Verwandte Hunde miteinander kreuzen?
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Hm, verstehe ich einerseits - andereseits ist die Auswahl bei den meisten Rassen doch nicht so gering, dass man sich auf die Verwandschaft begrenzen muss, oder etwa doch, um ein bestimmtes Ziel zu verfolgen?
Ich stell mir das gerade beim Mensch vor - da ist es doch ein No go und beim Hund ist das NORMAL?
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Über die klare Abgrenzung bzgl. Linienzucht und Inzucht kann man streiten. Letztendlich ist Linienzucht auch Inzucht.
Hunderassen entstehen durch Inzucht. Es ist mit Verstand eingesetzt ein züchterisches Mittel, um Rasseeigenschaften verlässlich zu reproduzieren. Andersherum: Würde man das nicht machen, wären alle Hunde von ihrer Veranlagung Überraschungseier...
Viele Grüße
Corinna
Dem kann ich nur zustimmen. Mit Inzucht/Linienzucht (das lässt sich nicht klar trennen) erreiche ich, dass gewisse Merkmale konsistenter vererbt werden, dh es gibt weniger Varibialität an dem Genort. Das ist die Grundlage jeder Rassezucht, ich will Hunde, die auf eine bestimmte Art jagen, verträglich sind mit Artgenossen, usw..... Da schliesse ich schonmal einiges aus der Zucht aus. Und reduziere damit die genetische Varibialität, was durchaus gewollt ist.Wer nur auf "Frischblut" züchtet, wird bei Rassen mit kleinem Genpool schon bald keine Auswahl mehr haben bezüglich Zuchtpartner. Das wird dann reine Papierzucht, ohne Berücksichtigung der individuellen Tiere und ihrer Anlagen. Das könnte man nur machen, wenn man im Interesse genetischer Vielfalt andere Zuchtbestimmungen lockern würde - Wesensveranlagung, Arbeitseignung, diverse Gesundheitsuntersuchungen... Will man das wirklich?
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Hm, verstehe ich einerseits - andereseits ist die Auswahl bei den meisten Rassen doch nicht so gering, dass man sich auf die Verwandschaft begrenzen muss, oder etwa doch, um ein bestimmtes Ziel zu verfolgen?
Ich stell mir das gerade beim Mensch vor - da ist es doch ein No go und beim Hund ist das NORMAL?
In der Hundezucht ist das eigentlich noch eher selten, wenn man dagegen mal ein wenig in die Nutztierzucht schaut...
Es geht um das Festigen von bestimmten Merkmalen. In der Regel wird Linienzucht auf einen bestimmten Hund gemacht, weil dieser bestimmte Eigenschaften hat/hatte, die man gerne haben möchte. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn das empfiehlt sich nur, wenn man sich recht sicher ist, dass nicht irgendwelche unerwünschten rezessiven Merkmale auftauchen, die man gar nicht wollte. Dabei meine ich weniger irgendwelche unerwünschten Fellfarben oder sows, sondern eher massive Verhaltensmerkmale wie Aggressionsverhalten oder z.B. genetisch bedingte Krankheiten.
Andererseits kann man mit einer sehr engen Inzuchtverpaarung rezessive Merkmale aufdecken. Oder anders ausgedrückt: Man sieht, womit man es zu tun hat. In der Nutztierzucht, wie schon angemerkt, ein sehr gern angewendetes Mittel zur Überprüfung. Allerdings wird da der "unbrauchbare Ausschuss verworfen" - kurzum: Geschlachtet.
Bei Hunden ist das eher unüblich, deswegen sollte man da nicht so "locker" damit umgehen.
Ich persönlich beobachte sehr genau, wenn ein Züchter mit meiner "Linie" Inzuchtverpaarungen vornimmt, denn diese Hunde geben mir viel Aufschluss über mein "Zuchtmaterial". Ich selber würde es mich aber nicht trauen, weil ich zuviel Angst davor habe was hervorzuholen, was ich gar nicht wollte und es dann meine Welpenkäufer ausbaden müssen oder noch schlimmer, die Welpen selbst.
Zusammengefasst: Rassezucht ist die Gratwanderung zwischen Inzucht und Outrcross. Man muss dazwischen balancieren, anders geht es nicht.
Viele Grüße
Corinna -
Und wieso gibt es da nicht soviele Gendeffekte??? Ach ist das kompliziert...
Das kann doch auch passieren, obwohl die "verwandten" Elterntiere als "gesund" bewertet wurden?
(Aber bitte nicht lachen - nur weil ich ahnungslos bin).
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Gendefekte entstehen nicht durch Inzucht/Rassezucht. Sie werden aber durch diese oftmals aufgedeckt, weil sie evolutionsbedingt meistens rezessiv vererbt werden - besonders diejenigen, die die Fitness ("Vermehrungsfreudigkeit") stark einschränken oder gar verhindern.
Gendefekte sind Mutationen - die Grundlage der Evolution und die Grundlage der Rasseschaffung bei Hunden.
Um das alles zu verstehen, muss man sich schon ein bisschen in die Genetik reinfuchsen. Vielleicht solltest Du das mal tun, wenn es Dich interessiert.
Viele Grüße
Corinna -
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Mache ich (obwohl ich dieses Thema so trocken finde, zumindest die Beschreibungen viva Internet), vielen Dank für eure Antworten.
Gute Nacht, Claudia.
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Gendefekte hat jedes einzelne Individuum, ohne Gendefekte/Mutationen gibt es keine Evolution...... Da kannst du auch zwei beliebige Mischlinge verpaaren, sie werden beide Gendefekte haben. Inzucht/Linienzucht bringt bloss eher ans Licht, was sonst verborgen weitervererbt wird, sowohl im positiven wie im negativen Sinn.
Hochgradig ingezüchtete Labormäuse müssen nicht kränker sein als andere, sie vererben bloss äusserst konsistent. Durch Selektion und Inzestzucht wurden sie sehr einheitlich gemacht, alles Unpassende flog raus. Werden plötzlich andere Eigenschaften gefragt, haben sie wenig Chancen.
Guck dir die WSS an, da kommst du an Linienzucht nicht vorbei, wenn man nicht planlos irgendwie verkreuzen will - was das Problem aber nur um ca. 2, 3 Generationen verschieben würde.
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Ja, mir ist schon klar, dass man irgendwann mal irgendwo begonnen hat - aber ich dachte, dass das inzwischen garnicht mehr nötig ist....tja, da habe ich noch eine Lücke, wo ich lernen muss...
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Ja, mir ist schon klar, dass man irgendwann mal irgendwo begonnen hat - aber ich dachte, dass das inzwischen garnicht mehr nötig ist....tja, da habe ich noch eine Lücke, wo ich lernen muss...
Die ganzen Rassen sind durch teils sehr starke Inzucht überhaupt erst entstanden. Andernfalls hätten sich die alten Landschläge, regionalen "Typen", und damit letztendlich die alten Rassen gar nicht bilden können, wenn nicht sehr eng selektiert und verpaart worden wäre.
Wenn man sich mal ansieht, was nach der Standard-3-Generationen-Auflistung, oder auch nach der 10-Generationen-Auflistung danach so alles kommt ..... dann wird's teilweise ganz schön eng.
Problem ist nur, dass es Leute gab, die das Thema Inzucht/Inzestzucht etwas "angeprangert" haben und jetzt jeder, der davon mal was gehört hat, ganz entsetzt ist, wenn diese Wörter fallen.
Fakt ist - Linienzucht und Inzucht sind ganz normale "Werkzeuge" der Zuchtplanung. Genauso wie Outcross-Verpaarungen.
Linienzucht und Inzucht sind nicht per se schlecht. Genausowenig wie Outcross per se gut ist.
Jedes dieser "Zuchtinstrumente" hat seine Berechtigung - WENN es sinnvoll und bewusst mit Verstand und Wissen eingesetzt wird. -
Das Grundproblem bei der Linienzucht, ja jeglicher Rassezucht, ist folgendes:
um gwisse gewünschte Rassemerkmale zuverlässig und stabil in der Linie zu halten, ist es meist nötig, diese homozygot zu etablieren. Fast immer sind solche herausgezüchteten Merkmale nämlich rezessiv.
Bei einem Merkmal, das auf der Ausprägung eines Einzelallels beruht ist das züchterisch simpel zu machen, bei Merkmalen, die in ihrer Ausprägung auf multiplen Genkombinationen beruhen schon schwieriger.
Nun ist es aber so, dass die homozygote Ausprägung der gewünschten Merkmale zwar nötig ist, ein generell hoher Homozygotiegrad aber ein allgemeines Vitalitätsrisiko darstellt. Nichts ist eine bessere Voraussetzung für ein langes gesundes Leben als genetische Vielfalt. Selbst, wenn das einen gewissen Anteil negativer Allele bedeutet. Daher wäre es eigentlich angesagt, nach Herauszüchtung von Linien wieder möglichst viel unverwandtes einzukreuzen und dann wieder erneut auf die gewünschten Merkmalsausprägung zu selektieren. Davor scheuen aber viele Züchter zurück, da das im Einzelfall unweigerlich auch wieder Rückschläge was den Phänotyp angeht mit sich bringt und es mehrere weitere Generationen bedeutet, bis man eine wirklich genetisch gesunde Linie hat. Eine optisch schöne reine Linie zu bekommen, bei der auch die wichtigsten Verhaltensparameter stimmen ist viel einfacher und daher belässt man es meist dabei. Leider ist das Zuchtziel spezifische Rassemerkmale, Fehlen bekannter genetischer Defekte PLUS genetische Vielfalt in den Köpfen der Leute auch heute noch quasi inexistent. Leider sind auch die meisten Vereinsrichtlinien nicht kompatibel mit diesem in meinen Augen sehr wichtigen Vorgehen.
Ein weiterer Aspekt ist, dass man höllisch aufpassen muss, keine zu enge Kopplung zwischen potentiell Krankheit und Leid auslösenden Allelen vorzufinden, wenn man auf eine bestimmte Allelausprägung selektioniert. Da ist inzwischen viel bekannt (am Bekanntesten: weiss gekoppelt an Augen- Ohrenprobleme) aber es wird auch nach wie vor viel zu viel ignoriert.
Fazit: Ich persönlich bin mit der Hundezucht, wie sie derzeit betrieben wird in einigen Aspekten ziemlich unzufrieden.
In diesem Zusammenhang sind Designerrassen al la Labradoodle und Co interessant.
Der Grundgedanke hierbei ist, reine Linien mit hohem Homozygotieanteil zu kreuzen, über deren Gehalt an Defektallelen viel bekannt ist.
Wählt man als Ausgangtiere Rassen, die bezüglich morphologischer- und ethologischer Merkmale kompatibel genug sind, um keine Qualausprägung beim Nachwuchs erwarten zu lassen, stammen die Eltern wirklich aus gut kontrollierter Linienzucht und sind frei von den spezifisch bekannten möglichen Defektallelen, so ist in der Nachkommenschaft ein ebenso einheitlicher Typ wie in der reinen Rassezucht zu erwarten, der anders als in der üblichen Linienzucht aber über einen hohen Heterozygotiegrad verfügt und damit gute Voraussetzungen für hohe Vitalität mit sich bringt (Stichwort Heterosiseffekt).
Genau aus diesem Grunde sind fast alle heutigen Getreidesorten, aber inzwischen auch viele Nutzviehrassen genau solche immer wieder neu erzeugten Hybride.
Wichtig ist, diese Mischung wirklich immer wieder neu zu erzeugen. Bei Weiterzucht entstehen nämlich unvorhersagbare Merkmalskombinationen und die nächste Generation wird sehr variabel.
Leicht anders sieht es bei der Rückkreuzung mit einer der Elternlinien aus. Das reduziert zwar die genetische Vielfalt wieder, aber es bleibt immer noch mehr übrig als bei jeder der beiden Elternlinien und die Nachkommen fallen recht homogen aus.
Daher finde ich die Designerrassen anders als die meisten hier eher als Fortschritt denn als No go.
Auch, wenn die Produkte natürlich nicht immer halten, was der Züchter verspricht. Ohne Erfahrung vorhersagbar ist nämlich nicht wie so ein Hybride ausfällt. Aber, wenn man das eine Weile betrieben hat, kann man aus Erfahrung agen, wie diese Hunde ausfallen. Sie werden sich nämlich untereinander ebenso stark ähneln, wie beliebige Hunde innerhalb einer echten Rasse.
Immer vorausgesetzt, man bleibt den gleichen Elternlinien treu und de rgleichen Geschlechterverteilungbei den Eltern.
Bei deren Auswahl liegt auch schon ein Knackpunkt: Je heterozygoter, also eigentlich je robuster und ursprünglicher, die Elterntiere sind, umso unvorhersehbarer und vor allem uneinheitlicher das Kreuzungsprodukt und umso größer das Risiko zu Tage tretender genetischer Probleme. Die Auswahl der Eltern ist also noch kritischer als in der reinen Linienzucht.
Das gilt natürlich auch für die generellen Überlegungen: Rassen mit phänotypisch gleichen aber genetisch diversen Risiken zu kreuten ist ebensowenig ratsam, wie Rassen zu kreuzen, die beide bereits zu kurze Nasen, zu lange Rücken etc pp haben, um mal Beispiele zugeben.
Soweit mein Senf zum ganzen.Viele Grüße
Ingo
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