Verhalten / (Nicht-) Aggression bei Hundebegegnung

  • Hallo!

    Mein Name ist Robert und ich habe einen 4 Jahre alten Berner Rüden, nicht kastriert. Ich versuche schon ganz lange das Verhalten von Ben, so heißt er, in einer immer wieder gleichen Situation zu verstehen. Ben hat freilaufend mit anderen Rüden überhaupt kein Problem. Er zeigt kein Aggressionsverhalten, sondern schaut meist deutlich weg. Er starrt also weder andere Hunde an, noch nimmt er Kontakt mit ihnen auf. Er beobachtet sie, geht meist einen Bogen und alles ist gut. Auch andere Hunde reagieren auf ihn meist mit überhaupt keinerlei Aggression.

    Sobald ich ihn anleine, genau in dem Moment, wird er zur Furie. Leine ich ihn direkt wieder ab., ist alles entspannt. Bei anderen Hunde, die Leinenaggression haben, habe ich schon sehr oft beobachtet, dass sie auch außerhalb der Leine jedenfalls nicht beschwichtigend oder wegschauend sind, sondern mindestens imponierend. Einige starten sogar direkt zum Angriff oder versuchen zu dominieren.

    Dieses On-/Off, wie bei einem Schalter ist total ungewöhnlich. Auch andere Hundebesitzer können sich das nicht erklären. Zuerst dachten sie, klar Leinenaggression, aber dann haben wir alle mal über Monate typische Leinenaggression beobachtet und auch die Hunde außerhalb der Leine. Das ist doch was ganz anderes, wie ich oben schon geschrieben habe.

    Habt Ihr da eine Erklärung? Die Erklärung interessiert mich, aber auch wie man das abstellen kann.

    Robert

  • Hallo,

    kann es sein, dass Ben an der Leine einfach schon schlechte Erfahrungen gemacht hat? D.h. er ist angeleint und es kommt ungebeten ein anderer freilaufender Hund auf ihn zu, der dann auch Kontakt aufnimmt?

    Offenbar ist Ben nicht so scharf auf Kontakt zu anderen Hunden und wenn er immer wieder die Erfahrung gemacht hat, dass er an der Leine vor anderen Hunden nicht sicher ist, ist es klar, dass er so reagiert.

    Was man in diesem Fall machen könnte, ist, Ben zu zeigen, dass du das in Zukunft regelst. D.h. wenn er bei dir an der Leine hängt, musst du ihm die Sicherheit vermitteln, dass da kein einziger anderer Hund rankommen wird. Wenn du das schaffst, wird es sicher bald besser werden.

    Grüße,
    Rafaela

  • Hallo,

    das ist schon die typische Leinenaggression, viele Hunde haben da so einen Schalter. Mein einer Hund macht das auch.
    Sind euch mal andere Hunde in die Leine gebrettert oder hat dein Hund Kontakt an der Leine?
    Dass er von allein nicht soviel Kontakt aufnimmt, zeigt eigentlich schon, dass er eher seine Ruhe will und nicht besonders interessiert ist. Vielleicht zwingst du ihn an der Leine frontal auf andere Hunde zu zu laufen, was er eben von alleine nie machen würde. Wie in einem Duell. Oder sie kommen ihm einfach zu nahe, was er ohne Leine auch vermeiden würde.
    Wahrscheinlich würden sich eure Probleme dann sehr schnell lösen, wenn du einfach mehr Abstand hältst? Oder macht er das auch wenn der Hund ganz weit weg ist und er an der Leine?

  • Ich finde das auch ziemlich typisch.

    Meist wurden Leinenkontakte zugelassen, als der Hund noch jung war. Da er sich an der Leine nicht frei bewegen und beschwichtigen kann, muss er die anderen Hunde eben selbst auf Abstand halten.

    Das wieder rauszukriegen, kann lange dauern (es hat sich ja vier Jahre lang gefestigt). Rechne mit Monaten - und mit Rückfällen!

    Kein Leinenkontakt mehr. Weder zu Menschen noch zu Hunden. An der Leine ist dein Hund zu 100% abgeschirmt, wie unter einer Käseglocke.

    An allen Hunden und Menschen einfach zügig vorbeigehen, nicht mal hinschauen. Egal, was die machen, sagen, tun. Egal, was dein Hund macht. Weitergehen, nicht beachten. Und zwar zielstrebig, ohne dich von deinem Hund beeinflussen zu lassen (nicht leicht mit nem so großen Hund, klar. Wenn du weitergehen in der Nähe anderer Hunde nicht schaffst, dann halt frühzeitig Distanz schaffen. Falls das auch nicht geht, ruhig bleiben, deinem Hund körperlich den Weg/blick zum anderen Hund abschneiden, möglichst wenig an der Leine machen, und den anderen immer noch nicht beachten. NICHT hinstarren - das ist nämlich genau das was auch dein Hund macht.).

    Dabei IMMER so laufen, dass du zwischen dem Hund und der Ablenkung bist - egal was es ist, auch, wenn dein hund "gar nix macht". Du sollst deinem Hund zeigen, dass DU dfein Verhalten änderst, dann tut ers hoffentlich bald auch.

    Nicht stehenbleiben und hinglotzen! Gerne Abstand halten, aber nicht die Flucht ergreifen.

    Grundsätzlich, gerade bei einem so großen Hund, muss natürlich die Leinenführigkeit gut sitzen - kein Ziehen, kein Querlaufen, er muss gut auf dich achten. Das ohne Ablenkung kräftig üben.

  • Die Ursache ist mir nicht bekannt. Ich habe Ben von einer älteren Dame übernommen als er 1,5 Jahre alt war.
    Mehrere Trainer haben sich das auch schon bei Einzelstunden angeguckt. Das Ziel war auch immer Ablenkung zu erreichen. Es hat aber nicht das eigentliche Verhalten geändert. Ich würde ganz gerne am Ende Ben haben, der diese Art der Aggression nicht mehr zeigt. Nicht weil er abgelenkt wird, sondern weil er mit der Situation umgehen kann.

    Sonst könnte ich auch andere Wege mit Leine gehen. Das wäre dann die letzte Stufe von Ablenkung, also gar keine Wahrnehmung mehr.

    Wie könnte man denn sinnvoll da ran gehen? Was könnte man probieren? Ben ist an der Leine, es nähert sich ein Hund und dann?
    Ben rastet bereits aus, und dann? Ben ist kurz davor auszurasten, und jetzt?

  • Die Ursache ist mir nicht bekannt. Ich habe Ben von einer älteren Dame übernommen als er 1,5 Jahre alt war.
    Mehrere Trainer haben sich das auch schon bei Einzelstunden angeguckt. Das Ziel war auch immer Ablenkung zu erreichen. Es hat aber nicht das eigentliche Verhalten geändert. Ich würde ganz gerne am Ende Ben haben, der diese Art der Aggression nicht mehr zeigt. Nicht weil er abgelenkt wird, sondern weil er mit der Situation umgehen kann.

    Sonst könnte ich auch andere Wege mit Leine gehen. Das wäre dann die letzte Stufe von Ablenkung, also gar keine Wahrnehmung mehr.

    Wie könnte man denn sinnvoll da ran gehen? Was könnte man probieren? Ben ist an der Leine, es nähert sich ein Hund und dann?
    Ben rastet bereits aus, und dann? Ben ist kurz davor auszurasten, und jetzt?

    Ich weiß, das sagt sich immer so einfach... Den eigenen Hund vor heranpreschenden Tut-Nixen abzuschirmen. Außerdem ist ein tobender Berner Sennenhund an der Leine was anderes als ein tobender Kleinpudel... Um es mal überspitzt zu sagen.

    Ich hatte mit Newton das gleiche Problem, allerdings wohl nicht im selben Ausmaß. Was wir gemacht haben, war bewusst in Gebieten spazieren zu gehen wo Leinenpflicht herrscht, d.h. zum Beispiel öffentliche Parks. Da ist die Wahrscheinlichkeit deutlich geringer, dass ein freilaufender Tut-Nix daherkommt. Ich hab es dann so gemacht, dass ich anderen Hundehaltern wirklich großräumig auswich, bzw. sogar umgedreht bin, wenn es keine andere Möglichkeit gab. Als sich das Verhalten von Newton dann normalisiert hatte, habe ich ihm beigebracht, sich hinter mir abzusetzen, wenn ein anderer Hund kam. Erst als das soweit geklappt hat, sind wir in Bereiche mit freilaufenden Hunden. Und dann kommt es auf dich an: Stelle sicher, dass nie mehr auch nur irgendein freilaufender Hund in euch reinprescht. Dem anderen Halter frühzeitig signalisieren, dass kein Kontakt erwünscht ist. Demonstrativ stehenbleiben, in der Hoffnung, dass der Halter es checkt, dass er anleinen soll. In Hördistanz rufe ich dann auch. Wenn das auch nicht klappt, weil der andere Hund nicht folgt, dann Ben hinter dir absetzen und den Hund blocken bzw. verjagen. Dazu gehört auch Übung. Anfangs habe ich Newton dann auch einfach abgeleint, wenn ich mir nicht sicher war, dass ich den Hund geblockt bekomme. Lieber das als drei Monate Training im Eimer...

  • Was könnte man probieren? Ben ist an der Leine, es nähert sich ein Hund und dann?

    Mal vorausgesetzt, der andere ist noch weit genug weg, Ben noch nicht explodiert: hast Du probiert so einen Bogen zu gehen, wie Ben das ohne Leine täte?

    Das ist nämlich einfach nur der Punkt bei Geordy. Der pöbelt zwar nie, aber wenn ich einfach weiterlaufen will, ohne den perfekten Bogen ;), dann mutiert Geordy zum Esel und bleibt einfach wie festgeschraubt stehen. Mit einem schicken Bogen, kann er ganz prima laufen. Ganz ohne Ablenkund oder sonstiges.

  • Mücke war genauso, wie auf Knopfdruck ging das. Hand ans HB reichte schon um aggressives Verhalten auszulösen.
    Im Freilauf : Null Probleme!

    Ich denke es war eine Kombination aus mehreren Faktoren: eine gewisse soziale Unsicherheit( möglicherweise durch zu wenig Hundekontakte verstärkt) , zu wenig Halt und Struktur von aussen, ausserdem eine gewisse territoriale Aggression.

    Es gab Momente, wo es funzte, durch schlichtes " Verbieten" .
    Dennoch gab es bis zum Schluss Schwierigkeiten an der Leine.

    Man müsste ganzheitlich dran gehen, denke ich.

  • Hört sich sehr nach erlerntem Verhalten an, was eine Leinenaggression ja meistens auch ist.

    Der Druck auf den Hals scheint also das Startsignal zu sein.

    Kann daher kommen, dass man bei einer Hundebegegnung oft die Leine recht kurz nimmt und den Hund damit in eine blöde Position bringt. Kommunikation ist dann nicht mehr möglich wie z.B. Bögen laufen usw. Wenn die Leine kurz ist, haben viele Menschen die Tendenz, die Leine richtig anzuziehen, so dass der Hund den Kopf nach oben nehmen muss. Damit bringt man ihn in eine imponierend wirkende Position aus Sicht des anderen Hundes.

    Weiß gerade nicht, wie man das besser erklären kann.

    Jedenfalls kann so keine Kommunikation mehr stattfinden.

    Und wenn dann das Einklicken der Leine beim Hund versehentlich konditioniert wurde, das aggressive Verhalten auszulösen, kommt dann eins zum andern.

    Du kann eigentlich nur versuchen, diese Konditionierung wieder zu löschen, in dem Du niemals den Hund mal eben am Halsband grabschst und anleinst, sondern viel früher die Leine dran machst und die Leine möglichst locker lässt. Oder ein Bändchen (wie eine Hausleine) gleich am Halsband mitlaufen lässt, wo Du dann eben nicht das Halsband nehmen und die Leine einklicken musst, sondern nur eben die Leine in die Hand nehmen.

    Oder mal ein Geschirr verwenden, wo der Effekt vielleicht gar nicht mehr da ist. Oder Geschirr mit Bändchen dran. Je nachdem, was genau für den Hund das Startsignal ist (Halsband anfassen oder das Geräusch des Einklickens).

    Kann gut sein, dass Du das Problem damit schon, zumindest zeitweise, umgehen kannst, weil die Erwartungshaltung des Hundes gar nicht mehr bedient wird und Du so wieder eine belohnenswerte Situation schaffen kannst.

    Ansonsten kannst Du eine Konditionierung nur wieder löschen, wenn der unbestimmte Reiz mit einem anderen Verhalten verbunden wird. Zum Beispiel: Leine einklicken = Futter. Natürlich erst mal ohne Hundekontakt und Du brauchst bestimmt zig Wiederholungen, um das wieder auszubügeln.

    In Deinem Fall ist die Fehlverknüpfung sogar noch recht harmlos. Es gibt echt Hunde, die packt man am Halsband und die verbeißen sich direkt in den Hund, der neben ihnen steht, ganz egal, ob Freund oder Feind.

    Es gibt sogar Hunde, sie vom Menschen aus Versehen so konditioniert wurden, die auf die Frage "Ist das ein Rüde?" des Besitzers schon zum Angriff blasen.

    Von daher eigentlich ein eher leicht zu lösendes Problem: mach einfach irgendwas anders, was die Erwartungshaltung des Hundes erst mal durcheinanderbringt.

  • Wie ist der Hund denn sonst so an der Leine?
    Ist er leinenführig?

    Oft steht und fällt eine Leinenaggression auch mit der Leinenführigkeit. Wenn der Hund weiß, was an der Leine möglich, erlaubt und nicht erwünscht ist, sinkt mitunter der Frust, weil er sich in seinem kleinen zur Verfügung stehenden Raum sicher fühlen kann... dass du ihn aber an der Leine führen darfst, setzt, wie vorher schon beschrieben wurde, vorraus, dass du ihn an der Leine auch vor ankommenden fremden Hunden beschützt.

    Gehst du manchmal mit anderen angeleinten Hunden?
    Ich mache das manchmal sehr gerne, wenn ich sehe meine eigenen oder die fremden Hunde sind zu aufgregt ... dann gehen wir ein Stück angeleint und lassen nacheinander an denselben Stellen schnüffeln, dann ist meist die Anspannung auch weg.

    Aber es geht hier wahrscheinlich eher um Fremdhunde? Oder existiert der On/Off Schalter auch bei bekannten Hunden?

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