Ersthund und Zweithund verstehen sich nicht so recht

  • Wir haben seit 3 Wochen einen Zweithund und seit ca. 3 Tagen gibt es kleinere Problemchen zwischen den Beiden. Nun wollte ich mal Eure Meinungen hören.


    Vorher aber eine kurze Beschreibung zu den Beiden:


    Zum Ersthund:
    10-jähriger Jack-Russel-Mix, 7 kg, unkastrierter Rüde, hat mit anderen Hunden nie Probleme, bei Hundebegegnungen ist er freundlich, schnüffelt kurz, dann macht er meistens sein Ding weiter. Geht Streit aus dem Weg.


    Zum Zweithund:
    6-jähriger Labrador-Dalmatiner-Mix, ca. 30 kg, kastriert, wir haben ihn vor 3 Wochen vom Tierschutz geholt, lebte vorher auch als Zweithund mit einer Hündin, versteht sich mit allen Hunden, spielt gern mit der Hündin meiner Mutter, wenn er von anderen Hunden angebellt wird, interessiert ihn das überhaupt nicht, da geht er einfach weiter.


    So. Das vorab.


    Wie gesagt, seit 3 Wochen ist der Zweithund bei uns. Zu Anfang gab es zwischen den Zweien keine Probleme, sie haben sich größtenteils ignoriert, sich aber akzeptiert. Mit Abstand nebeneinander fressen klappte von Anfang an, nach der Mahlzeit werden die jeweiligen anderen Näpfe nach Resten untersucht, jeder schläft in seinem Körbchen, es wird zusammen angeschlagen, wenn draußen am Gartenzaun was ist, wir gehen entspannt zusammen Gassi, sie schnuppern gleichzeitig ganz nah beieinander an interessanten Sträuchern, Leckerchen verteilen, alles kein Problem. Auch um das Spielzeug wird nicht gestritten, jeder hat sein eigenes. Auch wenn der Eine mal seins liegen lässt und der andere zockt es sich in einem unbemerkten Moment, dann wird sich ein anderes Spielzeug gesucht. Das Spielzeug gibt es allerdings nur auf Zuteilung und unter Aufsicht. Wenn die 2 alleine zuhause sind, kommt das Spielzeug weg. Ebenso Kauknochen.


    So. Nun kam es am Wochenende das erste Mal zu einer Konfliktsituation.


    Mein Mann und ich standen mit meiner Mutter und meiner Schwester bei uns in der Küche und unterhielten uns. Beide Hunde waren ebenfalls mit im Raum. Plötzlich gingen beide lautstark aufeinander zu, ließen aber nach der lauten Ansage meinerseits sofort voneinander ab. War viel Lärm um nichts. Nichts passiert. Keiner von uns wusste, was der Auslöser dafür war. Seit diesem Vorfall ist es nun so, dass der Ersthund dem Zweithund richtig oft die Zähne zeigt, meist auch nur, wenn der Zweithund am Kleinen vorbeiläuft, ohne ihn überhaupt zu beachten. Oder auch wenn der Zweithund freudig wedelnd auf den Kleinen zugeht, zeigt er ihm die Zähne. Wir tadeln das natürlich.


    Nächste Situation war vorgestern. Wir wollten zu Bett gehen. Der Zweithund lag schon auf seiner Decke vor dem Bett und der Ersthund wollte dort vorbei, um auf seinen Schlafplatz zu gelangen. Da schoss der Zweithund plötzlich brummelnd auf den Ersten zu, der sofort mit Rückzug reagierte. Auch das wurde natürlich von uns getadelt und der Zweithund des Raumes verwiesen. Gestern selbes Spiel, allerdings bin ich dem Zweithund zuvor gekommen, weil ich ihm ansah, dass er den Kleinen wieder nicht vorbei lassen wollte. Das hat er auch akzeptiert und der Kleine konnte vorbei.


    Gestern Mittag eine andere Situation. Kann ich leider nur so wiedergeben, wie sie mir meine Mutter erzählt hat, da ich nicht dabei war:
    Meine Mutter sitzt im Garten. Alle Hunde liegen um sie rum und machen Mittagsruhe (auch die Hündin meiner Mutter, die auf demselben Grundstück, allerdings im Nebenhaus wohnt). Alles soweit friedlich, bis plötzlich der Zweithund aufsteht und auf den Kleinen zufletscht und ihm im Genick packt :/ . Meine Mutter das hat natürlich sofort unterbunden. Der Zweithund hat sich dann wieder ins Gras gelegt und der Kleine saß dann wohl ziemlich bedeppert und mit nassem Nacken in der Ecke. Verletzungen gab es zum Glück keine.


    So. Nun frage ich mich natürlich, ob das auf Dauer mit den Beiden gut geht?!
    Wir möchten auf keinen Fall, dass sich die Situation zuspitzt, keiner wird bevorzugt, jeder bekommt genügend Auslastung nach seinen Bedürfnissen und auch Aufmerksamkeit. Ich weiß nicht, woran das liegt.


    Wie würdet Ihr deren Verhalten deuten?

  • Das ist auf die Entfernung schwierig zu sagen, wenn man die Situationen nicht selbst direkt mitbekommt.


    Aber grundsätzlich ist das schon normal, wenn ein neuer Hund kommt: der erste war bisher Prinz und hat alle Vorrechte für sich gehabt. Auf einmal muß er auch mal zurückstecken, und nach 2-3 Wochen merkt der auch noch, daß dieser "lästige Besucher" nicht wieder geht-so was Doofes... ;-) Dann müssen erstmal die Fronten geklärt werden, und der Neue auf seinen Platz verwiesen werden.


    Je nachdem, wie selbstbewußt der Zweithund dann ist, läßt er sich das gefallen und alles ist gut, oder eben nicht, und versucht dann, selbst Vorrechte zu erarbeiten und den Anderen einzuschränken (wie die Sache, wo der Ersthund an ihm vorbei wollte).


    Ob das bei Euch aber so im Rahmen des Normalen ist oder ich einschreiten würde, das kann ich per Ferndiagnose nicht beurteilen, da müßte glaub ich echt vor Ort mal wer draufschauen. Kann sein, daß es genügt, den beiden beizubringen, daß beide ihren Platz bei Euch haben, und Entscheidungen von Euch getroffen werden, aber es könnte auch weiter eskalieren, auch je nach Hundecharakter, die kenne ich ja nicht. Daher: Trainer draufschauen lassen. Wäre mir jetzt (auch wenn ich sonst gern mal viele Tips gebe und lang und breit erkläre *gg) zu heikel für weitere Handlungsanweisungen per Internet....

  • Der Ersthund ist vom Charakter her eher schüchtern, ruhig und zurückhaltend. Geht jeder heiklen und streitigen Situation aus dem Weg und will immer alles richtig machen. Daher wundert mich auch sein Gefletsche so sehr, das kennen wir von ihm überhaupt nicht!


    Der Zweithund ist schon deutlich lebhafter und auch unruhiger, überrennt den Kleinen auch schon mal, wenns nach Draußen geht, sucht ständig unsere Nähe. Vielleicht passt das dem Kleinen nicht...

  • Wahrscheinlich suchen jetzt beide ihre "Stellung" in dem Zweiergespann.
    Es ist möglich, dass sich das in einigen Wochen geklärt hat.


    Es kann aber auch sein, dass die beiden nicht zueinander passen. Das kommt gar nicht so selten vor.

  • Ich würde einen neu hinzukommenden Hund immer anfänglich deutlicher regeln und in die vorhandenen Strukturen einweisen. Das heißt, mit dem Ersthund alles wie bisher, den neuen Hund erst mal mehr beschränken, zum Beispiel Liegeplätze zuweisen, weniger Raum geben, nicht einfach so mitlaufen lassen.


    Für mich hören sich alle Situationen danach an, dass der neue Hund die Ressource "Mensch/soziale Nähe" verteidigt, denn die Konflikte sind immer in eurem näheren Beisein entstanden und es gab sicher Vorzeichen dafür. Von daher würde ich von dem Zweithund deutlich mehr Abstand zu mir verlangen und Nähe und Distanz zu mir selbst regeln.


    Die Situation, dass er VOR eurem Bett liegt und den anderen nicht vorbei lässt, ist klassisch.


    Ihr solltet ganz klar selbst mehr managen, die Liegeplätze dem neuen Hund zuweisen, die strategisch nicht so liegen, dass der andere daran vorbei muss und die etwas weiter von euch weg sind.
    Ich würde das alles nicht so weiter laufen lassen und hoffen, dass die beiden das irgendwie unter sich klären.


    Als Mehrhundehalter ist man einfach mehr gefragt, Regeln und Strukturen aufzustellen, zu managen, zu kontrollieren, dann braucht keiner der Hunde sich selbst da helfen und solche Konflikte werden womöglich im Ansatz schon unterbunden.


    Aus meiner Sicht hat der neue Hund von Anfang an zu viel Freiraum genossen und beansprucht diesen nun auch.

  • Zitat

    keiner wird bevorzugt,


    Da der Ersthund dem Zweithund körperlich wohl kräftemäßig unterlegen ist, solltet ihr ihn vielleicht doch bissel bevorzugter behandeln, um seine Vorrangstellung zu untermauern? Wenn er sie behalten soll, natürlich nur.

  • Vielen Dank für Eure Antworten :smile: !


    Bisher gab es keine weiteren Zwischenfälle mehr bei den Beiden.


    Ob sich die beiden nun ihre Rangfolge ausgemacht haben, kann ich ganz schlecht sagen. :???: Der Kleine fletscht nach wie vor bei jeder Gelegenheit und meiner Meinung nach fast immer grundlos. Den großen interessiert das nicht. Der Kleine interessiert den Großen eigentlich überhaupt nicht... Manchmal habe ich das Gefühl, der Neue geht dem Kleinen deshalb schon fast aus dem Weg (also wegen dem Fletschen). Wenn der Kleine sich aber nach wie vor jedes mal behaupten muss vor dem Großen, dann haben die doch sicher noch keine Rangfolge gebildet oder muss der Kleine jetzt ständig den Chef raushängen lassen, sollte er Chef geworden sein? (Sollte ich das Gefletsche eigentlich lieber tadeln oder ignorieren?)


    Gibt es denn irgendein 100 %-iges Zeichen, um festzustellen, wie die Rangordnung unter den Beiden ist?

  • Euer neuer Hund ist mehr als 4mal schwerer als der erste, jünger, agiler und lebhafter und "rennt den Kleinen schon mal über den Haufen". Vielleicht hat er dem Kleineren bei so einer Aktion weh getan (als Labi-Mix ist er evtl. ziemlich distanzlos?) und deshalb warnt der Jacky ihn jetzt ganz einfach vorsorglich, damit er ihm nicht wieder weh tut?


    Ich würde ganz klar den Ersthund bevorzugt behandeln und den Zweithund mehr eingrenzen und ihn von Plätzen weg schicken, wo der erste daran vorbei gehen muss. Wenn der Jacky warnt und fletscht, beobachtet den anderen, evtl. starrt der, ist steif oder ganz einfach zu nah? Wenn das so ist, dann rügt den Verursacher und nicht den Warner.


    Wir haben drei unkastrierte Rüden. Mein Border Collie war gut 1,5 jährig, als der Field Trial Golden Retriever der Freundin und Wohnpartnerin dazu gekommen ist, stürmisch, distanzlos, grob, ein Welpe eben. Wir haben meinen Dschinn "beschützt", wir haben dem Welpen Benimmregeln uns und meinem Hund gegenüber beigebracht, mein Border Collie musste nie "massregeln". Im Februar (Dschinn 3 jährig, Golden Retriever 1,5 jährig) ist mein zweiter BC dazu gekommen. Wieder haben wir Menschen dem Welpen beigebracht, wie wir in unserer Familie miteinander umgehen. Ohren beissen, Fell und Rute packen und schütteln = nicht erlaubt, Welpen gebremst und die beiden Grossen fürs Aushalten gelobt!


    Wenn wir Menschen Hunde willkürlich zusammen bringen, müssen wir Menschen auch dafür sorgen, dass sie zusammen auskommen und das Zusammenleben regeln.


    Lass die beiden Hunde vorläufig nie alleine zusammen. Wenn kein Zweibeiner da ist, sollten die beiden räumlich getrennt sein.


    Es gibt gute Literatur zum Thema. "Mehrhundehaltung" von Thomas Baumann oder "Darf's einer mehr sein?" von M. Franck und R.C. Franck sind super gut!


    Liebe Grüsse Irène

  • Seit gestern verstehe ich überhaupt nichts mehr :roll: :lol:


    Da wir in 2 Wochen in den Urlaub fahren, wollten wir das gemeinsame Autofahren im Kofferraum üben. Beim ersten Mal klappte alles super, da war der Neue aber auch erst 2 Tage bei uns und es gab noch keine Probleme.


    Gestern also Beide rein in den Kofferraum.
    Der Große sprang zuerst rein und der Kleine hüpfte hinterher, als würden die das mehrfach täglich so tun. Ich hatte ja eher Bedenken, dass der Kleine gar nicht rein will in den Kofferraum aufgrund der Tatsache, dass der Große schon drin war. Nichts. Alles kein Problem. Auch während der Fahrt. Beide guckten fröhlich raus, der Große legte sich nach ein paar Minuten hin und der Kleine spazierte fröhlich von einer zu anderen Seite um den Großen herum (den das gar nicht interessierte) um rauszuschauen. Keine Aggression, kein Fletschen. Ich hatte eher mit einer anderen Reaktion des Kleinen gerechnet, da ja der Kofferraum ein eingegrenzter Raum ist.


    Abends zuhause fiel mir dann auf, dass der Kleine nicht fletschte.


    Dschinn
    Das mit dem Überrennen war vielleicht etwas überspitzt geschrieben. Damit meinte ich eher, dass wenn es zB raus geht, und der Große ist nun mal ein bisschen schneller als der Kleine :D , dann hüpft der Große schon mal über den Kleinen im Rennen drüber. Oder die Treppe runter, überholt der Große den Kleinen. Aber er wird nicht übertrampelt oder weggestoßen. Auch wenn der Kleine im Flur liegt (der Flur ist recht schmal) dann springt der Große über den Kleinen drüber, wenn er vorbei will, allerdings ohne ihn zu berühren.


    Das Distanzproblem im Schlafzimmer haben wir gelöst, in dem wir einfach das Bett des Großen so verrutscht haben, dass der Kleine problemlos auf seinen Platz kommt. Das geht auch seit dem gut so!


    Ich werde mal versuchen den Großen zu beobachten, wenn der Kleine fletscht. Wobei mir da außer ruhiges Wedeln bei dem Großen bisher nie was aufgefallen ist. Was ja dann bei mir den Eindruck machte, dass der Kleine das grundlos macht...


    Ich werde weiter berichten und vielen Dank für die Buchtipps! Ich geh nachher gleich mal in die Stadt!

  • Zitat

    Ich werde mal versuchen den Großen zu beobachten, wenn der Kleine fletscht. Wobei mir da außer ruhiges Wedeln bei dem Großen bisher nie was aufgefallen ist. Was ja dann bei mir den Eindruck machte, dass der Kleine das grundlos macht...


    Dazu möchte ich dezent drauf hinweisen, dass "wedeln" nicht unbedingt Freundlichkeit signalisiert, sondern Erregung, kann freundlich sein, aber auch was anderes.....


    Wenn es nur so ist, dass der Kleine Zähne zeigt und der Große dann nichts tut, würde ich es so laufen lassen

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