Unvermittelte Panikattacken

  • Hallo zusammen!


    Ich suche noch ein paar Imputs für die neuerdings recht häufigen Angstzustände meiner Hündin Elly, die nun fast 13 Monate alt ist.
    Schon ich habe sie aus dem Tierschutz und mit 4 Monate haben wir bereits ihre grosse Unsicherheit auf Grund von Deprivation festgestellt.
    Sie hatte von 3 Monaten an Hundetraining allerdings den ersten Monat nur einzelstunden 1x die Woche, da es keine anderen Welpen hatte. Sie wurde von klein auf gecklickert, ich habe dann aber mit 4 Monaten einen anderen Weg eingeschlagen, da sie alles ihr Unbekannte gleich mit knurren, heulen und Zähne fletschen anging und draussen schon starke Übersprungshandlungen zeigte und sich wundkratzte.
    Wir arbeiten heute nur ganz selten mit direkter Futterbestätigung sondern vorallem über den Futterbeutel, was ihr auch eigendlich gut hilft Stress abzubauen.
    Wir sind zudem 1x die Woche auf dem Hundeplatz, dort macht sie sich auch echt super und hat sich ganz toll an die anderen Hunde gewöhnt. Wir können auch bei praktisch allen Übungen voll mitmachen, wo wir am Anfang so weit weg stehen mussten dass ich nichts gehört habe, damit Elly nicht dauergestresst war und nur bellte und knurrte. Zudem wird sie homöopathisch unterstützt.


    Wir hatten mit Elly nun vor ca. 2 Monaten eine super Phase. Sie war aufgeschlossen, aufmerksam und (für ihre Verhältnisse.. ) sehr stressresistent.
    Auf einmal hatte sie dann mitten im Spaziergang eine Panikattacke, für mich ohne erkennbaren Grund. Möglicherweise hat sie etwas gerochen oder gehört was ich nicht wahrgenommen habe. Da wollte sie dann nur noch nach Hause, hat gezittert, sich fast aus dem Halsband gewunden und auch ca. 2 Tage nichts gefressen.


    Seit da habe ich immer wieder das Problem, dass sie mir wie aus dem Nichts phsychisch völlig zusammenfällt. Dann macht sie sich klein, zieht den Schwanz ein und will nur noch nach hause. Je nach Situation kann ich sie etwas aus dem Zustand rausholen in dem ich ein Rennspiel starte, singe oder so tue, wie wenn ich den Weg absuchen und abschnüffeln würde.
    Der ganze weitere Spaziergang ist dann aber immer etwas ein Kampf gegen die Unsicherheit und sie ist extrem nervös und unkonzentriert.
    Ich glaube unsere Nachbarschaft hält mich schon für ziemlich bekloppt :headbash: :lachtot: .
    Die Anfälle sind manchmal auf etwas gerichtet wie Kühe, eine offene Fläche oder ein Geräusch, oft stehe ich aber auf dem menschenleeren Weg mitten im Wald und habe keine Ahnung was das Problem ist, vor allem wenn wir nur ca. 50 Meter vom Haus weg sind und ihr der Ort doch bekannt und sicher scheinen müsste.


    Manchmal bin ich riesig stolz, wenn sie wieder eine Situation super meistert, dann kommt sie wieder einen halben Tag nicht aus dem Bad weil wir eine Fliege im Wohnzimmer haben...
    So ist unser Spazierradius eher kleiner und die Spaziergänge anstrengender geworden, unser Verhältnis aber auch besser weil die Aggressionen seltener geworden sind.
    Im Wald an gewissen einsamen Stellen darf sie ohne Leine laufen weil sie schön auf mich achtet und ich die Situation überblicken kann, dass geniesst sie sehr.


    Nun wird Elly in einer Woche kastriert und ich überlege ihr bei der Gelegenheit auch noch Blut für die Untersuchung der Schilddrüsen abnehmen zu lassen, weil der Tierarzt bei ihr ja so ein Kampf ist.
    Habt ihr noch andere Ideen, die man ärztlich abklären müsste?


    Vielen Dank für jeden Ratschlag und fürs Lesen,
    Katrin

  • Ich wuerde sie auf keinen Fall kastrieren lassen so lange sie noch so unsicher ist.
    Das kann dieses Verhalten verfestigen, bzw sogar noch massiv verschlimmern.
    Schilddruese testen ist eine gute Idee. :gut:
    Guck mal unter http://www.gtvt.de, das sind auf Verhaltensprobleme spezialisierte Tieraerzte.

  • Ich würde sie auch nicht kastrieren, sondern die Schilddrüse jetzt abchecken lassen.
    Oder lässt Du sie aus gesundheitlichen Gründen kastrieren?

  • Wenns in ihrem Tierschutz Vertrag steht ist es egal, das ist eine unwirksame Klausel. ;)
    Das Herz wuerde ich uebrigens auch mal checken lassen.
    EKG, Farbdoppler und ggf roentgen.

  • Ich würde ein vollständiges Schilddrüsenprofil machen lassen, aber die Kastration erstmal verschieben.


    Erfahrungsgemäß wirkt sich eine Kastration bei einer ängstlichen Hündin mit einer weiteren Verschlechterung aus.


    Ich würde:


    - einen "sicheren Ort" im Haus aufbauen, der mit guten Gefühlen, Entspannung, etc. verknüpft wird, und den sie bei aufkommender Angst aufsuchen kann


    - Entspannungstraining beginnen (http://www.cavecani.de/wissens…pannung-im-hundetraining/ und http://www.easy-dogs.net/home/…tspannung_grundlagen.html)


    - testen, ob ihr DAP hilft (das ist ein Pheromon, dass sich bei vielen Hunden beruhigend und entspannend auswirkt. Das gibt es als Zerstäuber für die Steckdose, als Spray und als Halsband. Ich mag am liebsten das Spray verwenden.)


    - Da sie entweder auf Geräusche (die mensch vielleicht nicht wahrnehmen kann) reagiert oder auf Gerüche, würde ich ein Thundershirt einsetzen.


    - Ich würde derzeit alle neuen und stressigen Situationen meiden, um nicht weitere Angstauslöser zu verknüpfen (auch deshalb ist eine OP jetzt gar keine gute Idee) und mit ihr nur Sachen machen, die sie mag an Orten, an denen sie sich sicher fühlt (unter Umständen ist das dann eine Zeit lang nur der Garten). Stell Dir Angst wie eine Schwächung des Immunsystems vor - wenn man sowas hat, setzt man sich lieber nicht Orten und Situationen aus, wo man verstärkt Infektionsrisiken ausgesetzt ist.



    - den "Zeigen und Benennen"-Thread lesen.


    und einen Trainer aufsuchen, der sich mit Angstproblematiken SEHR gut auskennt

  • Ich war ehrlich gesagt erst dafür, sie falls nötig so mit 2 Jahren kastrieren zu lassen. Nun hat sich bei Elly aber eine starke Scheinschwangerschaft entwickelt und die Tierärztin (die die homöopathische Behandlung macht) hat mich dann darauf angesprochen sie doch kastrieren zu lassen.
    Ich habe mich mit meiner Verhaltensberaterin abgesprochen und die war auch pro Kastration da sie meinte dass es bei Ellys Temprament besser wäre sie kastrieren zu lassen. Weil sie ja aggressives Potential zeigt wäre es wohl besser, wenn sie ihre Kindlichkeit etwas beibehält. Wenn sie dann mit 2 Jahren ausgewachsen ist könnte sich sonst ihr Verhalten durch die Ernsthaftigkeit eher vom Drohen hin zum Beissen entwickeln.
    Da sie durch ihre Unsicherheit stark die Wohnung verteidigt wenn ich nicht da bin (wir sind eine WG), meinte die Beraterin auch dass die territoriale Aggression sich durch die Kastration weniger entwickeln könnte.
    Das hat mir Alles soweit eingeleuchtet...

  • Es gibt ein tolles Buch, 'Kastration und Verhalten beim Hund" von Udo Ganslosser.
    Kann ich dir sehr empfehlen und zwar vor der Kastra. :smile:

  • öhm ja, also wenn auch noch Aggression dazu kommt, würde ich noch mal was länger über die Kastration nachdenken!
    Besonders wenn die sich gegen andere Hunde und da besonders gegen Hündinnen richtet, tät ich es vermeiden wollen, allerdings ist schwere Scheinschwangerschaften dann auch wieder ein medizinischer Grund dafür.


    Medikamente/Homöpathische unterstützung hat da nicht geholfen?


    Und ich schrob "aufschieben" - WENN es unbedings sein soll, dann kann man das ja noch machen, aber erstmal würde ich dran arbeiten, die Angstproblematik unter Kontrolle zu kriegen.

  • Vielen Dank euch Allen schon mal für die Mühe! Elly ist mein erster Hund und ich bin ab und an schon recht verunsichert, da ist es gut sich mit Anderen auszutauschen. Ich gebe echt mein Bestes.


    Shoppy:
    Super ausführliche Antwort, danke!
    Als sicherer Ort fungiert ihr Kissen, sie frisst dort immer freiwillig ihre Knochen und geht wenn es klingelt schon fast automatisch hin.
    Wir wollten eine Box aufbauen, sie steht nun seit 3 Monaten nebendran, Elly geht aber nie mit den Hinterpfoten rein. Wir haben Leckerchen drin versteckt, ich bin auch schon zum fernsehen soweit es geht reingesessen, wir haben Käse drin versteckt und die Tür zugemacht damit sie nicht ran kommt, bis jetz noch ei durchschlagender Erfolg. Sie huscht halb rein, macht sich ganz lang und schnappt sich was sie erreichen kann, das wars aber schon. Erstmal üben wir jetz mit einem offenen Koffer, mal schauen ob wir es zu einer Kiste aufbauen können.. ;)


    DAP nutzen wir im Moment nicht um die homöopathische Wirkung nicht zu stören. Würdest du trotzdem was einsetzen?


    Sind Thundershirts die selben wie fürs Tellington TTouch? So eines trägt sie nämlich, wir haben ein paar Privatstunden Tellingon TTouch genommen, was zusammen mit der Homöopathie diese super Phase eingeleitet hat.
    Und jetz auf einmal diese Attacken.. Nichts hilft mehr. :( :


    Garten haben wir leider erst nach unserem Umzug im Juli. Es gibt aber eine Waldlichtung, auf der sie frei rennen kann. Dort hatte sie bisher noch nie Panik.
    Sonst aber überall, es ist sehr schwierig auszuweichen. Einen Tag kein Thema, am nächsten völlig aus der fassung und frisst nach dem Spaziergang den halben Tag nichts.


    Statt zeigen und benennen machen wir Abschaltteaining, sie sitzt irgendwo hinter mich und darf schauen oder wir suchen zusammen Orte ab.
    Das Problem sind nicht mehr unbedingt einzelne Dinge, Menschen oder Hunde, da kann ich sie gut abschirmen und wir können überall vorbei.
    Wenn sie aber auf einmal anfängt hecktisch zu schnuppern, überall herumzuschauen, den Schwanz einzieht und nur noch heim will weiss ich garnicht was ich clickern sollte..
    Auf anraten meiner Verhaltensberaterin schaue ich einfach dass ich dann den Spaziergang nicht abbreche sondern versuche sie erst irgendwie aufzulockern, weil sie ja sonst irgendwann überall Angst hat.


    Falls du noch einen Tipp für einen Trainer in der Zentralschweiz hast nur her damit.

  • Zitat

    Vielen Dank euch Allen schon mal für die Mühe! Elly ist mein erster Hund und ich bin ab und an schon recht verunsichert, da ist es gut sich mit Anderen auszutauschen. Ich gebe echt mein Bestes.


    Shoppy:
    Super ausführliche Antwort, danke!
    Als sicherer Ort fungiert ihr Kissen, sie frisst dort immer freiwillig ihre Knochen und geht wenn es klingelt schon fast automatisch hin.
    Wir wollten eine Box aufbauen, sie steht nun seit 3 Monaten nebendran, Elly geht aber nie mit den Hinterpfoten rein. Wir haben Leckerchen drin versteckt, ich bin auch schon zum fernsehen soweit es geht reingesessen, wir haben Käse drin versteckt und die Tür zugemacht damit sie nicht ran kommt, bis jetz noch ei durchschlagender Erfolg. Sie huscht halb rein, macht sich ganz lang und schnappt sich was sie erreichen kann, das wars aber schon. Erstmal üben wir jetz mit einem offenen Koffer, mal schauen ob wir es zu einer Kiste aufbauen können.. ;)


    Cool, das klingt ein bißchen nach Clickertraining? Koffer und Kiste sind tolle Zwischenschritte!! Versuchs auch erstmal unabhängig von der Box mit einem Bodentarget, auf das sie laufen und sich legen soll. Wenn Du da z.B. eine Decke nimmst, kann die dann mit "fertigem" "drauf liegen Verhalten" in die Box wandern ;D


    Zitat


    DAP nutzen wir im Moment nicht um die homöopathische Wirkung nicht zu stören. Würdest du trotzdem was einsetzen?


    Ich wüßte nicht, wie sich das gegenseitig stört, deshalb, ja, würde ich versuchen.



    Zitat


    Sind Thundershirts die selben wie fürs Tellington TTouch? So eines trägt sie nämlich, wir haben ein paar Privatstunden Tellingon TTouch genommen, was zusammen mit der Homöopathie diese super Phase eingeleitet hat.
    Und jetz auf einmal diese Attacken.. Nichts hilft mehr. :( :


    Thundershirts sind für Geräusch/besonders Gewitterangst entwickelt worden. Beim TTouch gibts die Körperbandagen, aber ich glaub, die setzen auch gerne Thundershirts ein (ich bin da nicht auf dem neuesten Stand, möglichweise). Die Wirkung ist jedenfalls ähnlich: durch den Druck auf die Haut wird Oxytozin ausgeschüttet, ein Hormon, dass entspannend wirkt unter anderem.



    Zitat


    Garten haben wir leider erst nach unserem Umzug im Juli. Es gibt aber eine Waldlichtung, auf der sie frei rennen kann. Dort hatte sie bisher noch nie Panik.
    Sonst aber überall, es ist sehr schwierig auszuweichen. Einen Tag kein Thema, am nächsten völlig aus der fassung und frisst nach dem Spaziergang den halben Tag nichts.

    Dann versuch so oft wie möglich auf diese Lichtung zu gehen, und auch sonst nur an Orte, wo möglichst wenig doofe Sachen zu erwarten sind. Besonders, wenn sie an dem Tag, oder am Vortag eine blöde Situation hatte - als Erholung, sozusagen.


    Zitat

    Statt zeigen und benennen machen wir Abschaltteaining, sie sitzt irgendwo hinter mich und darf schauen oder wir suchen zusammen Orte ab.



    Was ist Abschalttraining? Magst Du das erklären, habe ich noch nie von gehört!



    Zitat

    Das Problem sind nicht mehr unbedingt einzelne Dinge, Menschen oder Hunde, da kann ich sie gut abschirmen und wir können überall vorbei.
    Wenn sie aber auf einmal anfängt hecktisch zu schnuppern, überall herumzuschauen, den Schwanz einzieht und nur noch heim will weiss ich garnicht was ich clickern sollte..
    Auf anraten meiner Verhaltensberaterin schaue ich einfach dass ich dann den Spaziergang nicht abbreche sondern versuche sie erst irgendwie aufzulockern, weil sie ja sonst irgendwann überall Angst hat.


    Naja, ich würde nicht hektisch flüchten, aber schnellstmöglich einen geordneten Rückzug antreten.
    Denn: wenn Du bleibst, riskierst Du, dass statt des Auflockern eine Sensibilisierung auf alle möglichen, bisher nicht ängstigenden Reize auftritt, weil die eben auch grad da sind, während sie Angst hat. So zieht Angst ganz schnell riesen Kreise... Ich glaube, ich würde sogar ein Signal aufbauen für "wir gehen jetzt nach Hause" um ihr mitteilen zu können: "habe erkannt, dass es zu viel für Dich ist, ich bringe dich in Sicherheit."
    Damit baust Du Dir ein Sicherheitssignal auf, mit dem Du minischrittweise längere Distanzen/Zeiten bis erreichen der Sicheren Zone überbrücken kannst.



    Zitat


    Falls du noch einen Tipp für einen Trainer in der Zentralschweiz hast nur her damit.


    Oh, möglicherweise schon - wenn Du mir einen Ort sagst, schau ich mal :D

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