Was läuft da falsch in der MT - Ausbildung ?

  • Liebe Fories,


    da ich im Augenblick einige Seminare und Workshops im Mantrailing besuche (Mai und Juni und September und Oktober sind meine bevorzugten Ausbildungsmonate), denke ich momentan viel über Mantrailing und Ausbildung nach. Dabei sind mir ein paar Beobachtungen und Erfahrungen der letzten 2 Jahre durch den Kopf gegangen:


    Beispiel I (3 x in den letzten 2 Jahren passiert):


    Ich bekomme Interessenten, die in unserer Suchgruppe mitmachen wollen. Diese haben vorher über Monate bei einer größeren MT – Ausbildungsorganisation trainiert.
    Typische Frage des Ausbilders: Was möchtest du trainieren ? Mit Wissen des Trailverlaufes oder ohne ?
    Antwort: Natürlich ohne Wissen. Wir haben immer Blind Trails gemacht. Und ich hab schon Stufe Grün schieß – mich – tot.
    Trainer: Blind Trail, was ist denn das ? Bindet man sich da die Augen zu ?
    Antwort: (Mann, ist der Trainer doof !) Das bedeutet, nur der Ausbilder, der die VP weg gebracht hat, weiß wo der Trail verläuft.
    Trainer: O.k., machen wir das !
    VP wird versteckt. Leichter Trail, 200 m, 2 Abbieger, keine großen topographischen oder wetterbedingten Schwierigkeiten. Trailer startet. Hund und Hundeführer stürmen los. Ausbilder sagt nichts. Das Team trailt entweder von Anfang an oder nach spätestens 150 m in die falsche Richtung. Ausbilder geht stumm mit Betonfresse hinterher, bleibt bewusst nicht an den richtigen Abbiegestellen stehen. Hund zeigt mehrfach alle Anzeichen eines deutlichen Abbruchs und von Trail lost, Hundeführer geht unbeirrt weiter (Hinweis: HF kann Hund nicht lesen, erkennt Abbruchsignale und Unsicherheitssignale nicht), Hund geht schließlich resigniert weiter. Irgendwann, so nach 600 m wird der Hundeführer immer nervöser, dreht sich immer wieder um. Ausbilder sagt nichts, geht einfach hinterher. Schließlich bleibt das Team stehen.
    Aussage des HF: Ich weiß nicht weiter.
    Trainer: O.k. ! Wie sind wir gelaufen, wo sind wir jetzt ?
    HF: Augen wie ein Auto. (Hinweis: Keine Mind Map des Trails im Kopf)
    Trainer: Wo warst du dir das letzte Mal sicher, dass ihr auf dem richtigen Weg seid ?
    HF: Augen wie ein Auto. (Hinweis: Keine Ahnung von PLS = Point of last safety oder nicht wahrgenommen oder kein Lesen des Hundes).
    Trainer: Erklärt Trailverlauf und wo das Team falsch abgebogen ist.
    HF: Aber du hast ja nichts gesagt !
    Trainer: Stimmt, war ja auch ein Blind Trail.
    HF: Ja, aber der andere Trainer hat immer nach 10 m gesagt „Negativ !“
    Soviel zum Thema Blind Trail.
    Im Nachgespräch Frage des Trainers: Woran erkennst du, dass dein Hund sicher ist und richtig läuft ? Woran erkennst du, dass er unsicher ist und Trail lost anzeigt ? Was zeigt dir dein Hund, wenn er abbricht ?
    Antwort: Augen wie ein Auto.


    Für mich wird da ein Ausbildungsschritt wie Blind Trail gemacht, bevor überhaupt die erforderlichen Grundlagen (Lesen des Hundes) geschaffen wurden. Wahrscheinlich bin ich tatsächlich zu blöd, das zu kapieren.


    Nachdenkliche Grüße


    Geronimo

  • Liebe Fories,


    ergänzend noch zwei Beispiele:


    Zweites Beispiel:


    Zwei Teilnehmer kommen von einem Workshop mit einem momentan hoch gehypten amerikanischen Ausbilder zurück.
    Meine Frage: Und, wie war es ?
    Antwort: Scheiße !
    Frage: Warum ? Was genau ist passiert ?
    Antwort: Haben Double Blind Trails gemacht, sind 1000 m in die falsche Richtung gelaufen, am Ende mussten wir die VP anrufen und fragen, wo sie lang gelaufen ist.
    Meine Frage (unter Verzicht auf blöde Vorwürfe oder besserwisserische Fragen: Warum hast du das nicht gemerkt ?): Und – wie ging es dir dabei ?
    Antwort: Beschissen ! Ich bin frustriert, mein Hund ist demotiviert. Und außerdem hat er gerade gelernt, dass ein Trail von 1000 m in die falsche Richtung auch eine Option ist. Geile Wurst !
    Meine Frage: Und – gab es eine Auswertung oder Rückmeldung oder Tipps und Hausaufgaben ?
    Antwort: Nein !


    Im Nachklang habe ich erfahren, dass zwei Staffeln einer großen Rettungsorganisation Double blind – Trails von Anfang an in ihrer Ausbildung machen.


    Eine andere Staffel dieser Rettungsorganisation macht diese Art Trails im Rahmen der unmittelbaren Prüfungsvorbereitung für die erfahrenen und bis zur Prüfungsreife ausgebildeten Mantrailer. Und genau da gehört es hin.


    Meine Meinung: Double blind – Trails kann man machen, sie ähneln im Grunde einem Einsatzszenario, wo auch keiner weiß, wie der Trail verlaufen wird. Aber doch bitte nicht unterschiedslos und unabhängig vom Ausbildungsstand.


    Drittes Beispiel:


    Bericht eines Trailers im Rahmen eines Erfahrungsaustausches: Wir haben jetzt eine klasse Neuerung. Die Hunde werden ca. 50 m vor der VP von der Leine gelassen und trailen die letzten Meter frei ohne Suchleine.
    Meine Fragen: Wie weißt du denn im Realeinsatz, dass du 50 m vor der VP bist, wenn du sie nicht siehst ? Wie verhinderst du, dass dein Hund (bei mir ein Bloodhound mit 50 Kg Lebendgewicht) die vermisste Person, meinetwegen eine demente alte Dame von 80 Jahren anspringt, sie fällt um und bricht sich den Oberschenkelhals ? Was machst du im Realeinsatz in stockdunkler Nacht im Wald, wenn das gar nicht die gesuchte Person ist, dein Hund aber hoch motiviert mit hoher Geschwindigkeit weiter trailt und nicht auf Kommando abbricht und zurück kommt ?
    Antwort: Augen wie ein Auto.


    Zusätzlich: Würde ich das bei einem Einsatz, z.B. in Hamburg in der Innenstadt machen, wäre der Hund recht schnell tot, weil überfahren.


    Also, was soll das ?


    Ratlose Grüße


    Geronimo

  • :D
    Zu Beispiel 1: Ich hab die Erfahrung gemacht, dass viele HF die aus dem Hobbybereich kommen sich gar nicht dafür interessieren wie das mit dem Hund lesen so geht, denn der Trainer wird schon was sagen und außerdem sagt der ja immer, dass der Hund super ist. Der Trainer macht das so, weil die Motivation des HF erhalten bleibt und man mit dem noch Geld verdienen kann...Leider gibt es solche Personen auch im Rettungshundebereich, denen sage ich dann ganz schnell: Entweder du gibst dir Mühe und versuchst dass was ich dir erkläre anzunehmen ODER du kannst gehen!


    Zu Beispiel 2: Puh...also double blind find ich generell wirklich nicht ohne und ich verstehe auch nicht warum man das auf einem Seminar machen muss. Da ist die bessere Option dem HF einfach durch geschicktes legen die Grenzen aufzuzeigen, aber in einem Bereich wo die Aufgabe für Hund und HF noch gerade lösbar ist und ihm somit mitzuteilen was er zu Hause zu tun hat. Versteh ich also auch nicht!


    Zu Beispiel 3: Augen wie ein Auto...mehr fällt mir dazu nicht ein...Zu Motivationszwecken lasse ich meinem Hund vielleicht mal seine ganzen 12m Leine wenn wir am Ende sind, das ist aber auch die Ausnahme, da ich oft genug nicht weiß wo es lang geht...ABER FREI????

  • Also ich bin jetzt echt erstaunt, dass es anscheinend Hunde gibt, die monatelang getrailt haben und dennoch in die falsche Richtung laufen. Also das ist meinem ja noch nie passiert. Sind das Bulldoggen oder so?

  • Letztere sind wahrscheinlich die, die diesen komischen Mantrailing-Film auf RTL(?) gesehen haben, wo die den Weimi mitten in Berlin los macht und der dann halt allein "trailt" (hat ja schließlich ´n GPS!) - und dann auch direkt den Spurverlauf rückwärts :lol:


    Ansonsten kann ich´s mir nur so erklären, dass MT grad generell scheinbar zu ner Modeerscheinung wird - und so viele kompetente Trainer gibt´s gar nicht, um dem Ansturm gerecht zu werden. Und wenn die Trainer schon keine (oder kaum) Ahnung haben - wie sollen sie´s an ihre Schüler weitergeben?

  • Antworten:


    Zu Cattahum:


    Voll deiner Meinung !


    Zu Geheimwichtel:


    Nee, keine Bulldoggen, auch Weimaraner und Ridgeback


    Freundliche Grüße


    Geronimo

  • zu 1 ) Es gibt im Hobbybereich genügend HF die aus den verschiedensten Hundeschulen kommen und meinen ihr Hund würden sich für Einsätze eigenen . Viele davon sind einfach noch Anfänger und wie wir alle Wissen lernen Hunde das Trailen schneller als der Mensch, so kann ich mir durchaus vorstellen das der Hund eine "Prüfung" besteht und der Mensch noch nicht weiß was er da tut.
    Sein wir mal ehrlich es gibt auch genügend Trailer aus Staffeln die eigendlich völlig Kopflos hinter ihrem Hund hergehen und ihn null lesen können.


    zu2)
    Auf einem Seminar gibt es immer sowas wie Gruppenzwang. Wenn man da hingeht mit Hund muss man sich darüber im klaren sein das auch mal was grundlegend schief läuft, gerade wenn man den Referenten nicht kennt.
    das ist einer der Gründe warum ich mir sowas nur noch ohne Hund antun würde.
    Ansonsten wenn der Hund in die Einsatzfähigkeit will, sollte er diesen Frust aushalten können.


    zu3)
    Ich muss ehrlich gestehn ich nutze das Frei Trailen als motivation für meine Genna, bei Pebbles würde ich das aber nie machen die würde ausflippen.
    aber wie bei allen Dingen, man kann es nutzen muss aber nicht und vorallem nicht pauschal.
    Ich würde z. B. auch nie gezogene oder Firetrails machen und ich weiß das das eine weit verbreitete Motivation ist. Mir erschließt sich dabei nicht der Sinn, denn mir ist lieber der Hund kann in seinem Tempo über die Spur ankommen(frei) als er schaltet von Nase auf Auge um

  • Antworten:


    Zu Mone:


    Das mit der Modeerscheinung und dem Ansturm stimmt. Solange das im Beschäftigungsbereich bleibt, ist mir das auch echt egal. Ich selbst trainiere meine Suchgruppe kostenfrei, aber in Richtung Prüfungsreife und Einsatzreife. Was mich nervt, ist, wenn Leuten vorgegaukelt wird, sie würden Einsatzreife haben. aber wesentliche Qualitätsstandards der Basisarbeit nicht erfüllt sind, die Leute aber glauben und den Anspruch haben, sofort in den Einsatz zu gehen. Mein Bloodhound hat 3 Jahre gebraucht, bis ich ihn das erste Mal als Überprüfungshund mitgenommen habe. Jetzt mit 4 1/2 Jahren ist er wirklich gut.


    Zum zweiten: Was mich wirklich mal interessieren würde, ist, ob es bei den Rettungsorganisationen oder sonstigen Organisationen mit Einsatzanspruch wirklich ein fundiertes systematisches aufeinander aufbauendes Ausbildungskonzept mit Schulungs - und Trainingskonzept für Mantrailer gibt, mit Lernzielen, Methoden, Übungen, Schulungsmaterialien, Leitfäden, entsprechenden Zwischenüberprüfungen und Kontrollsystemen.


    Ich bezweifele das.


    Was es gibt, sind Prüfungsordnungen für Mantrailer, die teilweise realitätsfremd und einsatzfremd sind. Die vom BRH ist noch die beste. Bei anderen findest du Bestimmungen wie "Die zu suchende Person darf sich mindestens 24 Stunden nicht oder am besten nie in dem Suchbereich aufgehalten haben." Die Realität ist der Start am Haus oder Altersheim oder Pflegeheim, wo die Person seit Monaten oder Jahren lebt, mit einem fetten Pool und Gerüchen unterschiedlichen Alters.


    Freundliche Grüße


    Geronimo

  • Ich traile bei ja auch im Hobbybereich, kann allerdings sagen, daß bei uns sehr großen Wert auf das lesen lernen des eigenen Hundes gelegt wird. Wir werden von unserer Trainerin durchgehend dazu angehalten unseren Hund genau zu beobachten und seine Signale deuten zu lernen. Man lernt da jedes Mal etwas dazu und entdeckt neue Nuancen.
    Blind Trails haben wir auch fast von Beginn an gemacht. Der Gedanke dahinter war, daß wir dann auch wirklich auf den Hund achten müssen und ihn nicht beeinflussen können und somit tatsächlich der Hund führt. Allerdings wurden wir dann immer sofort besprochen wie und was der Hund gerade mit uns kommuniziert hat. So haben wir viel gelernt.


    LG


    Franziska mit Till

  • Ich finde das geführt Laufen eigentlich Ideal um seinen Hund lesen zu lernen ohne sich dabei für seinen Hund lesbar zu machen .
    Dafür muss aber beim Hundeführer auch Interesse daran bestehen den Hund zu lesen, denn es ist wesentlich einfacher sich in diese "Hängematte" fallen zu lassen und den Absprung zum richtig trailen zu schaffen.

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