Extremer Angsthund, ich brauche Hilfe !!!

  • Hallo zusammen,


    ich brauche dringend eure Hilfe, da ich echt nicht mehr weiter weiß. Ich habe mir am 30.08.2013 über eine Tierschutzorganisation eine Hündin aus der Tötungsstation in Portugal geholt. Der Tierschutz gab mir damals an, dass sie ca. 1 Jahr alt wäre und ihre längste Zeit im Zwinger verbracht hat. Die ersten zwei Wochen lag sie nur in einer Ecke rum und war sehr ängstlich. Mittlerweile ist sie offener geworden, läuft ziemlich viel in der Wohnung rum und man kann sagen, dass sie ein gewissen Vertrauen zu mir und meiner Familie aufgebaut hat.


    Mein Problem ist nun, dass sie extreme Angst hat rauszugehen. Sobald sie das Hundegeschirr sieht, läuft sie auf ihren Hundeplatz zurück und fängt an zu zittern. Man ist gezwungen sie lediglich rauszutragen, sie legt sich sofort auf den Rücken und ist ganz steif. Es kommt sehr selten vor das sie von alleine mitkommt. Das Gassigehen macht mittlerweile mir und meiner Familie nicht wirklich Spaß, da sie sich bei jedem Geräusch oder nähernden Personen erschreckt, zieht bzw. hinsetzt und abwartet, bis die fremde Person vorbeigegangen ist. Sie hat einfach nur panische Angst. Ich weiß echt nicht was der Kleinen in Portugal schlimmes zugestoßen ist, ich will ihr einfach nur helfen :(


    Am wohlsten fühlt sie sich, wenn ich mit meiner Freundin zusammen bin. Da ist es sogar möglich, sie ohne Leine in einen Wald laufen zulassen. Sobald sich ein anderer Hund oder eine Person nähert, setze ich die Leine an. Da immer die Angst besteht, dass sie vor Panik wegläuft, wie es schon einmal vorgekommen ist... In dieser Situation vergisst sie einfach alles. Abends hat sie weniger Angst beim Gassigehen, da kaum Menschen auf den Straßen sind. Ihre größte Angst hat sie vor Fussballplätzen und Menschenmengen.


    Viele Hundehalter, die ich auf der Straße getroffen habe, sagen mir das sie einfach nur Ihre Zeit braucht. Jedoch habe ich sie schon über ein halbes Jahr und ich habe ab und zu das Gefühl, dass es schlimmer wird. Hundeschulen sind auch nicht wirklich was für Ansgthunde, da sie auch extrem den Kontakt zu anderen Hunden scheut.


    Ich bitte um ratsame Tipps, da ich alleine nicht mehr weiter weiß und es mir große sorgen verbreitet.


    Mit freundlichen Grüßen,


    Cicciolina

  • Das Wichtigste zuerst: Mitleid ist kein guter Ratgeber. Was immer ihr auch zugestoßen ist, es ist Vergangenheit. Nur extrem traumatisierte Hunde bleiben in der Vergangenheit stecken, selbst wenn sie nicht bemitleidet werden.


    Wie sieht's aus, spielt sie ab und zu mal (im Haus oder Garten) und / oder nimmt sie Leckerlies aus der Hand? Einen Angsthund bekommst du nur über eine "List" dazu, gern nach draußen zu gehen. Viele Hunde, die lange im Tierheim gelebt haben, haben aber keine Ahnung, was spielen ist. Das muss man dann erst beibringen.


    Zum Training: Du spielst in der Wohnung mit dem Hund (am Sinnvollsten finde ich hier einen Futterbeutel), bis sie sicher damit ist und schon leuchtende Augen bekommt, wenn du den Beutel nur in die Hand nimmst.


    Erst musst du das Teil natürlich interessant machen. Sie wird nicht wissen, was sie damit anfangen soll, also öffnest du den Beutel und lässt sie ein paar Happen daraus nehmen. Dann wirfst du ihn und beobachtest, was passiert. Sie wird wahrscheinlich hingehen, das Ding beschnüffeln und es im besten Fall ins Maul nehmen. Dann kannst du sie locken. Wenn sie es in deine Richtung trägt, bestätige sie sofort, indem du ihr den Beutel öffnest und sie sich daraus wieder ein paar Bröckchen nehmen kann.


    Sie wird irgendwann verstehen, dass das Teil nur sinnvoll ist, wenn sie mit dir zusammenarbeitet und es wird immer schneller gehen, dass sie es dir bringt. Dann kannst du anfangen, es in der Wohnung zu verstecken, um es spannender zu gestalten.


    Wenn das bei ihr gut klappt, kannst du die Arbeit mit dem Beutel auf den Flur verlagern und ab da in kleinen Schritten weiter nach draußen. Auf keinen Fall den Beutel schon beim Spazieren einsetzen, wenn es drinnen noch nicht gut sitzt.


    Der Plan dahinter ist, dass sie sich so auf das Spiel mit dem Futterbeutel konzentriert, dass sie angsteinflößende Geräusche etc. ausblenden kann und sich quasi nebenbei daran gewöhnt.


    Hoffe, ich habe mich nicht zu kompliziert ausgedrückt. Wenn du Fragen hast, schieß los :)

  • Zitat

    Das Wichtigste zuerst: Mitleid ist kein guter Ratgeber. Was immer ihr auch zugestoßen ist, es ist Vergangenheit. Nur extrem traumatisierte Hunde bleiben in der Vergangenheit stecken, selbst wenn sie nicht bemitleidet werden.


    Heißt es also, dass sich im schlimmsten Fall ihr Verhalten nicht ändert?


    Also zu Hause kann man super mit ihr spielen, sie isst Leckerlies aus der Hand und kann die ersten Tricks wie Sitz, Platz und Pfote. Aber das Spielen mit anderen Hunden macht sie überhaupt nicht, sie geht denen immer aus dem Weg und hat sehr große Angst. Draußen hat sie überhaupt kein Interesse an Leckerlies, da sie einfach nur damit beschäftigt, schnell und sicher nach Hause zu kommen. Sie schaut wie verrückt immer hin und her und realisiert jedes Geräusch und erschreckt sich. Und sobald sie merkt, dass es langsam nach Hause geht, zieht sie wie verrückt.


    Vielleicht ist noch zu erwähnen, dass sie bis jetzt nur einmal kurz gebellt hat. Ist es denn richtig, dem Hündin ein Leckerlie zu geben, sobald sie zu Hause angekommen ist. Gab es ihr als Belohnung, dass sie raus ging, Aber vielleicht verstärke ich ihr Verhalten dadurch, indem sie denkt, jetzt muss ich erst recht nach Hause, da gibt es gleich was zu knabbern?


    Das mit dem Futterbeutel werde ich natürlich versuchen und sie langsam an das von alleine Rausgehen herantasten.


    Und natürlich erstmal einen großen Dank Julia, für die schnelle Antwort.

  • meine hündin ist auch aus der tötungsstation / tierheim aus italien. sie ist auch sehr unsicher, jedoch nicht so sehr wie du es beschreibst. hat sie wirklich angst vor dem rausgehen oder eventuell vom geschirr? unsere hatte am anfang panische angst vor geschirren welche man über den kopf ziehen muss (ist auch kein wunder, hatte die ersten 4 monate des lebens nie ein geschirr / halsband an). da haben wir uns ein geschirr gesucht bei welchem sie nur mit den beinen durch muss.


    unsere hündin ist auch lieber zuhause als draussen. jedoch kann sie auch auf dem spaziergang grosse freude zeigen.

  • Also ich habe mir mittlerweile zwei Geschirre zugelegt und zwei Halsbänder. Daran liegt es leider nicht. Sie knabbert die Sachen ja auch nicht an und versucht sich zu befreien. Und wie gesagt, wenn man in einen stillen Wald geht, wo kaum Menschen sind, kann man auch mit ihr Spaß haben. Leider wohne ich in der Dortmunder-Innenstadt und versuche jeden Samstag in den Wald zu kommen. Sie muss es einfach auch hier lernen, ihre Angst zu bekämpfen...

  • Gerngeschehen :)


    Ja, im schlimmsten Fall ändert sich ihr Verhalten nicht, aber so wie ich das jetzt aus deinem zweiten Post herauslese, wird man mit ihr gut arbeiten können.


    Bis auf die nötigsten Dinge, die sie lernen muss, würde ich ihr erstmal keine Tricks beibringen. Wichtig finde ich persönlich herankommen auf Ruf und "Aus" wenn sie Zeugs im Maul hat, dass da nix zu suchen hat. Alles andere hat Zeit, bis ihr das Angstproblem besser im Griff habt.


    Dass sie draußen kein Interesse an Leckerlies hat ist normal. Angst überdeckt alles andere und ein Hund, der Angst hat, kann auch nicht lernen.


    Das Leckerli, direkt nachdem ihr zuhause angekommen seid, würde ich weglassen. Zwar schön, dass sie dann wieder so entspannt ist, dass sie frisst, aber das kann tatsächlich verstärkend wirken.


    Dass sie erst einmal gebellt hat, find ich persönlich nicht tragisch ^^


    Beim Training mit dem Futterbeutel ist wirklich wichtig, dass ihr in sehr kleinen Schritten vorangeht. Also nicht: Oh, das hat heute gut drinnen geklappt, nehmen wir das Ding mal mit raus. Kann sein, dass du danach wieder von vorn anfangen musst. Also wirklich erst in der Wohnung etablieren, dann im Flur, wenn ihr einen Garten habt auch gern dort und dann vorm Haus, wenn es nicht völlig unruhig ist. Alternativ nach den ersten Schritten in reizarmen Umgebungen draußen.

  • Hallo,
    am besten holst du dir einen Hundetrainer, der sich mit Angsthunde auskennt und gehst vorerst nicht so viel mit ihr raus. Lass sie die Welt ganz langsam erkunden. Ich bin die ersten Wochen mit meinem Hund nur vieeeele Runde im Hof gelaufen. Dann irgendwann auch mal auf den Gehweg davor, dann weitere Strecken.
    Evtl. kann es ihr helfen, wenn du mit einem anderen sicheren Hund spazieren gehst, dann kann sie sich an diesem orientieren.
    Versuche möglichst immer viel Abstand vor den Angsteinflössenden Objekten zu halten.
    Und bitte lass immer mindestens eine Schleppleine dran, dann kann sie sich bei Panik nicht selbst in Gefahr bringen und trotzdem Freilauf geniesen!


    Viel Glück und Geduld beim Training

  • Hallöchen!!


    Da ich bei meinem Hund auch zu Anfang an ihren Ängsten arbeiten musste, berichte ich mal von meinen Erfahrungen. Zu erst einmal: Du bist die Person, die deinem Hund in allen Situationen Sicherheit geben muss. Bei meiner Hündin ist die Schreckhaftigkeit bei allem was von hinten kommt oder bei Straßenbahnen und großen Autos schlimm gewesen. Meine Trainerin hat mir gezeigt, mich einfach vor den Hund zu stellen, wenn irgendetwas kommt. Dann lernt sie, dass Frauchen ihr Sicherheit gibt. Das ganze wird nicht weiter kommentiert und wenn alles vorbei ist weitergegangen. Inzwischen ist es oft so, dass sie sich von selbst hinter mich stellt und abwartet.
    Wir als Team sind allein dadurch sehr viel sicherer geworden, da sie auch mein erster Hund ist. Zu deinen Spaziergängen im Wald: Ich würde vielleicht an der Schleppleine trainieren. Freilauf ist ja schön und gut, aber wenn du sie immer, wenn was kommt anleinst, dann verknüpft sie das vielleicht negativ. Mit der Schleppleine kann sie sich gut bewegen, aber du hast immer noch die Kontrolle. Du hast Angst, dass sie ausbüxt bei Begegnungen, sie überträgt sich auf den Hund.
    Und noch etwas. Du hast sie erst seit einem halben Jahr. Für so ein Tier ist das eine kurze Zeit. Meine Hündin hat ein geschlagenes Jahr gebraucht um bei mir einigermaßen anzukommen. Genauso lang hab ich gebraucht, um einen optimalen Rhythmus zu finden, was den Alltag mit Gassigängen, füttern und so angeht.
    Ich wünsch dir alles gute.


    Liebe Grüße,


    irre36

  • Dann werde ich die unwichtigen Kommandos zunächst reduzieren/weglassen und mehr Wert auf die anderen genannten Sachen legen. Dabei nimmt sie kaum andere Sachen in den Mund, bis auf Socken :-)


    Das Leckerli nach dem Gassigehen werde ich dann natürlich weglassen, habe ich mir schon irgendwie gedacht...


    Und zum Bellen glaube ich, dass deine Hunde relativ viel Belle und du es persönlich nicht als tragisch findest. Ich vermisse es jedoch irgendwie, dass macht doch einen Hund aus hehe

  • Zitat

    Sie muss es einfach auch hier lernen, ihre Angst zu bekämpfen...


    ja, aber schritt für schritt. expositionstherapie muss kontrolliert werden. wie gross ist den der hund? kannst du ihn auf den arm nehmen? in einer box transportieren?


    wir wollten unsere hündin zuerst auch gleich an der hauptstrasse in der stadt führen. wir dachten die gewöhnt sich daran. was für ein schock für einen hund welcher seit der 3 lebenswoche abgeschottet in der tötungsstation verbracht hat. zum glück sind wir in der ersten woche zu einer verhaltenstierärztin gegangen. ihr tipp an uns: keine exposition, den hund hochnehmen (unser ist nur 5 kilo). zuerst vertrauen schaffen und mit kleinsten dingen beginnen.


    zum leckerli: wir belohnen fast ausschliesslich mit dem spielzeug.

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