Kettenhund Schlepptraining

  • Wir haben einen unkastrierten Rürden von einem Bauernhof geholt (Mischling, sieht bisschen nach Setter aus). Er war ca. 1 Jahr alt und lebte hinter einer Scheune angekettet, ohne Kontakt zu anderen Hunden. Als er noch ein Welpe war durfte er wohl frei laufen, aber nachdem er einige Hühner und wohl auch Katzen getötet hat, wurde er angekettet.

    Nun ist er ca. 1.5 Jahre alt und sobald man ihn freilässt läuft er sofort weg bis er nach 2 oder 3 km ruhiger wird und man ihn dann doch noch einfangen kann. Er rennt dabei nicht wild rum, sondern schnüffelt und pinkelt alles ab.
    Deswegen wollten wir mit ihm an der Schleppleine "komm" beibringen. Doch er schnüffelt und pinkelt nur. Ruft man seinen Namen so ignoriert er einen absichtlich (er schnüffelt weiter, oder gugt dann in der Gegend rum, nur bloß nicht zum Herrchen)
    Bewegt man sich etwas links und rechts, um seine Aufmerksamkeit dadurch zu bekommen und fuchtelt mit der Hand als hätte man ein Leckerlie, so lässt er sich manchmal dazu überreden zu kommen, doch er haut sofort ab nachdem er das Leckerlie gegessen hat. Manchmal spuckt er es sogar einfach aus und geht lieber wieder Schnüffeln.
    Es ist auch beim Sitz-Befehl so. Er macht es nur, wenn er sich davon etwas erhofft, zb vor dem Anleinen. Befielt man es ihm einfach so, dann wird er nicht Sitz machen. Hält man die Finger so, als hielte man ein Leckerlie, dann sitzt er aber sofort, sogar ohne den Befehl "Sitz"!

    Er intressiert sich draußen auch nicht für Stöcke oder Spielzeuge, nur fürs Schnüffeln.

    Meint ihr man kam ihm sowas noch beibringen? Oder wird er immer an der Leine laufen müssen? Er scheint die größte Freude am Schnüffeln zu haben, wenn er sogar Leckerlies oft ablehnt?

  • Er ignoriert dich ganz bestimmt nicht absichtlich, od gar um dich zu ärgern!!
    Du schreibst, er war 1jahr lang hinter eine scheune angekettet.
    Woher soll der denn bitte wissen was 'komm' bedeutet?? Das hat ihm dort garantiert keiner beigebracht.
    Das er alles abschnuffelt ist darum auch nur logisch. Der arme kerl kennt sowas doch gar nicht! Das ist ja alles ganz neu für ihn (= aufgeregter hund), was denkst du wie furchtbar interessant das alles für ihn sein muss?!
    Wenn er keinen kex nimmt, ist entweder der kex nicht gut genug, od er ist einfach viel zu aufgeregt.
    Beim rückruf üben verwende ich bei meinem wurm gerade zb rohes rindfleisch. Ein madiges trockenfutter bróckchen könnt ich mir in die haare schmieren, da würd das kleinteil auch nicht kommen! (Im sommer ist es zwar nicht so schön mit rohem fleisch durch die gegend zu rennen, aber nachdem's ja jetzt eh kalt ist, ist das überhaupt kein problem)
    Wenn er so gerne schnuppert, würde ich das gleich als bestätigung nutzen.
    Also erst das schnuppern gehen unter signal stellen (er geht richtung baum u du sagstdazu 'geh schnuppern'), u wenn er das verstanden hat, als belohnung für zb zurück kommen verwenden. Also hund kommt, loben, u halt keinen kex geben, sondern zum schnuppern schicken.

    So lange er noch nicht wirklich zuverlässig retour kommt -natürlich kann er das auch jetzt noch lernen, er ist ja grad erst 1 1/2!- auf keinen fall ohne leine laufen lassen!!
    Abgesehen von den dingen die passieren können, ist es für's üben vom rückruf recht wenig hilfreich wenn der hund irgendwo ist, man ruft u schreit, u keinerlei einfluss drauf hat ob er jetzt kommt od nicht. Darum so wie du schon geschrieben hast, immer mit (schlepp-)leine absichern!
    Beginn am besten erst in der wohnung wenn er draußen zu schnell abgelenkt ist. Wenn's dort ganz sicher funktioniert wieder ganz von vorn im garten beginnen (bzw direkt vorm haus wenn du keinen garten hast), usw.
    Wichtig!:
    Nur weil hund 'komm' in der wohnung u im garten kann, kann er das noch lange nicht automatisch auch auf einer großen wiese wo's gut riecht/andere hunde sind/.....!! Hunde lernen situations bezogen; bedeutet, du musst an so vielen stellen wie möglich üben, das er versteht, daß 'komm' überall das gleiche bedeutet!

  • Du hast da einen Hund, der wahrscheinlich noch nie in seinem Leben richtige Ansprache und Training geschweige denn artgerechte Haltung erlebt hat, da ist es nicht ungewöhnlich, dass der (erstmal) nur läuft und schnüffelt - denn das sind Dinge die er einfach kann und die ihm Spaß bereiten.

    Er sollte kleinschrittig, straffrei und adäquat - wie ein Welpe - nun die Zusammenarbeit mit dem Menschen kennenlernen. Dass das durchaus länger dauern kann sollte nicht ungewöhnlich sein, für einen Hund dem sehr wahrscheinlich viele Eindrücke und Erfahrungen aus einer sensiblen Zeit einfach fehlen, weil er aus Faul- und Unwissenheit von Menschen weggesperrt und angekettet wurde.

  • Ich kann dich sehr gut nachvollziehen.

    Ich habe hier einen 5 jährigen Labi und der wurde seitdem er in die Familie kam (welpenalter), im Zwinger gehalten, er hat mal die Hundeschule besucht, aber das kann man an einer Hand abzählen, als er Welpe war, durfte er auch noch öfter im Garten mit den Kindern spielen, umso älter und größer er wurde, wurde er nur noch eingesperrt.

    Von einen Tag auf den Anderen, hat sich sein Leben schlagartig geändert.
    Ich muss dazu sagen, dass er nur zur Betreuung bei mir ist, für 1,5 Monate.

    Die neue Besitzerin hat ihn bisher nur 4 Stunden gesehen :verzweifelt:

    Nun ja, sein Leben jetzt ist, dass er hier frei auf dem Hof laufen kann/darf, er überall Zugang hat. Aber all das will und kann er noch nicht akzeptieren. Kein Wunder, wenn man 5 Jahre nur das Eine gemacht hat (rumliegen und im Zwinger stehen).

    Der Große steht extrem unter Stress, ist natürlich eine Hammer Umstellung.

    Ich gehe nur kleine Spaziergänge mit ihm, weil er noch nie so viel Bewegung hatte und nach 20min schon k.o. ist.
    Er ist sehr aufgedreht und hyperaktiv, eigtl möchte ich ihn entlasten, aber das reizt ihn noch mehr, also liegt er hier jeden Tag mitten aufm Hof - und da ist er mega ruhig. Hier im Haus flippt er völlig aus, damit wird er sicherlich nie umgehen können.

    Zeit und Geduld ist sehr groß geschrieben und ich rate dir, lass ihn die Welt erkunden, gib ihm Zeit und nimm viel Geduld mit :)

    Mein Glück ist, dass der Dicke super hört, ich kann ohne Leine mit ihm spazieren gehen und trotz kein Kontakt zu anderen Hunden, ist er sozialverträglich.

  • Zitat

    Er intressiert sich draußen auch nicht für Stöcke oder Spielzeuge, nur fürs Schnüffeln. [\quote]

    Mein Hund hat das anfangs auch aus purer Überforderung mit Umweltreizen gemacht. Er war einfach nur mit Schnüffeln beschäftigt, hat dann einfach nix um ihm run mitbekommen und dann ging es für ihn. Er ist/war, wie dein Hund, überhaupt nicht sozialisiert und kannte überhaupt nichts. Er hat(te) vor allem Angst und das Schnüffeln war eine Strategie für ihn, damit umzugehen. Meiner hat draußen auch nichts gefressen, vor lauter Stress. Selbst die beste Entenbrust wollte er nicht nehmen.

    Er macht das keinesfalls mit Absicht, um dich zu ärgern, er versteht nur einfach die Welt nicht mehr, alles ist neu und er muss erst mal langsam klar kommen mit sich und der Umwelt.

    Aus dem Grund würde ich auch noch gar nicht so viel machen, lieber kurze Spaziergänge und evtl. auch nicht ständig woanders hin, weil du sonst noch mehr überforderst. Meiner brauchte auch ne Weile, bis er auch in neuem Gebiet entspannt sein konnte.

    Das kann man ihm noch beibringen, ich habe meinen sogar erst mit 3 Jahren bekommen und auch da geht es. Zumindest, dass er ohne Leine laufen kann, wenn keine Passanten o.ä. entgegen kommen. Je nach Charakter dauert das aber. Ableinen ging bei meinem nach ca. 6 Monaten (dann hab ich mich getraut ;) ), an der Sozialisation werden wir aber ewig arbeiten, weil es einfach viel länger dauert, als bei einem Welpen. Die ersten Monate haben wir nur damit verbracht, ihn aus diesem Schnüffeln rauszuholen, sodass er uns überhaupt mal wahrnimmt, danach ging das mit dem Ableinen eigentlich fix.

  • Hundshalter,
    du musst mit dem Hund umgehen wie mit einem Welpen, der die Welt er neu kennenlernt. Wahrscheinlich kennt der Hund nichtmal seinen eigenen Namen, weil er es nie gelernt hat. Rückruf und Co. können auch nicht von jetzt auf gleich klappen - hat er ja nie gelernt.
    Ich würde die Schleppleine vorerst gar nicht ab machen, und dem Hund erstmal ermöglichen, dass er seine neue Umwelt und Umgebung in Ruhe kennenlernen kann. Mache nur kurze Spaziergänge, dafür aber ein paar mehr als normal, vielleicht anfangs auch immer auf der gleichen Strecke.
    Freilauf gibts nur im eingezäunten und ausbruchsicheren Gelände/Garten. Wenn da wirklich Setter drin steckt, und er auf dem Hof schon Tiere zerlegt hat, dann hast du vermutlich einen sehr jagdtriebigen Hund. Da ist zur Sicherheit des Hundes und eurer Umwelt wirklich die Leine am Hund zu lassen das Beste.

    Denk dran, dass der Hund zunächst mal alles kennenlernen und bei dir so richtig ankommen muss. Das kann ein paar Monate dauern. Meine Trainerin hat mal gesagt, dass man mit einem neuen Hund alle Jahreszeiten einmal durchmachen muss um ihn richtig kennenzulernen. Sie hat Recht behalten, wenn ich mal zurück blicke.

    Abschließend kann ich nur noch zu ner Hundeschule oder Privattrainer raten.
    Du wirst es vermutlich nicht leicht haben mit diesem Hund.
    Alles Gute wünsch ich dir, und viel Geduld und Durchhaltevermögen ;)

  • Vielen Dank für eure Tipps und Erfahrungen!
    In den TV-Shows sieht man ja immer, dass der Trainer nur mal mit der Zunge schnalzt und schon tanzt der Hund nach seiner Pfeife …
    Da denkt man, dass man etwas falsch macht, wenn man nicht so schnelle Erfolge sieht.
    Das "Problem" ist, dass er meisst wenn er schnüffelt auch leckt. An der Schlepp aber weniger oft, als an der kurzen Leine, wie mir aufgefallen ist. Das möchte man ihm ja nicht erlauben, weil er sich dann oft auch erregt, und direkt denn nächsten Baum 3x anpinkeln muss und den Dreck aufwerfen muss.
    Ich werde nun bessere Leckerlies mitnehmen, anstatt dem langweiligen Trockenfutter. Und versuchen nicht wie blöd "komm, komm" zu schreien, sondern erst wenn er wirklich kommt.. Mal sehen wie man das am besten anstellt.

  • Ich kann dir erzählen wie es bei uns war. Mein Hund kommt aus Serbien und war vermutlich ein Straßenhund, jedenfalls hat er vieles nicht gekannt. Drinnen war er absolut ruhig und sehr sensibel, hat sehr stark auf Körpersprache reagiert, draußen war er dann total "weggetreten" musste zu jedem Hund, alles markieren und hat gar nicht auf mich reagiert. Er hat die tollsten Leckerlies (Schinken, Käse, Palatschinken) ausgespuckt. Also war er die erste Zeit nur an der Leine, mal an der Schlepp, mal an der kurzen Leine. Auslauf hatte er in unserer Hundezone, die eingezäunt war. Das ging so ein gutes halbes Jahr. Ich habe ihn dann chemisch kastrieren lassen, weil er eben so abwesend war die ganze Zeit und bin mit ihm in die Hundeschule gegangen. Der Trainer meinte dann, ich solle jedes "zu mir kommen", "anschauen" etc clickern. Toll, der Hund nimmt ja gar keine Leckerlies, hab ich mir gedacht, doch wirklich in Verbindung mit dem Clickgeräusch hat er sie dann genommen. (Clicker wurde aber auch ordentlich eingeführt). Also wieder einige Monate alles geclickert und siehe da, der Hund hat mich beim Spazierengehen angesehen (das war so toll).

    Dann habe ich das "hier" geübt, ein Supi- Dupi Leckerchen und dieses nur bei "hier" gegeben, also "hier" gerufen, Hund hat geschaut, ich hab ihn ein bisschen gelockt, oder bin weggelaufen, oder hab ich sanft an der Schlepp herangezogen, geclickt und schmakofatz Leckerchen gegeben. Das hat er dann unglaublich schnell gelernt, innerhalb von, vielleicht, 2 Tagen. Allerdings verwende ich jetzt das "hier" nicht zu oft, sondern ruf ihn auch anders, also mit dem Namen, oder "Komm", etc da schlendert er zu mir. Aber bei "hier" rennt er ^^

    Mittlerweile ist er echt schon super, klar klappt nicht alles 100%ig, aber er reagiert, er schaut was ich mache, ich schnalze und er kommt her. Aber er hat diese Zeit am Anfang gebraucht, dieses (für mich) langweilige nur an der Leine gehen und gemeinsam die Welt entdecken. Ich musste mir oft anhören, wie arm der Hund ist, weil er ja nur an der Leine geht, aber es hat sich echt gelohnt :D und ich denke mir, dass es noch um einiges besser sein wird, man braucht halt Geduld und muss auch mal seinem Bauchgefühl trauen (und nen guten Trainer haben :pfeif: :rollsmile: )

  • Gut besschrieben, Jumim. :gut:

    Der Ansatz noch so kleine Zuwendungen seitens des Hundes zu belohnen, und sei es anfangs auch nur, dass er die Öhrchen nach hinten dreht um zu horchen, was Herrchen/Frauchen für Geräusche macht, ist vermutlich das Beste.
    Unsere Maus fand anfangs auch alles tausendmal spannender als Frauchen, wenn wir draußen unterwegs war. Und leckerchengeil ist sie bis heute nicht wirklich *leider*.
    Dann habe ich angefangen jede noch so kleine Regung in meine Richtung zu belohnen. Angefangen von rein verbalem Lob (auch das nimmt der Hund wahr, auch wenn er nicht gleich Freudensprünge macht), bis hin zu nem tollen Leckerchen, welches sie sich abholen konnte. Sie musste dann also zwangsläufig rankommen, wenn sie mehr als nur verbales Lob haben wollte.
    Mittlerweile orientiert sie sich sehr gut an mir, bleibt häufiger kurz stehen beispielsweise an Wegkreuzungen, oder wenn ich nicht schnell genug hinter her komme, und schaut mich kurz an. So nimmt sie kurz Kontakt zu mir auf um sich entweder zu versichern, dass alles ok ist, oder weitere Anweisungen anzunehmen.

    Viel mehr würde ich bei nem Kettenhund, der vermutlich nichtmal seinen Namen kennt, anfangs auch gar nicht machen. Erst wenn der Hund sich am Halter orientiert und eine gewissen Bindung hat, hat man eine Chance darauf aufzubauen.
    Bei uns hat es knapp einen Monat gedauert, bis die Aufmerksamkeit mehr auf mir und meinem Freund lag, wenn wir raus gegangen sind. Danach klappten andere Übungen plötzlich auch viel besser, weil man so die Möglichkeit hatte die Aufmerksamkeitsphasen direkt für Kommando-Übungen zu nutzen.

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