Wie wird mein Hund erzogen und warum genau so?

  • Eines hab ich aber ganz klar für mich erkannt: Die Hunde, denen ich begegnet bin, die am freundlichsten und best erzogendsten agiert haben, waren bisher immer(!) Hunde, die auch mal Aversivmaßnahmen erfahren haben. UND... das waren meist auch die Hund-Mensch-Teams, wo mir das Herz aufging aufgrund der Klarheit in der Kommunikation. Das hat noch kein rein-positiv-Team bisher geschafft...

    Danke hierfür. Ich glaube, in 238 Seiten Diskussion hat es keiner so treffend auf den Punkt gebracht.

  • Das war zwar schon vor zig Seiten, aber ich will trotzdem noch was dazu schreiben...

    Anton ist schon ein rohes Ei. Ich hab vor Jahren mal die blöde Schütteldose eingesetzt (weiß nicht mehr, weswegen), weil ich da in Sachen Hundeerziehung noch ganz unbedarft war und das irgendwo gelesen hatte. Nie wieder hab ich die benutzt (und könnte mir auch immer wieder :headbash: , wenn ich daran denke) .

    Daß meine beiden stärker auf Zischlaute reagieren kann ich nicht sagen, von daher denke ich, hängt die Reaktion auf ein Hey oder Kscht davon ab, wie es verknüpft wurde.

    Ich bin gerade dabei, ein positives Umlekungssignal zu etablieren. Denn Madame regt sich im Haus gerne über Fußgänger o Radfahrer und besonders über andere Hunde auf, die vorbeigehen.

    Klappt das bei Hunden von euch?


    Ich hatte nach 2 Monaten mit Finya eine Trainerin da, die mir helfen sollte ihr Bellen bei Besuch in den Griff zu bekommen (eines von vielen damaligen Problemen). Ich hatte echt noch sehr wenig Ahnung, hatte aber die Vermutung, dass sie schlicht Angst hatte, da sie Menschen gegenüber generell sehr misstrauisch war.
    Die Trainerin packte eine Schütteldose aus und warf sie in Finyas Richtung, als die kläffend nach vorne geschossen ist.
    Sie hat Panik bekommen und ist im ersten Moment natürlich zurück gewichen. Daraufhin hat sie das Verhalten aber nur noch stärker gezeigt und hat sich lange Zeit unter dem Tisch versteckt, wenn es geklingelt hat und von dort aus gebellt. Ich habe letztlich eine neue Klingel gekauft und diese positiv konditioniert.
    Eine dümmere Trainerin hätte ich gar nicht finden können.

    Trotzdem habe ich schon mal eine Leine nach ihr geworfen, wenn sie auf meinen Abbruch beim Buddeln nicht reagiert hat. Das hatte den gewünschten Effekt - sie hat mich wieder realisiert und war wieder ansprechbar. Keine Panik, kein Meiden, alles okay.
    Letztens habe ich ihr, als sie den Katzen einer Freundin hinterher wollte meinen Fuß vor die Brust "gehauen". Wieder der gleiche Effekt - sofortige Umorientierung zu mir "Ups, das war wohl falsch." und daraufhin gab es dann eine Belohnung.
    Sie ist sensibel, aber nicht wenn sie im Jagdmodus ist. Da ist sie dann ganz Terrier.


    Zum positiven Umlenkungssignal.
    Das habe ich mit Finya jahrelang geübt, da sie sowohl auf Menschen, als auch auf Hunde extrem reagiert hat. Sie ist kein Hund, der auf die Idee kommt, bei dem Anblick eines Hundes zu mir zurück zu laufen, oft nicht mal auf das Markersignal, von dem sie ja weiß, dass es eine Belohnung ankündigt. Ich muss zu ihr gehen und der Madame die Belohnung bringen, wenn ich ihr einen Keks geben will^^
    Sie hat auch irgendwann selbst entschieden, dass sie keine Belohnung mehr will, weil sie das jetzt alleine händeln kann. Finya will keine Hilfe, der muss ich die Hilfe einfach aufzwingen, wenn ich meine, dass sie notwendig ist.

    Der Pudel hat von Anfang an ebenfalls ein Markersignal kennengelernt und bei ihm wirkt das wie ein Umlenkungssignal. Er ist verfressen, er will mir alles recht machen. Wenn ich den marker, dreht der sofort um und kommt zu mir gelaufen. Das ist für ihn praktisch wie ein Rückruf.

    Die beiden arbeiten völlig unterschiedlich und wollen für ihre Leistungen auch völlig anders belohnt werden. Obwohl Finya keinen wirklichen Willtoplease hat und am meisten sich selbst vertraut, reicht ihr oft meine Anerkennung als Lob aus. Sie bleibt zB nach einer gut gemeisterten Hundebegegnung stehen und schaut mich an. Dann sag ich ihr, dass sie super toll war und dann grinst sie und läuft beschwingt weiter.
    Frodo, der alles für mich tut, will mit Lob überschüttet werden. Der ist schwer beleidigt, wenn ich seine Leistung nicht entsprechend würdige und am besten eine riesige Party feier. Finya würde bei sowas einfach gehen. Das ist Kinderkram^^

  • @Noctara
    :???: Kann es sein, dass Du Dich gewandelt hast? Irgendwie wirken Deine Beiträge jetzt pragmatischer und nicht mehr so kompliziert (und theoretisiert) wie vor einer Weile. Das finde ich super!
    :respekt: :bindafür:
    (Ich hoffe, ich verwechsle Dich jetzt nicht. :ops: )
    L. G.

  • @Rotbunte: Keine Ahnung, ob du mich verwechselst :p Aber mir tut es immer sehr gut, mich für ne gewisse Zeit aus der virtuellen Diskussions-Welt zu entfernen, wenn ich zu emotional an ein Thema gehe. Dann hab ich die Zeit über die Dinge nachzudenken und mich durch die Erlebnisse mit meinen Hunden wieder etwas zu erden.

    Letzten Endes ist uns doch allen eins gemeinsam - egal, ob wir positiv oder aversiv oder sonstwie mit dem Hund umgehen: wir wollen ALLE das Beste für unsere Schützlinge. Nur legt jeder die eigenen Schwerpunkte ganz individuell.
    Manchmal hilft es, sich das hin und wieder ins Gedächtnis zurückzurufen, um den Anderen besser zu verstehen.

  • Seite 231 ..und ja, es gibt Rassen die klarer ihre Grenzen brauchen. Bedeutet ja nicht, das man da nicht auch positiv arbeiten kann. Jedoch klar in der Kommunikation sein soll.

    Das hat aber nix mit der RAsse zu tun. Sondern mit dem Charakter des Hundes.

    Was ich leider zu viel sehe sind Leute, die ihre Hunde a la "die Rasse braucht das" behandeln. (Leider oft viel zu hart und mit Rassen, die du aufgezählt hast) - und dabei entgeht ihnen, dass ihr Hund, der einen ganz anderen Charakter hat, daran eingeht. (Die Rassen, die du aufgezählt hast, mit denen arbeite ich schon seit einer Weile - ich denke, ich kann mir da ein Urteil erlauben.)

    Was meinst du mit der Seitenzahl?

  • Gutes Training ist immer klar in der Kommunikation, ob nun positiv, aversiv oder gemischt, ohne klare Regeln funktioniert kein Training.

  • Würde ich hier fragen: Wer unterschreibt, dass Erziehung über positive Verstärkung (und zwar NUR - soweit menschlich machbar - über positive Verstärkung) absolut machbar und sehr gut ist? - würden sicher viele "hier" rufen. Würde ich fragen: Wer unterschreibt, dass Erziehung über positive Strafe (und zwar NUR - soweit menschlich machbar - über positive Strafe) absolut machbar und sehr gut ist? Würden mich hier alle geteert und gefedert aus dem Thread werfen.

    Erziehung ausschließlich über positive Bestrafung ist schon theoretisch nicht möglich, die über positive Verstärkung schon.
    Aber wenn du von der Realität sprichst: nein, nur mit positiver Verstärkung komme ich nicht aus. Ein Extrembeispiel: ich hab 2 intakte Hunde, Hündin und Rüde, und wenn Paula in den Stehtagen ist, kann ich nur verhindern, nix verstärken.
    Das einzige, was ich noch hätte machen können, ist, Anton für zumindest 2 Wochen in die Pension zu schicken. Dann hätte ich vorgebeugt.

    Ich finde es wichtig, sich zu fragen: was ist das mildeste Mittel (also die geringste Verhaltensmanipulation), um zum erwünschten Ergebnis zu kommen. Vor der positiven Verstärkung steht noch was anderes, nämlich, die Manipulation der Umgebung (und eben des Tieres), damit mein Hund mit kleinstem Aufwand erfolgreich (und mit positiven Emotionen) lernt.
    Wer mag, kann sich mal die Reihenfolge von Verhaltenseingriffen von Friedman anschauen (ist eine teils holprige Übersetzung aus dem englischen Original):

    Was_stimmt_nicht_an_diesem_Bild.pdf

    Da kann man z.B. sehen, daß zwischen positiver Verstärkung und negativer Verstärkung/Bestrafung, Löschung (letztere drei sind gleichwertig) noch die differentielle Verstärkung liegt. Und ich denke, diese ist für viele Situationen bzw. Probleme schon ausreichend/angemessen.

  • Können @Honig, @dragonwog, @Noctara jetzt endlich ihren Grabenkampf lassen, ihre Vendetta, irgendwelche "Hundetrainings, die sie mal gesehen haben oder durchlaufen haben", um populistisch Likes zu sammeln, wie toll doch "richtig angewendete Strafen" sein können, sobald auch nur irgendeiner wagt, seine Erahrungen mit Training "ohne" Strafen darzulegen?

    Bei Noctara und dragonwog weiß ich ja aus den vergangenen Diskussionen, daß sie irgendwann nicht mehr weiter gekommen sind mit ihrem Hund, bei Honig kann ich mich nur sehr vage erinnern. Das ist doch okay, aber warum muss es so fanatisch gemacht werden?
    Es wird schon zwanghaft nach Beweisen gesucht, die das Verhalten rechtfertigen. Warum macht ihr das? Ihr müsst doch gar nicht, wenn ihr doch Recht habt?
    Es hat für eure Konstellation halt nicht geklappt, für eure Prioritäten, für euer Gefühl. Mir ist ein sofortiger Rückruf nicht wichtig, meinetwegen schnuppert der Herr noch an dem Grashalm, das ist mir nicht wichtig. Dafür ist Waheela aber vom Hasen abrufbar. Mit dem "Deal" kann ich leben.

    Aber sobald auch nur irgendwer etwas sagt, was euch nicht gefällt, weil diese Menschen vielleicht geschafft haben, auf das zu verzichten, was ihr anwenden müsst (weil sie den Hund und das Umfeld dazu haben), kommt ein Beispiel von EINEM Hund, der nicht ausgeführt wird. Nennt doch mal Namen, verlinkt den Fall, ansonsten ist das nur Hörensagen!
    Ich kann im Gegenzug Sachen verlinkten, wo die "mal aversiven Abbrüche" für mich nervöse Hunde schaffen, die alles andere als wirklich wissen, was sie zu tun haben.

    Vor allem, es werden so oft hier die Sätze aus dem Zusammenhang gerissen, bis man endlich ein Argument konstruiert hat, das den Gegner umhauen soll.

    Auch korrekt angewandte Strafe birgt ein gewisses Potential, daß der Hund ungut reagiert, ganz besonders dann, wenn der Halter nicht mehr da ist, um einzuwirken. "Anderes Ende der Leine".
    Das heißt nicht, daß eure Hunde tickende Zeitbomben sind.

    Natürlich gibt Rückmeldung erst einmal eine Sicherheit. Auch ein "Das war scheiße!", weil der Hund weiß, woran er ist. Aber ob er das als fair beurteilt, steht auf einem ganz anderem Blatt Papier. Das kann man erst wissen, wenn man es ausprobiert hat. Im positiven udn negativen Sinne, je nach Lage.

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