Probleme mit dem Familienzuwachs

  • Hallo zusammen,


    wir haben Ende September 2010 die 2jährige Mischlingshündin Flori (Sharppei/Foxterrier) bei uns aufgenommen und damit vor dem Tierheim bewahrt. Die Vorbesitzerin ist eine Bekannte, die aufgrund einer beruflichen Veränderung die Hündin abgeben musste. Bis heute hat sich zwar an ihrer beruflichen Laufbahn noch immer nichts geändert, aber wir haben die Hündin mit allen ihren guten und nicht so guten Seiten schon lange ins Herz geschlossen und in unsere Familie integriert.


    Wir müssen sehr viel mit Flori arbeiten, da leider vieles nicht ganz so klappt, wie es klappen sollte. In den heimischen Wänden ist alles bestens: Sie gehorcht aufs Wort, ist selbst mitten im gemeinsamen Toben sofort abrufbar und verträgt sich wunderbar mit unseren drei Katzen und die Katzen auch mit ihr.


    Leider ist das draußen alles ganz anders. Abrufbar ist sie nur sehr selten, auch wenn sie die Kommandos kennt. Wir haben sie in den ersten Wochen meist an der Leine geführt, sie nur auf ruhigeren Strecken ohne Leine laufen lassen. Da sie an der Leine bei Begegnungen mit anderen Hunden meist aggressiv wurde (bellen, Zähne zeigen), haben wir sie zunehmend ohne Leine laufen lassen, denn das funktioniert meist streßfrei.


    Diesen Freiraum hat sie in den letzten Wochen und Tagen aber zunehmend ausgenutzt und ist häufig sehr weit weg gelaufen. Wir wohnen hier mitten in einem Baumschulgebiet - es gibt viel Raum. Das erste Problem ist, dass wir draußen nur selten abrufen können. Es gibt immer viel zu entdecken, das ist viel schöner als zu Frauchen zurück. Trotz ständig wiederholter Übungen (Heranrufen - wenn sie denn mal hört, ein Stück bei Fuß gehen, und dann wieder das Kommando zum Loslaufen) ist es uns nicht gelungen, die Abrufbarkeit draußen zu verbessern. Im Gegenteil: Sie jagt. Da wir in den letzten Tagen zwei unschöne Jagderlebnisse mit einem Reh hatten (es ist glücklicherwiese nichts passiert), führen wir sie jetzt erstmal ausschließlich an der Leine.


    Ich habe vor meinem Eintrag jetzt mir einige Beiträge im Forum durchgelesen und bereits den einen oder anderen hilfreichen Tipp gefunden. Da wir an sehr vielen Punkten mit Flori arbeiten müssen, wären alle Übungen etwas viel auf einmal. Daher meine Frage, wie viele unterschiedliche Übungen kann man im selben Zeitraum mit einem Hund durchführen und welche wären zu Beginn sinnvoll?


    Vielen Dank für Eure Geduld beim Lesen & Antworten!

  • wenn ihr so viele baustellen habt, und darunter auch einige heftige dabei sind, ... wäre es da nicht sinnvoll, sich nach 4 monaten auch mal ne ordentliche hundeschule zu suchen, die euch beim training unterstützt?!


    denn ich halte es für fatal einen hund, nur weil er leinenaggressiv ist, ständig frei laufen zu lassen, wenn er draußen kein bisschen auf mich hört ... da wird der hund schnell zur gefahr für sich oder andere!
    als erstes würde ich den hund gar nicht mehr frei laufen lassen, sondern eine schleppleine und ein ordentliches geschirr kaufen!!


    ich hab selbst vor 4 monaten einen hund adoptiert, meine hera. und ich bin mit ihr im hundesportverein, und auch wenn sie vorher gar nichts konnte (straßenhund), jetzt klappt es schon ziemlich gut!

  • Hallo,


    ich würde mit ihr an der Schleppleine üben.
    So kann sie die Kommandos nicht ignorieren und weiterlaufen, sondern ist gezwungen darauf zu reagieren. Notfalls könnt ihr sie zu euch ziehen.


    Dann würde ich sie auch einfach so mal wieder laufen lassen wenn sie kommt. Also den Hund rufen und wenn sie kommt belohnen und dann wieder losschicken. Ohne Fußlaufen oder sonstigen Unterordnungsübungen.


    Ein Hund lernt ortsbezogen, das heißt:
    wenn sie zuhause alle Kommandos kann, muss es draußen dennoch nicht klappen.
    Diese würde ich erstmal in reizarmen Umgebungen üben und langsam die Ablenkungen steigern.
    Wenn ihr einen Garten habt, dann fangt da an.


    Liebe Grüße


    Steffi

  • Vielen Dank für eure Antworten.


    Eine Hundeschule hat Flori bereits besucht. Wir halten allerdings einen persönlichen Hundetrainer für sinnvoller, der das ganze Umfeld kennenlernt und ihr Verhalten gleich "live" in bestimmten Situationen besser einschätzen kann. Und natürlich geht sie momentan an der Leine. Ihr Verhalten anderen Hunden gegenüber - trotz Leine - hat sich übrigens in letzter Zeit deutlich verbessert. Wir besuchen zudem regelmäßig einen Platz, auf dem sie sich austoben kann. Aber die Endlösung ist das nicht.


    Ich denke, das der Ansatz mit der Schleppleine nicht verkehrt ist. Wie lang sollte die idealerweise sein, was sind eure Erfahrungen?

  • Hallo,


    ich fang meist mit einer 5 Meterleine an. Klappt da alles ganz ordentlich und der Hund achtet auf mich, dann nehm ich eine 10 Meterleine oder auch eine 15 Meterleine.


    Kommt immer ganz auf den Hund an.


    Liebe Grüße


    Steffi

  • Ganz wichtig würde ich ab sofort die Grundregel immer und immer und immer beherzigen: Verlange nie ein Kommando, was du nicht durchsetzen kannst.


    Sprich, im Freilauf, wenn sie eh nicht hört oder man nicht sicher sein kann, auch nicht rufen. Ruft sie, wenn sie durch Zufall eh auf euch zukommt, und belohnt sie dann. Ruf sie, wenn du sie an der (Schlepp)Leine hast, da kannst du das Kommando durchsetzen, falls sie es ignoriert.


    Jedes Kommando, das du gibst, und sie nicht befolgt führt dazu, dass sie lernt, och, ich muss ja gar nicht, passiert ja nix, wenn ich selbst entscheide, ob ich das befolge oder nicht.


    Wenn ihr das beherzigt, werdet ihr ein ganzes Stück weiterkommen, weil eure Worte dann wieder Gewicht haben.


    In der Wohnung konntet ihr vermutlich die Kommandos besser durchsetzen durch den begrenzten Raum - dadurch hat sie gelernt, dort besser zu hören, weil sonst gibts Ärger mit Frauchen/Herrchen. Draußen hat sie aber gelernt, dass sie machen kann, was sie will.


    Aus diesem Teufelskreis müsst ihr raus, ob mit Schlepp oder geringer Ablenkung, das ist jedermanns Geschmackssache.

  • Zitat


    [...]
    Sie jagt. Da wir in den letzten Tagen zwei unschöne Jagderlebnisse mit einem Reh hatten (es ist glücklicherwiese nichts passiert), führen wir sie jetzt erstmal ausschließlich an der Leine.


    [...]


    und vor allem dieser satz, ... dir ist klar, dass ein jäger einen unkontrolliert hetzenden hund erschießen darf?!
    ich denke auch, dass eure bindung vielleicht noch nicht stimmt?
    wenn sie draußen null auf euch achtet?


    also wirklich:
    schleppleine (aber bitte wirklich am geschirr festmachen! sonst kann es böse verletzungen geben!) dran und daran trainieren. den rückruf sofort belohnen, mit leckerlie, mit spiel (worauf sie eben am besten reagiert).


    damit könnt ihr erstmal anfangen!
    aber wirklich, auf lange sich rate ich euch dringend dazu, euch einen trainer, eine hundeschule oder einen -verein zu suchen.
    ihr habt ein ordentliches stück arbeit vor euch! und allein habt ihr in den letzten 4 monaten scheinbar keine für euch selbst zufriedenstellenden ergebnisse erreichen können.
    ganz ehrlich, ohne die helfende hand eines trainers hätte ich mit hera sicherlich auch nicht so schnell erfolge sehen können, ...

  • Was haltet ihr eigentlich davon, einen Hund am Fahrrad laufen zu lassen? Unsere ersten Versuche waren erfolgreich. Wir kommen nicht jeden Tag auf den Hundeplatz, und es wäre eine Möglichkeit, dass sie dennoch einmal am Tag laufen kann, was zu Fuß aufgrund der momentanen Situationen ja schwierig ist.


    Jule+Hektor: Ja logo wissen wir, dass ein Jäger schießen darf. Und wir wissen auch, dass ein persönlicher Trainer nötig ist.

  • Zum am-Rad-Laufen gehört eine ganze Menge Gehorsam. Entweder du hängst den Hund an eine Fahrradhalterung fest (ich habe so eine, die ist klasse), oder du lässt sie frei laufen. Leine in der Hand ist lebensgefährlich, stell dir mal vor, sie springt zur Seite und verreisst dir den Lenker. Und loslassen willst du sie sicher auch nicht, wenn sie dem Reh nachsetzen will.


    Mein Hund kennt am Rad: Links, Rechts, am Rad, Langsamer, Stop und Sitz. Ohne das, geht überhaupt nichts. Ich kann ja nicht einfach bremsen, muss dem Hund das ja schon mitteilen, was ich mache und von ihm möchte. Und wenn es am Gehorsam draußen mangelt, wird das am Rad auch nicht wirklich funktionieren.


    Ich würde wirklich dran arbeiten, dass Befehle wieder wirken. Für mich klingt das nicht nach Riesenbaustellen, sondern einfach nach absolut aufgeweichten Befehlen. Die müssen einfach nur wieder wirksam aufgebaut werden.


    Dazu würde ich:


    Nur rufen im Freilauf, wenn ihr sicher sein könnt, dass sie kommt. Also bei ganz geringer Ablenkung, oder wenn sie z.B. eh durch Zufall auf dem Weg zu euch ist.


    Mal ausprobieren, wie sie reagiert, wenn ihr eine Weile (15 Min oder so) wortlos spazieren geht, meine ist dann super heiss auf den ersten Befehl, weil endlich was von mir kommt.


    An der Leine einfache Kommandos draußen üben, dass sie lernt, was drinnen gilt, gilt auch draußen (z.b. Platz, Sitz, Fuss).


    An der Schleppleine bzw. bei ganz geringer Ablenkung (Schnauzermädel schlägt da immer Supermarktparkplätze nach Feierabend vor, da passiert ja mal überhaupt nix) Abruf üben, bzw. überhaupt die Orientierung an euch.


    Wenn ihr klickern wollt, könntest du z.b. auch eine paar Spaziergänge an der Leine mal jeden Blickkontakt klickern, dass sie merkt, es lohnt sich und ist erstrebenswert, "bei euch" zu bleiben. Denn jeder Blick zu euch bedeutet, sie ist mit dem Hirn noch bei euch und orientiert sich an euch, sie ist noch nicht völlig in ihrer eigenen Welt versunken.


    Sie hat ein Reh gehetzt - ja, furchtbar. Keine Frage. Ich habe auch einen Jäger in dem viel Arbeit steckt. ABER: Möglicherweise ist das auch nur eine Übersprungshandlung gewesen, wegen Langeweile, eigenen Entscheidungen etc. Ich lese daraus noch nicht, dass sie ein totaler Jagtfreak ist. Kann natürlich sein, von hier nicht zu beurteilen. Das müsst ihr selber sehen, ob sie auf alles anspringt, was sich bewegt etc. Nichts desto trotz solltet ihr die Gefahr des Jagens natürlich ausschalten, wenn das Gelände unübersichtlich ist, halt anleinen.


    Im Hinterkopf solltet ihr behalten, dass Hunde nicht hetzen dürfen, das ist korrekt, auch das mit dem Erschießen (wobei mir jetzt jemand gesagt hat, dass das so nicht stimmen würde - aber das ist ja nicht topic hier), Hasen sterben z.b. am Stress der Hatz, und ein jagender Hund ist auch Gefahr für andere (z.B. Autofahrer). Hinzu kommt, dass jeder Jagterfolg (auch das pure Hetzen), Glückshormone freisetzt, sprich, der Hund belohnt sich damit mit dem Jackpot selber. Und das wieder raus zu bekommen, wird immer schwerer. Daher wirklich verhindern.

  • Faesa, vielen Dank für deine ausführlichen Ratschläge. Mich beruhigt es schon mal zu wissen, dass die Probleme, die wir mit Flori haben, viele andere Hundebesitzer auch haben bzw. hatten, weil es Wege aus dem Dilemma gibt.


    Ich habe die Schleppleine (Nylon) schon aus dem Schuppen geholt und wir werden den ersten Versuch gleich probieren. Da der Boden, wo wir meist gehen, ziemlich aufgeweicht ist, hoffe ich, dass es mit dem Drauftreten funktioniert. Anderfalls muss ich das Ende in die Hand nehmen. Wir probieren es einfach und gehen es mal locker an. Auf jeden Fall bin ich jetzt schon wieder etwas zuversichtlicher :smile:

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