Echte Wölfe und blöde Fragen

  • So sieht das aus, wenn man verzweifelt versucht, seine extensiv gehaltenen Rinder große-beutegreifer-sicher einzuzäunen - 7 Reihen E-Zaun, alle 20 cm eine Reihe, die unterste Reihe bei 20 cm, was bedeutet, dass man den gesamten Zaun lang alle paar Tage mähen muss, damit der unterste Draht/das Seil keinen Kontakt zu dem wachsenden Gras hat.

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    LG, Chris

    Sieht irgendwie nach "Jurassic park" aus. :shocked:

  • Lohnt sich dieser Aufwand wirklich? Zumal ich in Erinnerung habe, dass Ihr das mehr hobbymäßig macht. Heißt nicht, dass Ihr Euer Getier nicht schützen sollt.

    Aber bei "Berufsbauern" gibt es, glaube ich, Subventionen für sowas. Ihr zahlt doch alles selbst?

  • So sieht das aus, wenn man verzweifelt versucht, seine extensiv gehaltenen Rinder große-beutegreifer-sicher einzuzäunen - 7 Reihen E-Zaun, alle 20 cm eine Reihe, die unterste Reihe bei 20 cm, was bedeutet, dass man den gesamten Zaun lang alle paar Tage mähen muss, damit der unterste Draht/das Seil keinen Kontakt zu dem wachsenden Gras hat.

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    LG, Chris

    Klasse Einzäunung :bindafür:

    Ganz sicher werden sich bald die ersten Hundehalter aufregen, dass ihr Hundchen eine geschossen bekommt, wenn es am Zaun markiert ;)

  • Boah, ist ja irre der Aufwand! Ist das für eine wirklich grosse Weide zur Extensivhaltung überhaupt zu bewerkstelligen? Und dann braucht man ja sicher mehr als eine Weide - ist man da nicht fast Vollzeit am mähen? Und wer bezahlt den Spass (nur die anschaffung und Installation, nicht den Unterhalt)?

    Ja, das ist ein immenser Aufwand, zeitlich und natürlich auch finanziell und man verbraucht einiges an Zaunmaterial - als derzeit noch "Hobby"-Tierhalter ist die Anschaffung des Ergänzungs-Zaunes ganz allein unser Problem.
    Als Landwirt - den "pauschalen" Landwirt gibt es da übrigens nicht, da gibt es diverse Abstufungen, wer was darf und wer als was zählt - bekommt man einen Teil der Kosten für einen Zaun subventioniert - aber und das ist etwas, was ich für mehr als kontraproduktiv nicht nur, was das Lernvermögen der Beutegreifer angeht, halte - erst wenn es bereits einen nachgewiesenen Riss gegeben hat. Die DNA-Analysen können einige Zeit dauern und wenn man nicht das Glück hat, zumindest einen für Notfälle bei der Naturschutzbehörde vorgehaltenen mobilen Zaun zu bekommen, steht man erst mal dumm da.

    Wenn man das Lernvermögen des Wolfes im Hinterkopf behält, sind präventive Maßnahmen, die ihn in Sachen Nutztierrisse gar nicht erst zum Erfolg kommen lassen, wesentlich nachhaltiger, als die Salami-Taktik, immer noch eine Schutzmaßnahme mehr einzufädeln, wenn es die ersten Riss-Erfolge gegeben hat.
    Wir Hundehalter wissen das - wo es einen Erfolg mit einem Verhalten gegeben hat, sind die Anstrengungen, diesen Erfolg zu wiederholen deutlich größer, als wenn es bei den ersten Versuchen schon nicht geklappt hat.

    Das Mähen ist sehr zeitraubend und aufwändig - für den Naturschutz in Sachen Wolf muss der Naturschutz in anderen Belangen wie Kleintiere und seltene Pflanzen offensichtlich auf der Strecke bleiben, denn gerade diese Randstreifen an und bisher auch unter Zäunen von extensiv genutzten Flächen sind sehr wertvolle Bereiche - einen Teil davon muss ich jetzt mähen, wobei ich mich allerdings auf den unmittelbaren Bereich unter dem Zaun beschränken werde. Ich bin damit sehr unzufrieden, denn bisher waren unsere Flächen Lebensraum für zahlreiche kleine Tierarten und einige Teile haben wir sogar komplett aus der Nutzung herausgenommen, um "Oasen" zu schaffen, dort wird nur einmal jährlich gemäht und das Mähgut weggefahren - einen Teil des Zaunbaus habe ich solange aufgeschoben, was die unterste Reihe anging, bis ich keine Feldhasen-Jungtiere mehr unter den wilden Beeren an unserer Böschung sitzen sehen konnte - ich hoffe, dass ich da niemanden übersehen habe und sie ihre Säugezeit alle hinter sich hatten.

    Einen Teil unserer Fläche lassen wir uneingezäunt - die dient rein der Heugewinnung und ist in unmittelbarer Waldnähe, so dass eine "Tag-Weide" mit etwas weniger aufwändigem Zaun, wo die Tiere dann vor der Dämmerung in einen mehr geschützten Bereich geholt werden würden, dort zu unsicher ist. Das bedeutet dann allerdings im Spätherbst noch einmal ein Nachmähen, statt einfach nochmal abweiden zu lassen, ein 2. Schnitt lohnt sich auf diesen sehr extensiven Flächen nicht, das Mähgut kann auch nicht liegen bleiben - noch mehr Arbeit, die dazu kommt.

    Ich schreibe das nicht, um zu jammern, nicht, dass das wer falsch versteht. Aber mir gehen manche Kommentare, die man im Netz immer wieder liest "mach halt dies, mach halt das, sperr sie halt ein, was sind schon drei Risse in der Ortschaft" gehörig auf den Keks, weil viele Leute, die sonst nichts mit solchen Dingen zu tun haben, sich manches auch einfach einen Tacken zu einfach vorstellen und die umfassenden Konsequenzen gar nicht bedenken (können). Deshalb erzähle ich etwas ausführlicher von dem Drum-Rum.

    Unter diesen Voraussetzungen wird die extensive, tier- und naturschutzgerechte Beweidung in meiner Mittelgebirgsregion flächendeckend zusammenbrechen.

    Deine Bedenken teile ich und auch da bin ich der Meinung, dass viele, auch Offizielle nicht weit genug in die Zukunft denken. Und dass es nicht nur darum gehen kann, den Wolf wieder in D zu etablieren, sondern dass alle möglichen sonstigen Naturschutzmaßnahmen, die wie ein kompliziertes Zahnradgefüge ineinander greifen, miteinander abgestimmt werden müssen. Einfach nur "Hurra, der Wolf ist da" zu rufen, genügt da nicht.


    Sieht irgendwie nach "Jurassic park" aus.

    Es war gar nicht so leicht, den Zaun zu fotografieren - der verschwindet nämlich in der Regel vor dem Hintergrund. Da muss das Licht schon in einem bestimmten Winkel drauf fallen, damit man alle Reihen sehen kann. Denn das ist auch ein wichtiger Aspekt - wir wollen mit dem Zaun die Landschaft nicht verschandeln, sondern er soll sich nach Möglichkeit unauffällig einfügen, aber einem sich nähernden Tier auch optisch eine Begrenzung bieten. Deshalb haben wir meist 3 Reihen Seil und 4 Reihen Drahtzaun, um da einen Kompromiß zu finden. Band geht hier nicht - hier oben ist es zu windig und E-Bänder werden so vom Wind geschüttelt, dass sie sehr rasch den Geist aufgeben.

    Lohnt sich dieser Aufwand wirklich? Zumal ich in Erinnerung habe, dass Ihr das mehr hobbymäßig macht. Heißt nicht, dass Ihr Euer Getier nicht schützen sollt.

    Aber bei "Berufsbauern" gibt es, glaube ich, Subventionen für sowas. Ihr zahlt doch alles selbst?

    Zu den Subventionen habe ich oben schon was geschrieben - die gibt es erst nach dem ersten nachgewiesenen Riss und auch nur bei Landwirten. Die DNA-Untersuchungen dauern einige Wochen - bis da in Sachen Subvention (und selbst das heisst ja nur, dass man einen Teil der Kosten erstattet bekommt) was tut, gehen oft Monate ins Land.

    "Lohnen", tja, gute Frage.
    Finanziell lohnt sich das sicher nicht. Das wird das teuerste Rindfleisch diesseits von Feuerland werden, das ist schon mal klar.
    Aber darum geht es ja nicht nur - es geht um eine tiergerechte Nutztierhaltung, die trotz Wolf weiterhin möglich sein MUSS, da führt für mich kein Weg dran vorbei, denn für mich ist es nun nicht so, dass der Wolf Privatpatient wäre und die Nutztiere bloss Kassenpatienten - Nutztiere haben ebenfalls ein Recht auf ein tiergerechtes Leben, wo der sichere Aufenthalt draussen dazu gehört.
    Wo sollte sonst zukünftig das ganze Bio-Fleisch herkommen?

    Und ansonsten zur Frage "lohnt sich das" - was will man denn sonst machen? Die Tiere sind da, dienen der Bewirtschaftung der Fläche und dem Landschafts- und Naturschutz, der ohne sie in dieser Form gar nicht zu leisten wäre und es gibt nun halt neue Aspekte in der Haltung, die man berücksichtigen muss, wenn man kein Step-In für Wölfe aufmachen will.

    Ganz sicher werden sich bald die ersten Hundehalter aufregen, dass ihr Hundchen eine geschossen bekommt, wenn es am Zaun markiert

    Um an den Zaun zu gelangen, muss der dazugehörige HH dann schon einige Grundregeln missachtet haben - da ist kein Weg und an den Zaun kommt man von aussen nur, wenn man quer über den Acker läuft. Obwohl wir es mangels Weg nicht müssten, hängen aber auch E-Zaun-Warnschilder in regelmäßigen Abständen da. Selbst wenn da ein Weg wäre - sollen sie froh sein, wenn der Hund nur einen verputzt bekommt, wenn sie schon nicht aufpassen, denn die Alternative wäre eine schlecht gelaunte Mutterkuh. Da fasse ich lieber dreimal freiwillig an den Zaun.

    Wie schon geschrieben - das soll nur mal helfen, die Seite derer zu beleuchten, die sich ziemlich unmittelbar mit dem Thema auseinandersetzen müssen.

    LG, Chris

  • Um an den Zaun zu gelangen, muss der dazugehörige HH dann schon einige Grundregeln missachtet haben - da ist kein Weg und an den Zaun kommt man von aussen nur, wenn man quer über den Acker läuft. Obwohl wir es mangels Weg nicht müssten, hängen aber auch E-Zaun-Warnschilder in regelmäßigen Abständen da. Selbst wenn da ein Weg wäre - sollen sie froh sein, wenn der Hund nur einen verputzt bekommt, wenn sie schon nicht aufpassen, denn die Alternative wäre eine schlecht gelaunte Mutterkuh. Da fasse ich lieber dreimal freiwillig an den Zaun.

    Wie schon geschrieben - das soll nur mal helfen, die Seite derer zu beleuchten, die sich ziemlich unmittelbar mit dem Thema auseinandersetzen müssen.

    War auch nicht als Kritik gemeint ;)

    Ich finde es klasse, dass ihr Eure Tiere schützt, so gut es geht, und der Zaun sieht wirklich effektiv aus! ;)

  • Mir tuts ja auch leid, wenn da wer dran kommt, das tut schon ordentlich weh und grad Hunde kommen ja meist mit der Nase dran, die auch noch feucht ist. Aber genauso, wie ich es den Kälbern nicht ersparen konnte, ihre Erfahrungen mit dem E-Zaun zu machen, die Hütesicherheit beruht ja mehr auf der Kopf-Sache dabei, kann ich es anderen Tieren auch nicht ersparen. Allerdings ist auch bei sowas meine Devise, wenn, dann besser einmal richtig, mit einem ordentlich funktionierendem E-Zaun, der dann wirklich abschreckend ist, als wenn nachher ein Tier/Wild-Tier mit E-Zäunen die Erfahrung gemacht hat, dass die auch mal schlecht leiten und sich dann drin verheddert o. Ä.

    Aber ich glaube, die, die derzeit am häufigsten eine geputzt kriegt, bin ich. :lol: Denn für so einen Luxus, wie Versorgungstore hats noch nicht gereicht.

    LG, Chris

  • Danke, ich finde das sehr interessant.

    Wir sind da halt grad unfreiwilligerweise drin im Thema.

    Ich möchte aber auch noch mal betonen, dass es nun hier nicht so ist, als würden hier hordenweise Wölfe um die Kälber schleichen. Es gibt aber mehr als berechtigten Grund zu der Annahme, dass der Pfotenabdruck im Winter von einem Wolf war und dass auch der im November gefundene Kot-Haufen von "so jemandem" stammte. Beides war direkt auf unseren Flächen - auf dem Treibweg, einem nochmal extra eingezäunten Weg, der die hintereinanderliegenden Koppeln miteinander verbindet, also schon mittenmang bei unseren Kühen, der Pfotenabdruck im Schnee wurde etwa 1 Woche vor dem Kalbetermin gefunden, keine 50 Meter von der Weidehütte der Kühe entfernt.
    Nach einem intensiven Gespräch mit unserem Jagdpächter und mit mehreren Jagdpächtern drum rum, blieb uns nichts anders übrig, als davon auszugehen, dass es hier zumindest sehr regelmäßig "Durchzieher" gibt, oder aber bereits das ein oder andere etablierte Einzeltier. Neben unseren Beobachtungen gab es noch unbestätigte Sichtungen von anderen Seiten aus - unbestätigt bedeutet im wolfsdeutsch, dass es kein Foto gibt und dass die sichtenden Personen nicht zu dem Personenkreis gehören, denen man eine adhoc-Bestimmung zutraut. Jäger gehören da übrigens auch nicht zu.... =)

    Hinterwälder sind die kleinste mitteleuropäische Rinderrasse - unsere Zwillingskälber haben bei der Geburt 25 und 27 kg gewogen, der "Große" 29 kg. Die Kalbetermine lagen in einem Zeitraum, in dem hier noch mit Schnee zu rechnen ist und wenn der "Druck" auf Nutztiere am größten ist, dann zu Zeiten, in denen auch für Wölfe die Jagd durch Schnee erschwert ist.

    Also muss man sich kurzfristig entscheiden - nimmt man die eigenen Beobachtungen und die anderer Menschen, die man bisher als ebenfalls sehr bodenhaftend kennt, nun für so ernst, dass man handelt, oder läßt man es drauf ankommen?
    Unsere Tiere sind hier - ausser ein paar anderen Pferden im Dorf - die einzigen weit und breit, wirklich weit und breit, die auch im Winter draussen gehalten werden. Da bleibt nicht viel anderes übrig, als zumindest im Rahmen der Möglichkeiten für einen Schutz zu sorgen. Auf die Gefahr hin, dass dieser Schutz momentan vielleicht doch noch eine Nummer zu groß ist - aber durchaus auch mit der Möglichkeit, dass sich die Problematik in Kürze doch bestätigt oder in naher Zukunft verstärken wird. Wäre der Abkalbetermin deutlich später gewesen, hätten wir sicher noch gewartet, ob wir weitere Beobachtungen machen.

    Im Nachhinein - wir wussten ja nicht, dass es Zwillinge gibt - sind wir froh, gleich sehr umfassend reagiert zu haben.

    Denn auch, wenn Mutterkühe, noch dazu behornte, ernst zu nehmende Gegner für Beutegreifer sind, sind sie doch hilflos, wenn das erste Kalb bereits geboren ist und da liegt und die Mutterkuh gerade das 2. zur Welt bringt. Das erste Kalb ist in solch einem Moment absolut schutzlos. Denn man darf sich das nicht so vorstellen, dass eine kleine Rinderherde immer "geschlossen" auftritt. In Kühen steckt noch der Instinkt, sich zur Geburt extra von der Herde zu entfernen. Und auch, den Geburtsplatz sauber zu hinterlassen - unsere Fanni hat mir gezeigt, wie das geht, sie hat alles, inklusive Nachgeburt gefressen und den Boden so abgeschleckt, dass man nichts mehr von dem ganzen Schleim und Blut und Fruchtwasser sehen konnte.

    Wir haben für uns beschlossen, die Thematik ernst zu nehmen und entsprechend darauf zu reagieren. Das, was in den Berichten zum Thema Nutztier- oder Kälber-Riss als "Riss" auftaucht, wären hier Bingo, Boss oder Finn. Das sind keine anonymen Wesen.
    Auch, wenn es keine hundertprozentige Sicherheit geben kann, ist uns so doch wohler zumute. Allerdings machen wir da nun keine Hysterie-Welle draus (aber ich kann auch der Totschweigerei nichts abgewinnen) auch, wenn wir grad anfangs durchaus "fieberhaft" an einer Erst-Einzäunung einer kleineren Fläche gearbeitet haben und die Kühe nachts noch extra gesichert im Panel-Paddock untergebracht haben - und wir haben auch nichts gegen den Wolf oder den Luchs. Nur sollen die Herrschaften sich nicht unsere Tiere zum Nachtisch holen. Ich denke, dass man lernen kann und muss, auf Dauer nebeneinander her zu leben - allerdings müssen wir Nutztierhalter dann auch die Möglichkeit haben, unsere Tiere durch entsprechende Maßnahmen schützen zu dürfen. Und von den offiziellen Stellen aus besser gewarnt werden - denn eine sinnvolle Prävention ist doch das, was am ehesten vor Schäden und zunehmenden Konflikten bewahrt. Wenn mehr Tierhalter so wie wir bei ersten begründeten Verdachtsmomenten gleich konsequent handeln würden, ehe es die oft lange Zeit später kommenden offiziellen Bestätigungen gibt, wäre das Thema Nutztierrisse vielleicht gar nicht so ein großes. Niemand will wirklich Ausgleichszahlungen für solche Risse, denn niemand will seine Tiere so vorfinden müssen.

    LG, Chris

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