Fixieren und Hinlegen bei Begegnungen

  • Hi,

    unseren Sino haben wir jetzt seit 14 Tagen. Er ist 3 Jahre alt, ca. 30 kg schwer und wir haben ihn aus dem Tierheim geholt. Was er für ein Mischling ist, läßt sich nur erahnen. Sieht ein bisschen aus wie ein Hund aus dem Süden, stammt aber eindeutig aus Deutschland. Drin sein könnten: Border Collie, Labrador, Berner Sennenhund. Wie es ihm vorher gegangen ist wissen wir nicht, er ist aber durch mehrere Hände gegangen und wurde uns als ängstlich beschrieben. ( Stimmt nicht) Seit April diesen Jahrs haben wir uns regelmäßig ein bis zweimal die Woche um ihn gekümmert. Eigentlich ist er ein Prachtkerl und will auch gefallen. Nach 2 Tagen hier zu Hause konnten wir ihn von der Leine nehmen und waren uns ziemlich sicher dass er auf Kommando auch zurückkommen wird. Klappte prima und nicht nur zufällig. Auf Hier, Sitz, Platz, gib Check, ab, lauf, reagiert er sicher und einwandfrei.
    Schneidet meine Frau in der Küche Fleisch braucht es nur das Wort "ab" und er verschwindet dauerhaft im Wohnzimmer. Ach ja, runter von der Couch versteht er auch sofort und was wichtiger ist er nimmt es ohne zu Zögern an.
    Auf Menschen reagiert er durchweg freundlich, er ist dabei angenehm und nicht aufdringlich.

    So, und jetzt komme ich auf den eigentlichen problematischen Punkt: Sein hündisches Sozialverhalten. Mit Hunden die er mag gibts keine Probleme, sein bester Freund ist ein Whippet Rüde, ebenfalls unkastriert. Das Problem ist das man dies nicht unbedingt erkennen kann wen er mag und wen nicht.
    Wenn der fremde Hund robust genug ist und ein gutes Sozialverhalten hat, gibts ne kleinere nicht ernste Rangelei, Sino provoziert etwas, und wenn er anerkennen muß das der andere stärker ist, leckt er beschwichtigend die Schnauze des anderen. Ist Sino der Stärkere spielt er seine Dominanz regelmäßig nicht aus sondern will eher spielen. Auch gut. Bei etwa gleichstarken ebenfalls durchsetzungsfreudigen Rüden wirds aber schon mal ernst. Dann gibts auch schon mal ernstgemeinte Beißereien, die bislang zwar unblutig ausgingen, die ich aber gerne lieber nicht hätte.

    Regelmäßig legt sich Sino geduckt hin, wenn er andere fremde Hunde sieht, insbesondere wenn er an der Leine ist. Dann gibts auch schon mal ein heftiges Aufbäumen wenn der andere Hund vorbeigeht. Ebenfalls unangenehm weil sensible Menschen durchaus beeindruckt sein können.

    Zuerst dachte ich an eine mögliche Unsicherheit von Sino, entgegen den Beschreibungen des Tierheims erscheint er mir aber durchaus ausgeglichen und selbstbewusst. Also eher kein Angstbeißen??
    Dann an ein Jagdverhalten, wie es weiter unten im Thread " Hinlegen bei Begegnungen" sogar mit Filmchen beschrieben wird. Ein Schutzinstinkt uns gegenüber schließe ich aus, wir vermitteln ihm gegenüber betimmt keinen schüchternen Eindruck. ( Wir sind freundliche Menschen, die wissen wo sie stehen).

    Was anderes fällt mir im Augenblick nicht ein, doch eins noch. Beim oben beschriebenen Hundekampf bin ich einfach 5 m weggegangen und habe Sino ruhig gerufen, zu meiner Überraschung hat er den Kampf sofort abgebrochen und ist gekommen. Mit der Besitzerin des anderen Hunders hab ich mich kurz noch auf Entfernung unterhalten, sie war unaufgeregt, das könne schon mal passieren, gleichwohl: Wenn das anderen alle 2 Jahre mal passiert, dann haben wir in 14 Tagen schon mal was für mehrere Jahre erlebt.

    Ich möchte das Problem systematisch angehen und würde mich über Tipps sowohl was die Ursache als auch eine mögliche Lösung betrifft außerordentlich freuen. Gerade das Verhalten an der Leine ist ausgesprochen problembehaftet.

    Da dies mein erster Beitrag hier ist, nehm ich mir die Freiheit hier alle Gleichgesinnten zu grüßen...

    Viele Grüße aus Düsseldorf

    Mikkki

  • Systematisch angehen klingt gut. Da bin ich nicht qualifiziert genug um dir mit einer Rundumanlasye zu helfen, aber als Sofortmaßnahme/Übergangslösung würde ich mal "Fuß" vorschlagen.

    Ich finde es super, dass du dir gleich den entsprechenden Thread durchgelesen hast, da drin steht auch was über Jagdverhalten als Ursache, vielleicht passt das besser auf Sino?

  • Ich würde rechtzeitig eine Alternative anbieten, mit der du die Distanz zum Hund überbrücken kannst und bei der er etwas zu tun hat. Anfangs vielleicht mit einer IB unterstützen, wenn er sich so nicht lange konzentrieren kann.
    Boris hat das anfangs oft gemacht.
    Bei ihm habe ich dann mit Fußlaufen gearbeitet und als Belohnung durfte er dem anderen Hund hinterherschnüffeln und schauen. Das reichte meist, da er nicht so scharf auf Hundekontakt ist ...ist mehr so ein "haben/hin will" und dann sofort Interesse verlieren.
    Dabei laufe ich etwas schneller als gewöhnlich, mit Boris auf der abgewandten Seite und in einem leichten Bogen (nicht frontal) dass weniger Zeit zum fixieren und hinlegen bleibt. War für uns sehr passend. Andere Hunde tragen z.B. gerne etwas....kommt auf den Hund und seine Motivation an.
    Ich würde vorerst keine Leinenkontakte zulassen und wenn, dann vorher erst einmal ein Stück zusammen in angemessenen Abstand gehen. Ihr kennt euch ja noch nicht wirklich gut :)
    Vielleicht gibt es auch Social Walks in eurer Gegend? Da könnt ihr unter Anleitung angemessenes Sozialverhalten üben.
    Viel Erfolg

  • Hi,

    den Befehl " Fuß " kennt er nicht, das müssen wir noch üben.

    Sinos Verhalten scheint mir intensiver zu sein, als das was von Boris beschrieben wird. Erste Reaktionen auf fremde Hunde erfolgen bereits bei einem Abstand von ca. 40-50 m. Dann erahnt man schon den starren Blick und kurz darauf macht sich Sino kleiner bis er sich dann legt.

    Bei Spielen ist es in der Tat so, dass er sich noch nicht lange konzentrieren kann, nach 10 -12 mal Bällchen werfen wird der Ball dann in der Entfernung fallen gelassen, ein deutliches Zeichen. Er bekommt dann in einigem Abstand ein Leckerlie und kommt dann auch für einige Minuten an die Leine. Ich vermute dass er bisher in seinem Leben etwas nebenher lief und er vielleicht nicht so gefördert wurde.
    Was ist bitte ein IB??

    Viele Grüße

    Mikkki

  • Ich vermute dass er bisher in seinem Leben etwas nebenher lief und er vielleicht nicht so gefördert wurde.

    Das kann ich mir fast nicht vorstellen, woher sollte er dann so viele Signale kennen und sauber ausführen, obwohl sich gerade sein Leben komplett umgekrempelt hat:


    Auf Hier, Sitz, Platz, gib Check, ab, lauf, reagiert er sicher und einwandfrei.
    Schneidet meine Frau in der Küche Fleisch braucht es nur das Wort "ab" und er verschwindet dauerhaft im Wohnzimmer. Ach ja, runter von der Couch versteht er auch sofort und was wichtiger ist er nimmt es ohne zu Zögern an.


    Ballspiel würde ich jetzt auch nicht unbedingt als Fördern verstehen. Es sei denn, ihr verbindet das mit verschiedenen Übungen, Impulskontrolle etc. ?

  • Boris hat sich wie folgt verhalten:
    Hund Sichtung in etwa 100m - Boris friert ein. Hund kommt näher, Boris duckt sich vorne ab, fixiert den Hund und schleicht ein paar Schritte. Hund kommt noch näher - Boris legt sich komplett ab mit Kopf auf Boden und fixiert den Hund.
    Läuft Hund an ihm vorbei springt er auf und "stürzt" sich auf ihn. Hat auch mal geknallt, aber hauptsächlich dann wenn mein Freund ihn gehabt hat (ist ja sein Hund)
    Der wusste nicht wirklich wie er sich verhalten soll und war zwischen "hin wollen", Interesse und Abwehr so ein bisschen hin und hergerissen.....mit der passenden Alternative war das dann in angemessener Zeit in den Griff zu bekommen.

    Eine IB ist eine Intermediäre Brücke, ein Signal dass die Zeit zwischen Kommando und Belohnung überbrückt. Es sagt dem Hund : "Dass was du grade machst ist klasse, mach weiter so und halt noch ein bisschen durch, gleich erhälst du deine Belohnung".
    Gibt auf youtube ein paar schöne Videos dazu : bin grade nicht zuhause, deshalb ist verlinken grade nicht drin (das lalalalalalala ist optional, kann durch jedes beliebige Geräusch ersetzt werden) eine IB ist schnell auf- und auch genauso schnell wieder abgebaut. Eine Prima unterstützung für den Hund.

    Ball spielen an sich ist jetzt auch nicht so spannend - ich würde da n bisschen mehr mit machen . Impulskontrolle, verstecken etc. Das normale hinterherhetzen Dreht die meisten Hunde auch schnell hoch und macht "süchtig". Vielleicht versuchst du es mal mit Nasenarbeit & Co :) Du findest mit Sicherheit etwas wo er konzentriert und freudig mitarbeitet.
    Kein Stress, der ist erst seit 2 Wochen bei euch. Da kann noch viel kommen.

  • Hi,
    nun das Verhalten von Boris scheint mir durchaus ähnlich zu sein. Ist es vollständig weg?

    Gestern bei unserer allabendlichen Runde hat es leider noch einmal kurz geknallt, er geriet mit einem kleineren Hund aneinander letztlich passiert ist aber nichts, sah aber durchaus ernst aus. Eindeutig unser Fehler wie wir später erfahren haben.
    Wir trafen noch eine Sportkollegin meiner Frau, einer erfahrenen Hundeführerin.
    Mit ihr besprachen wir unser Problem und auch sie gab uns den dringenden Rat mit Sino Fuß an der Leine zu gehen, ihn kurz zu halten und durchaus körperlich am fixieren zu hindern. Gleichzeitig aber auch eine Belohnung in Aussicht zu stellen.

    Und damit es nicht bei der Theorie blieb, hat sie kurzerhand ihren Hund geholt und wir habe mit Sino das Vorbeigehen mit " Fuß" geübt. Sino hat dann auch relativ schnell begriffen, was wir von ihm wollten und tatsächlich wurde er ruhiger.
    Ich will aber auch nicht ausschließen das er sich etwas an den anderen Hund gewöhnt hatte und von daher weniger reagierte. Auf jeden Fall haben wir schon mal jetzt mit der kurzen Leine wesentlich mehr Einfluß auf Sino, schon das Fixieren können wir unterbinden. Unser Sohn hat das auch heute morgen konsequent umgesetzt, und es gab keinen Stress, geschweige denn eine Verletzungsgefahr.

    Heute habe wir einen Termin in ener Hundeschule, Einzeluntericht weil die Kurse schon angefangen haben. Nach3 Stunden soll Sino in eine Gruppe integriert werden.

    Die Sportkollegin ist ansonsten von Sino völlig begeistert, mit der entsprechenden Ansprache konnte sie ihn sofort bewegen ihren Anordnungen zu folgen. Und er sei wesentlich lernwilliger als ihr eigener Hund ( Jagdhund) dieser habe durchaus einen ziemlichen Dickkopf und eigene Vorstellungen.

    Insgesamt gabs gestern wenigstens einen versöhnlichen Ausgang, hätten wir die Dame nicht getroffen, wären wir mit dickem Frust nach hause gegangen.

    Ich werd hier von weiteren Fort oder auch Rückschritten berichten, und bin für gute Tipps dankbar ich empfinde das hier im Forum als tollen Start.

    Viele Grüße aus Düsseldorf


    Mikkki

  • Hi,

    viele Dinge haben wir heute von unserer Hundetrinerin gelernt, Dinge die den Alltag betreffen aber eben auch einiges über das o.a Problemverhalten von Sino.

    Sie tippt eher auf Unsicherheit oder Angst und hat uns Problemlösungen zur Verfügung gestellt, die in erster Linie den Hund davon überzeugen können, das wir uns um sein Problem kümmern und Rücksicht darauf nehmen. Dabei hat sie uns insbesondere auch gezeigt wie wir den Hund dazu bringen sich auf uns zu konzentrieren oder mit welcher Leinentechnik die Situation entschärft werden kann. Diese Technik schränkt den Hund bei weitem nicht so ein, wie das doch recht rigorose " Fuß". Manchmal haben wir bei Gegenverkehr mehrfach die Richtung gewechselt, so dass das eigentliche Vorbeilaufen zumindest nicht mit soviel Anlauf erfolgt. Und wir haben wenn es denn geklappt hat mehr belohnt, da gingen dann wesentlich mehr Leckerlies drauf, als wir sie bisher zugestanden haben.

    Letztlich haben wir über Hundeerziehung gelernt: Es wird nicht so sehr der Hund erzogen, sondern der Mensch muß sich in seinem Denken richtig auf den Hund einstellen können. Der Hund folgt dann von ganz alleine.


    Viele Grüße

    Mikkki

  • Hi,

    auch wenn wir die beschrieben Methode noch nicht lange anwenden, bei den letzten geschätzten 20 Begegnungen mit anderen Hunden ist sein Verhalten nicht wieder aufgetreten. Er blieb selbst ruhig als ein anderer Hund in ca. 5m Abstand senkrecht in der Leine hing. Ich bin dankbar auch für kleine Fortschritte, wollen mal hoffen dass es genau so entspannt bleibt...

    Mikkki

  • Hi,

    es bleibt zunehmend entspannt, nicht weil das Verhalten schon weg wäre, aber wir können bereits routinierter entegegen wirken. Mit großen Hunden auf der Wiese, gleichzeitig losgemacht und Sino hat neue Freunde. Ging 5 mal gut und ein Mal nicht. Gesträubtes "Gefieder" Fletschen und ordentliche Bedrohung der Gegner. War nach 1,5 Sekunden klar dass dies nichts wird. Auf Rufen hin liefen die Tiere aber sofort zu ihrem Halter. Nix passiert.

    Dann aber auch folgende Szene: Ältere Dame läuft mit kleinem Hund auf uns zu.
    Ich lenke Sino sichtbar ab, drehe Kreise, laufe in Gegenrichtung nehme einen kleinen Abzweig. Sino ist ruhig ich bin völlig ruhig.
    Plötzlich steht der kleine Hund senkrecht an der Leine hinter uns und bellt wie verrückt. Ich hör noch wie die Dame sagt der tut nix , ich sag noch ich hoffe meiner auch nicht. Natürlich stand dann auch Sino senkrecht. Passiert ist nichts, aber irgendwie hab ich die Erwartungshaltung das andere ihre Hunde genau so aktiv führen wie ich auch, also nicht einfach mal machen, sondern beobachten und manchmal auch reagieren ( vielleicht sogar agieren??). Ist vielfach nicht gegeben.
    Muß man mit Leben, wir arbeiten entspannt weiter.

    Mikkki

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