Wenn der Hund abgehauen ist ...

  • Da hast du Recht, Ellen - deshalb schrieb ich oben auch, dass der Jagdtrieb echt nochmal eine Nummer für sich ist und dass es eigentlich eine Höchstleistung von Hund und Halter ist, wenn man das umgelenkt bekommt. Und umgekehrt ist es nicht mit fehlender Bindung zu erklären, wenn ein Hund seinem Jagdtrieb nachgeht.
    Aber Ralf schrieb ja auch "UND lange wegbleibt" - also nach der Jagdsequenz noch dies und das macht, statt zurückzukehren.

  • Ich habe sie DIREKT weg gescheucht! (Und das sehr überzeugend, ich war mehr als stinkesauer!). Wenn sie wieder angeschleimt kam: Wieder verscheucht!
    Ich wollte sie in dem Moment einfach nicht sehen

    Das hat dein Hund auf jeden Fall verstanden; so macht man das ja auch bei Pferden und Hunde untereinander reagieren auch so.
    Das Wegscheuchen ist ein Ausschluß aus dem Rudel und das möchte kein Hund.
    So reagier auch, wenn mein Hund nach fünf Minuten Jagdtrip zu mir zurückkommt. Nix freudiges begrüßen, sondern wegscheuchen und maulen.

  • Diese "mechanistischen" oder anthropozentrischen Ansätze, daß ein Tier nicht fähig ist, die Gedanken ein paar Minuten zusammenzuhalten, und nur von einer Sekunde zur nächsten lebt, ergo immer nur die allerletzte Aktion bestimmend für die Reaktion sein darf, ist doch wohl überholt. Hunde können Handlungsketten planen, sie sind zur bewußten Täuschung fähig, sie besitzen Empathie - warum sollten sie bei enger Bindung zu ihrem Menschen nicht die authentische Reaktion auf eine Regelverletzung richtig einordnen können?


    Hallo Quarus,


    es freut mich wirklich, dass diese Meinung sich offensichtlich in den letzten Jahren mehr und mehr durchsetzt! Vor einigen Jahren wurde man noch sehr belächelt, wenn man nur andeutete, dass Tiere mit komplexen Nervensystemen über so etwas wie Empathie verfügen od. sich überhaupt irgendetwas vorstellen könnten. Was du ansprichst hört sich für mich fast nach "Moral" an (fehlt noch das Erkennen der Bedeutung von "Fairness") - dafür gibt es immer noch hier und da gerne mal eine Watsche ;)
    Ich denke ebenfalls, dass nicht nur Hunde sondern sehr viele andere Tiere, die in sozialen Verbänden leben nur deshalb erfolgreich zusammenleben können, wenn sie in der Lage sind Regeln zu lernen und zu verstehen (womöglich nicht auf einer uns gleichen Ebene, was es womöglich deshalb so schwierig gemacht hat das zu erkennen). Das setzt auch meiner Meinung nach voraus, dass sie Empathie besitzen, sich vorstellen können wie ein anderer aus der gleichen Gruppe empfindet. Das hieße aber auch, dass sie sich ebenso bewusst entschließen können Regeln nicht zu beachten!
    (Ob das aber auf einen Hund zutrifft der sich eine od. mehrere Stunden seiner Gruppe entzieht, auf Zurufe nicht reagiert und sich dabei offensichtlich wohlfühlt und gerne auch mal danach schaut, was die Welt so Aufregendes zu bieten hat...naja! Idealerweise kommt noch der Zusatz:" Verstehe ich gar nicht, zuhause leidet er unter Trennungsangst...")


    Allerdings macht es da die Sache unter "Gleichen" etwas einfacher, die soziale Gruppe Mensch/Hund besteht aus verschiedenen Spezies, was eine eindeutige, für beide verständliche Kommunikation und zielgerichtetes Handeln so wie ich es verstehe deutlich schwieriger macht.
    Für mich ist eine wichtige Frage "Kann der Hund sozusagen "speziesübergreifend" Empathie entwickeln? Dazu bedarf es sicher ein sehr enges Verhältnis und eine gute Basis an entsprechend vermittelten Regeln (das Vermitteln dieser Regeln stellt ja - wie, nicht nur hier im Forum, häufig zu lesen - oft große Herausforderungen und kontroverse Ansichten über die Herangehensweise dar - das eine bedingt aber auch das andere, irgendwie).
    Dem Hasen od. dem Reh kann er, wie auch andere Jäger, offensichtlich keine besondere Empathie entgegenbringen - womöglich weil es eben nicht dieselbe Art ist (wäre aber auch nicht besonders hilfreich ...sonst würde es mit der Ernährung eher schwierig werden :D ) - obwohl er vernünftiger Weise im Laufe seiner Sozialisation gelernt hat: Gebissen zu werden tut weh!


    Es ist sicher etwas anderes wenn zwei Exemplare derselben Spezies sich etwas "beibringen" (sie verfügen schließlich über ähnliche Voraussetzungen, ähnliche Wahrnehmung, ähnliche Reflexe, ähnliche "artgleiche" Kommunikation....). Das trifft auf Mensch/Hund nicht wirklich zu - für den Hund ist es sicher noch deutlich schwieriger als für den Menschen ...er kann sich schließlich nicht ins Thema einlesen und auf Forschungsergebnisse zurückgreifen ;) Dennoch behaupte ich nicht dass es nicht stattfindet.
    Da gibt es wohl auf beiden Seiten reichlich Raum für Fehlinterpretationen und auch für Übertreibungen die schnell mal ins "Ungesunde" driften können.


    Finde das ein sehr spannendes Thema - aber da meine Antworten immer dazu neigen so lang zu werden, sprengt das hier sicher den Rahmen.
    Sorry Leute, für den langen Text - ich schreibe schon recht selten, aber wenn dann wirds immer irgendwie zu lang.


    @mittendrin sorry Ellen - wollte dir nicht auf die Füße treten ;)
    aber wie Kerstin schon sagte meinte ich das Weglaufen UND lange Wegbleiben. Es gibt sicher einen Unterschied zwischen einem auslösendem Reflex "durchzustarten" und der Entscheidung "ich bin dann mal weg...für eine od. mehrere Stunden, mal sehen wo uns das Leben wieder zusammenführt..." Rufen zwecklos - manche Tingeln förmlich von dannen, haben es nichtmal eilig. Da gibt es eben meiner Meinung nach eine gewisses "Beziehungsproblem" - das bei allem Spass ganz böse enden kann.
    Wie ich schon sagte, Ausgrenzung macht als Strafe doch nur dann Sinn, wenn der Ausgegrenzte DAS auch als solche empfindet - nicht womöglich als Anlass erneut loszuziehen. Und WENN der Hund das als Strafe empfindet, dann sollte man damit nicht inflationär sondern mit viel Bedacht umgegangen werden. Das ist nur meine Meinung dazu, andere haben vielleicht eine andere...


    Mein Hund kann sich gerne selbst beschäftigen, wenn ich mich mal unterhalte od. irgendwo rumsitze auch mehr als eine Minute, manchmal auch zehn Minuten. Auch auf einem Spaziergang ist es mir genug, wenn er ansprechbar bleibt (zuviel Kommunikation und zuviel einander "lesen" zu wollen halte ich nicht mal für unbedingt sinnvoll - das ist es was ich mit "ungesund" meinte).
    Aber in dieser Zeit achte ich auf ihn ...und er immer mal auf mich. Wenn ich rufe od. gehe dann geht es eben weiter. Ich hätte ehrlich gesagt keine Ruhe, wenn ich auf einem Weg stehe und mein Hund vergnügt sich im Unterholz und reagiert nicht auf Ansprache (unter DEN Umständen wäre MIR eine Minute schon zu lange).
    Wenn dem so ist, DANN würde ich mir schon einige Fragen stellen. Die Antworten bzw. die Konsequenzen müssen ja nicht immer bei jedem gleich ausfallen.


    Tschüss und viele Grüße
    Ralf

  • Ylvie ist mir vorgestern das erste Mal hinter Wild.
    Lief los, ich war nicht schnell genug auf der Schleppleine, rufe und setze mich in Bewegung, um sie vielleicht noch zu erwischen. Sie bleibt stehen, guckt mich an, dreht sich um und rennt weiter weg.
    Sie war vielleicht 2 min unterwegs. Ich hab sie zwischen durch immer mal im Unterholz/Gestrüpp rumstöbern gesehen und immer mal ihren Namen gerufen, das Reh war längst über alle Berge.
    Als ich dann nen für mich passierbaren Weg ins Gestrüpp entdeckt hab, kam sie plötzlich fröhlich und etwas drüber den Weg entlang zu mir gerannt.


    Ich hab sie fürs zurückkommen nicht belohnt oder gelobt. Ich hab sie erstmal kommentarlos angeleint, dann ein bisschen vor mich hingeschimpft, weil ich mich geärgert hab, über mich und auch über Ylvie.


    Das ich sauer war, wusste mein Hund doch eh. Auch wenn ich sie gelobt hätte, wäre ich sauer gewesen und das hätte sie dann auch trotzdem gewusst.


    Wäre sie nach ihrem ersten Spurt zur Wildfährte zu mir gekommen oder auch einfach stehen geblieben, bis ich bei ihr gewesen wäre, hätte ich natürlich ne rießige Party veranstaltet, aber so war mir nicht nach Party zu Mute, deshalb gab es auch keine.

  • Ich hab sie fürs zurückkommen nicht belohnt oder gelobt.

    Hunde sind doch nicht doof; hättest du sie gelobt, dann wär ihr an deiner Körperhaltung und deiner Stimme aufgefallen, daß du es nicht ernst meinst.
    Ich weiß überhaupt nicht, wer sowas in die Welt gesetzt hat, daß man seinen Hund auf jeden Fall loben soll, wenn er zurückkommt.


    Etwas anderes ist es natürlich, wenn man seinen Hund vom Wild abrufen kann und er sofort zurückkommt.
    Da würd ich nicht nur loben, sondern wär total begeistert von meinem Hund.

  • Waren mit Calvin wieder an dieser Stelle,wo er gestern einem Hasen hinterhergerannt ist.Diesmal war es ein Vogel,der ihn dazu brachte sofort hinterherzujagen,ein winzig kleiner Vogel,sicher 100 Meter von uns entfernt.Ich sagte noch "nein",als ich sah,das er fixierte und zum Sprung bereit war,es war zu spät.So schnell habe ich ihn noch nie rennen sehen.Ich blieb ruhig,habe ihn 2 mal rufen müssen,da blieb er stehen und schaute zu mir und zu dem Vogel-abwechselnd.Plötzlich rannte er in meine Richtung und kam zurück.Da haben wir aber getanzt vor Freude und wahnsinnig gelobt.


    Ob das an dem Leinenwurf von gestern und meinem Geschrei lag?Ich weiß es nicht,weiter so Calvin :applaus:

  • Hunde untereinander maßregeln sich doch auch wenn einer zu weit weg ist oder nach einem "Ausflug" zurück kehrt. Kenne das von meinen auch so, dass der Kleine eine verpasst bekommt, wenn er mal stiften gegangen ist. Bei meiner Freundin holt die eine Hündin sogar die andere ab, wenn sie zu weit weg ist und man stehen bleibt und wartet. Wieso sollte man also nicht seinen Ärger zeigen?
    Sammy kommt auch ganz devot angekrochen wenn er auf den Rückruf nicht gehört hat. Er wirft sich dann auch von allein auf den Rücken. Ich bin nicht der Typ der seine Hunde voll schreit, ich leine dann einfach an, das ist für mich Strafe genug.

  • Hunde untereinander maßregeln sich doch auch wenn einer zu weit weg ist oder nach einem "Ausflug" zurück kehrt. Kenne das von meinen auch so, dass der Kleine eine verpasst bekommt, wenn er mal stiften gegangen ist.

    Das kenne ich von meiner Hündin auch, dass sie ihre Kumpeline maßregelt, wenn diese sich unerlaubt entfernt hat.


    Auch wurde mir mal als Tipp gegen Jagdfreude genannt, den wiederkehrenden Hund wegzutreiben und zwar ganz konsequent, ähnlich wie @Cattlefan das beschrieben hat.



    Sammy kommt auch ganz devot angekrochen wenn er auf den Rückruf nicht gehört hat. Er wirft sich dann auch von allein auf den Rücken.

    Das wäre für mich keine wünschenswert Reaktion (m)eines Hundes, wenn er zu mir kommt.




    Ich bin nicht der Typ der seine Hunde voll schreit, ich leine dann einfach an, das ist für mich Strafe genug.

    Ist das Anleinen für dich oder auch für deinen Hund eine Strafe?
    Grundsätzlich finde ich es nicht erstrebenswert, wenn mein Hund das Anleinen als Strafe empfindet.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!