Am Landgericht Frankfurt wird einem Hundehändler der Prozess gemacht.
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"Printausgabe vom 26.10.2006
Schmutziger Handel
mit 300 Hundebabys
Frankfurt. Mitten ins Herz trafen Tierfreunde Anzeigen in den hiesigen Anzeigenblättern und Tageszeitungen, die so oder ähnlich lauteten: „Liebevoll aufgezogene Welpen nur in gute Hände abzugeben“. Dass mit dieser Offerte nicht, wie suggeriert, quietschfidele Hundebabys angeboten wurden, sondern schlecht gehaltene, kranke, nicht selten dem Tode geweihte Kümmerlinge, war das Geheimnis von Karl-Heinz E. (41) und seiner Lebensgefährtin Petra S. (43), die die Tiere anboten. Die in Osteuropa für kleines Geld eingekauften Hunde boten sie in Frankfurt und Umgebung zu den Preisen an, die hier zu Lande Rassehunde kosten: Golden Retriever für rund 500 Euro, Labrador Retriever für rund 750 Euro.
Etwa 300 zum Teil todkranke Tiere gab das Paar im Laufe von zwei Jahren ab. Nützliche Dienste leistete den Tierhändlern Klaus G. (65), indem er für die angebotenen Welpen wohlklingende Ahnentafeln erfand. Gestern stand das Trio wegen Betruges, Urkundenfälschung und Tierquälerei vor dem Landgericht. Die Anklageschrift, die Staatsanwalt Matthias Mackenthun verliest, ist umfangreich und voller beklemmender Details.
In einem Kellerraum ohne Tageslicht vegetierten die Hundewelpen, bis sich ein Käufer für sie fand. Zeigten die Tiere schon bei der Übergabe an die neuen Besitzer Nasenausfluss und tränende Augen, fand Karl-Heinz E. dafür beschwichtigende Erklärungen: Die Kleinen hätten sich „beim Spielen im Garten erkältet“.
Käufer, die ein vermeintlich gesundes Tier überreicht bekamen, fielen spätestens nach zwei, drei Tagen aus allen Wolken, wenn die jungen Hunde Durchfall bekamen, sich apathisch zeigten, röchelten und ihnen Eiter aus Nase und After rann. Kaum einem der neuen Besitzer blieb der Gang zum Tierarzt erspart. Die Diagnosen bei den Labradors und Golden Retrievers, den West Highland- und Jack-Russell-Terriern, bei Langhaardackeln, Zwergpinschern und Schäferhunden ähnelten sich stets verdächtig: massiver Befall mit Würmern und anderen Parasiten, Bronchitis, Zwingerhusten, Magen-Darmentzündung. Viele hatten eitrige Augenentzündungen, manche den Grauen Star. Einige Hundebabys mussten wegen schwerer Staupe-Infektion eingeschläfert werden. Auch von unterernährten Hundekindern spricht der Staatsanwalt in seiner Anklage, und von verhaltensgestörten.
„Den Wirbeltieren wurden erhebliche Schmerzen und Schäden zugefügt“, ordnet Mackenthun das Tun der Tierquäler ins Strafgesetzbuch ein. Dass die vermeintlichen Rassehunde mitunter Mischlinge waren, gehört zum Tatvorwurf des Betruges. Besonders gewundert hat sich wohl der Käufer eines angeblichen Jack-Russell-Welpen, als sein Vierbeiner schließlich die dreifache Größe dieser Terrier-Art erreichte. „Mit schmucken Ahnentafeln“, so der Staatsanwalt, stattete Klaus G. die aus dubiosen Quellen stammenden Hunde aus, machte sie per Unterschrift und Stempel zu im Inland gezogenen Rassetieren. Glanzvolle Eltern, prämierte Großeltern tauchten in den fingierten Abstammungspapieren auf, und Karl-Heinz E. stets als Züchter. Der Strafkammer-Vorsitzende wies gestern darauf hin, dass gegen Karl-Heinz E. und Klaus G. auch eine Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs in Betracht komme. Den Vorwurf der Tierqälerei bestritten die Angeklagten, ebenso, nicht reinrassige Tiere verkauft zu haben.
Der Prozess, für den fünf Verhandlungstage vorgesehen sind, wird am Mitwoch, 1. November (10 Uhr) fortgesetzt. Als Zeugen sollen einige Tierärzte gehört werden.(enz)"