oder ohne Hund, mit oder ohne Kinderwagen/Kinder) vorbeilasse. Diese bedanken sich auch oft und haben sichtlich Angst vor ihm. Gehen wir auf jemanden zu, der z.b. auf einer Bank sitzt, stoppe ich ihn durch Richtungswechsel und stopfe ihm Leckerlis rein, sofern er mich wahrnimmt.
Mein Problem ist also: wie kann ich Balou beibringen, dass er nicht nach vorne zum Reiz hingeht, obwohl er ja keinen Kontakt möchte und froh ist, sobald der Mensch weg ist (sofortige Entspannung, Ansprache möglich, Stressmarkieren), sondern sich bei mir aufhält oder zu Hause vom Gast weggeht, wenn er keinen Kontakt möchte?
Ich habe das Gefühl, dass ihm seine Rasse im Weg steht. Golden werden ja so gezüchtet, dass sie Menschen gegenüber freundlich sein sollen. Gleichzeitig mag er aber keinen Körperkontakt.
Ach ja, wenn er mit anderen Hunden unterwegs ist, verhält er sich um einiges weniger bis gar nicht so. Und im Freilauf fiddlet er auch selten HHs gegenüber, wenn er mit ihren Hunden spielt, sondern geht da einfach weg, wenn diese ihn streicheln (wollen). Da kann er es!
Falls es wichtig ist: er zeigt zu Hause einen guten Wachinstinkt und ist sehr Aggro, wenn Besuch oder Handwerker kommen. Da knurrt er auch. Bei Besuch beruhigt er sich aber nach ein paar Minuten und geht dann freundlich schnuppernd hin und dann legt er sich irgendwo schlafen.
Ich freue mich auf Antworten
PS: ich werde im Frühjahr mal eine Einzelstunde bei unserem Hundetrainer buchen.
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Hi,
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Ich denke, dass er an der Leine und drinnen nicht weg kann. Hat er vielleicht da schlechte Erfahrungen gemacht? Er war an der Leine und wurde angefasst, konnte nicht ausweichen?
Ich finde du handelst schon sehr gut. Ich würde mit freiwilligem Abwenden trainieren und jeden Blickkontakt, jede Aufmerksamkeit belohnen. Eventuell könnte man mit Zeigen & Benennen arbeiten. Da gibt es hier auch einen großen Thread zu.
Und immer den Hund auf die abgewandte Seite nehmen, sodass er nicht so dicht an den gruseligen Menschen vorbei gehen muss. -
@lemmingstyle
Auf der abgewandten Seite geht er natürlich immer :)
Leider benimmt er sich ja auch so, wenn die Menschen auf der anderen Straßenseite sind und ich ich dazwischen gehe. Also sind die dann wirklich weiter weg...Angeleint ist das öfter passiert, als er klein war. Schwups im Vorbeigehen.
Ich hatte halt gehofft, dass es wirklich eine Methode gibt, den Rückzug zu vermitteln
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Das ist natürlich ärgerlich, aber immerhin hast du jetzt keine fette Leinenaggression, sondern "nur" einen sehr angespannten Hund. Oder meinst du er würde nach vorne gehen, wenn ein Mensch zu nahe käme?
Mein Hund macht das mit anderen Hunden. Wir haben freiwilliges Abwenden trainiert, indem ich mich komplett hinter ihn gestellt habe und außer Sichtweite für ihn war. Hunde haben mehr Rundherumblick als wir, deswegen sieht er dich auch wenn du seitlich läufst und du denkst, dass er dich nicht anschaut. Also dahinter stehen und dann wenn er sich umgedreht hat, habe ich belohnt. Das habe ich später mit einem Kommando "Guck mal" verknüpft. So kann ich ihn aus dem Fixieren holen, wenn er es nicht alleine schafft. Es ist natürlich eine vorteilhafte Verhaltenskette und er wendet sich auch freiwillig ab, weil es für Erblicken des Hundes/Menschen Futter gibt. Dadurch ist die Motivation für das Hinschauen erst mal positiver (weil das kann man ja nicht verhindern) und dann kann er sich eben freiwillig zu mir abwenden und bekommt dann ein Alternativverhalten wie z.B. schau mich an und geh bei Fuß mit mir vorbei.
Ansonsten würde ich auch beim Laufen jeden Blickkontakt belohnen und die Sequenz bei Fuß laufen und dich anschauen auch unter Ablenkung üben.
Meiner Meinung nach muss man immer erst mal das Fixieren "aufbrechen", dann geht vieles schon von allein, weil man die Aufmerksamkeit hat. Da musst du natürlich rechtzeitig vorher anfangen zu trainieren und nicht erst, wenn der Mensch schon sehr nah dran ist, dann kannst du nur noch managen und deinen Hund aus der Situation nehmen, bis er das bewältigen kann.Ich denke ein Trainer kann euch auch sehr gut helfen. Da bekommst du bestimmt schon in der ersten Stunde sehr gute Tipps in die Hand und kannst alleine los legen.
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Ich würde den Hund ersteinmal tierärztlich durchchecken lassen,vor allen Dingen die Schilddrüse.
Wenn da soweit alles in Ordnung, einen Trainer draufschauen lassen.Wie wurde der Hund beim Züchter gehalten, hatte er viel Kontakt zu Menschen, wurde er auf Umweltreize geprägt?
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@harry97 wir haben erst vor kurzem ein großes Blutbild gemacht. Ist alles gut.
Er hatte beim Züchter Familienanschluss. Bei uns wächst er natürlich sehr ruhig auf. Auf dem Land, nur zwei Menschen im Haus...
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@lemmingstyle
Er würde nie angreifen, wenn du das meinst. Balou würde bellen und sich weiter nähern und dann sein vor-und-zurück-Spiel abziehen. Sich nähern - Wuff - zurück - Wuff und so weiter. -
Ich denke @harry97 meint, ob er denn von der Zucht heraus schon gut sozialisiert wurde...andere Menschen, Umgebungen,Tiere etc. Oder ob er mehr "abgeschottet" aufgewachsen ist, nur mit den Züchtern in ruhiger reizarmer Umgebung.
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@Michi69
Achso. Also er ist ein Winterwelpe, weswegen er vermutlich weniger mitgekriegt hat, als Sommerwelpen. An Umgebung kannte er das Haus und den Garten. Menschen hat er auch einige um sich herum gehabt. Die Züchterin hat z.b. mehrere Kinder (erwachsen) und Enkel, die öfter da waren. Tiere nur Hunde.Balou ist mein erster Hund und wir haben bestimmt auch Fehler gemacht. Aber wir haben uns Mühe gegeben, dass er das normale Dorfleben schon früh kennenlernt. Kurze Strecken an der Straße lang, Hunde kennenlernen, ab und zu einen Nachbarn begrüßen, viel im Wald und Feld unterwegs sein. Verschiedene Tiere angucken und Fahrzeuge.
Leider wurde er an seinem ersten Tag bei uns von dem Nachbarshund gebissen, der plötzlich zu uns in den Garten rannte. Aber dadurch sollte er eher Hunde doof verknüpfen, oder? Die liebt er aber über alles. Da wird auch durchgehend hingeguckt und hingezerrt, teilweise mit Fiepen oder Frustbellen
Insgesamt ist er wirklich unsicher, ich weiß nicht, woher genau das kommt. Steht plötzlich eine Mülltonne im Wald, wird diese auch angebellt, weil sie da nicht hingehört.
Ich bin mit ihm aber immer zusammen hingegangen in solchen Situationen - auch heute noch - und wir gucken uns das ganze dann zusammen an. Dann hat er keine Angst mehr. -
Ohne euch oder eure Geschichte mit Balou näher zu kennen schreibe ich mal auf, was mir beim Lesen deines Eingangsposts durch den Kopf ging:
Ihr habt schon bei eurem Welpen das Gefühl gehabt, dass er körperlichen Kontakt und fremde Menschen nicht mag bzw. unsicher reagiert. Das fiddle about ist in meinen Augen ein völlig normales Verhalten eines Junghundes um mit neuen und stressigen Situationen zurechtzukommen. Ich sehe das bei fast jedem Junghund und finde es grundsätzlich nicht schlimm.
Ihr habt nun den Kontakt zu fremden Menschen sehr eingeschränkt und damit zwar negative Erfahrungen, aber auch die sehr wichtigen positiven Erfahrungen beschnitten.
Mein Ansatz wäre hier nicht Menschen auszuweichen und nur an der Umorientierung zu arbeiten, sondern vor allem positive Erfahrungen bei Kontaktaufnahme zu fördern. Das heißt in Balous Fall natürlich nicht Ansprache und Streicheln, aber vielleicht Füttern oder Spielen...Wie gesagt sind das nur meine ersten Gedanken und es ist bestimmt nicht so schwarz weiß, wie ich es jetzt geschrieben habe - im Ansatz aber vielleicht schon.
Kito ist bei fremden Menschen sehr unsicher bedingt durch sein erstes halbes Lebensjahr auf der Straße. Ich konnte mit ihm unheimlich viel erreichen, indem ich seine Neugier ausgenutzt habe und jeder Mensch in meiner Umgebung Leckerlis in ihn stecken durfte. Er ist dadurch sehr viel entspannter geworden, auch wenn die frontalen Begegnungen an der Leine immernoch blöd für ihn sind.
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